Gute Nachricht für alle

Kapitel 13

Tage der Vorbereitung

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Auf der Grundlage von Apostelgeschichte 9,19-30.

Nach seiner Taufe nahm Paulus wieder "Speise zu sich" und blieb "einige Tage bei den Jüngern in Damaskus. Und alsbald predigte er in den Synagogen von Jesus, dass dieser Gottes Sohn sei." (Apostelgeschichte 9,19.20). Freimütig erklärte er, dass Jesus von Nazareth der langersehnte Messias sei, der "gestorben ist für unsre Sünden nach der Schrift; und dass er begraben worden ist; und dass er auferstanden ist am dritten Tage." Danach wurde er von den zwölf Jüngern und von anderen gesehen. Und Paulus fügte hinzu: "Zuletzt von allen ist er auch von mir als einer unzeitigen Geburt gesehen worden." (1.Korinther 15,3.4.8). Seine Beweisführungen aufgrund der Prophezeiungen waren so schlüssig und seine Bemühungen so offenkundig von Gottes Kraft begleitet, dass die Juden fassungslos und nicht imstande waren zu antworten.

Erste Predigten in Damaskus

Die Nachricht von der Bekehrung des Paulus war für die Juden eine große Überraschung. Der Mann, der "mit Vollmacht und im Auftrag der Hohenpriester" (Apostelgeschichte 26,12) nach Damaskus gereist war, um die Gläubigen festzunehmen und zu verfolgen, predigte nun das Evangelium von einem gekreuzigten und auferstandenen Erlöser und ermutigte diejenigen, die schon Jesu Jünger waren. Dazu brachte er ständig neue Menschen zu dem Glauben, den er einst so ­vehement bekämpft hatte.

Paulus hatte als eifriger Verteidiger der jüdischen Religion und als unermüdlicher Verfolger der Anhänger Jesu gegolten. Sein Mut, seine Ausdauer, seine Unabhängigkeit, seine Gaben und seine Ausbildung hätten es ihm erlaubt, fast jedes nur denkbare Amt zu bekleiden. Er war äußerst scharfsinnig, und sein vernichtender Sarkasmus konnte einen Gegner in eine wenig beneidenswerte Lage versetzen. Und nun mussten die Juden zusehen, wie sich dieser vielversprechende junge Mann denen anschloss, die er zuvor verfolgt hatte, und wie er furchtlos im Namen Jesu predigte.

Ein auf dem Schlachtfeld gefallener General ist für seine Armee verloren, sein Tod verleiht aber dem Feind keine zusätzliche Stärke. Wenn sich jedoch eine führende Persönlichkeit den Reihen des Gegners anschließt, gehen seinen früheren Mitstreitern nicht nur seine Dienste verloren; es bedeutet auch eine wesentliche Stärkung des Gegners. Der Herr hätte Saulus von Tarsus auf dessen Weg nach Damaskus mit Leichtigkeit töten können, und die Verfolgung hätte viel Kraft verloren. In seiner Vorsehung verschonte Gott aber nicht nur das Leben des Saulus, sondern er bekehrte ihn und führte dadurch einen Vorkämpfer des Feindes auf die Seite Christi. Paulus, der wortgewandte Redner und strenge Kritiker, der stets unerschrocken und mutig seine Ziele verfolgte, besaß genau jene Fähigkeiten, welche die junge Gemeinde benötigte.

Als Paulus in Damaskus predigte, waren alle, die davon hörten, fassungslos und sagten: "Ist das nicht der, der alle, die diesen Namen anrufen, in Jerusalem ausrotten wollte? Und ist er nicht zu diesem Zweck hierher gekommen, um sie auch hier gefangen zu nehmen und vor die Hohen Priester zu führen?" (Apostelgeschichte 9,21 ZÜ) Paulus erklärte, sein Glaubenswechsel sei nicht impulsiv oder durch irgendwelche Schwärmereien zustande gekommen, sondern die Folge überwältigender Beweise. In seiner Evangeliumsverkündigung bemühte er sich, die Prophezeiungen, die auf das erste Kommen Christi hinwiesen, deutlich herauszustellen. Er wies überzeugend nach, dass sich diese Weissagungen buchstäblich in Jesus von Nazareth erfüllt hatten. Die Grundlage seines Glaubens war das feste prophetische Wort.

Anschließend rief Paulus seine erstaunten Hörer dazu auf, sich von der Sünde abzuwenden und durch ihre Lebensführung zu zeigen, dass es ihnen mit der Umkehr ernst sei. So gewann er "immer mehr an Kraft und trieb die Juden in die Enge, die in Damaskus wohnten, und bewies, dass Jesus der Christus ist." (Apostelgeschichte 9,22). Aber viele wollten seinen Worten nicht glauben und weigerten sich, seine Botschaft anzunehmen. Ihr Erstaunen über seine Bekehrung schlug bald in bitteren Hass um, der dem nicht nachstand, den sie schon Jesus entgegengebracht hatten. Ihr Widerstand wurde so heftig, dass man es Paulus nicht erlaubte, seine Arbeit in Damaskus fortzusetzen. Ein Engel forderte ihn deshalb auf, den Ort vorübergehend zu verlassen. Daraufhin zog er "nach Arabien" (Galater 1,17), wo er sichere Zuflucht fand.

In der Wüste

Hier, in der Einsamkeit der Wüste, fand Paulus reichlich Gelegenheit zu ungestörtem Forschen und Nachdenken. Er dachte in aller Ruhe über seine Erfahrungen nach und bereute aufrichtig. Er suchte Gott von ganzem Herzen und ruhte erst, als er die Sicherheit erlangt hatte, dass seine Reue angenommen und seine Sünden vergeben waren. Paulus sehnte sich nach der Gewissheit, dass Jesus ihm in seinem künftigen Dienst zur Seite stehen werde. Von allen Vorurteilen und Überlieferungen, die bisher sein Leben geprägt hatten, machte er sich frei. Er empfing Weisungen von Christus selbst, der Quelle der Wahrheit. Jesus hielt innerliche Zwiesprache mit ihm, festigte seinen Glauben und schenkte ihm in reichem Maß Weisheit und Vergebung.

Wenn sich der Geist des Menschen mit dem göttlichen verbindet, Endliches mit dem Unendlichen, so übt das eine Wirkung auf Leib, Seele und Geist aus, die sich im Voraus nicht abschätzen lässt. In einer solch innigen Verbundenheit findet der Mensch die höchste Bildung. Das ist Gottes Weg zur Charakterentwicklung. "Mache dich doch mit Ihm vertraut!" (vgl. Hiob 22,21) -- so lautet seine Botschaft an die Menschheit.

Der feierliche Auftrag, den Paulus während seines Gesprächs mit Hananias erhalten hatte, lastete mehr und mehr auf seinem Herzen. Als Paulus nach den Worten "Saul, lieber Bruder, sei sehend!" zum ersten Mal in das Angesicht von Hananias geschaut hatte, sprach dieser fromme Mann, vom Heiligen Geist geleitet, zu ihm: "Der Gott unserer Väter hat dich erwählt, dass du seinen Willen erkennen sollst und den Gerechten sehen und die Stimme aus seinem Munde hören; denn du wirst für ihn vor allen Menschen Zeuge sein von dem, was du gesehen und gehört hast. Und nun, was zögerst du? Steh auf und rufe seinen Namen an und lass dich taufen und deine Sünden abwaschen!" (Apostelgeschichte 22,13-16).

Diese Worte standen im Einklang mit Jesu eigenen Worten, als er Saulus auf seinem Weg nach Damaskus in den Weg getreten war und erklärt hatte: "Dazu bin ich dir erschienen, um dich zu erwählen zum Diener und zum Zeugen für das, was du von mir gesehen hast und was ich dir noch zeigen will. Und ich will dich erretten von deinem Volk und von den Heiden, zu denen ich dich sende, um ihnen die Augen aufzutun, dass sie sich bekehren von der Finsternis zum Licht und von der Gewalt des Satans zu Gott. So werden sie Vergebung der Sünden empfangen und das Erbteil samt denen, die geheiligt sind durch den Glauben an mich." (Apostelgeschichte 26,16-18).

Je mehr Paulus über das Gehörte nachdachte, desto klarer wurde ihm die Bedeutung seiner Berufung "ein Apostel Jesu Christi durch den Willen Gottes" zu sein. (1.Korinther 15,1). Seinen Auftrag hatte er "nicht von Menschen" erhalten und auch nicht "durch menschliche Vermittlung, sondern von Jesus Christus und von Gott, dem Vater." (Galater 1,1 GNB) Die Größe der Aufgabe, die vor ihm lag, veranlasste ihn, intensiv in der Heiligen Schrift zu forschen, um das Evangelium predigen zu können "nicht mit klugen Worten, damit nicht das Kreuz Christi zunichte werde" (1.Korinther 15,17), "sondern in Erweisung des Geistes und der Kraft, damit euer Glaube nicht stehe auf Menschenweisheit, sondern auf Gottes Kraft." (1.Korinther 2,4.5).

Als Paulus die Schrift durchforschte, erkannte er, dass seit jeher "in den Augen der Welt nicht viele Weise, nicht viele Mächtige, nicht viele Vornehme" berufen worden waren. "Im Gegenteil: Das Törichte dieser Welt hat Gott erwählt, um die Weisen zu beschämen, und das Schwache dieser Welt hat Gott erwählt, um das Starke zu beschämen, und das Geringe dieser Welt und das Verachtete hat Gott erwählt, das, was nichts gilt, um zunichte zu machen, was etwas gilt, damit kein Mensch sich rühme vor Gott." (1.Korinther 1,26-29 ZÜ) Und indem er so die Weisheit der Welt im Lichte des Kreuzes betrachtete, beschloss er, nichts anderes wissen zu wollen "als allein Jesus Christus, den Gekreuzigten." (1.Korinther 2,2).

Während seines gesamten Dienstes verlor Paulus die Quelle seiner Weisheit und Stärke niemals aus den Augen. Auch noch nach vielen Jahren erklärte er: "Christus ist mein Leben." (Philipper 1,21). Und an anderer Stelle: "Ja, ich erachte es noch alles für Schaden gegenüber der überschwänglichen Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn. Um seinetwillen ist mir das alles ein Schaden geworden, ... damit ich Christus gewinne und in ihm gefunden werde, dass ich nicht habe meine Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz kommt, sondern die durch den Glauben an Christus kommt, nämlich die Gerechtigkeit, die von Gott dem Glauben zugerechnet wird. Ihn möchte ich erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden." (Philipper 3,8-10).

Auf der Flucht

Von Arabien kehrte Paulus wieder zurück nach Damaskus (Galater 1,17). "und predigte im Namen des Herrn frei und offen." (Apostelgeschichte 9,28). Die Juden waren nicht in der Lage, seine vernünftigen Argumente zu widerlegen, "und beschlossen, ihn zu töten." (Apostelgeschichte 9,23). Die Stadttore wurden Tag und Nacht sorgfältig bewacht, um ihm jede Fluchtmöglichkeit zu nehmen. In dieser Notlage suchten die Jünger ernstlich die Nähe Gottes, und schließlich nahmen sie Paulus "bei Nacht und ließen ihn in einem Korb die Mauer hinab." (Apostelgeschichte 9,25).

Nach seiner Flucht aus Damaskus zog Paulus nach Jerusalem. Seit seiner Bekehrung waren etwa drei Jahre vergangen. Wie er später selber erklärte, bestand der Hauptzweck dieses Besuchs darin, "Kephas [Petrus] kennen zu lernen." (Galater 1,18). Als er in der Stadt ankam, in der er einst als "Saulus, der Verfolger," bekannt gewesen war, "versuchte er, sich zu den Jüngern zu halten; doch sie fürchteten sich alle vor ihm und glaubten nicht, dass er ein Jünger wäre." (Apostelgeschichte 9,26). Sie konnten nur schwer glauben, dass ein so fanatischer Pharisäer, der so viel getan hatte, um die Gemeinde zu zerstören, ein aufrichtiger Jünger Jesu werden könnte. "Barnabas aber nahm ihn zu sich und führte ihn zu den Aposteln und erzählte ihnen, wie Saulus auf dem Wege den Herrn gesehen und dass der mit ihm geredet und wie er in Damaskus im Namen Jesu frei und offen gepredigt hätte." (Apostelgeschichte 9,27).

Als die Jünger dies hörten, nahmen sie ihn als einen der Ihren auf. Bald hatten sie genügend Beweise, dass seine Erfahrungen als Christ echt waren. Der zukünftige Heidenapostel weilte nun in der Stadt, in der viele seiner früheren Kollegen lebten. Er wünschte dringend, diesen jüdischen Obersten die Prophezeiungen zu erklären, die auf den Messias hinwiesen und die sich mit dem Kommen des Erlösers erfüllt hatten. Paulus war davon überzeugt, dass die Lehrer Israels, mit denen er früher so gut befreundet gewesen war, genauso aufrichtig und ehrlich waren wie er. Aber er hatte die Gesinnung seiner jüdischen Brüder völlig falsch eingeschätzt und musste in seiner Hoffnung auf ihre baldige Bekehrung eine bittere Enttäuschung erleben. Zwar predigte er "im Namen des Herrn frei und offen ... und stritt auch mit den griechischen Juden." Die Leiter der jüdischen Gemeinde aber weigerten sich nicht nur zu glauben, sie "stellten ihm [sogar] nach, um ihn zu töten." (Apostelgeschichte 9,28.29). Das stimmte ihn unsagbar traurig. Wie gern hätte er sein Leben hingegeben, wenn er dadurch wenigstens einige von ihnen zur Erkenntnis der Wahrheit hätte führen können! Beschämt dachte er an seine maßgebliche Beteilung an Stephanus' Märtyrertod zurück und wollte nun unbedingt den Makel auslöschen, der auf dem zu Unrecht Angeklagten ruhte. Die Wahrheit, für die Stephanus sein Leben gelassen hatte, musste gerechtfertigt werden.

Niedergedrückt vor Gram über diejenigen, die nicht glauben wollten, betete Paulus im Tempel, wie er später bezeugte, als er plötzlich in einen Traumzustand geriet. Es erschien ihm ein himmlischer Bote, der sagte: "Eile und mach dich schnell auf aus Jerusalem; denn dein Zeugnis von mir werden sie nicht annehmen." (Apostelgeschichte 22,18).

Paulus wollte eigentlich in Jerusalem bleiben, wo er sich seinen Gegnern hätte stellen können. Zu fliehen erschien ihm als Akt der Feigheit, wenn er durch sein Bleiben vielleicht einige der starrköpfigen Juden von der Wahrheit des Evangeliums überzeugen könnte, auch wenn es ihn das Leben kosten sollte. Deshalb antwortete er: "Herr, sie wissen doch, dass ich die, die an dich glaubten, gefangen nahm und in den Synagogen geißeln ließ. Und als das Blut des Stephanus, deines Zeugen, vergossen wurde, stand ich auch dabei und hatte Gefallen daran und bewachte denen die Kleider, die ihn töteten." (Apostelgeschichte 22,19.20). Es war aber nicht Gottes Wille, dass sein Diener unnötigerweise sein Leben in Gefahr brachte. Deshalb erwiderte der himmlische Bote: "Geh hin; denn ich will dich in die Ferne zu den Heiden senden." (Apostelgeschichte 22,21).

Als seine Glaubensbrüder von dieser Vision erfuhren, suchten sie eifrig nach einer Gelegenheit, um Paulus eine heimliche Flucht aus Jerusalem zu ermöglichen, denn sie befürchteten einen Mordanschlag auf ihn. Sie "geleiteten ... ihn nach Cäsarea und schickten ihn weiter nach

Tarsus." (Apostelgeschichte 9,30). Durch Paulus' Abreise ließ der heftige Widerstand der Juden nach. Die Gemeinde erlebte eine Zeit der Ruhe, in der die Zahl der Gläubigen stark zunahm.