Gute Nachricht für alle

Kapitel 36

Abfall in Galatien

[AUDIO]

Aus dem galaterbrief Galater.

Während Paulus sich in Korinth aufhielt, hatte er Grund zu ernster Sorge um einige bereits bestehende Gemeinden. Durch den Einfluss von Irrlehrern, die unter den Gläubigen in Jerusalem aufgetreten waren, gewannen Spaltungen, falsche Lehren und "Begierden des Fleisches" (Galater 5,16) unter den Gläubigen in Galatien rasch an Boden. Diese Irrlehrer vermischten jüdische Traditionen mit den Wahrheiten des Evangeliums. Unter Missachtung des Beschlusses des allgemeinen Konzils in Jerusalem drängten sie die Bekehrten aus den Heiden, das Zeremonialgesetz zu befolgen.

Die Lage war bedenklich. Die Übelstände, die Eingang gefunden hatten, drohten die Gemeinden in Galatien in Kürze zu zerstören.

Schonungsloser Tadel

Es bekümmerte Paulus sehr und es liess ihm keine Ruhe, dass Menschen, denen er gewissenhaft die Grundsätze des Evangeliums nahegebracht hatte, offenkundig vom Glauben abfielen. Unverzüglich schrieb er an die irregeleiteten Gläubigen, deckte die falschen Theorien auf, die sie angenommen hatten, und wies jene mit großer Strenge zurecht, die im Begriff waren, dem Glauben den Rücken zu kehren. Einleitend grüßte er die Galater mit den Worten: "Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus." (Galater 1,3). Doch dann richtete er folgenden scharfen Tadel an sie:

"Mich wundert, dass ihr euch so bald abwenden lasst von dem, der euch berufen hat in die Gnade Christi, zu einem andern Evangelium, obwohl es doch kein anderes gibt; nur dass einige da sind, die euch verwirren und wollen das Evangelium Christi verkehren. Aber auch wenn wir oder ein Engel vom Himmel euch ein Evangelium predigen würden, das anders ist, als wir es euch gepredigt haben, der sei verflucht." (Galater 1,6-8). Paulus hatte im Einklang mit der Heiligen Schrift gelehrt, und der Heilige Geist hatte sich zu seiner Arbeit bekannt; deshalb warnte er seine Brüder davor, auf etwas zu hören, was der von ihm verkündeten Wahrheit widersprach.

Der Apostel mahnte die Gläubigen in Galatien, sorgfältig über ihre ersten Erfahrungen als Christen nachzudenken. "O ihr unverständigen Galater!", rief er ihnen zu. "Wer hat euch bezaubert, denen doch Jesus Christus vor die Augen gemalt war als der Gekreuzigte? Das allein will ich von euch erfahren: Habt ihr den Geist empfangen durch des Gesetzes Werke oder durch die Predigt vom Glauben? Seid ihr so unverständig? Im Geist habt ihr angefangen, wollt ihr's denn nun im Fleisch vollenden? Habt ihr denn so vieles vergeblich erfahren? Wenn es denn vergeblich war! Der euch nun den Geist darreicht und tut solche Taten unter euch, tut er's durch des Gesetzes Werke oder durch die Predigt vom Glauben?" (Galater 3,1-5).

Auf diese Weise stellte Paulus die Gläubigen in Galatien vor das Gericht ihres eigenen Gewissens und suchte sie von ihrem falschen Weg abzubringen. Er vertraute auf Gottes errettende Macht, lehnte die falschen Lehren entschieden ab und bemühte sich so, die Bekehrten zur Einsicht zu bringen. Er wollte den Gläubigen zeigen, dass sie einer groben Täuschung anheim gefallen waren, dass sie aber durch eine Rückkehr zu ihrem früheren Glauben an das Evangelium immer noch die Möglichkeit hätten, Satans Absichten zu vereiteln. Er stellte sich entschieden auf die Seite der Wahrheit und der Gerechtigkeit. Sein überragender Glaube und das Vertrauen in die von ihm vertretene Botschaft halfen vielen, deren Glaube schwach geworden war, zu ihrer Treue dem Erlöser gegenüber zurückzukehren.

Wie sehr unterschied sich doch die Art und Weise, wie Paulus an die Gemeinde in Korinth schrieb, von seinem Verhalten gegenüber den Galatern! Die Ersteren wies er mit Vorsicht und Zartgefühl zurecht, die Letzteren mit schonungslosem Tadel. Die Korinther waren einer Versuchung erlegen. Durch die ausgeklügelten Spitzfindigkeiten von Lehrern getäuscht, die Irrtümer unter dem Deckmantel der Wahrheit präsentierten, waren sie verwirrt und ratlos geworden. Ihnen die Unterscheidung des Irrtums von der Wahrheit beizubringen erforderte Vorsicht und Geduld. Schroffheit oder unüberlegte Eile von Seiten des Paulus hätte seinen Einfluss bei vielen zunichte gemacht, denen er gerne helfen wollte.

In den Gemeinden Galatiens hingegen war offener, unverhüllter Irrtum dabei, die Botschaft des Evangeliums zu verdrängen. Man verleugnete Christus, den wahren Grund des Glaubens, zugunsten überholter Zeremonien des Judentums. Der Apostel erkannte: Wenn die Gläubigen in Galatien vor den gefährlichen Einflüssen gerettet werden sollten, die sie jetzt bedrohten, dann mussten die entschiedensten Maßnahmen getroffen und die schärfsten Warnungen gegeben werden.

Für jeden Mitarbeiter Christi ist es wichtig, dass er lernt, sich in seiner Arbeit auf die jeweilige Situation der Menschen, denen er helfen will, einzustellen. Feingefühl und Geduld, Entschiedenheit und Festigkeit sind gleicherweise erforderlich, doch müssen sie mit rechtem Unterscheidungsvermögen gepaart sein. Mit gegensätzlichen Ansichten weise umzugehen und sich auf unterschiedliche Umstände und Voraussetzungen einzustellen, ist eine Aufgabe, die eine vom Geist Gottes erleuchtete und geheiligte Weisheit und Urteilsfähigkeit erfordert.

In der Autorität Gottes

In seinem Brief an die Gläubigen in Galatien gab Paulus einen kurzen Überblick über die maßgeblichen Ereignisse im Zusammenhang mit seiner eigenen Bekehrung und seinen ersten Erfahrungen als Christ. Dadurch wollte er aufzeigen, dass er durch eine spezielle Offenbarung göttlicher Macht dazu geführt worden war, die großartigen Wahrheiten des Evangeliums zu erkennen und zu erfassen. Paulus war von Gott selbst dazu angewiesen worden, die Galater auf eine so ernste und nachdrückliche Art zu warnen und zu ermahnen. Er schrieb nicht zögerlich oder zweifelnd, sondern mit der Gewissheit einer gefestigten Überzeugung und klarer Erkenntnis. Deutlich stellte er den Unterschied heraus, ob jemand von Menschen belehrt oder unmittelbar von Christus unterwiesen worden ist.

Der Apostel forderte die Galater auf, die falschen Führer zu verlassen, durch die sie irregeleitet worden waren, und zu dem Glauben zurückzukehren, der von unverkennbaren Beweisen göttlicher Anerkennung begleitet worden war. Die Menschen, die versucht hatten, sie von ihrem Glauben an das Evangelium abzubringen, bezeichnete er als Heuchler, ungeheiligt im Herzen und verdorben in ihrem Wandel. Ihre Frömmigkeit bestand aus einer Reihe von Zeremonien, durch deren Ausübung sie die Gunst Gottes zu gewinnen trachteten. Sie hatten kein Verlangen nach einem Evangelium, das Gehorsam gegenüber dem Wort fordert: "Es sei denn, dass jemand von neuem geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen." (Johannes 3,3). Sie meinten, eine Religion, die auf einer solchen Lehre beruhe, fordere ein zu großes Opfer, und sie hielten an ihren Irrtümern fest, wobei sie sich selbst und andere betrogen.

Äußerliche religiöse Formen an die Stelle von Heiligkeit des Herzens und des Lebens zu setzen, ist für die unbekehrte Natur eines Menschen heute noch genau so verlockend wie in den Tagen jener jüdischen Lehrer. Wie damals, so gibt es auch heute falsche geistliche Führer, deren Lehren viele begierige Zuhörer finden. Es ist Satans wohl überlegtes Bemühen, unser Denken von der Hoffnung auf die Erlösung durch den Glauben an Christus und vom Gehorsam gegenüber dem Gesetz Gottes abzubringen. In jedem Zeitalter passt der Erzfeind seine Versuchungen den Vorurteilen oder Neigungen derer an, die er zu täuschen sucht. In der Zeit der Apostel führte er die Juden dazu, das Zeremonialgesetz zu überhöhen und Christus zu verwerfen; in unserer Zeit verleitet er viele erklärte Christen dazu, unter dem Vorwand, Christus zu ehren, das Sittengesetz gering zu achten und zu lehren, dass seine Vorschriften ungestraft übertreten werden könnten. Es ist die Pflicht eines jeden Mitarbeiters Gottes, diesen Verfälschern des Glaubens fest und entschieden zu widerstehen und ihre Irrtümer durch das Wort der Wahrheit furchtlos aufzudecken.

Bei seinem Bemühen, das Vertrauen seiner Brüder in Galatien wiederzugewinnen, rechtfertigte Paulus mit Geschick seine Stellung als Apostel Christi. Er bezeichnete sich als einen Apostel "nicht von Menschen, auch nicht durch einen Menschen, sondern durch Jesus Christus und Gott, den Vater, der ihn auferweckt hat von den Toten." (Galater 1,1). Nicht von Menschen, sondern von der höchsten Autorität im Himmel hatte er seinen Auftrag empfangen. Und sein Apostelamt war von einem allgemeinen Konzil in Jerusalem anerkannt worden, dessen Entscheidungen er in seinem ganzen Wirken unter den Nichtjuden beachtet hatte.

Nicht um sich selbst zu überhöhen, sondern um die Gnade Gottes zu verherrlichen, beurkundete Paulus auf diese Weise denen, die sein Apostelamt leugneten, er "sei nicht weniger als die Überapostel." (2.Korinther 11,5). Wer seine Berufung und sein Werk herabzusetzen suchte, stritt gegen Christus, dessen Gnade und Kraft sich durch Paulus bekundete. Durch den Widerstand seiner Feinde sah sich der Apostel genötigt, entschieden für seine Stellung und seine Autorität einzutreten.

Paulus bat die Menschen, die einst Gottes Macht in ihrem Leben erfahren hatten, zu ihrer ersten Liebe, zum Evangelium, zurückzukehren. Mit unwiderlegbaren Argumenten machte er ihnen klar, welches Vorrecht sie hatten, freie Menschen in Christus zu werden, durch dessen versöhnende Gnade alle, die sich ihm völlig übergeben, mit dem Gewand der Gerechtigkeit bekleidet werden. Er vertrat den Standpunkt, dass jeder Mensch, der gerettet werden will, eine echte und persönliche Erfahrung mit Gott machen müsse.

Die eindringlichen Mahnworte des Apostels blieben nicht erfolglos. Der Heilige Geist wirkte mit großer Macht, und viele, die auf Abwege geraten waren, kehrten zu ihrem früheren Glauben an das Evangelium zurück. Von da an blieben sie fest in der Freiheit, zu der Christus sie befreit hatte. In ihrem Leben kamen die Früchte des Geistes ans Licht: "Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Keuschheit." (Galater 5,22.23). In jener Gegend wurde der Name Gottes verherrlicht, und viele Menschen schlossen sich den Gläubigen an.

"Fasse Mut! Wie du in Jerusalem für mich Zeugnis abgelegt hast, so sollst du auch in Rom mein Zeuge sein." Apostelgeschichte 23,11.