Gute Nachricht Für Alle

Kapitel 28

Anstrengende Und Belastende Tage

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Apostelgeschichte 19,21-41; 20,1 und 2. Korinther 4,8-11; 11,23-28.

Mehr als drei Jahre lang war Ephesus das Zentrum der Arbeit von Paulus. Dort entstand eine blühende Gemeinde, und von dort aus verbreitete sich das Evangelium unter Juden und Heiden über die ganze Provinz Asia.

Seit geraumer Zeit hatte der Apostel eine weitere Missionsreise im Sinn. Da »nahm sich Paulus im Geist vor, durch Mazedonien und Achaja zu ziehen und nach Jerusalem zu reisen, und sprach: Wenn ich dort gewesen bin, muss ich auch Rom sehen« (Apostelgeschichte 19,21). In Übereinstimmung mit diesem Plan sandte er »zwei, die ihm dienten, Timotheus und Erastus, nach Mazedonien« (Apostelgeschichte 19,22). Weil er aber den Eindruck hatte, er werde noch in Ephesus gebraucht, entschloss er sich, bis nach Pfingsten zu bleiben. Da trat jedoch ein Ereignis ein, das seine Abreise beschleunigte.

Aufruhr In Ephesus

Einmal im Jahr fanden in Ephesus zu Ehren der Göttin Diana (Artemis) besondere Feiern statt, die viele Leute aus allen Teilen der Provinz anzogen. Während dieser Zeit veranstaltete man Feierlichkeiten unter größtem Pomp und Glanz.

Diese Festtage waren für alle, die neu zum Glauben gekommen waren, eine Bewährungsprobe. Die Gemeinde der Gläubigen, die sich in der Schule des Tyrannus versammelte, wurde von der feiernden Menge wie ein Misston im festlichen Chor betrachtet. Ungehindert wurde sie mit Spott, Vorwürfen und Beleidigungen überhäuft. Paulus hatte durch seine Arbeit dem Götzendienst einen empfindlichen Schlag versetzt, sodass der Besuch dieser nationalen Festtage und die Begeisterung der Anwesenden merklich zurückging. Die Auswirkungen seiner Lehrtätigkeit reichten auch weit über die tatsächlich zum Glauben Bekehrten hinaus. Viele von denen, die sich nicht öffentlich zu den neuen Lehren bekannten, hatten immerhin so viel Erkenntnis empfangen, dass sie jedes Vertrauen in ihre heidnischen Götter verloren.

Es gab noch einen zweiten Grund der Unzufriedenheit. Durch die Herstellung und den Verkauf von Altären und Plastiken, die dem Tempel und dem Standbild der Diana nachgebildet waren, hatte sich in Ephesus ein ausgedehntes und einträgliches Geschäft entwickelt. Das beteiligte Gewerbe stellte einen Rückgang seiner Erträge fest. Diesen unwillkommenen Wandel schrieb man einmütig dem Wirken von Paulus zu.

Demetrius, der silberne Nachbildungen des Dianatempels anfertigte, rief die Arbeiter seiner Zunft zusammen und sagte zu ihnen: »Liebe Männer, ihr wisst, dass wir großen Gewinn von diesem Gewerbe haben; und ihr seht und hört, dass nicht allein in Ephesus, sondern auch fast in der ganzen Provinz Asien dieser Paulus viel Volk abspenstig macht, überredet und spricht: Was mit Händen gemacht ist, das sind keine Götter. Aber es droht nicht nur unser Gewerbe in Verruf zu geraten, sondern auch der Tempel der großen Göttin Diana wird für nichts geachtet werden, und zudem wird ihre göttliche Majestät untergehen, der doch die ganze Provinz Asien und der Weltkreis Verehrung erweist.« Diese Worte versetzten die Zuhörer in wütende Erregung. »Als sie das hörten, wurden sie von Zorn erfüllt und schrien: Groß ist die Diana der Epheser!« (Apostelgeschichte 19,25-28)

Die Worte dieser Ansprache machten schnell die Runde. »Die ganze Stadt wurde voll Getümmel.« (Apostelgeschichte 19,29a) Man leitete eine Suche nach Paulus ein, fand den Apostel jedoch nicht. Seine Glaubensbrüder hatten von der Gefahr Wind bekommen und ihn schleunigst von diesem Ort weg in Sicherheit gebracht. Engel Gottes waren beauftragt worden, den Apostel zu beschützen; die Zeit für seinen Märtyrertod war noch nicht gekommen. Als der Pöbel die Zielscheibe seines Zorns nicht zu fassen bekam, ergriff man »Gajus und Aristarch aus Mazedonien, die Gefährten des Paulus«, und stürmte mit ihnen »einmütig zum Theater« (Apostelgeschichte 19,29b).

Der Ort, an dem Paulus verborgen war, lag nicht weit entfernt. Bald hörte er von der Gefahr, in der sich seine geliebten Brüder befanden. Er dachte nicht an seine eigene Sicherheit und wollte sich sofort zum Theater begeben, um zu den Aufrührern zu sprechen, doch »ließen's ihm die Jünger nicht zu« (Apostelgeschichte 19,30). Gajus und Aristarch waren ja nicht die Beute, die die Menschen suchten; für sie befürchtete man keine ernste Gefahr. Sollten jedoch die Leute das blasse und sorgenbeladene Gesicht des Apostels sehen, würde das beim Pöbel sofort die schlimmsten Wutausbrüche auslösen, und nach menschlichem Ermessen bestünde dann nicht die geringste Chance, sein Leben zu retten.

Paulus beabsichtigte noch immer, vor der Menge die Wahrheit zu verteidigen. Schließlich wurde er aber durch eine Warnungsbotschaft aus dem Theater davon abgehalten. »Einige der Oberen der Provinz Asien, die ihm freundlich gesinnt waren, sandten zu ihm und ermahnten ihn, sich nicht zum Theater zu begeben.« (Apostelgeschichte 19,31)

Der Tumult im Theater schwoll immer weiter an. »Dort schrien die einen dies, die andern das, und die Versammlung war in Verwirrung, und die meisten wussten nicht, warum sie zusammengekommen waren.« (Apostelgeschichte 19,32) Die Tatsache, dass Paulus und einige seiner Begleiter hebräischer Herkunft waren, weckte bei den Juden das Verlangen, deutlich darauf hinzuweisen, dass sie weder mit ihm noch mit seinem Wirken sympathisierten. Deshalb schickten sie einen aus ihrer Mitte vor, der ihr Anliegen vor das Volk bringen sollte. Der gewählte Sprecher war Alexander, ein Handwerker, ein Kupferschmied, über den Paulus später sagte, er habe ihm »viel Böses angetan« (2. Timotheus 4,14) Alexander war ein Mann mit beachtlichen Fähigkeiten. Er konzentrierte all seine Energie darauf, den Volkszorn allein gegen Paulus und seine Gefährten zu lenken. Doch als die Menge erfuhr, dass Alexander ein Jude war, stieß man ihn beiseite, und dann »schrie alles wie aus einem Munde fast zwei Stunden lang: Groß ist die Diana der Epheser!« (Apostelgeschichte 19,34)

Eine Erstaunliche Wende

Schließlich hielten sie aus reiner Erschöpfung inne, und einige Augenblicke war es still. Da zog der Stadtschreiber die Aufmerksamkeit der Menge auf sich und verschaffte sich kraft seines Amtes Gehör. Er begab sich auf ihre eigene Argumentationsebene und wies darauf hin, dass es keinen triftigen Grund für diese Aufregung gebe. Er appellierte an ihre Vernunft: »Ihr Männer von Ephesus, wo ist ein Mensch, der nicht weiß, dass die Stadt Ephesus eine Hüterin der großen Diana ist und ihres Bildes, das vom Himmel gefallen ist? Weil das nun unwidersprechlich ist, sollt ihr euch ruhig verhalten und nichts Unbedachtes tun. Ihr habt diese Menschen hergeführt, die weder Tempelräuber noch Lästerer unserer Göttin sind. Haben aber Demetrius und die mit ihm vom Handwerk sind, einen Anspruch an jemanden, so gibt es Gerichte und Statthalter; da lasst sie sich untereinander verklagen. Wollt ihr aber darüber hinaus noch etwas, so kann man es in einer ordentlichen Versammlung entscheiden. Denn wir stehen in Gefahr, wegen der heutigen Empörung verklagt zu werden, ohne dass ein Grund vorhanden ist, mit dem wir diesen Aufruhr entschuldigen könnten. Und als er das gesagt hatte, ließ er die Versammlung gehen.« (Apostelgeschichte 19,35-40)

Demetrius hatte in seiner Ansprache behauptet, dass ihr Handwerk in Gefahr sei. In diesen Worten lag der wahre Grund für diesen Tumult in Ephesus und für viele Verfolgungen der Apostel bei ihrer Arbeit. Demetrius und seine Handwerksgenossen erkannten, dass durch die Verkündigung und die Verbreitung des Evangeliums ihr Geschäft mit der Herstellung von Götzenbildern in Gefahr geriet. Die Einkünfte der heidnischen Priester und Kunsthandwerker standen auf dem Spiel, und deshalb erregten sie einen solch erbitterten Widerstand gegen Paulus.

Die Entscheidung des Stadtschreibers und anderer Würdenträger der Stadt hatte Paulus vor dem Volk von jeder ungesetzlichen Handlung freigesprochen. Dies war ein weiterer Sieg des christlichen Glaubens über Irrtum und Aberglauben. Gott hatte einen hohen Amtsträger dazu benutzt, um seinen Apostel zu rechtfertigen und den aufrührerischen Pöbel in Schach zu halten. Paulus war Gott von Herzen dankbar, dass der sein Leben verschont hatte und die christliche Lehre durch den Aufruhr in Ephesus nicht in Verruf gekommen war.

»Als nun das Getümmel aufgehört hatte, rief Paulus die Jünger zu sich und tröstete sie, nahm Abschied und brach auf, um nach Mazedonien zu reisen.« (Apostelgeschichte 20,1) Zwei treue Brüder aus Ephesus, Tychikus und Trophimus, begleiteten ihn auf dieser Reise.

Ein Geduldiger Kämpfer

Die Tätigkeit des Apostels Paulus in Ephesus war abgeschlossen. Sein Dienst war eine Zeit ständiger Arbeit, vieler Prüfungen und tiefen Kummers gewesen. Er hatte die Gläubigen öffentlich und privat gelehrt, hatte sie oft unter Tränen unterrichtet und gewarnt. Ständig war er auf den Widerstand der Juden gestoßen, die keine Gelegenheit ausließen, um das Volk gegen ihn aufzuwiegeln.

Und während er auf diese Weise gegen Widerstände kämpfte, mit unermüdlichem Eifer die Evangeliumsbotschaft vorantrieb und die Interessen einer im Glauben noch jungen Gemeinde wahrte, verspürte er eine große Verantwortung für alle Gemeinden.

Großen Kummer bereitete ihm die Nachricht vom Abfall einiger Glieder in den Gemeinden, die er gegründet hatte. Er fürchtete, dass sich seine Bemühungen um sie als vergeblich erweisen könnten. Paulus verbrachte manche Nacht im Gebet und in ernstem Nachdenken, als er erfuhr, mit welchen Methoden seinem Werk entgegengearbeitet wurde. Sobald sich ihm eine Gelegenheit bot und wenn es ihr Zustand erforderte, schrieb er Briefe an die Gemeinden, wobei er sie - entsprechend der jeweiligen Situation - tadelte, ihnen Ratschläge erteilte, sie ermahnte oder ermutigte. In diesen Briefen ging er nicht ausführlich auf seine eigenen Anfechtungen ein, obwohl da und dort einige Einblicke in sein Wirken und Leiden für das Werk Christi durchschimmerten. Schläge und Gefängnis, Kälte, Hunger und Durst, Gefahren zu Land und auf hoher See, in der Stadt und in der Wüste, durch seine eigenen Landsleute, durch Heiden sowie durch falsche Brüder: all dies erduldete er um des Evangeliums willen (vgl. 2. Korinther 11,23-28). Bald wurde gegen ihn gelästert, bald wurde er gescholten und zum »Abschaum der Menschheit« erniedrigt. (1. Korinther 4,13) Er wurde bedrängt, verfolgt und unterdrückt; er war »jede Stunde in Gefahr« und wurde »immerdar in den Tod gegeben um Jesu willen« (2. Korinther 4,8-11; 1. Korinther 15,30).

Mitten im ständigen Sturm des Widerstands, umtost vom Geschrei der Feinde und von Freunden verlassen, verlor der unerschrockene Apostel beinahe den Mut. Aber dann schaute er zurück nach Golgatha und ging mit neuem Eifer wieder voran, um das Wissen um den Gekreuzigten zu verbreiten. Er beschritt weiter den blutgetränkten Pfad, den Christus vor ihm gegangen war, und wollte nicht von diesem Kampf entbunden werden, ehe er seine Rüstung zu Füßen seines Erlösers niederlegen sollte.