Der Sieg Der Liebe

Kapitel 51

Das Licht Des Lebens

[AUDIO]

Johannes 8,12-59; 9,1-41.

"Da redete Jesus abermals zu ihnen und sprach: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben." (Johannes 8,12)

Als Jesus diese Worte aussprach, befand er sich im Vorhof des Tempels, der in einem besonderen Zusammenhang zum Laubhüttenfest stand. In der Mitte des Vorhofs standen zwei mächtige Säulen mit riesigen Leuchtern darauf. Nach dem Abendopfer wurden alle Lampen angezündet, und ihr Licht leuchtete über die Stadt Jerusalem. Diese feierliche Handlung geschah im Andenken an die Feuersäule, die Israel durch die Wüste geführt hatte, und wies auch auf das Kommen des Messias hin. Am Abend, wenn die Lampen angezündet wurden, jubelten die Menschen im Vorhof. Ergraute Häupter, nämlich die Priester des Tempels und die Mitglieder des Hohen Rates, vereinten sich in festlichen Reigen zu den Klängen der Musik und dem feierlichen Gesang der Leviten.

Die Festbeleuchtung, die Jerusalem erstrahlen ließ, war ein Ausdruck ihrer Hoffnung auf das Kommen des Messias, dessen Licht über Israel aufgehen sollte. Für Jesus jedoch hatte diese Handlung noch eine tiefere Bedeutung. Wie die Lichter des Tempels alles überstrahlten, so wollte auch Christus, der Ursprung des geistlichen Lichts, die Dunkelheit der Welt erhellen. Und dennoch war dieser Vergleich unvollkommen. Das große Licht, welchem er eigenhändig den Platz am Himmelszelt zugewiesen hatte, war ein treffenderes Bild für die Herrlichkeit seiner Sendung.

Es war früh am Morgen. Die Sonne war gerade über dem Ölberg aufgegangen. Ihre Strahlen fielen mit blendender Helligkeit auf die marmornen Paläste und erleuchteten das Gold der Tempelmauern. Indem Jesus darauf zeigte, sagte er: "Ich bin das Licht der Welt." (Johannes 8,12b)

Das Wahre Licht

Einer, der diese Worte hörte, gab sie viel später in einem großartigen Schriftabschnitt wieder: "In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat's nicht ergriffen ... Das war das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen." (Johannes 1,4.5.9) Und lange nachdem Jesus in den Himmel aufgefahren war, schrieb Petrus, erleuchtet vom Heiligen Geist, in Erinnerung an das Bild, das Jesus benutzt hatte: "Eine umso festere Grundlage haben wir darum im prophetischen Wort, und ihr tut gut daran, darauf zu achten, wie auf ein Licht, das an einem dunklen Ort scheint, bis der Tag anbricht und der Morgenstern [Christus] aufgeht in euren Herzen." (2. Petrus 1,19 ZÜ)

Immer, wenn sich Gott seinem Volk offenbarte, war Licht das Zeichen seiner Gegenwart. Auf sein Schöpfungswort hin hatte am Anfang Licht aus der Finsternis hervorgeleuchtet. Tagsüber war das Licht von der Wolkensäule und nachts von der Feuersäule umhüllt worden und hatte die riesigen Heere Israels geleitet. Licht umloderte den Herrn auf dem Berg Sinai mit ehrfurchtgebietender Pracht. Licht lag über dem Gnadenstuhl in der Stiftshütte. Licht erfüllte den Tempel Salomos bei seiner Einweihung. Licht leuchtete über den Hügeln von Bethlehem, als die Engel den wachenden Hirten die Botschaft der Erlösung brachten.

Gott ist Licht, und mit den Worten: "Ich bin das Licht der Welt" (Johannes 8,12b) bekundete Christus seine Einheit mit Gott und seine Verbindung zur gesamten Menschheit. Er selbst hatte ganz zu Beginn veranlasst, dass das "Licht ... aus der Finsternis hervorleuchten" sollte (2. Korinther 4,6b). Er ist das Licht der Sonne, des Mondes und der Sterne. Er war das geistliche Licht, das durch Symbole, Zeichen und Weissagungen Israel erleuchtet hatte. Doch dieses Licht wurde nicht nur der jüdischen Nation geschenkt. Genauso wie die Sonnenstrahlen in die entferntesten Ecken der Erde leuchten, dringt auch das Licht der Sonne der Gerechtigkeit zu jedem Menschen vor.

"Das war das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen." (Johannes 1,9) Die Welt hat große Lehrer erlebt, Männer von überragender Geisteskraft, großartige Forscher - Menschen, deren Äußerungen das Denken angeregt und die Sicht für weite Wissensgebiete geöffnet haben. Sie alle wurden als Führer und Wohltäter der Menschheit geehrt. Aber es gibt einen, der sie alle überragt. "All denen jedoch, die ihn aufnahmen und an seinen Namen glaubten, gab er das Recht, Gottes Kinder zu werden ... Niemand hat Gott je gesehen. Der eingeborene Sohn hat ihn uns offenbart, er, der selbst Gott ist und an der Seite des Vaters sitzt." (Johannes 1,12.18 Wir können die Linie der großen Lehrer der Welt so weit zurückverfolgen, wie menschliche Aufzeichnungen reichen. Doch das Licht war vor ihnen da. So wie der Mond und die Planeten unseres Sonnensystems das Licht der Sonne widerspiegeln, so sind die großen Denker der Welt, sofern ihre Lehren der Wahrheit entsprechen, ein Abbild der "Sonne der Gerechtigkeit". Jeder brillante Gedanke und jeder Geistesblitz kommt vom "Licht der Welt". Heute hört man viel von "höherer Bildung". Die wahre "höhere Bildung" aber kommt von dem Einen, "in welchem verborgen liegen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis" (Kolosser 2,3). "In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen." (Johannes 1,4) "Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben." (Johannes 8,12b)

Anders Als Erwartet

Mit den Worten: "Ich bin das Licht der Welt" bezeichnete sich Jesus selbst als Messias. Der betagte Simeon hatte im Tempel, in dem Jesus nun lehrte, von ihm als einem "Licht zur Erleuchtung der Heiden und zur Verherrlichung deines Volkes Israel" gesprochen (Lukas 2,32 ZÜ). Mit diesen Worten bezog er sich auf eine Prophezeiung, die in ganz Israel bekannt war. Durch den Propheten Jesaja hatte der Heilige Geist erklärt: "Es genügt nicht, dass du mein Diener bist, nur um die Stämme Israels wieder aufzurichten und Israel zur Umkehr zu führen. Ich mache dich auch zum Licht für die Völker und zur Rettung für die ganze Welt." (Jesaja 49,6 NLB) Diese Weissagung wurde allgemein auf den Messias bezogen. Als Jesus nun sagte: "Ich bin das Licht der Welt" (Johannes 8,12b), konnte das Volk seinen Anspruch, der Vorausgesagte zu sein, unmissverständlich begreifen.

Für die Pharisäer und Obersten bedeutete dieser Anspruch eine Anmaßung. Dass ein Mensch, der ihnen gleich war, so etwas von sich behauptete, konnten sie nicht ertragen. Sie taten so, als hätten sie seine Worte nicht gehört, und fragten: "Wer bist du denn?" (Johannes 8,25a) Sie wollten ihn dazu zwingen, sich selbst als Messias zu bezeichnen. Seine Erscheinung und sein Wirken aber unterschieden sich so sehr von dem, was die Menschen erwarteten, dass seine hinterlistigen Feinde glaubten, das Volk werde ihn, wenn er sich offen als Messias ausgab, als Hochstapler ablehnen.

Auf ihre Frage: "Wer bist du denn?" antwortete Jesus: "Darüber habe ich doch von Anfang an zu euch gesprochen." (Johannes 8,25b NGÜ) Was sich in seinen Worten offenbarte, zeigte sich auch in seinem Charakter. Er verkörperte die Wahrheiten, die er lehrte. "Ich tue nichts von mir selbst aus", versicherte er und fuhr fort: "sondern wie mich mein Vater gelehrt hat, so rede ich. Und der, welcher mich gesandt hat, ist mit mir; der Vater lässt mich nicht allein; denn ich tue allezeit, was ihm wohlgefällt." (Johannes 8,28b.29 Schl.) Er versuchte nicht, seinen messianischen Anspruch zu beweisen, sondern zeigte seine Einheit mit Gott. Wären die Pharisäer für Gottes Liebe offen gewesen, hätten sie Jesus angenommen.

Viele seiner Zuhörer fühlten sich im Glauben zu ihm hingezogen. Zu ihnen sagte er: "Wenn ihr bleiben werdet an meinem Wort, so seid ihr wahrhaftig meine Jünger und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen." (Johannes 8,31b.32)

Die Pharisäer waren über diese Worte verärgert. Sie ließen die lange Zeit der Unterwerfung des Volkes unter ein fremdes Joch völlig außer Acht und riefen zornig: "Wir sind Abrahams Kinder und sind niemals jemandes Knecht gewesen. Wie sprichst du dann: Ihr sollt frei werden?" (Johannes 8,33) Jesus schaute diese von Rachegedanken beherrschten Männer an, die Sklaven der Bosheit waren, und antwortete betrübt: "Ich versichere euch: Jeder, der sündigt, ist ein Sklave der Sünde." (Johannes 8,34 NLB) Sie befanden sich in der schlimmsten Art von Gefangenschaft - sie waren vom Geist des Bösen beherrscht.

Wahre Freiheit

Jeder Mensch, der sich Gott nicht übergeben will, wird von einer anderen Macht beherrscht. Er ist nicht sein eigener Herr. Er mag von Freiheit reden, in Wirklichkeit aber lebt er in elendester Knechtschaft. Er darf die Schönheit der Wahrheit nicht sehen, weil sein Verstand unter der Kontrolle Satans steht. Selbstgefällig denkt er, seinem eigenen Urteilsvermögen zu folgen, in Wirklichkeit aber fügt er sich dem Willen des Fürsten der Finsternis. Christus kam, um die Menschen von den Ketten der Sklaverei durch die Sünde zu befreien. "Nur dann, wenn der Sohn euch frei macht, seid ihr wirklich frei." (Johannes 8,36 NLB) "Denn wenn du mit Jesus Christus verbunden bist, bist du nicht mehr unter dem Gesetz der Sünde und des Todes; das Gesetz des Geistes, der lebendig macht, hat dich davon befreit." (Römer 8,2 NGÜ)

Im Erlösungswerk gibt es keinen Zwang, es wird auch keine äußere Gewalt angewandt. Unter dem Einfluss des Geistes Gottes steht es dem Menschen frei, selbst zu entscheiden, wem er dienen möchte. Das höchste Gefühl von Freiheit erlebt der Mensch dann, wenn er sein Leben Christus übergibt. Die Absage an die Sünde ist ein Akt, der vom Menschen selbst ausgeführt wird. Doch die Kraft, uns selbst von der Herrschaft Satans zu befreien, haben wir nicht. Wenn wir aber von der Sünde frei werden wollen und in größter Not nach einer Macht außerhalb von uns und über uns rufen, werden die Kräfte unseres Innersten von der göttlichen Macht des Heiligen Geistes so durchdrungen, dass sie den Willen Gottes als ihren eigenen erfüllen.

Die Freiheit des Menschen ist nur unter der Bedingung möglich, dass man mit Christus eins wird. "Die Wahrheit wird euch frei machen" (Johannes 8,32b), und Christus ist die Wahrheit (vgl. Johannes 14,6). Die Sünde kann nur dann Erfolg haben, wenn sie den Verstand schwächt und die Freiheit des Menschen zerstört. Unterstellen wir uns jedoch Gott, wird unsere eigene Persönlichkeit wiederhergestellt - zu wahrer Herrlichkeit und Menschenwürde. Das göttliche Gesetz, dem wir unterworfen werden, ist das "Gesetz der Freiheit" (Jakobus 2,12b).

Kinder Nach Dem Wesen Gottes

Die Pharisäer hatten sich als Abrahams Kinder bezeichnet. Jesus erklärte ihnen, dass sie dies nur behaupten könnten, wenn sie auch die Werke Abrahams täten. Die wahren Kinder Abrahams würden so leben, wie er es getan hatte, im Gehorsam Gott gegenüber. Sie würden nicht versuchen, den zu töten, der die Wahrheit, die ihm Gott gegeben hatte, weitersagte. Indem sich die Rabbiner gegen Christus verschworen, vollbrachten sie nicht die Werke Abrahams. Nur von Abraham abzustammen war wertlos. Ohne eine geistliche Verbindung zu Abraham, die sich darin zeigt, dass man denselben Geist besitzt und dieselben Werke tut, waren sie nicht seine Kinder.

Dieser Grundsatz ist ebenso wichtig bei einer weiteren Frage, welche die Christenheit schon lange beschäftigt: die Frage der apostolischen Nachfolge. Ob jemand von Abraham abstammte, war nicht abhängig von Name oder Stammbaum, sondern von der Ähnlichkeit des Charakters. Darum beruht auch die apostolische Nachfolge nicht auf der Übertragung kirchlicher Macht, sondern auf einer geistlichen Beziehung. Ein Leben, das im Geist der Apostel geführt wird, sowie die Verkündigung der Wahrheit durch Glaube und Lehre, sind der echte Beweis für apostolische Nachfolge. Dadurch werden Menschen zu Nachfolgern der ersten Lehrer des Evangeliums.

Jesus sprach den Juden ab, Kinder Abrahams zu sein. Er sagte: "Ihr tut die Werke eures Vaters." Voller Spott antworteten sie ihm: "Wir sind nicht durch Hurerei geboren; wir haben einen Vater, Gott." (Johannes 8,41 Elb.) Mit diesen Worten, die eine Anspielung auf die Umstände seiner Geburt waren, holten sie in Gegenwart derer, die gerade anfingen, an ihn zu glauben, zum Schlag gegen Christus aus. Doch Jesus schenkte dieser niederträchtigen Unterstellung keine Beachtung und erwiderte: "Wenn Gott euer Vater wäre, so würdet ihr mich lieben, denn ich bin von Gott ausgegangen und gekommen." (Johannes 8,42a Elb.)

Ihre Werke bezeugten ihre Beziehung zu dem, der ein Lügner und Mörder war. "Ihr stammt vom Teufel; der ist euer Vater", erklärte Jesus. "Und was euer Vater wünscht, das führt ihr bereitwillig aus. Er war von Anfang an ein Mörder und stand nie auf dem Boden der Wahrheit, weil es in ihm keine Wahrheit gibt ... Ich aber sage die Wahrheit, und gerade das ist der Grund, weshalb ihr mir nicht glaubt." (Johannes 8,44a.45 NGÜ) Weil Jesus die Wahrheit mit solcher Bestimmtheit lehrte, lehnten ihn die jüdischen Führer ab. Es war die Wahrheit, die diese selbstgerechten Männer so wütend machte. Die Wahrheit entlarvte ihre Denkfehler und verurteilte ihr Lehren und Handeln, was ihnen nicht willkommen war. Lieber verschlossen sie ihre Augen vor der Wahrheit, als sich selbst zu demütigen und ihren Irrtum zuzugeben. Sie liebten die Wahrheit nicht und hatten kein Verlangen nach ihr, obwohl es die Wahrheit war.

Ohne Sunde

"Wer von euch kann mir eine Sünde nachweisen? Wenn ich die Wahrheit sage, warum glaubt ihr mir nicht?" (Johannes 8,46 EÜ) Drei Jahre lang waren ihm seine Feinde Tag für Tag gefolgt und hatten immer wieder versucht, einen Makel an seinem Charakter zu finden. Satan und all seine Verbündeten hatten versucht, Jesus zu überwinden. Doch sie fanden nichts an ihm, was für sie von Nutzen gewesen wäre. Sogar die Dämonen waren zum Bekenntnis gezwungen: Wir wissen, "wer du bist: der Heilige Gottes" (Markus 1,24b). Vor dem Himmel, den ungefallenen Welten und den sündigen Menschen lebte Jesus nach den Geboten Gottes. Vor Engeln, Menschen und Dämonen hatte er - unwidersprochen - Aussagen gemacht, die aus dem Mund anderer eine Gotteslästerung gewesen wären: "Ich tue allezeit, was ihm [Gott] gefällt." (Johannes 8,29b)

Obwohl die führenden Juden keine Sünde an Christus finden konnten, wollten sie ihn nicht annehmen. Damit bewiesen sie, dass sie selbst keine Beziehung zu Gott hatten. Sie erkannten Gottes Stimme in der Botschaft seines Sohnes nicht und bildeten sich ein, über Christus urteilen zu können. Indem sie ihn verwarfen, verurteilten sie sich jedoch selbst. "Wer Gott zum Vater hat, der hört Gottes Worte. Dass ihr nicht darauf hört, zeigt, dass ihr nicht Gottes Kinder seid." (Johannes 8,47 NLB)

Darin liegt eine Lehre für alle Zeiten. Manche Menschen, die andere gern kritisieren, kleinlich sind und versuchen, Aussagen des Wortes Gottes zu hinterfragen, meinen, dass sie damit die Unabhängigkeit ihres Denkens und ihren Scharfsinn unter Beweis stellen. Sie meinen, die Bibel beurteilen zu können, in Wirklichkeit jedoch richten sie sich selbst. Dadurch zeigen sie, dass sie die Wahrheit, die ihren Ursprung im Himmel hat und die Ewigkeit umfasst, nicht zu schätzen wissen. Angesichts der alles überragenden Gerechtigkeit Gottes empfinden sie keine Ehrfurcht. Sie sind ständig damit beschäftigt, irgendwelchen Nichtigkeiten nachzujagen. Sie offenbaren dadurch ihr begrenztes und weltliches Denken und ein Herz, das rasch die Fähigkeit verliert, Gott zu schätzen. Wer jedoch auf die göttliche Berührung von Herzen reagiert, wird nach dem suchen, was seine Gotteserkenntnis erweitert, den Charakter verfeinert und ihn veredelt. Wie sich eine Blume der Sonne zuwendet, damit ihr deren helle Strahlen farbige Schönheit verleihen, wendet sich der Mensch der "Sonne der Gerechtigkeit" zu, damit das Licht des Himmels seinen Charakter mit der Schönheit des Charakters von Christus veredeln kann.

Ein Stellvertretendes Opfer

Jesus setzte seine Rede fort und zeigte den scharfen Gegensatz zwischen dem Verhalten der Juden und demjenigen Abrahams auf: "Euer Vater Abraham jubelte, weil er meinen Tag sehen sollte. Er sah ihn und freute sich." (Johannes 8,56 EÜ)

Abraham hatte sich sehnlichst gewünscht, den versprochenen Retter zu erblicken. Er bat Gott inständig darum, den Messias noch vor seinem Tod sehen zu können. Und er sah Christus. Er erhielt eine übernatürliche Erleuchtung und anerkannte das göttliche Wesen des Messias. Er sah den Tag von Christus und freute sich. Abraham durfte einen Blick auf das Opfer werfen, das Gott für die Sünde bringen würde. Für dieses Opfer gab es in seinem eigenen Leben ein anschauliches Beispiel. Ihm war befohlen worden: "Nimm deinen Sohn, deinen einzigen, den du lieb hast, den Isaak ... und opfere ihn ... als Brandopfer." (1. Mose 22,2a ZÜ) Er legte den Sohn der Verheißung, auf dem all seine Hoffnungen ruhten, auf den Opferaltar. Als er mit erhobenem Messer neben dem Altar wartete, um Gott zu gehorchen, hörte er eine Stimme vom Himmel, die zu ihm sagte: "Lass es sein ... Tu dem Kind nichts. Denn jetzt weiß ich, dass du Ehrfurcht vor Gott hast. Du hättest sogar deinen einzigen Sohn auf meinen Befehl hin geopfert." (1. Mose 22,12 NLB) Diese schreckliche Prüfung war Abraham auferlegt worden, damit er den Tag von Christus sehen und die große Liebe Gottes für die Welt begreifen konnte. Diese Liebe war so groß, dass Gott seinen einzigen Sohn den schmählichsten Tod sterben ließ, um die Welt vor ihrem Verderben zu erretten.

Abraham erhielt auf diese Weise von Gott die größte Lehre, die je einem Menschen zuteilwurde. Sein Gebet, den Messias noch vor seinem Tod sehen zu dürfen, wurde erhört. Er sah Christus und schaute alles, was ein Mensch sehen konnte, ohne deswegen sterben zu müssen. Weil er sich ganz Gott übergeben hatte, konnte er die Vision von Christus, die ihm gegeben wurde, verstehen. Ihm wurde gezeigt, dass Gott durch die Hingabe seines einzigen Sohnes zur Errettung der Sünder vor dem ewigen Verderben ein größeres und wunderbareres Opfer darbrachte, als es Menschen je erbringen können.

Abrahams Erfahrung beantwortete die Frage: "Womit soll ich mich dem Herrn nahen, mich beugen vor dem hohen Gott? Soll ich mich ihm mit Brandopfern nahen und mit einjährigen Kälbern? Wird wohl der Herr Gefallen haben an viel tausend Widdern, an unzähligen Strömen von Öl? Soll ich meinen Erstgeborenen für meine Übertretung geben, meines Leibes Frucht für meine Sünde?" (Micha 6,6.7) Aus Abrahams Worten: "Gott wird für ein Opferlamm sorgen" (1. Mose 22,8a GNB) und indem Gott ein Opfer anstelle von Isaak bereitstellte, wurde deutlich, dass kein Mensch für sich selbst Sühne leisten kann. Das heidnische Opferwesen war für Gott völlig unannehmbar. Kein Vater sollte jemals seinen Sohn oder seine Tochter als Sühnopfer darbringen. Allein der Sohn Gottes kann die Schuld der Welt tragen.

Durch sein eigenes Leid wurde Abraham fähig, den Opferauftrag des Erlösers zu begreifen. Doch Israel wollte nicht erkennen, was ihren stolzen Herzen so unwillkommen war. In der Aussage von Jesus über Abraham sahen seine Zuhörer keine tiefere Bedeutung. Die Pharisäer fanden darin lediglich einen neuen Grund zur Kritik. Sie antworteten ihm höhnisch, so als wollten sie beweisen, dass er geistesgestört sei: "Du bist noch keine fünfzig Jahre alt und willst Abraham gesehen haben?" (Johannes 8,57 GNB)

Mit feierlichem Ernst antwortete Jesus: "Amen, ich versichere euch: Ich bin - bevor Abraham überhaupt geboren wurde." (Johannes 8,58 GNB)

Tiefes Schweigen legte sich auf die große Versammlung. Dieser galiläische Rabbi hatte behauptet, sein eigener Name sei der Name Gottes ["Ich bin"], der einst Mose offenbart worden war, um den Gedanken der ewigen Gegenwart zum Ausdruck zu bringen! (vgl. 2. Mose 3,14 Elb.) Er hatte erklärt, der Eine zu sein, der aus sich selbst existiert - jener, der Israel verheißen worden war und dessen "Hervorgehen von Anfang, von den Tagen der Ewigkeit her gewesen ist" (Micha 5,1b Schl.).

Erneut schrien die Priester und Rabbiner auf und nannten Jesus einen Gotteslästerer. Sein Anspruch, mit Gott eins zu sein, hatte sie schon vorher aufgebracht, sodass sie ihn umbringen wollten. Einige Monate später sprachen sie es dann deutlich aus: "Wir steinigen dich nicht wegen einer guten Tat, sondern weil du ein Gotteslästerer bist. Du bist nur ein Mensch und gibst dich als Gott aus." (Johannes 10,33 GNB) Weil er Gottes Sohn war und sich dazu bekannte, waren sie fest entschlossen, ihn zu töten. Jetzt hoben viele, die auf der Seite der Priester und Rabbiner standen, "Steine auf und wollten ihn töten. Aber Jesus brachte sich in Sicherheit und verließ den Tempel" (Johannes 8,59 GNB). Das Licht schien in der Finsternis, aber "die Finsternis hat's nicht ergriffen" (Johannes 1,5).

Ein Blinder Wird Sehend

"Und Jesus ging vorüber und sah einen Menschen, der blind geboren war. Und seine Jünger fragten ihn und sprachen: Meister, wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, dass er blind geboren ist? Jesus antwortete: Es hat weder dieser gesündigt noch seine Eltern, sondern es sollen die Werke Gottes offenbar werden an ihm ... Als er das gesagt hatte, spuckte er auf die Erde, machte daraus einen Brei und strich den Brei auf die Augen des Blinden. Und er sprach zu ihm: Geh zum Teich Siloah - das heißt übersetzt: gesandt und wasche dich! Da ging er hin und wusch sich und kam sehend wieder." (Johannes 9,1-3.6.7)

Unter den Juden glaubte man ganz allgemein, die Sünde werde bereits zu Lebzeiten bestraft. Darum wurde jede Krankheit als Strafe für ein Fehlverhalten angesehen, das der Leidende selbst oder aber seine Eltern begangen haben mussten. Es ist wahr, dass alles Leid eine Folge der Übertretung des göttlichen Gesetzes ist, doch diese Wahrheit wurde verdreht. Satan, der Urheber der Sünde und all ihrer Folgen, hatte die Menschen dazu gebracht, Krankheit und Tod als von Gott ausgehend anzusehen, die willkürlich über den Sünder verhängt wird. Wer also von einer schweren Krankheit oder einem Schicksalsschlag heimgesucht wurde, stand zusätzlich unter der Belastung, als großer Sünder angesehen zu werden.

Dadurch war der Weg für die Juden vorbereitet, Jesus zu verwerfen. Von ihm heißt es: "Er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen." Doch gerade deshalb hielten ihn die Juden "für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre", und sie verbargen ihr "Angesicht vor ihm" (Jesaja 53,4.3b).

Um dies zu verhindern, hatte Gott bereits eine Unterweisung gegeben. Die Geschichte Hiobs hatte gezeigt, dass es Satan ist, der Leid zufügt. Gottes Absicht aber ist es, dies durch seine Gnade wieder aufzuheben. Doch Israel verstand diese Lehre nicht. Indem sie Christus verwarfen, begingen sie denselben Fehler wie Hiobs Freunde, die Gott deswegen tadelte (vgl. Hiob 42,7).

Auch die Jünger teilten den Glauben des jüdischen Volkes über die Beziehung von Sünde und Leid. Als Jesus ihre falsche Sichtweise berichtigte, gab er ihnen jedoch keinen Grund an, weshalb der Mann krank geworden war, sondern verwies sie auf die Folgen: Es sollten daran "die Werke Gottes offenbar werden" (Johannes 9,3b). Jesus sagte: "Solange ich in der Welt bin, bin ich das Licht der Welt." (Johannes 9,5) Nachdem er den Brei auf die Augen des Blinden gestrichen hatte, schickte er ihn zum Teich Siloah, um sich dort zu waschen. Nun konnte der Blinde wieder sehen. Damit beantwortete Jesus die Frage der Jünger auf ganz praktische Art und Weise, wie er es bei den meisten Fragen tat, die aus reiner Neugier gestellt wurden. Es war nicht die Aufgabe der Jünger, darüber zu befinden, wer gesündigt hatte und wer nicht. Viel wichtiger war es, in der Heilung des Blinden Gottes Macht und Barmherzigkeit zu erkennen. Es war offensichtlich, dass weder der Lehmbrei noch das Wasser, mit dem sich der Blinde waschen musste, eine heilende Wirkung besaß. Es war allein die Macht von Christus.

Die Pharisäer konnten über die Heilung nur staunen. Weil er das Wunder an einem Sabbat vollbracht hatte, wurden sie mit Hass erfüllt wie nie zuvor.

Die Nachbarn des jungen Mannes und jene, die ihn vorher gekannt hatten, als er noch blind war, sagten: "Ist das nicht der Mann, der da saß und bettelte?" (Johannes 9,8) Misstrauisch schauten sie ihn an, denn seit er sehen konnte, hatte sich sein Angesicht verändert. Nun strahlte er und schien ein anderer Mensch zu sein. Fragend schauten sich die Leute an. Einige meinten: "Er ist es", andere wieder: "Nein, aber er ist ihm ähnlich." Doch er, der so reich gesegnet worden war, antwortete und sagte: "Ich bin's." (Johannes 9,9) Dann erzählte er ihnen von Jesus und mit welchen Mitteln er geheilt worden war. Daraufhin fragten sie: "Wo ist er? Er antwortete: Ich weiß es nicht." (Johannes 9,12)

Schließlich brachten sie den Mann vor einen Rat der Pharisäer. Erneut fragten sie ihn, wie er denn sehend geworden sei. Er erwiderte: "Einen Brei legte er mir auf die Augen, und ich wusch mich und bin nun sehend." Da behaupteten einige Pharisäer: "Dieser Mensch ist nicht von Gott, weil er den Sabbat nicht hält." (Johannes 9,15.16a) Die Pharisäer hofften, Jesus als Sünder und somit als falschen Messias hinzustellen. Sie wussten nicht, dass er, der den blinden Mann heil gemacht hatte, auch der Schöpfer des Sabbats war und alle damit verbundenen Verpflichtungen kannte. Es schien, als würden sie sich eifrig um die Einhaltung des Sabbats bemühen, aber ausgerechnet an diesem Tag planten sie einen Mord. Viele waren tief berührt, als sie von diesem Wunder erfuhren. Sie waren überzeugt, dass der Mann, der dem Blinden die Augen geöffnet hatte, mehr war als ein gewöhnlicher Mensch. Auf den Vorwurf, dass Jesus ein Sünder sei, weil er den Sabbat nicht halte, entgegneten sie: "Wie kann ein Mensch, der sündigt, solche Wunder tun?" (Johannes 9,16b NGÜ)

Das Dilemma Der Pharisäer

Die Rabbiner wandten sich erneut an den Blinden: "Dieser Mann, der dir die Augen geöffnet hat - was meinst du, wer er ist?" Der Mann erwiderte: "Er muss ein Prophet sein." (Johannes 9,17b NLB) Die Pharisäer behaupteten daraufhin, er sei gar nicht blind geboren worden und habe kein neues Augenlicht erhalten. Sie ließen seine Eltern kommen und fragten: "Ist das euer Sohn, von dem ihr sagt, er sei blind geboren?" (Johannes 9,19a)

Nun stand der Mann persönlich da und beteuerte, dass er blind gewesen und dann geheilt worden sei. Die Pharisäer jedoch wollten lieber ihre Augen vor den Tatsachen verschließen, als ihre Fehler zuzugeben. So stark sind Vorurteile und so entstellend ist pharisäische Gerechtigkeit.

Nun blieb den Pharisäern nur noch die Möglichkeit, die Eltern dieses Mannes einzuschüchtern. Scheinbar aufrichtig fragten sie: "Wieso ist er nun sehend?" (Johannes 9,19b) Die Eltern befürchteten, sie könnten sich selbst gefährden, denn es war beschlossen worden, "jeden aus der Synagoge auszuschließen, der sich zu Jesus als dem Messias bekannte" (Johannes 9,22b NGÜ). 30 Tage lang wurde der Schuldige aus der Gemeinschaft der Synagoge ausgeschlossen. Während dieser Zeit konnte in seinem Haus kein Kind beschnitten und keine Totenklage gehalten werden. Diese Strafe wurde als großes Unglück angesehen. Wer nicht bereute, musste mit weit härteren Maßnahmen rechnen. Das große Wunder, das an ihrem Sohn vollbracht worden war, hatte die Eltern überzeugt. Dennoch antworteten sie: "Wir wissen, dass dies unser Sohn ist und dass er blind geboren wurde, aber wir wissen nicht, warum er jetzt sehen kann oder wer ihn geheilt hat. Er ist alt genug, um für sich selbst zu sprechen. Fragt ihn doch selbst." (Johannes 9,20.21 NLB) Dadurch schoben sie die ganze Verantwortung von sich weg auf ihren Sohn, weil sie nicht wagten, sich zu Christus zu bekennen.

Das Dilemma, in dem sich die Pharisäer befanden, ihre Fragen und Vorurteile sowie ihr Unglaube den Tatsachen gegenüber, öffneten der Menge, besonders aber den einfachen Leuten, die Augen. Jesus hatte seine Wunder häufig auf offener Straße gewirkt und dabei stets Leiden gelindert. Weil die Pharisäer behaupteten, Jesus sei ein Hochstapler, fragten sich viele, ob Gott solch mächtige Wunder durch einen Betrüger wirken würde. So spitzte sich der Kampf auf beiden Seiten zu.

Die Pharisäer merkten, dass sie durch ihr Verhalten die Aufmerksamkeit des Volkes auf Jesus und seine Taten lenkten. Sie konnten das Wunder nicht leugnen. Der Blinde war mit Freude und Dankbarkeit erfüllt. Er betrachtete die erstaunlichen Dinge der Natur und war von der Schönheit des Himmels und der Erde begeistert. Ganz offen erzählte er seine Erfahrung, aber die Pharisäer versuchten erneut, ihn zum Schweigen zu bringen. Sie sagten zu ihm: "Gib Gott die Ehre! Wir wissen, dass dieser Mensch ein Sünder ist." (Johannes 9,24) Das sollte heißen: Behaupte nicht noch einmal, dass dir dieser Mann das Augenlicht geschenkt habe; es war Gott, der das gemacht hat.

Der Blinde antwortete: "Ob er ein Sünder ist, weiß ich nicht; eins weiß ich, dass ich blind war und jetzt sehe." (Johannes 9,25 Elb.)

Darauf fragten sie ihn erneut: "Was hat er mit dir getan? Wie hat er deine Augen aufgetan?" (Johannes 9,26) Mit ihren vielen Worten versuchten sie ihn so zu verwirren, dass er meinen sollte, er habe sich getäuscht. Satan und seine bösen Engel standen den Pharisäern zur Seite. Sie vereinten ihre Kräfte und ihren Scharfsinn mit der menschlichen Beweisführung, um dem Einfluss von Christus entgegenzuwirken. Dadurch wurde die Überzeugung, die schon bei vielen Menschen Eingang gefunden hatte, abgeschwächt. Doch auch die Engel Gottes waren anwesend, um den Mann zu stärken, der sein Augenlicht wieder erhalten hatte.

Die Pharisäer merkten nicht, dass sie es auch mit jemand anderem zu tun hatten als nur mit dem ungebildeten Blindgeborenen. Sie erkannten den nicht, gegen den sie kämpften. Göttliches Licht erhellte das Herz des ehemals Blinden. Als diese Heuchler versuchten, ihm den Glauben zu nehmen, half ihm Gott mit klugen und treffenden Antworten, sodass sie ihn nicht verführen konnten. "Das habe ich euch doch bereits erzählt! ... Habt ihr denn nicht zugehört? Warum wollt ihr es noch einmal hören? Wollt ihr auch seine Jünger werden?" Da beschimpften sie ihn und sagten: "Du bist sein Jünger, wir aber sind Jünger Moses. Wir wissen, dass Gott zu Mose gesprochen hat, doch von diesem Mann wissen wir nicht einmal, woher er ist." (Johannes 9,27-29 NLB)

Der Herr Jesus wusste, durch welche Prüfung der Mann gerade ging, und schenkte ihm die nötige Freundlichkeit und die richtigen Worte, sodass er ein Zeuge für Christus wurde. In seiner Antwort an die Pharisäer lag ein scharfer Tadel. Sie behaupteten, Ausleger der Heiligen Schrift und die religiösen Führer der Nation zu sein. Doch als der Eine aufstand und Wunder vollbrachte, mussten sie sich eingestehen, dass sie weder wussten, woher seine Kraft kam, noch worin sein Wesen und seine Ansprüche bestanden. Der Blindgeborene antwortete: "Das ist wirklich seltsam! Ihr wisst nicht, woher er kommt, und mich hat er sehend gemacht! Wir wissen doch alle, dass Gott das Gebet von Sündern nicht hört. Er hört nur auf die, die ihn ehren und seinen Willen befolgen. Seit die Welt besteht, hat noch niemand von einem Menschen berichtet, der einen Blindgeborenen sehend gemacht hat. Käme dieser Mann nicht von Gott, so wäre er dazu nicht fähig gewesen." (Johannes 9,30-33 GNB)

Der Mann hatte seine Befrager mit ihren eigenen Waffen geschlagen. Seine Beweisführung war unwiderlegbar. Die Pharisäer waren erstaunt und verstummten. Seine treffenden und entschlossenen Worte machten sie sprachlos. Für einige Zeit herrschte Ruhe. Dann aber rafften die Priester und Rabbiner - stirnrunzelnd, als fürchteten sie, durch eine Berührung mit ihm verunreinigt zu werden - ihre Gewänder zusammen, schüttelten den Staub von ihren Füßen und schleuderten ihm die erniedrigenden Worte entgegen: "Du bist ganz in Sünden geboren und willst uns belehren? Und sie warfen ihn aus der Synagoge." (Johannes 9,34 NLB)

Der Geheilte Erkennt Den Sohn Gottes

Jesus hörte, was geschehen war. Als er den Mann kurz danach fand, fragte er ihn: "Glaubst du an den Sohn Gottes?" (Johannes 9,35b Schl.) Zum ersten Mal blickte der Geheilte in das Gesicht dessen, der ihn sehend gemacht hatte. Vor dem Rat hatte er seine besorgten und verunsicherten Eltern gesehen. Er hatte auch in die finsteren Gesichter der Rabbiner geschaut. Jetzt aber ruhte sein Blick auf dem liebevollen und gütigen Antlitz von Jesus. Dass er ihn als Gesandten Gottes gewürdigt hatte, kam ihn bereits teuer zu stehen. Doch nun wurde ihm eine noch größere Offenbarung zuteil.

Als ihn Jesus fragte: "Glaubst du an den Sohn Gottes?", antwortete der Blindgeborne fragend: "Wer ist es, Herr, damit ich an ihn glaube?" Jesus erwiderte: "Du hast ihn gesehen, und der mit dir redet, der ist es!" (Johannes 9,35b-37 Schl.) Da warf sich der Mann zu den Füßen von Jesus und betete ihn an. Nicht nur sein natürliches Sehvermögen war wiederhergestellt worden, er verstand jetzt auch geistliche Dinge. Christus hatte sich ihm offenbart, und der Mann nahm ihn als den Gesandten Gottes an.

Eine Gruppe von Pharisäern hatte sich in der Nähe versammelt. Als Jesus sie erblickte, wurde ihm wie nie zuvor bewusst, wie gegensätzlich die Reaktionen auf seine Worte und Taten waren. Er sagte zu ihnen: "Zum Gericht bin ich in die Welt gekommen. Ich bin gekommen, die Blinden sehend zu machen, und denen, die sich für sehend halten, zeige ich, dass sie blind sind." (Johannes 9,39 NLB) Christus war gekommen, um den Blinden die Augen zu öffnen und denen Licht zu bringen, die im Dunkeln saßen. Er hatte sich selbst als das Licht der Welt bezeichnet, und das Wunder, das er soeben gewirkt hatte, bestätigte diese Sendung. Die Menschen, die das Kommen des Erlösers miterlebten, hatten den Vorteil, dass sie die klarste Offenbarung der Gegenwart Gottes erhielten, derer sich die Welt jemals erfreut hatte. Ihnen wurde eine viel umfassendere Gotteserkenntnis zuteil. Doch gerade diese Offenbarung brachte das Gericht über die Menschen. Ihr Charakter wurde geprüft und ihr Schicksal entschieden.

Die Offenbarung der göttlichen Kraft, die dem Blinden das natürliche Augenlicht und den geistlichen Blick geöffnet hatte, ließ die Pharisäer in noch tieferer Finsternis zurück. Einige seiner Zuhörer, die spürten, dass die Worte von Jesus ihnen galten, fragten: "Willst du damit sagen, dass etwa auch wir blind sind?" (Johannes 9,40 NLB) Jesus antwortete ihnen: "Wenn ihr blind wäret, hättet ihr keine Schuld." (Johannes 9,41a NGÜ.) Hätte Gott es euch unmöglich gemacht, die Wahrheit zu erkennen, würde eure Unkenntnis keine Schuld bedeuten. Jesus fuhr fort: "Doch ihr sagt: ›Wir können sehen.‹" (Johannes 9,41a NGÜ) Ihr meint, sehen zu können, und lehnt das einzige Mittel ab, das euch den Blick öffnen könnte. Allen, die sich ihres Bedürfnisses bewusst wurden, brachte Christus grenzenlose Hilfe. Die Pharisäer j edoch wollten ihr Bedürfnis nicht eingestehen. Sie weigerten sich, zu Christus zu kommen, und blieben deshalb blind. An dieser Blindheit waren sie selbst schuld. Jesus fügte hinzu: "Darum bleibt eure Schuld bestehen." (Johannes 9,41b NGÜ)