Vom Schatten Zum Licht

Kapitel 24

Im Allerheiligsten

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Die Lehre vom Heiligtum war der Schlüssel, mit dem es möglich wurde, das Geheimnis der Enttäuschung von 1844 zu erklären. Sie brachte ein harmonisch aufgebautes Wahrheitssystem ans Licht, zeigte, dass Gottes Hand die große Adventbewegung geleitet hatte, und offenbarte die augenblickliche Stellung und Aufgabe von Gottes Volk. So wie die Jünger Jesu nach der schrecklichen Nacht des Schmerzes und der Enttäuschung froh waren, "dass sie den Herrn sahen" (Johannes 20,20), so freuten sich nun die, die im Glauben seine Wiederkunft erwarteten. Sie hatten gehofft, dass er in Herrlichkeit erscheinen würde, um seinen Dienern ihren Lohn zu bringen. Als ihre Hoffnungen jedoch enttäuscht wurden, verloren sie Jesus aus den Augen und riefen mit Maria: "Sie haben den Herrn weggenommen ... und wir wissen nicht, wo sie ihn hingelegt haben." (Johannes 20,2) Nun sahen sie im Allerheiligsten ihren mitfühlenden Hohenpriester wieder, der bald als König und Erlöser erscheinen sollte. Das Licht aus dem Heiligtum erleuchtete Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Sie wussten, dass Gott sie durch seine untrügliche Vorsehung geführt hatte. Wie die ersten Jünger hatten sie die Botschaft, die sie verkündigten, nicht verstanden, obwohl diese in jeder Hinsicht richtig war. Durch die Verbreitung dieser Botschaft taten sie den Willen des Herrn, und ihr Werk war nicht umsonst. Sie waren "wiedergeboren ... zu einer lebendigen Hoffnung" (1. Petrus 1,3) und freuten sich "mit unaussprechlicher und herrlicher Freude" (1. Petrus 1,8).

Sowohl die Weissagung in Daniel 8,14, "bis 2300 Abende und Morgen vergangen sind; dann wird das Heiligtum wieder geweiht werden", als auch die erste Engelsbotschaft, "fürchtet Gott und gebt ihm die Ehre; denn die Stunde seines Gerichts ist gekommen" (Offenbarung 14,7), wiesen auf den Dienst Christi im Allerheiligsten hin. Damit ist das Untersuchungsgericht gemeint und nicht das Kommen Christi zur Erlösung seines Volkes und der Vernichtung der Bösen. Nicht in der Berechnung der prophetischen Zeitabschnitte lag demnach der Auslegungsfehler, sondern im Ereignis am Ende der 2300 Tage. Durch diesen Fehler erlitten die Gläubigen eine Enttäuschung, aber all das war durch die Prophetie vorausgesagt, und alles, was sie nach der Schrift erwarten konnten, hatte sich erfüllt. Genau zu der Zeit, als sie sich über ihre enttäuschte Hoffnung beklagten, fand das vorhergesagte Ereignis statt, das sich erfüllen musste, ehe der Herr erscheinen und seine Diener belohnen konnte.

Er Kommt Zu Seinem Tempel

Christus war nicht auf die Erde gekommen, wie sie erwartet hatten, sondern hatte vielmehr das Allerheiligste im himmlischen Heiligtum Gottes betreten, wie dies auch im Schattendienst geschah. Der Prophet Daniel sah dieses Ereignis voraus: "Ich sah in diesem Gesicht in der Nacht, und siehe, es kam einer mit den Wolken des Himmels wie eines Menschen Sohn und gelangte [nicht auf die Erde, sondern] zu dem, der uralt war, und wurde vor ihn gebracht." (Daniel 7,13)

Dieses Kommen wird uns auch von dem Propheten Maleachi vorhergesagt: "Bald wird kommen zu seinem Tempel der Herr, den ihr sucht; und der Engel des Bundes, den ihr begehrt, siehe, er kommt! spricht der Herr Zebaoth." (Maleachi 3,1) Der Herr kam zu seinem Tempel, und dies geschah für seine Kinder plötzlich und unerwartet. Dort suchten sie ihn jedoch nicht. Sie erwarteten ihn vielmehr auf der Erde "in Feuerflammen, Vergeltung zu üben an denen, die Gott nicht kennen und die nicht gehorsam sind dem Evangelium unseres Herrn Jesus" (2. Thessalonicher 1,8).

Aber die Menschen waren noch nicht bereit, ihrem Herrn zu begegnen. Es musste noch eine Vorbereitung stattfinden. Sie sollten noch Licht erhalten, das ihre Gedanken auf den Tempel Gottes im Himmel lenkte. Während sie ihrem Herrn im Glauben in seinem Dienst dorthin folgten, würden ihnen neue Aufgaben offenbart werden. Die Gemeinde sollte eine weitere Warnungsbotschaft und Anweisungen empfangen.

Der Prophet sagt: "Wer wird aber den Tag seines Kommens ertragen können, und wer wird bestehen, wenn er erscheint? Denn er ist wie das Feuer eines Schmelzers und wie die Lauge der Wäscher. Er wird sitzen und schmelzen und das Silber reinigen, er wird die Söhne Levi reinigen und läutern wie Gold und Silber. Dann werden sie dem Herrn Opfer bringen in Gerechtigkeit." (Maleachi 3,2.3) Die auf Erden lebenden Gläubigen werden ohne Vermittler vor dem Angesicht eines heiligen Gottes bestehen müssen, wenn die Fürbitte Christi im himmlischen Heiligtum aufhört. Ihre Kleider müssen fleckenlos, ihr Charakter von der Sünde mit Blut gereinigt sein. Mit Gottes Hilfe und durch eigenes sorgfältiges Bemühen müssen sie Sieger im Kampf mit dem Bösen sein. Während die Untersuchung im Himmel fortschreitet, während die Sünden der reumütigen Sünder aus dem Heiligtum entfernt werden, muss es auf Erden unter dem Volk Gottes ein besonderes Läuterungswerk, eine Abkehr von der Sünde, geben. Diese Aufgabe wird noch deutlicher in den Botschaften von Offenbarung 14 dargestellt.

Erst wenn all dies geschehen ist, werden die Nachfolger Christi für dessen Erscheinen bereit sein. Dann "wird dem Herrn wohlgefallen das Opfer Judas und Jerusalems wie vormals und vor langen Jahren" (Maleachi 3,4). Dann wird die Gemeinde, die der Herr bei seinem Kommen zu sich nehmen wird, eine herrliche sein, die "keinen Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen" hat (Epheser 5,27). Dann wird sie hervorbrechen "wie die Morgenröte, schön wie der Mond, klar wie die Sonne, gewaltig wie ein Heer" (Hohelied 6,10).

Nach den Worten Maleachis kommt der Herr nicht nur zu seinem Tempel, sondern er wird bei seiner Wiederkunft auch Gericht halten: "Und ich will zu euch kommen zum Gericht und will ein schneller Zeuge sein gegen die Zauberer, Ehebrecher, Meineidigen und gegen die, die Gewalt und Unrecht tun den Tagelöhnern, Witwen und Waisen und die den Fremdling drücken und mich nicht fürchten, spricht der Herr Zebaoth." (Maleachi 3,5) Judas beschreibt dasselbe Ereignis, wenn er sagt: "Siehe, der Herr kommt mit seinen vielen tausend Heiligen, Gericht zu halten über alle und zu strafen alle Menschen für alle Werke ihres gottlosen Wandels, mit denen sie gottlos gewesen sind, und für all das Freche, das die gottlosen Sünder gegen ihn geredet haben." (Judas 14.15) Die Wiederkunft Christi auf Erden und das Kommen des Herrn zu seinem Tempel sind also zwei vollkommen verschiedene Ereignisse.

Christus betritt das Allerheiligste, "das Heiligtum [wird] wieder geweiht werden" (Daniel 8,14), der Menschensohn kommt zu dem, "der uralt war" (Daniel 7,13), der Herr kommt "zu seinem Tempel" (Maleachi 3,1): All dies sind Beschreibungen ein und desselben Ereignisses. Auch das Erscheinen des Bräutigams zur Hochzeit im Gleichnis der zehn Jungfrauen von Matthäus 25 bezieht sich auf dieses Geschehen.

Untersuchung -- Hochzeit -- Mahl

Im Sommer und Herbst 1844 erging der Ruf: "Siehe, der Bräutigam kommt!" (Matthäus 25,6) Wie im Gleichnis durch die törichten und die klugen Jungfrauen dargestellt, bildeten sich damals zwei Gruppen von Gläubigen. Die eine erwartete das Erscheinen des Herrn mit Freude. Sie hatte sich gründlich auf diese Begegnung vorbereitet. Die andere Gruppe war von Angst getrieben und handelte nur aus der momentanen Stimmung heraus. Sie hatte sich mit einer rein theoretischen Kenntnis der Wahrheit zufrieden gegeben, aber es fehlte ihr die Gnade Gottes. Als der Bräutigam im Gleichnis erschien, gingen jene, "die bereit waren ... mit ihm hinein zur Hochzeit" (Matthäus 25,10). Das hier dargestellte Erscheinen des Bräutigams findet vor der Hochzeit statt. Die Hochzeit bedeutet, dass Christus sein Reich übernimmt. Die Heilige Stadt, das neue Jerusalem, steht stellvertretend für das Königreich, dessen Hauptstadt es ist, und wird "Braut des Lammes" genannt (Offenbarung 21,9). So sagte der Engel zu Johannes: "Komm, ich will dir die Frau zeigen, die Braut des Lammes. Und er führte mich hin im Geist ... und zeigte mir die heilige Stadt Jerusalem hernieder kommen aus dem Himmel von Gott." (Offenbarung 21,9.10) Es ist also offensichtlich, dass die Braut die Heilige Stadt verkörpert und die zehn Jungfrauen, die dem Bräutigam entgegengehen, ein Symbol für die Gemeinde sind. In der Offenbarung sind die Kinder Gottes die Gäste, "die zum Hochzeitsmahl des Lammes berufen sind" (Offenbarung 19,9). Wenn sie die Gäste sind, können sie nicht gleichzeitig die Braut sein. Christus wird von "dem, der uralt war ... Macht, Ehre und Reich" entgegennehmen (Daniel 7,13. 14). Er wird das neue Jerusalem, die Stadt seines Reichs, empfangen. Sie ist "bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann" (Offenbarung 21,2). Nachdem er das Reich empfangen hat, wird er in seiner Herrlichkeit als König der Könige und Herr der Herren kommen und sein Volk erlösen. Dieses Volk wird "mit Abraham und Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch sitzen" (Matthäus 8,11) und am "Hochzeitsmahl des Lammes" (Offenbarung 19,9) teilnehmen.

Der Ruf "Siehe, der Bräutigam kommt" erging im Sommer 1844 und veranlasste Tausende zu glauben, dass die unmittelbare Ankunft des Herrn bevorstehe. Zur festgesetzten Zeit kam der Bräutigam, aber nicht auf die Erde, wie die Leute glaubten, sondern "zu dem, der uralt war" im Himmel. Er kam zur Hochzeit, zur Übernahme seines Reichs. "Die bereit waren, gingen mit ihm hinein zur Hochzeit, und die Tür wurde verschlossen." (Matthäus 25,10) Sie konnten bei der Hochzeit nicht persönlich anwesend sein, denn diese fand im Himmel statt, während sie auf Erden waren. Die Nachfolger Christi sollen "auf ihren Herrn warten, wann er aufbrechen wird von der Hochzeit" (Lukas 12,36). Sie müssen jedoch sein Werk verstehen und ihm im Glauben folgen, wenn er vor den Thron Gottes tritt. In diesem Sinne wird von ihnen gesagt, dass sie zur Hochzeit eingehen.

Im Gleichnis waren es die, die Öl in ihren Gefäßen und in ihren Lampen hatten, die an der Hochzeit teilnahmen. Alle, die die Wahrheit aus der Schrift kannten, hatten auch den Geist und die Gnade Gottes erfahren. Sie hatten in der Nacht ihrer bitteren Prüfung geduldig in der Bibel nach hellerem Licht geforscht und erkannten dadurch die Heiligtumswahrheit und den Dienst ihres Erlösers und folgten ihm im Glauben ins obere Heiligtum. Alle, die durch das Zeugnis der Schrift dieselben Wahrheiten annehmen, folgen Christus im Glauben, wenn er vor Gott tritt, um den letzten Mittlerdienst durchzuführen, an dessen Ende er sein Reich einnehmen wird - alle diese werden so beschrieben, dass sie zur Hochzeit eingehen.

Im Gleichnis von Matthäus 22 wird dasselbe Bild von der Hochzeit benutzt. Auch hier wird deutlich gezeigt, dass das Untersuchungsgericht vor der Hochzeit stattfindet. Der König betritt den Saal vor der Hochzeit, um sich die Gäste anzusehen, ob sie alle ihr "hochzeitliches Gewand" anhatten (Matthäus 22,11), das fleckenlose Kleid des Charakters, "hell gemacht im Blut des Lammes" (Offenbarung 7,14). Wer dem nicht entspricht, wird hinausgeworfen. Aber alle, die nach der Prüfung das Hochzeitskleid anhaben, werden von Gott angenommen und für würdig erachtet, Anteil an seinem Reich und an einem Sitz auf seinem Thron zu haben. Das Untersuchungsgericht prüft demnach den Charakter der Gläubigen und bestimmt so, wer für das Reich Gottes bereit ist. Damit beschließt es den Dienst im himmlischen Heiligtum.

Wenn diese Untersuchung abgeschlossen sein wird und alle Fälle der Nachfolger Christi aller Zeiten geprüft und entschieden worden sind, dann und nicht eher wird die Gnadenzeit abgeschlossen und die Gnadentür verschlossen werden. Durch diesen einen kurzen Satz "und die bereit waren, gingen mit ihm hinein zur Hochzeit, und die Tür wurde verschlossen" (Matthäus 25,10) werden wir zum letzten Dienst Christi geführt, in eine Zeit, in der das große Erlösungswerk für den Menschen vollendet sein wird.

Eine Geschlossene Tur?

Wie wir gesehen haben, ist der irdische Heiligtumsdienst ein Abbild vom Geschehen im Himmel. Wenn der Hohepriester am Großen Versöhnungstag das Allerheiligste betrat, endete der Dienst in der ersten Abteilung. Gott befahl: "Kein Mensch soll in der Stiftshütte sein, wenn er hineingeht, Sühne zu schaffen im Heiligtum, bis er herauskommt." (3. Mose 16,17) Als Christus das Allerheiligste betrat, um das abschließende Erlösungswerk zu tun, beendete er seine Aufgabe in der ersten Abteilung. Doch als dieser Dienst endete, begann der Dienst in der zweiten Abteilung. Wenn der Hohepriester im Schattendienst das Heilige am Großen Versöhnungstag verließ, trat er in die Gegenwart Gottes und brachte das Blut des Sündopfers für alle Israeliten, die ihre Sünden ernsthaft bereut hatten, dar. So schloss Christus wohl einen Teil seines Vermittlerdienstes ab, begann aber sogleich den zweiten, bei dem er immer noch durch sein Blut beim Vater für die Sünder Fürbitte einlegt.

Dies verstanden die Adventgläubigen im Jahr 1844 nicht. Nachdem die Zeit verstrichen war, in der sie Christus erwartet hatten, glaubten sie immer noch, dass er bald kommen würde. Sie meinten, einen wichtigen Punkt erreicht zu haben, und Christi Werk als Mittler der Menschen vor Gott sei nun zu Ende. Für sie hatte es den Anschein, dass nach biblischer Lehre die Gnadenzeit der Menschen kurz vor der Wiederkunft des Herrn in den Wolken des Himmels zu Ende gehe. Dies schien aus solchen Schriftstellen bewiesen, die auf eine Zeit hindeuteten, in der die Menschen die Gnadentür suchen, dort anklopfen und um Gnade bitten würden und ihnen nicht geöffnet wird. Sie fragten sich, ob die Zeit, zu der sie die Wiederkunft Christi erwartet hatten, nicht eher den Beginn jener Periode markierte, die seiner Wiederkunft unmittelbar vorangehen sollte. Als sie ihre Warnung vor dem nahenden Gericht verkündet hatten, meinten sie, ihre Arbeit für die Welt sei getan, und sie verloren das Interesse an der Rettung von Sündern. Der verwegene und lästerliche Spott der Gottlosen schien ihrer Annahme Recht zu geben, dass Gott seinen Geist von denen zurückgezogen hatte, die seine Gnade verworfen hatten. All dies bestärkte sie in ihrer Überzeugung, dass die Gnadenzeit beendet oder, wie sie sich ausdrückten, "die Gnadentür verschlossen" sei.

Doch sie erhielten helleres Licht, als sie die Frage um das Heiligtum untersuchten. Sie erkannten nun, dass sie mit ihrer Annahme vom Ende der 2300 Tage im Jahre 1844 Recht hatten, und dass dies ein wichtiger Zeitpunkt war. Wenn es auch zutraf, dass das Tor der Hoffnung geschlossen war, durch das die Menschen in 1800 Jahren Zugang zu Gott hatten, so wurde doch ein anderes Tor geöffnet, und die Vergebung der Sünden durch die Fürsprache Christi fand nun im Allerheiligsten statt. Der eine Teil des Dienstes war beendet, aber nur um einem anderen Platz zu machen. Es gab immer noch eine "offene Tür" zum himmlischen Heiligtum, in dem Christus für den Sünder diente.

Nun sah man die Anwendung jener Worte Christi aus der Offenbarung, die er an die Gemeinde gerade in dieser Zeit richtete: "Das sagt der Heilige, der Wahrhaftige, der da hat den Schlüssel Davids, der auftut, und niemand schließt zu, der zuschließt, und niemand tut auf: Ich kenne deine Werke. Siehe, ich habe vor dir eine Tür aufgetan, und niemand kann sie zuschließen." (Offenbarung 3,7.8)

Vom Verständnis Des Mittlerdienstes

Diejenigen, die Christus im Glauben in seinem großen Werk der Versöhnung folgen, empfangen auch die Vorzüge dieser für sie geleisteten Vermittlung. Wer aber das Licht verwirft, das dieser Dienst offenbart, zieht daraus auch keinen Nutzen. Jene Juden, die das Licht verwarfen, das Christus bei seiner ersten Ankunft brachte und die sich weigerten, an ihn als den Erlöser der Welt zu glauben, konnten durch ihn auch keine Vergebung empfangen. Als Jesus nach seiner Himmelfahrt durch sein eigenes Blut das himmlische Heiligtum betrat, um die Segnungen seiner Fürbitte über seine Jünger auszugießen, blieben die Juden in vollständiger Finsternis und setzten ihren nutzlosen Opfer und Gabendienst fort. Die Sinnbilder und der Schattendienst hatten ihr Ende gefunden. Die Tür, durch die die Menschen früher Zugang zu Gott gefunden hatten, stand nicht länger offen. Die Juden hatten sich geweigert, den Herrn auf dem einzigen Weg zu suchen, auf dem er gefunden werden konnte - durch den Dienst im himmlischen Heiligtum. Daher hatten sie keine Gemeinschaft mit Gott. Für sie war die Tür verschlossen. Sie wussten nichts von Christus als dem wahren Opfer und einzigen Mittler vor Gott und konnten deshalb auch den Segen seiner Fürsprache nicht empfangen.

Der Zustand der ungläubigen Juden veranschaulicht den Zustand der Sorglosen und Ungläubigen unter den vorgeblichen Christen, die vom Dienst unseres gnädigen Hohenpriesters bewusst nichts wissen wollen. Als der Hohepriester des Schattendienstes das Allerheiligste betrat, mussten alle Israeliten um das Heiligtum versammelt sein und sich feierlich vor Gott demütigen, damit sie Vergebung ihrer Sünden empfangen konnten und nicht aus der Gemeinschaft ausgeschlossen wurden. Wie viel wichtiger ist es heute, in der Zeit des realen Versöhnungstages, das Werk unseres Hohenpriesters zu verstehen und zu wissen, welche Aufgaben uns übertragen worden sind.

Menschen können Warnungen nicht ungestraft verwerfen, die ihnen Gott in seiner Gnade sendet. In den Tagen Noahs erhielt die Welt eine Botschaft vom Himmel, und ihre Rettung hing davon ab, wie sie diese Botschaft aufnahm. Weil sie diese Warnung verwarf, zog sich der Geist Gottes von dem sündigen Geschlecht zurück, und alle kamen im Wasser der Sintflut um. Zur Zeit Abrahams endete Gottes Gnade für die schuldbeladenen Einwohner Sodoms. Alle außer Lot, seiner Frau und seinen beiden Töchtern wurden von dem vom Himmel herabfallenden Feuer verzehrt. Genauso war es in den Tagen Christi, als der Sohn Gottes den ungläubigen Juden jener Generation sagte: "Euer Haus soll euch wüst gelassen werden." (Matthäus 23,38) Und im Hinblick auf die letzten Tage erklärte die gleiche göttliche Stimme über diejenigen, die "die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen haben, dass sie gerettet würden: Darum sendet ihnen Gott die Macht der Verführung, sodass sie der Lüge glauben, damit gerichtet werden alle, die der Wahrheit nicht glaubten, sondern Lust hatten an der Ungerechtigkeit" (2. Thessalonicher 2,10-12). Wenn die Menschen die Lehren seines Wortes verwerfen, zieht sich Gottes Geist von ihnen zurück und überlässt sie den Irrtümern, die sie lieben.

Doch Christus dient immer noch als Mittler für die Menschen, und alle Suchenden werden diese Erkenntnis finden. Obwohl die Adventgläubigen dies zu Beginn nicht verstanden, wurde es ihnen später klar, als sich ihnen die Schriftstellen erschlossen, die ihre Situation beschrieben.

1844 begann eine Periode großer Prüfungen für alle, die noch am Adventglauben festhielten. Ihre einzige Stütze, an der sie ihre Überzeugung fest machen konnten, war das Licht, das ihre Blicke auf das himmlische Heiligtum lenkte. Einige verwarfen ihren Glauben an ihre früheren Berechnungen der prophetischen Zeiten und schrieben den gewaltigen Einfluss, den der Heilige Geist auf die Adventbewegung ausübte, menschlichen oder satanischen Kräften zu. Andere waren fest davon überzeugt, dass der Herr sie in ihrer früheren Erfahrung geführt hatte. Als sie warteten, beobachteten und beteten, um Gottes Willen zu erkennen, sahen sie, dass ihr großer Hoherpriester einen anderen Dienst angetreten hatte. Sie folgten ihm im Glauben, und so wurde ihnen das abschließende Werk der Gemeinde gezeigt. Sie erhielten ein klareres Verständnis von der ersten und der zweiten Engelsbotschaft und waren bereit, die dritte Engelsbotschaft von Offenbarung 14 zu empfangen und sie an die Welt weiterzugeben.