Diener des Evangeliums

Kapitel 1

An Christi Statt

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In jedem Zeitalter der Geschichte dieser Erde hat Gott seine Männer gehabt, die sich bietende Gelegenheiten zu ergreifen wußten. Zu ihnen sagte er: "Ihr seid meine Zeugen." Es hat immer fromme Männer gegeben, welche die Lichtstrahlen, die auf ihren Pfad schienen, bereitwillig aufnahmen und ihren Mitmenschen das Wort Gottes brachten. Henoch, Noah, Mose, Daniel und die vielen Patriarchen und Propheten -- alle waren Prediger der Gerechtigkeit. Sie waren nicht unfehlbar, sondern schwache, irrende Menschen; doch der Herr wirkte durch sie, weil sie sich in seinen Dienst stellten.

Christus, das erhabene Haupt der Gemeinde, hat seit seiner Himmelfahrt durch auserwählte Boten sein Werk auf Erden fortgesetzt. Durch sie spricht er zu den Menschenkindern und versieht ihre Bedürfnisse. Die Stellung derer, die von Gott berufen sind, in Wort und Lehre für den Aufbau seiner Gemeinde zu wirken, ist eine sehr verantwortliche. An Christi Statt sollen sie Männer und Frauen bitten, sich mit Gott versöhnen zu lassen -- eine Aufgabe, die sie nur erfüllen können, wenn sie Weisheit und Kraft von oben empfangen.

Gottes Diener werden durch die sieben Sterne versinnbildet, über denen er, welcher der Erste und der Letzte ist, seine besondere Sorgfalt und seinen Schutz walten läßt. Die wohltuenden Einflüsse, die in der Gemeinde reichlich vorhanden sein müssen, sind mit diesen Dienern Gottes, welche die Liebe Christi darstellen sollen, eng verbunden. Die Sterne des Himmels stehen unter Gottes Macht; er verleiht ihnen das Licht, er leitet und bestimmt ihre Bewegungen. Zöge er seine Hand zurück, so würden sie fallen. So ist es auch mit seinen Dienern. Sie sind nur die Werkzeuge in seiner Hand, und alles Gute, das sie vollbringen, geschieht durch seine Kraft.

Es gereicht Christo zur Ehre, daß er durch das Wirken des Heiligen Geistes seine Diener für die Gemeinde zu einem größeren Segen macht, als es die Sterne für die Welt sind. Der Heiland sollte ihre Kraft sein. Schauen sie auf ihn, wie er auf seinen Vater blickte, dann werden sie seine Werke tun. In dem Maße wie sie sich auf Gott verlassen, wird er ihnen seine Herrlichkeit mitteilen, damit sie sich der Welt widerspiegelt.

Geistliche Wächter

Christi Diener sind die geistlichen Hüter der ihrer Sorgfalt anvertrauten Menschen. Ihr Werk gleicht dem der Wächter. In alten Zeiten wurden häufig Wachen auf die Stadtmauern gestellt, wo sie von ihren vorteilhaften Stellungen aus wichtige Punkte beobachten und das Herannahen von Feinden melden konnten. Von ihrer Pflichttreue hing die Wohlfahrt der Stadt ab. In festgesetzten Zwischenräumen mußten sie einander zurufen, um zu bekunden, daß sie alle wach waren und das keinem etwas zugestoßen sei. Ein aufmunternder oder ein warnender Ruf wurde von einem zum andern getragen, und jeder wiederholte ihn, bis er die Runde um die Stadt gemacht hatte.

Jedem Diener gilt das Wort des Herrn: "Du Menschenkind, ich habe dich zu einem Wächter gesetzt über das Haus Israel, wenn du etwas aus meinem Munde hörst, daß du sie von meinetwegen warnen sollst. Wenn ich nun zu dem Gottlosen sage: Du Gottloser mußt des Todes sterben, und du sagst ihm solches nicht, daß sich der Gottlose warnen lasse vor seinem Wesen, so wird wohl der Gottlose um seines gottlosen Wesens willen sterben; aber sein Blut will ich von deiner Hand fordern. Warnest du aber den Gottlosen vor seinem Wesen, daß er sich davon bekehre ... so ... hast du deine Seele errettet." Hesekiel 33,2-9.

Diese Worte des Propheten erklären die ernste Verantwortlichkeit, welche auf denen ruht, die als Hüter der Gemeinde, als Haushalter des Geheimnisses Gottes gesetzt sind. Sie sollen als Wächter auf der Mauer Zions stehen, um den Warnungsruf erschallen zu lassen, wenn ein Feind sich nähert. Sollte aus irgendeinem Grund ihr geistliches Verständnis so geschwächt sein, daß sie die Gefahr nicht erkennen und sollte dann, durch ihr Vernachlässigen, die Warnung zu geben, das Volk umkommen, dann will Gott von ihrer Hand das Blut der Verlornen fordern.

Die Wächter auf den Mauern Zions genießen das Vorrecht, so nahe zu Gott zu stehen und für die Eindrücke seines Geistes so empfänglich zu sein, daß er durch sie wirken kann, um den Sündern ihre Gefahr und auch den Zufluchtsort zu zeigen. Von Gott erwählt, durch die Weihe versiegelt, sollen sie Männer und Frauen vor dem drohenden Verderben retten. Sie sollen ihre Mitmenschen vor den sicheren Folgen der Übertretungen getreulich warnen und ebenso treu das Wohl der Gemeinde hüten. Nie darf ihre Wachsamkeit ermüden; ihr Werk erfordert die Kraft ihres ganzen Leistungsvermögens. Wie Posaunenstöße müssen ihre Stimmen erschallen, und nie sollten sie einen undeutlichen, einen ungewissen Laut geben. Nicht um Lohn dürfen sie arbeiten, sondern weil sie nicht anders können, weil sie erkennen, daß auf ihnen ein Weh ruht, wenn sie versäumen, das Evangelium zu predigen.

Treue im Dienst

Der Prediger, der ein Mitarbeiter Christi ist, wird sich sowohl der Heiligkeit seines Amtes als auch der Mühe und der Opfer bewußt sein, die zum Erfolg erforderlich sind. Er ist nicht auf seine eigene Bequemlichkeit oder Gemütlichkeit bedacht; er vergißt sich selbst. Im Suchen nach dem verlornen Schaf merkt er es nicht, daß er müde, kalt und hungrig ist; er hat nur das eine im Auge -- das Verlorne zu retten.

Wer unter dem blutgetränkten Banner Immanuels dient, muß oft etwas unternehmen, wozu heldenmütige Anstrengungen und geduldige Ausdauer verlangt werden. Aber der Krieger des Kreuzes steht unbeweglich in der vordern Schlachtreihe. Richtet der Feind den Angriff auf ihn, so wendet er sich um Hilfe an seine feste Burg, und indem er dem Herrn seine Verheißungen vorhält, empfängt er die nötige Stärkung zur Erfüllung der vorliegenden Pflichten. Er weiß, daß er der Kraft von oben bedarf. Die errungenen Siege verleiten ihn nicht zur Selbsterhebung, sondern veranlassen ihn, sich um so mehr auf den Allmächtigen zu stützen. Und indem er sich auf dessen Macht verläßt, wird er befähigt, die Heilsbotschaft so nachdrücklich vorzuführen, daß sie in den Gemütern andrer widerhallt.

Der Herr sendet seine Diener, um das Wort des Lebens zu verkünden, nicht um "Philosophie und lose Verführung" oder die "falsch berühmte Kunst" zu predigen, sondern das Evangelium, die "Kraft Gottes, die da selig macht". Kolosser 2,8; 1.Timotheus 6,20; Römer 1,16. "So bezeuge ich nun vor Gott", schrieb Paulus an Timotheus, "und dem Herrn Jesus Christus, der da zukünftig ist zu richten die Lebendigen und die Toten mit seiner Erscheinung und mit seinem Reich: Predige das Wort, halte an, es sei zu rechter Zeit oder zur Unzeit; strafe, drohe, ermahne mit aller Geduld und Lehre. Denn es wird eine Zeit sein, da sie die heilsame Lehre nicht leiden werden, sondern nach ihren eigenen Lüsten werden sie sich selbst Lehrer aufladen, nach dem ihnen die Ohren jucken; und werden die Ohren von der Wahrheit wenden und sich zu den Fabeln kehren. Du aber sei nüchtern allenthalben, sei willig zu leiden, tue das Werk eines evangelischen Predigers, richte dein Amt redlich aus." 2.Timotheus 4,1-5. Dieser Auftrag enthält für einen jeden Prediger den Umriß seines Werkes -- eines Werkes, daß er nur ausüben kann auf Grund der Erfüllung jener Verheißungen, die Jesus seinen Jüngern gab: "Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende." Matthäus 28,20.

Prediger des Evangeliums, Gottes Botschafter an ihre Mitmenschen, sollten ihre Mission und ihre Verantwortlichkeit nie aus dem Auge lassen. Verlieren sie die Verbindung mit dem Himmel, so sind sie in größerer Gefahr und können einen stärkeren Einfluß zum Bösen ausüben als andre Menschen. Satan beobachtet sie beständig und wartet darauf, daß sich irgendeine Schwäche in ihnen entwickelt, durch welche er sie erfolgreich angreifen kann. Und wie groß ist sein Triumph, wenn er Erfolg hat! Denn ein unachtsamer Bote Christi gibt dem großen Widersacher Gelegenheit, viele Seelen für sich zu gewinnen.

Der treue Prediger wird nichts tun, wodurch sein heiliges Amt herabgesetzt wird; er wird vorsichtig in seinem Benehmen, weise in seinen Handlungen sein. Er wird wirken, wie Christus wirkte, und seine ganze Kraft daransetzen, die Heilsbotschaft denen zu bringen, die sie nicht kennen. Ein großer Hunger nach der Gerechtigkeit Christi wird sein Herz erfüllen, und weil er seine Bedürfnisse erkennt, wird er ernstlich nach der Kraft verlangen, die sein eigen sein muß, ehe er in Einfachheit, Wahrhaftigkeit und Demut die Wahrheit, wie sie in Jesu ist, darstellen kann.

Beispiele menschlicher Standhaftigkeit

Gottes Diener empfangen keine Ehre oder Anerkennung von der Welt. Stephanus wurde gesteinigt, weil er den gekreuzigten Christus predigte; Paulus wurde gefangen genommen, geschlagen, gesteinigt und schließlich getötet, weil er den Heiden ein treuer Bote Gottes war; der Apostel Johannes wurde nach der Insel Patmos verbannt "um des Wortes Gottes willen und des Zeugnisses Jesu Christi". Offenbarung 1,9. Diese Beispiele menschlicher Standhaftigkeit kraft der göttlichen Macht bezeugen der Welt die Wahrhaftigkeit der Verheißungen Gottes, seine bleibende Gegenwart und seine fürsorgende Gnade.

Keine Hoffnung auf eine herrliche Unsterblichkeit erleuchtet die Zukunft der Feinde Gottes. Der große Feldherr besiegt Völker und macht die Heere der halben Welt erzittern, und stirbt doch an Enttäuschung und in Verbannung. Der Philosoph, dessen Gedanken das ganze Weltall durchkreuzen, der überall den Offenbarungen der Macht Gottes nachspürt und ihren Einklang preist, verfehlt oft, in diesen Wundern die Hand dessen zu erkennen, der sie alle hervorgerufen hat. "Wenn ein Mensch in Ansehen ist und hat keinen Verstand, so fährt er davon wie ein Vieh." Psalm 49,21. Aber Gottes Glaubenshelden sind Erben eines Besitzes von größerem Wert als alle irdischen Reichtümer -- eines Erbes, das die Sehnsucht der Seele befriedigen wird. Vor der Welt mögen sie unbekannt sein und keine Anerkennung finden; in den himmlischen Berichtsbüchern aber stehen sie als Himmelsbürger eingetragen, und eine erhabene Größe, eine ewige Herrlichkeit wird ihnen zuteil werden.

Die wertvollste Arbeit, die edelste Bemühung, der ein Mensch sich unterziehen kann, ist, Sünder auf das Lamm Gottes hinzuweisen. Wahre Prediger sind Gottes Mitarbeiter in der Ausführung seiner Absichten. Gott sagt zu ihnen: Geht und predigt Christum! Unterweist und belehrt alle, die seine Gnade, seine Güte und seine Barmherzigkeit noch nicht kennen! Lehrt das Volk! "Wie sollen sie aber den anrufen, an den sie nicht glauben? Wie sollen sie aber an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie aber hören ohne Prediger?" Römer 10,14.

"Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße der Boten, die da Frieden verkündigen, Gutes predigen, Heil verkündigen; die da sagen zu Zion: Dein Gott ist König!" "Laßt fröhlich sein und miteinander rühmen das Wüste zu Jerusalem; denn der Herr hat sein Volk getröstet und Jerusalem gelöst. Der Herr hat offenbart seinen heiligen Arm vor den Augen aller Heiden; daß alles Welt Enden sehen das Heil unsers Gottes." Jesaja 52,7.9.10.

Christi Arbeiter sollen nie an einen Mißerfolg in ihrer Arbeit denken und noch viel weniger davon sprechen. Der Herr Jesus ist unsre ausreichende Kraft in allen Dingen; sein Geist wird uns beleben. Legen wir uns in seine Hand, um wahre Lichtträger zu sein, dann werden sich unsre Mittel, Gutes zu tun, nie erschöpfen. Wir dürfen aus seiner Fülle nehmen und von der Gnade empfangen, die keine Grenzen hat.