Diener des Evangeliums

Kapitel 20

Weihe

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Um ein erfolgreicher Prediger zu sein, bedarf es mehr als Bücherweisheit. Wer Seelen zu gewinnen sucht, braucht Heiligung, Lauterkeit, Umsicht, Fleiß, Tatkraft und Takt. Besitzt er diese, so ist er kein minderwertiger Diener des Herrn; im Gegenteil, er wird einen hervorragenden Einfluß zum Guten ausüben.

Christus stellte seine Wünsche und sein Verlangen ganz in den Dienst seiner Mission, die das Ehrenzeichen des Himmels trug, und ordnete alles dem Werk unter, um deswillen er in die Stadt gekommen war. Als seine Mutter ihn als Knaben in der Schule der Rabbiner fand und zu ihm sagte: "Mein Sohn, warum hast du uns das getan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht," antwortete er -- und seine Antwort ist der Schlüssel zu seinem Lebenswerk: "Was ist's, daß ihr mich gesucht habt? Wisset ihr nicht, daß ich sein muß in dem, das meines Vaters ist?" Lukas 2,48.49.

Diese Hingabe, diese Weihe und diese Unterwerfung unter die Forderungen des Wortes Gottes, wie Christus sie bekundete, muß auch in seinen Dienern offenbar werden. Er verließ seine Heimat der Sicherheit und des Friedens, entäußerte sich der Herrlichkeit, die er beim Vater hatte, ehe die Welt gemacht war, stieg herab vom Thron des Weltalls und ging hinweg, ein leidender, versuchter Mensch, hinweg in die Einsamkeit, um mit Tränen zu säen und mit seinem Blut den Samen des Lebens für eine verlorne Welt zu begießen.

In gleicher Weise müssen auch seine Diener hinausgehen und säen. Als Abraham zum Sämann berufen wurde, den Samen der Wahrheit zu streuen, wurde ihm befohlen: "Gehe aus deinem Vaterlande und von deiner Freundschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will." 1.Mose 12,1. Und er ging als Lichtträger Gottes, dessen Namen er der Welt erhalten sollte, "aus und wußte nicht, wo er hinkäme." Hebräer 11,8. Er verließ seine Heimat, seine Wohnung, seine Verwandten und alles, was ihm das irdische Leben angenehm machte und wurde ein Pilger und Fremdling.

Zum Apostel Paulus kam die Botschaft, als er im Tempel zu Jerusalem betete: "Gehe hin; denn ich will dich ferne unter die Heiden senden!" Apostelgeschichte 22,21. So müssen alle, die berufen werden, sich mit Christo zu verbinden, alles verlassen, um ihm zu folgen. Alte Verbindungen müssen aufgehoben, auf alte Lebenspläne Verzicht geleistet, irdische Hoffnungen aufgegeben werden. Unter Arbeit und mit Tränen, in Einsamkeit und durch Opfer muß der Same gesät werden.

Wer sich ganz, Leib, Seele und Geist, dem Herrn weiht, wird beständig mit neuen Kräften, körperlichen, seelischen und geistlichen, versorgt werden. Die unerschöpflichen Vorräte des Himmels stehen ihm zur Verfügung. Christus gibt ihm von seinem Geiste, Leben von seinem eignen Leben. Der Heilige Geist wirkt nach Kräften in seinem Herzen und an seinem Gemüt. Die Gnade Gottes vergrößert und vermehrt seine Fähigkeiten, und das höchste Maß der göttlichen Natur steht ihm bei in der Arbeit der Seelenrettung. Durch das Mitwirken mit Christo wird er vollkommen in ihm, und in seiner menschlichen Schwäche wird er befähigt, die Taten des Allmächtigen zu tun.

Der Erlöser will keinen geteilten Dienst haben; der Diener Gottes muß täglich lernen, sich ganz seinem Herrn zu ergeben. Er muß im Worte Gottes forschen, seine Bedeutung erfassen lernen und den Lehren gehorchen. Auf diese Weise kann er das hohe Ziel christlicher Vollkommenheit erreichen. Tag für Tag wirkt der Herr mit ihm und vervollkommnet den Charakter, der die Zeit der letzten Probe bestehen soll. Täglich erbringt der Gläubige vor Menschen und Engeln den hehren Erweis dessen, was das Evangelium für gefallene Menschenkinder tun kann.

Als Christus seine Jünger aufforderte, ihm zu folgen, bot er ihnen keine schönen Aussichten für dieses Leben an, versprach er ihnen keinerlei Gewinn oder weltliche Ehre, verabredete auch nicht mit ihnen, wieviel Lohn sie empfangen würden. Zu Matthäus, der am Zoll saß, sagte der Heiland: "Folge mir! Und er stand auf und folgte ihm." Matthäus 9,9. Matthäus säumte nicht, um ein bestimmtes Gehalt zu fordern, das vielleicht dem seiner bisherigen Stellung entspräche, sondern folgte ihm ohne weiteres Fragen. Es war ihm genug, mit dem Heiland zu gehen, seine Worte zu hören und mit ihm vereint wirken zu können.

Desgleichen war es auch mit den vorher berufenen Jüngern. Als Jesus Petrus und seinem Gefährten gebot, ihm zu folgen, verließen sie sofort ihre Boote und Netze. Einige der Jünger hatten Verwandte, die sie versorgen mußten; als sie aber des Heilandes Einladung empfingen, zögerten sie nicht und fragten auch nicht: Wovon soll ich leben und meine Familie ernähren? Sie gehorchten einfach dem Rufe, und als Jesus sie später fragte: "So oft ich euch ausgesandt habe ohne Beutel, ohne Tasche und ohne Schuhe, habt ihr auch je Mangel gehabt?" antworteten sie: "Niemals." Lukas 22,35.

Heute fordert der Heiland uns, wie ehemals Matthäus, Johannes und Petrus, zu seinem Werk auf. Sind unsre Herzen von seiner Liebe berührt, dann wird die Lohnfrage nicht die leitende für uns sein; wir werden uns freuen, Mitarbeiter mit Christo sein zu dürfen und werden uns nicht fürchten, uns seiner Fürsorge anzuvertrauen. Lassen wir Gott unsre Stärke sein, dann werden wir eine klare Erkenntnis der Pflicht und uneigennützige Absichten haben; unser Wandel wird von einem edlen Streben beeinflußt werden, das uns über alle niedrigen Beweggründe erhebt.

Viele, die der Herr gebrauchen könnte, wollen nicht einzig und allein auf seine Stimme hören und ihr folgen. Verwandte und Freunde, ehemalige Gewohnheiten und Verbindungen haben einen so starken Einfluß auf sie, daß Gott sie nur wenig unterweisen, ihnen nur geringe Erkenntnis seiner Absichten mitteilen kann. Der Herr würde viel mehr für seine Diener tun, wenn sie sich ihm ganz weihten und den Dienst für ihn höher stellten als das Band der Verwandtschaft und alle andern Verbindlichkeiten.

Völligere Weihe ist notwendig

Die Zeit verlangt größere Leistungsfähigkeit und völligere Weihe. Ich rufe zu Gott: Erwecke und sende Botschafter hinaus, die sich ihrer Verantwortlichkeit bewußt sind, in deren Herzen der Götze Ich, welcher die Ursache aller Sünde ist, gekreuzigt ist. Männer, die sich ohne Vorbehalt dem Dienste Gottes weihen, deren Seelen die Heiligkeit des Werkes und die Verantwortlichkeit ihres Berufes empfinden, die entschlossen sind, dem Herrn kein fehlerhaftes Opfer zu bringen, das ihnen weder Anstrengung noch Gebete kostet.

Der Herzog von Wellington war einst bei einer Beratung zugegen, in der christliche Männer die Möglichkeit erfolgreichen Wirkens unter den Heiden erörterten. Man forderte ihn auf, seine Meinung darüber abzugeben, ob gewisse Bemühungen wohl einen den Unkosten entsprechenden Erfolg erbringen würden. Der alte Soldat erwiderte: "Meine Herren, was ist Ihr Marschbefehl? Der Erfolg ist nicht die Frage, die Sie zu erörtern haben. Lese ich Ihren Befehl richtig, so lautet er: ‚Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur.' Meine Herren, gehorchen Sie ihrem Marschbefehl."

Meine Brüder, der Herr kommt, und wir müssen unsre ganze Tatkraft anwenden, um das vor uns liegende Werk auszuführen. Ich bitte euch, weiht euch ganz dem Werke. Christus gab seine Zeit, seine Seele, seine Kraft dafür her, zum Wohl und Segen der Menschheit zu arbeiten. Die ganzen Tage weihte er der Arbeit, ganze Nächte verbrachte er im Gebet, damit er dem Feind siegreich entgegentreten und mit Kraft angetan werden möchte, denen zu helfen, die bei ihm Hilfe suchten. Wie wir einen lebendigen Wasserstrom an dem von ihm erzeugten Strich frischen Grüns verfolgen können, so kann Christus in den Taten der Barmherzigkeit gesehen werden, die seinen Pfad auf jedem Schritt bezeichnen. Wohin er kam, erblühte Gesundheit, und Glückseligkeit war in seinem Gefolge. Er führte die Lebensworte so einfach vor, daß ein Kind sie verstehen konnte. Sein Geist des Dienens ging auf die Jugend über, die es versuchte, seiner liebevollen Art und Weise nachzukommen und den Hilfsbedürftigen beizustehen. Die Blinden und Tauben erfreuten sich seiner Gegenwart. Seine Worte eröffneten den Unwissenden und Sündhaften eine Quelle des Lebens. Er teile seine Segnungen reichlich und beständig aus; es waren die gesammelten Reichtümer der Ewigkeit, gegeben in Christo, des Vaters Gabe an die Menschheit.

Diener Gottes müssen es für so gewiß empfinden, daß sie nicht sich selbst gehören, als ob der Stempel und das Siegel der Zugehörigkeit ihnen aufgedrückt sei. Sie müssen besprengt sein mit dem Blute des Opfers Christi, und im Geiste einer völligen Weihe sollten sie sich entschließen, durch die Gnade Christi ein lebendiges Opfer zu sein. Wie wenige von uns aber sehen das Heil der Sünder in dem Licht, in welchem der Himmel es betrachtet -- als einen von Ewigkeit her gehegten Plan Gottes! Wie wenige von uns wirken Herz an Herz mit dem Erlöser in dieser feierlichen Schlußarbeit! Kaum ein Zehntel des notwendigen Mitleids mit noch nicht geretteten Seelen ist vorhanden. Es müssen so viele gewarnt werden, und wie wenige sind so eins mit Gott, daß sie irgendetwas oder nichts sein mögen, wenn nur Seelen für Christum gewonnen werden können!

Als Elia im Begriff stand, Elisa zu verlassen, sagte er zu ihm: "Bitte, was ich dir tun soll, ehe ich von dir genommen werde. Elisa sprach: Daß mir werde ein zwiefältig Teil von deinem Geiste." 2.Könige 2,9. Elisa bat nicht um weltliche Ehren, um einen Platz unter den Großen der Erde. Ihn verlangte nach einem großen Teil des Geistes, der dem gegeben worden war, den Gott durch die Verwandlung ehren wollte. Er wußte, daß nichts andres ihn zu dem Werk befähigen konnte, welches von ihm gefordert werden würde.

Diener des Evangeliums, wäre eine solche Frage an euch gerichtet worden, was würdet ihr geantwortet haben? Was ist der größte Wunsch eures Herzens, wenn ihr im Dienste Gottes wirksam seid?