Diener des Evangeliums

Kapitel 44

"Weide meine Lämmer!"

[AUDIO]

Christus sprach kurz vor seiner Himmelfahrt zu Petrus: "Weide meine Lämmer!" (Johannes 21,15) und diese Aufforderung gilt jedem Diener des Evangeliums. Als Christus zu seinen Jüngern sagte: "Lasset die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht; denn solcher ist das Reich Gottes" (Markus 10,14), sprach er zu seinen Jüngern aller Zeiten.

Der großen Sache der Wahrheit ist viel verloren gegangen durch den Mangel an Aufmerksamkeit für die geistlichen Bedürfnisse der Jugend. Die Boten des Evangeliums sollten mit den Kindern ihrer Gemeinden in engem, trautem Verkehr stehen. Viele tun dies ungern, aber ihre Vernachlässigung ist in den Augen des Himmels eine Sünde. Es gibt unter uns viele junge Männer und Mädchen, denen unsre Glaubenslehren nicht bekannt sind, deren Herzen jedoch nie von der Macht der göttlichen Gnade berührt worden sind. Wie können wir, die wir behaupten, Diener Gottes zu sein, Tag für Tag, Woche auf Woche vergehen lassen und gleichgültig gegen ihren Zustand sein? Sollten sie in ihren Sünden ungewarnt sterben, so würde ihr Blut von der Hand des Wächters gefordert werden, der es versäumt hat, sie zu warnen.

Warum sollte die Arbeit für die in unserm Bereich lebende Jugend nicht als eine Missionsarbeit höchster Art angesehen werden? Verlangt sie doch das größte Zartgefühl, die genaueste Überlegung, das ernsteste Gebet um himmlische Weisheit. Junge Leute sind das besondre Ziel der Angriffe Satans; aber Freundlichkeit, Höflichkeit und Teilnahme eines von der Liebe zu Jesu überfließenden Herzens erwirbt ihr Vertrauen und bewahrt sie auch vor vielen Schlingen des Feindes.

Die Jugend bedarf mehr als gelegentlicher Beachtung mehr als dann und wann eines Wortes der Aufmunterung; sie bedarf mühevoller, gebetsreicher, sorgfältiger Arbeit. Nur der, dessen Herz mit Liebe und Mitgefühl erfüllt ist, wird imstande sein, jene jungen Leute zu erreichen, die anscheinend sorglos und gleichgültig sind. Nicht allen kann in gleicher Weise geholfen werden. Gott behandelt jeden einzelnen nach seinem Temperament und Charakter, und wir müssen mit ihm wirken. Oft tragen Seelen, an denen wir gleichgültig vorübergehen, weil wir nach der äußern Erscheinung urteilen, die besten Anlagen für Boten Christi in sich und werden alle auf sie verwandten Anstrengungen belohnen. Die Aufgabe, wie die Jugend zu behandeln ist, muß sorgfältig erforscht werden. Ernstere Gebete um Weisheit sind in dieser Sache notwendig.

Predigten für Kinder

Bei jeder passenden Gelegenheit muß die Geschichte von der Liebe Jesu den Kindern wiederholt werden; jede Predigt sollte etwas für sie besonders enthalten. Gottes Diener kann diese Kleinen zu seinen bleibenden Freunden machen. Er darf keine Gelegenheit verlieren, ihnen zu helfen, eine klare Erkenntnis der Heiligen Schrift zu bekommen. Das wird sie vor den Plänen Satans besser schützen, als wir uns vorstellen können. Werden Kinder frühzeitig mit den Wahrheiten des Wortes Gottes bekannt, dann wird der Gottlosigkeit eine Schranke errichtet, und sie werden imstande sein, dem Feind mit einem "Es steht geschrieben" entgegenzutreten.

Wer Kinder und die Jugend unterrichtet, sollte langweilige Bemerkungen vermeiden. Kurze, treffende Reden üben einen guten Einfluß aus. Muß viel gesagt werden, so kann es häufiger in kurze Weise geschehen. Einige dann und wann eingeflochtene fesselnde Bemerkungen helfen mehr als viele Unterweisungen auf einmal. Lange Reden ermüden den jugendlichen Sinn. Zu viel Gerede erregt sogar Widerwillen gegen geistliche Belehrung, in gleicher Weise wie ein überladener Magen weniger Appetit hat und Widerwillen gegen Nahrung bekundet. Unsre Belehrungen an die Gemeinde und besonders an die Jugend müssen Regel für Regel, hier ein wenig und dort ein wenig ausgeteilt werden. Kinder müssen auf sehr sanfte und nicht auf harte Weise zum Himmel gezogen werden.

Die Gefühle der Jugend teilen

Wir müssen versuchen, in die Gefühle der Jugend einzudringen, müssen Anteil nehmen an ihren Freuden, ihrem Kummer, ihren Kämpfen und Siegen. Jesus blieb nicht im Himmel, fern von den Bekümmerten und Sündigen; er kam in diese Welt, um mit der Schwäche, dem Leiden und den Versuchungen des gefallenen Menschengeschlechts bekannt zu werden. Er ließ sich zu uns herab, wo wir waren, damit er uns emporheben könnte. In unsrer Arbeit für die Jugend müssen wir sie da aufsuchen, wo sie ist, um ihr zu helfen. Werden jugendliche Jünger von der Versuchung überwältigt, so müssen die an Erfahrung älteren nicht hart mit ihnen verfahren oder ihre Bemühungen gleichgültig betrachten. Denkt daran, daß auch ihr oft wenig Kraft bewiesen habt, der Macht des Versuchers zu widerstehen. Seid so geduldig mit diesen Lämmern der Herde, wie ihr wünscht, daß andre mit euch sein mögen. Gott hat uns so geschaffen, daß selbst der Stärkste Teilnahme verlangt. Wieviel mehr bedürfen ihrer dann Kinder! Ein Blick des Mitgefühls allein beruhigt und stärkt oft schon das zagende, versuchte Kind.

Jesus sagt zu jedem Wandrer: "Gib mir, mein Sohn, dein Herz." Sprüche 23,26. "So kehret nun wieder, ihr abtrünnigen Kinder, so will ich euch heilen von eurem Ungehorsam." Jeremia 3,22. Die Jugend kann nicht wahrhaft glücklich sein ohne die Liebe Jesu, und er wartet mit teilnehmender Zärtlichkeit, die Geständnisse des Verirrten zu hören und seine Reue anzunehmen. Ihm verlangt nach einem Beweis der Dankbarkeit, wie eine Mutter auf das Lächeln der Anerkennung von ihrem geliebten Kinde wartet. Der große Gott lehrt uns, ihn Vater zu nennen; er will, daß wir es begreifen sollen, wie gar ernstlich und zärtlich sein Herz nach uns in allen unsern Mühsalen und Versuchungen verlangt. "Wie sich ein Vater über Kinder erbarmt, so erbarmt sich der Herr über die, so ihn fürchten." Psalm 103,13. Eher kann eine Mutter ihres Kindleins vergessen, als daß Gott eine ihm vertrauende Seele versäumen sollte.

Die Jugend sollte sich an der Gemeindearbeit beteiligen

Unsre Verantwortlichkeit für die Jugend hört auf keinen Fall auf, wenn sie ihr Herz Gott gibt. Es muß in ihr Teilnahme für des Herrn Werk und die Erkenntnis geweckt werden, daß Gott auch von ihr die Förderung seiner Reichssache erwartet. Es ist nicht genug, daß man den jungen Leuten zeige, wieviel getan werden muß und daß man sie aufmuntre, einen Teil der Arbeit zu übernehmen. Sie müssen gelehrt werden, wie für den Herrn zu arbeiten ist; sie müssen erzogen, angeleitet und geübt werden, auf die beste Art und Weise Seelen für Christum zu gewinnen. Lehrt sie, ruhig, unauffällig ihren jungen Kameraden zu helfen. Teilt die verschiedenen Zweige der Missionsarbeit, an denen sie sich beteiligen können, planmäßig ein, unterweist sie und helft ihnen. So lernen sie, für den Herrn zu wirken.

Wähnt nicht, die Teilnahme der Jugend dadurch zu gewinnen, daß ihr sie in Missionsversammlungen nehmt und dort lange Predigten haltet. Überlegt es euch, wie ihr regen Missionsgeist in ihnen hervorrufen könnt. Wöchentlich sollten alle Berichte abgeben, die zeigen, was sie versucht haben, für den Heiland zu tun und welches ihr Erfolg war. Würden solche Berichte in den Missionsversammlungen abgegeben, dann würden diese nicht fade, langweilig oder eintönig, sondern lebendig sein, und an Aufmerksamkeit der Hörer würde es nicht fehlen.

Unsre Gemeinden bedürfen jugendlicher gut geordneter und wohl ausgebildeter Gaben. Die Jugend will etwas mit ihrer überschüssigen Kraft tun. Wird diese nicht in richtige Wege gelenkt, so wird sie in einer Weise verbraucht, die das eigne geistliche Leben stört und der Umgebung Schaden bringt.

Das Herz des Leiters muß mit den Herzen der ihm Anvertrauten eng verknüpft sein. Er muß bedenken, daß viele Versuchungen an sie herantreten. Nur selten erkennen wir es, welche häßlichen Charakterzüge den jungen Leuten als Erbstück vermacht sind, und wie oft die Versuchung als Folge dieser Vererbung an sie herantritt.

Die wachsame Sorge, die der Unterhirte den Lämmern seiner Herde zuteil werden lassen muß, wird durch ein Bild, das den guten Hirten darstellt, sehr schön veranschaulicht. Der Hirte schreitet voran, während die Herde dicht hinter ihm folgt. In den Armen trägt er ein hilfloses Lamm, dessen Mutter vertrauensvoll an seiner Seite geht. Jesaja sagt von Christi Wirken: "Er wird die Lämmer in seine Arme sammeln und in seinem Busen tragen." Jesaja 40,11. Die Lämmer bedürfen mehr als täglicher Nahrung: sie müssen beschützt und beständig mit zarter Sorgfalt behütet werden. Geht eins von ihnen irre, so muß es gesucht werden. Dieses Bild ist schön und veranschaulicht den liebenden Dienst, den der Unterhirte der Herde Christi denen beweisen soll, die seinem Schutze und seiner Sorgfalt anvertraut sind.

Meine Amtsbrüder, öffnet den jungen Leuten, die der Versuchung ausgesetzt sind, eure Tür. Tretet ihnen durch persönliche Bemühungen recht nahe. Das Böse lädt sie an allen Seiten ein. Versucht, sie für Dinge zu gewinnen, die ihnen helfen können, ein höheres Leben zu führen. Haltet euch nicht für erhaben über sie. Führt sie in eure Wohnung, ladet sie ein, an eurer Familienandacht teilzunehmen. Laßt uns an Gottes Aufforderung an uns denken, den Pfad zum Himmel sonnig und anziehend zu machen.

Wir sollten die Jugend anleiten, der Jugend zu helfen, denn dabei wird sie sich Erfahrungen sammeln, die sie befähigen, in größerem Maße geweihte Diener Gottes zu werden. Tausende von Herzen können in der einfachsten, demütigsten Weise gewonnen werden. Die Intelligentesten, die von der Welt als die begabtesten Männer und Frauen angesehen und gepriesen werden, werden oft durch die einfachsten Worte erfrischt, wenn diese aus einem Gott liebenden Herzen kommen. Aufrichtige, ehrliche Worte aus dem Munde eines Gotteskindes, in Einfachheit geredet, werden Herzenstüren öffnen, die lange verschlossen waren. Testimonies for the Church VI, 115.

Timotheus kannte von Kindheit an die Heilige Schrift, und diese Kenntnis bot ihm einen sicheren Schutz gegen die ihn umgebenden bösen Einflüsse und gegen die Versuchung, Vergnügen und Selbstbefriedigung der Pflicht vorzuziehen. Eines solchen Schutzmittels bedürfen alle unsre Kinder, und die Eltern sowie die Botschafter Christi sollten es sich zur Pflicht machen, die Kinder gut im Worte Gottes zu unterrichten. Zeugnisse für die Gemeinde Band I, 138.