Diener des Evangeliums

Kapitel 56

Der Glaube

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Die größten Siege, die für die Reichssache Gottes gewonnen werden, sind nicht die Folge langwieriger Beweisführung, ansehnlicher Hilfsmittel, gewaltigen Einflusses oder der Fülle an Geld; sie werden im Sprechzimmer Gottes gewonnen, wenn Menschen in ernstem Glaubensringen den starken Arm der Allmacht ergreifen.

Wahrer Glaube und wahres Gebet -- wie stark sind diese beiden! Sie sind wie zwei Arme, mit denen der menschliche Beter die Macht der unendlichen Liebe erfaßt. Glauben heißt, auf Gott vertrauen, wissen, daß er uns liebt und unser Bestes kennt. Darum läßt der Glaube uns nicht unsre eignen Wege, sondern Gottes Wege wählen und nimmt anstatt unsrer Unwissenheit seine Weisheit, anstatt unsrer Sündhaftigkeit seine Gerechtigkeit an. Unser Leben, wir selbst gehören ihm sowieso, aber der Glaube erkennt dieses Eigentumsrecht an und macht sich seiner Segnungen teilhaftig. Wahrheit, Aufrichtigkeit und Reinheit werden uns als die Geheimnisse des Erfolgs im Leben hingestellt; der Glaube setzt uns in deren Besitz. Jeder gute Antrieb oder jedes ernste Streben ist eine Gabe Gottes; der Glaube empfängt von Gott das Leben, das allein wahres Wachstum und Tüchtigkeit hervorbringen kann.

"Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat." 1.Johannes 5,4. Durch den Glauben blicken wir über die Gegenwart mit ihren Mühsalen und Beschwerden hinweg nach dem großen Danach, wo alles uns jetzt Unverständliche klar sein wird. Der Glaube schaut Jesum als unsern Vermittler zur Rechten Gottes stehen. Im Glauben erblicken wir die Wohnungen, die Christus hingegangen ist, denen zu bereiten, die ihn lieben. Der Glaube sieht schon das Kleid und die Krone des Überwinders und hört den Gesang der Erlösten.

Völliger Glaube, die Übergabe seiner selbst an Gott, kindliches Vertrauen in Gottes Verheißungen sollten zu den Erfahrungen jedes Predigers gehören. Nur dann kann er den Zweifelnden und Argwöhnischen den rechten Glauben klar machen.

Der Glaube ist kein Gefühl. Er ist "eine gewisse Zuversicht des, das man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, das man nicht sieht". Hebräer 11,1. Wahrer Glaube ist keineswegs mit Vermessenheit verwandt. Nur wer jenen besitzt, ist gegen diese sicher, denn Vermessenheit ist Satans Gegenstück zum Glauben.

Der Glaube beansprucht Gottes Verheißungen und bringt Frucht im Gehorsam. Die Vermessenheit erhebt auch Anspruch auf die Verheißungen, aber benutzt sie, wie Satan es tat, um Übertretungen zu entschuldigen. Der Glaube hätte unsre ersten Eltern dahin gebracht, der Liebe Gottes zu vertrauen und seinen Befehlen zu gehorchen; die Vermessenheit aber veranlaßte sie, sein Gesetz zu übertreten, in der Annahme, daß Gottes große Liebe sie vor den Folgen ihrer Sünde bewahren würde. Das ist kein Glaube, der die Gunst des Himmels beansprucht, ohne die Bedingungen zu erfüllen, auf welche hin Gnade gewährt wird. Der rechte Glaube hat seine Grundlage in den Verheißungen und der Fürsorge der Heiligen Schrift.

Gelegentlich von der Religion zu reden oder ohne Seelenhunger und lebendigen Glauben zu beten, ist zwecklos. Ein vorgeblicher Glaube an Christum, der ihn nur als den Heiland der Welt annimmt, kann der Seele nie Heilung bringen. Der Glaube, der zum Heil gereicht, ist nicht ein Zustimmen zur Wahrheit mit dem Verstand allein; wer auf vollständige Erkenntnis wartet, ehe er Glauben übt, kann keinen Segen von Gott empfangen.

Es ist nicht genug, daß wir etwas von Christo glauben; wir müssen in ihm glauben. Nur der Glaube nützt uns, der ihn als unsern persönlichen Heiland annimmt, als den, der seine Verdienste uns zurechnet. Viele sprechen vom Glauben als von einer Meinung. Aber der errettende Glaube ist ein Vorgang, wodurch die, welche Christum annehmen, in ein Bündnis mit Gott treten. Echter Glaube ist Leben. Lebendiger Glaube bedeutet einen Zuwachs an Kraft, an vertrauender Zuversicht, wodurch die Seele eine siegreiche Macht wird.

Unglaube und Zweifel

Der Glaube nimmt Gott bei seinem Wort und bittet nicht darum, die Bedeutung der kommenden schwierigen Verhältnisse zu verstehen. Viele aber haben nur einen kleinen Glauben. Sie sind immer furchtsam und machen sich Sorgen. Jeden Tag sind sie von Beweisen der Liebe Gottes umgeben, jeden Tag genießen sie die Reichtümer seiner Fürsorge; aber sie übersehen diese Segnungen. Die ihnen zustoßenden Schwierigkeiten trennen sie von Gott, anstatt sie näher zu ihm zu bringen und erwecken Unruhe und Mißmut.

Sollten sie so ungläubig sein? Jesus ist ihr Freund. Der ganze Himmel nimmt Anteil an ihrem Wohlergehen, und ihre Furcht und Besorgnis betrübt den Heiligen Geist. Wir sollen nicht glauben, weil wir es sehen oder fühlen, daß Gott uns hört. Wir sollen seinen Verheißungen vertrauen. Kommen wir im Glauben zu ihm, dann wissen wir, daß jede Bitte zum Herzen Jesu geht. Haben wir um seinen Segen gebeten, so müssen wir glauben, daß wir ihn empfangen und Gott danken, daß wir ihn besitzen und unsern Pflichten in der Gewißheit nachgehen, daß der Segen kommt, wenn wir ihn am meisten bedürfen. Haben wir dies gelernt, dann wissen wir auch, daß unsre Gebete erhört werden. Gott will für uns "überschwenglich tun" "nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit" und "nach der Wirkung seiner mächtigen Stärke". Epheser 3,20.16; Epheser 1,19.

Oft ist des Christen Leben voll von Gefahren, und die Pflicht auszuführen scheint schwer. Die Einbildung malt uns ein herannahendes Unglück aus mit darauf folgender Knechtschaft und Tod, und doch spricht Gottes Wort deutlich: Geht voran! Laßt uns dem Gebot Folge leisten, selbst wenn unsre Blicke die Dunkelheit nicht durchdringen können. Die sich unserm Fortschritt entgegenstellenden Hindernisse werden nie vor einem zagenden, zweifelnden Geist verschwinden. Wer den Gehorsam aufschieben will, bis jede Ungewißheit verschwunden und keine Gefahr mehr vor Mißerfolg oder Niederlagen vorhanden ist, wird nie gehorchen. Der Glaube sieht über die Schwierigkeiten hinweg; er ergreift das Unsichtbare, ja die Allmacht und kann deshalb nicht verwirrt werden. Glauben heißt, die Hand Christi in allen Nöten desto inniger umfassen.

Gottes Diener brauchen starken Glauben. Mag auch alles zuwider sein, es überstrahlt doch ein Licht die dunkelste Stunde. Die Kraft derer, die im Glauben Gott lieben und ihm dienen, wird von Tag zu Tag erneuert. Der Verstand des Ewigen steht ihnen zur Verfügung, damit sie im Ausführen seiner Absichten nicht irregehen. Möchten diese Diener Christi ihr anfängliches Vertrauen bis zum Ende bewahren und daran gedenken, daß das Licht der Wahrheit Gottes scheinen soll inmitten der Dunkelheit, die unsre Welt umhüllt.

Im Dienste Gottes darf man nicht verzagen. Der Glaube des gottgeweihten Dieners wird jede Prüfung bestehen. Gott ist fähig und willens, seinen Dienern alle Kraft, die sie gebrauchen, zuteil werden zu lassen und ihnen die Weisheit zu geben, welche die verschiedenen Bedürfnisse erfordern. Er will weit mehr tun, als die Erwartungen derer erfüllen, die ihr Vertrauen auf ihn setzen.

Jesus fordert uns nicht auf, ihm zu folgen, um uns dann zu verlassen. Übergeben wir ihm unser Leben zu seinem Dienst, so können wir nimmer in eine Lage kommen, für die Gott nicht schon Vorkehrung getroffen hat. Welcherart die Umstände auch sind, wir haben einen zuverlässigen Führer; wie schwierig die Verhältnisse sich auch gestalten, wir haben einen sicheren Ratgeber; welche Enttäuschung, Trauer oder Einsamkeit auch über uns kommen mag, wir haben einen mitfühlenden Freund. Selbst wenn wir in unsrer Unwissenheit Fehltritte begehen, verläßt Christus uns nicht; seine klare Stimme spricht deutlich: "Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben." Johannes 14,6. "Er wird den Armen erretten, der da schreit, und den Elenden, der keinen Helfer hat." Psalm 72,12.

"Festgegründeten Sinn bewahrst du in Frieden, Frieden, weil er auf dich vertraut." Jesaja 26,3. Der Arm des Allmächtigen ist ausgestreckt, um uns immer weiterzuführen. Geht voran, sagt der Herr, ich will euch Hilfe senden. Ihr bittet um meines Namens Ehre, und ihr sollt empfangen. Wer auf euern Mißerfolg wartet, wird es noch sehen, daß mein Wort herrlich triumphiert. "Alles, was ihr bittet im Gebet, so ihr glaubet, werdet ihr's empfangen." Matthäus 21,22.

Gott läßt die Welt nie ohne Männer, die zwischen gut und böse, Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit wohl unterscheiden können; er hat Männer bestimmt, die zur Zeit der Not in den vordersten Schlachtreihen stehen können.