Diener des Evangeliums

Kapitel 62

Selbstbesserung

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Ältere und erfahrene Prediger sollten es als Knechte Gottes für ihre Pflicht ansehen, voranzugehen, indem sie jeden Tag Fortschritte machen, beständig tüchtiger in ihrer Arbeit werden und stets frischen Stoff zum Vortrag sammeln. Jede Bemühung, das Evangelium vorzuführen, sollte besser sein als die vorhergehende. Jedes Jahr sollten sie eine tiefere Frömmigkeit, einen sanfteren Geist, ein reicheres geistliches Leben und eine gründlichere Erkenntnis der biblischen Wahrheiten entwickeln. Je höher ihr Alter und je reicher ihre Erfahrung, desto mehr sollten sie imstande sein, den Herzen der Menschen nahezukommen, indem sie diese besser kennen. Zeugnisse für die Gemeinde I, 167; Testimonies for the Church IV, 270.

Gott kann in seiner Reichssache keine trägen Leute gebrauchen; er will denkende, gütige, liebevolle, ernste Diener haben. Rühriges Streben tut unsern Predigern gut. Trägheit ist ein Zeichen von Entartung. Jede Gabe des Verstandes, jeder Knochen des Körpers, jeder Muskel der Glieder beweisen: Gott will es, daß alle unsre Fähigkeiten angewandt werden und nicht untätig bleiben. Männer, die unnötig die Tagesstunden verschlafen, kennen nicht den Wert der köstlichen, goldenen Augenblicke.

Personen, die noch nicht gewohnt sind, stets fleißig zu sein und sparsam mit der Zeit umzugehen, sollten sich durch gewisse Regeln zu Pünktlichkeit und Schnelligkeit anhalten lassen. George Washington konnte viele Geschäfte erledigen, weil er Ordnung und Regelmäßigkeit genau beobachtete. Jede Schrift hatte ihr Datum und ihren Platz, und nie wurde Zeit mit Suchen nach einem verlegten Gegenstand verloren.

Die Männer Gottes müssen fleißig im Forschen, ernst im Erwerben von Kenntnissen sein und nie die kostbaren Augenblicke verschwenden. Durch ausdauernde Anstrengung können sie als Christen, als Männer von Einfluß und Macht eine hohe Stufe erreichen. Viele erlangen jedoch nie eine höhere Stellung weder am Rednerpult noch im Geschäftlichen, und zwar wegen ihrer Unentschlossenheit und der Schlaffheit in ihren Gewohnheiten, die sie in der Jugend angenommen haben. Nachlässigkeit zeigt sich in allem, was sie unternehmen.

Ein plötzlicher Anstoß dann und wann reicht nicht hin, um diese bequemen und trägen Männer umzugestalten. Dies ist vielmehr ein Werk, welches Beharrlichkeit im Gutestun erfordert. Geschäftsleute können nur wirklich erfolgreich sein, wenn sie regelmäßig die Zeit des Aufstehens, des Gebets, der Mahlzeiten und des Schlafengehens innehalten. Sind aber schon Ordnung und Regelmäßigkeit in weltlichen Geschäften notwendig, wieviel wesentlicher sind sie im Werke Gottes!

Wie viele helle Morgenstunden werden im Bett vergeudet! Diese köstlichen Augenblicke können, wenn einmal verloren, nie wieder eingebracht werden; sie sind für Zeit und Ewigkeit verloren. Welch eine Verschwendung der Zeit im Laufe eines Jahres, wenn täglich nur eine Stunde vergeudet wird! Möchte der Schlummernde doch daran denken und es sich überlegen, wie er Gott Rechenschaft ablegen will von den verlorenen Gelegenheiten.

Das Ausnutzen freier Augenblicke

Die Diener des Evangeliums sollten dem Lesen, Studium, Nachdenken und Gebet Zeit widmen. Sie sollten sich einen Vorrat nützlicher Kenntnisse sammeln, Teile der Heiligen Schrift auswendig lernen, die Erfüllung der Weissagungen verfolgen und die Belehrungen erfassen, die Jesus seinen Jüngern gab. Nehmt ein Buch mit und lest beim Fahren oder Warten auf Reisen. Kauft jeden freien Augenblick aus. Dadurch wird euch die Tür gegen tausend Versuchungen verschlossen.

Viele haben ihren Zweck merklich verfehlt, wo sie Erfolg hätten haben können. Sie haben die Last des Werkes nicht getragen, haben die Dinge so leicht genommen, als ob ihnen ein tausendjähriges Reich zur Verfügung stände, worin sie für das Heil von Seelen wirken könnten. Gottes Reichssache bedarf nicht so sehr der Prediger als ernster, ausdauernder Diener für den Meister. Gott allein kann die Kräfte des menschlichen Verstandes messen. Es war nicht seine Absicht, daß der Mensch zufrieden sein sollte, in den Niederungen der Unwissenheit zu bleiben, sondern daß er sich alle Vorteile eines erleuchteten, ausgebildeten Verstandes aneigne.

Jeder sollte fühlen, daß auf ihm eine Verpflichtung ruht, die Höhe geistiger Größe zu erreichen. Während keiner auf die erworbenen Kenntnisse stolz sein sollte, ist es aller Vorrecht, die Befriedigung zu haben, mit jedem Fortschritt fähiger zu werden, zur Ehre und Verherrlichung Gottes zu leben. Sie dürfen aus einem unerschöpflichen Brunnen, aus der Quelle aller Weisheit und Erkenntnis schöpfen.

Der Schüler, der in Christi Schule eingetreten ist, kann den Kenntnissen nachjagen, ohne von der Höhe, zu der er hinaufsteigt, schwindlig zu werden. Indem er von Wahrheit zu Wahrheit voranschreitet, eine klarere und hellere Erkenntnis über die wunderbaren Gesetze der Wissenschaft und der Natur erhält, wird er entzückt von den erstaunlichen Bekundungen der Liebe Gottes zum Menschen. Er sieht mit verständigen Augen die Vollkommenheit und die Weisheit Gottes, die sich ins Unendliche erstrecken. Indem sein Verständnis sich erweitert, fluten Ströme reinen Lichts in seine Seele. Je mehr er nun von der Quelle der Erkenntnis trinkt, desto reiner und glücklicher macht ihn sein Sichversenken in die Unendlichkeit Gottes und desto größer wird sein Verlangen nach genügender Weisheit, um die Tiefen der Gottheit zu erfassen.

Die Notwendigkeit einer geistigen Ausbildung

Wir als Volk bedürfen der geistigen Ausbildung und müssen sie haben, um den Anforderungen der Zeit zu entsprechen. Armut, niedrige Herkunft und ungünstige Umgebung brauchen die Ausbildung des Geistes nicht zu verhindern.

Bei allen Studien stößt man auf Schwierigkeiten; gebt sie aber nie in Entmutigung auf. Sucht, forscht und betet; tretet jeder Schwierigkeit mannhaft und kräftig entgegen; nehmt die Willenskraft und die Tugend der Geduld zur Hilfe, und dann grabt tiefer, bis der Edelstein der Wahrheit vor euch liegt; einfach und schön, köstlicher geworden durch die Bemühungen, die sein Auffinden in sich schloß. Beschäftigt euch dann jedoch nicht fortwährend mit diesem einen Punkt, laßt ihn nicht euer ganzes Denkvermögen in Anspruch nehmen und drängt ihn nicht beständig andern auf, sonden befaßt euch mit einem andern Gegenstand und erforscht ihn sorgfältig. Auf diese Weise wird ein Geheimnis nach dem andern eurem Verständnis enthüllt.

Wenn ihr so verfahrt, gewinnt ihr zwei wertvolle Siege. Ihr erwerbt euch nicht nur nützliche Kenntnisse, sondern stärkt auch durch die Tätigkeit der Sinne eure geistige Kraft. Der gefundene Schlüssel, der ein Geheimnis offenbarte, mag noch andre, bis jetzt noch verborgne, wertvolle Perlen der Erkenntnis ans Licht bringen.

Viele unsrer Prediger können ihren Zuhörern nur wenige aufklärende Reden über unsre Lehranschauungen halten, und doch dürfen dieselbe Mühe und derselbe Fleiß, die sie mit diesen Punkten vertraut machten, sie befähigen, andre zu verstehen. Die Weissagungen und andre Lehrgegenstände sollten von allen Predigern gründlich erfaßt sein. Einige beschränken sich, selbst wenn sie jahrelang gepredigt haben, auf nur etliche Gegenstände und sind zu lässig, als daß sie fleißig und unter Gebet in der Schrift suchten, damit sie Meister an Verständnis der Bibellehren und der praktischen Unterweisungen Christi werden.

Alle sollten sich Kenntnisse über die Wahrheiten des Wortes Gottes aneignen, um zu jeder Zeit, wenn es erforderlich ist, bereit zu sein, neue und alte Schätze der Vorratskammer zu entnehmen. Durch Mangel an Eifer und ernster, anstrengender Übung ist schon mancher Geist verkrüppelt und verkümmert. Die Zeit ist gekommen, da Gott sagt: Geht voran und bildet die Fähigkeiten aus, die ich euch gegeben habe.

Die Welt wimmelt von Irrtümern und Fabeln. Neuheiten in Form von erregenden Schauspielen häufen sich beständig, um die Sinne ganz in Anspruch zu nehmen; verkehrte Theorien, die moralisch und seelich verderben, machen sich überall breit. Gottes Reichssache bedarf verständiger, denkender, in der Schrift wohlbewanderter Männer, die Macht der hereinbrechenden Flut zu hemmen. Wir sollten keine Anmaßung, Beschränktheit und Unbeständigkeit gutheißen, wenngleich der Mantel der Frömmigkeit darüber ausgebreitet ist. Wer die heiligende Macht der Wahrheit im Herzen trägt, wird einen überzeugenden Einfluß ausüben. In dem Bewußtsein, daß die Vertreter des Irrtums keine Wahrheit schaffen oder vernichten können, kann er es sich wohl leisten, ruhig und rücksichtsvoll zu sein.

Es gibt selbst unter den Predigern viele, die ohne besondre Anstrengungen in der Welt emporkommen möchten. Sie sind ehrgeizig, irgendein großes nutzbringendes Werk zu vollbringen, während sie die kleinen täglichen Pflichten, die sie wirklich hilfreich und zu Dienern nach der Ordnung Christi machen würden, mißachten. Sie möchten so gestellt sein wie andre, finden aber keinen Gefallen an der sie dazu ausbildenden Zucht. Dies sehnsüchtige Verlangen in Männern und Frauen, etwas zu verrichten, das über ihre jetzigen Fähigkeiten weit hinausgeht, veranlaßt sie, gleich beim Anfang entschiedne Mißgriffe zu tun. In ihrer Würde gekränkt, weigern sie sich, die Leiter Stufe für Stufe zu erklettern und wünschen, weniger mühsam hoch zu steigen. Testimonies for the church IV, 411-417.

Es wundert mich, daß wir trotz der vielen Vorbilder, was wir sein und tun können, nicht mehr angespornt werden, den guten Werken der Gerechten nachzukommen. Nicht alle können eine hervorragende Stellung einnehmen; aber alle können eine verantwortliche Stellung bekleiden und sich durch anhaltende Treue weit nützlicher machen, als sie selbst meinen. Testimonies for the Church IV, 399.

Der Wert von Männern und Frauen soll nicht geschätzt werden nach der Art der Arbeit, die sie verrichten; er wird von dem festgestellt, der für jede Seele den Preis bezahlt hat. In Liebe, Einfachheit und Rechtschaffenheit sollen alle, die Christum, die Hoffnung der Herrlichkeit, in sich wohnen lassen, Gottes Mitarbeiter sein. Sie sind Gottes Ackerwerk, Gottes Bau.

Das Herz, in dem die Liebe Christi wohnt, wird beständig veredelt; denn die Quelle des Lebens ist Liebe zu Gott und Menschen. Christus ist Christentum. Dies ist Ehre Gott in der Höhe, Frieden auf Erden und Wohlgefallen den Menschen. Das heißt die Absicht Gottes ausführen.

Wahres christliches Wachstum strebt nach oben, nach Vollkommenheit von Männern und Frauen in Christo. Wahre Veredlung, wirkliche Verfeinerung der Gedanken und Sitten wird besser erreicht durch das Erlernen der Aufgaben in der Schule Christi als durch die schwierigste, anstrengendste Bemühung, Formen und niedergelegte Regeln zu beobachten, wenn das Herz nicht unter der Zucht Gottes steht.

Der Nachfolger Jesu sollte sich beständig vervollkommnen in seinen Sitten und Gewohnheiten, im Geist und in der Arbeit. Dies geschieht dadurch, daß das Auge nicht auf das allein Äußerliche, Oberflächliche, sondern auf Jesum blickt. Dann findet eine Verwandlung im Sinn, Geist und Charakter statt. Der Christ wird in Christi Schule ausgebildet, um die Gnadengaben seines Geistes in aller Sanftmut und Demut zu pflegen; er bereitet sich für die Gesellschaft der himmlischen Engel vor.

Mehr als alle andern Menschen auf Erden wird der, dessen Verständnis vom Worte Gottes erleuchtet ist, sich gedrungen fühlen, mit größerem Fleiß die Bibel zu lesen und die Wissenschaften zu studieren; denn seine Hoffnung und sein Beruf stehen höher als die andrer. Je enger der Mensch mit der Quelle aller Erkenntnis und Weisheit verbunden ist, desto besser kann ihm geistig und geistlich geholfen werden. Die Gotteserkenntnis ist das Wesentlichste in der Erziehung, und jeder wahre Diener Christi wird es sich beständig zur Aufgabe machen, sie zu erlangen. Counsels to Parents, Teachers, and Students 510.