Diener des Evangeliums

Kapitel 65

Die Gefahr, das Licht zu verwerfen

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Gott will, daß selbst in diesem Leben die Wahrheit immer mehr seinem Volk entfaltet werden soll. Es gibt nur einen Weg, auf dem diese Erkenntnis erlangt werden kann. Nur durch die Erleuchtung des Geistes, der das Wort gegeben hat, gelangen wir zum Verständnis des Wortes Gottes. Es "weiß niemand, was in Gott ist, als der Geist Gottes"; "denn der Geist erforscht alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit". 1.Korinther 2,11.10. Und der Heiland verhieß seinen Nachfolgern: "Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, kommen wird, der wird euch in aller Wahrheit leiten, ... denn von dem Meinen wird er's nehmen und euch verkündigen." Johannes 16,13.14.

Petrus ermahnt seine Brüder, zu wachsen "in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi." 2.Petrus 3,18. Wächst Gottes Volk in der Gnade, dann wird es auch ein immer klareres Verständnis seines Wortes erlangen. Es wird in den heiligen Wahrheiten neues Licht und neue Schönheit entdecken. Das zeigt sich in der Geschichte der Gemeinde aller Zeiten, und so wird es bleiben bis ans Ende. Läßt hingegen das wirkliche geistliche Leben nach, dann sind auch keine Fortschritte in der Erkenntnis der Wahrheit zu erzielen. Die Menschen begnügen sich mit dem Licht, das sie aus Gottes Wort schon empfangen haben und lassen den Mut zu jedem weiteren Forschen der Schrift sinken. Sie halten an dem, was sie haben, fest, und vermeiden Erörterungen.

Die Tatsache, daß es unter dem Volk Gottes keine Streitfragen oder lebhafte Erwägungen gibt, sollte nicht als bestimmter Beweis gelten, daß alle an der richtigen Lehre festhalten; im Gegenteil, es liegt Grund vor besorgt zu sein, daß dann nicht klar zwischen Wahrheit und Irrtum unterschieden wird. Erheben sich beim Forschen in der Schrift keine neuen Fragen, entstehen keine Meinungsverschiedenheiten, welche die Leute antreiben, selbst in der Bibel zu suchen, um sicher zu sein, daß sie die Wahrheit besitzen, dann werden auch, jetzt wie ehemals, viele an der Überlieferung festhalten und selbst nicht wissen, was sie anbeten.

Mir ist gezeigt worden, daß viele, die vorgeben, die gegenwärtige Wahrheit zu kennen, gar nicht wissen, was sie glauben. Sie können keinen Beweis für ihren Glauben liefern. Sie würdigen das Werk der Gegenwart nicht. Kommt die Zeit der Trübsal, dann werden so manche, die jetzt andren predigen, beim Prüfen ihrer Stellung zum Glauben finden, daß sie für vieles darin keinen genügenden Grund angeben können. Bis diese Probe an sie herantrat, kannten sie ihre große Unwissenheit nicht.

Es gibt viele in der Gemeinde, die sich ganz sicher sind, alles zu verstehen, was sie glauben, die aber ihre eigene Schwäche nicht erkennen, bis Streitfragen aufgeworfen werden. Werden sie von den Glaubensgenossen getrennt und sind gezwungen, alleinstehend ihren Glauben zu erklären, dann werden sie sich wundern, wie verwirrt ihre Meinungen über das sind, was sie als Wahrheit angenommen hatten. Es steht fest, daß unter uns ein Abweichen vom lebendigen Gott und ein Sichwenden an Menschen stattgefunden hat, indem menschliche Weisheit an Stelle der göttlichen gesetzt worden ist.

Gott wird seine Kinder aufrütteln; versagen andere Mittel, so wird Ketzerei unter sie kommen, welche sie sichten und die Spreu vom Weizen trennen wird. Der Herr fordert alle auf, die seinem Wort glauben, aus dem Schlummer zu erwachen. Ein kostbares, der Jetztzeit entsprechendes Licht ist erschienen: die Bibelwahrheit, welche die gerade uns bevorstehenden Gefahren zeigt. Dies Licht sollte uns veranlassen, fleißig in der Schrift zu forschen und die sorgfältigste Prüfung unserer Stellung vorzunehmen.

Gott will, daß alle Grundlagen und Lehren der Wahrheit eifrig und beharrlich unter Gebet und Fasten erforscht werden. Die Gläubigen sollen sich nicht zufriedengeben mit Mutmaßungen und unklaren Meinungen über die Wahrheit. Ihr Glaube muß sich fest aufs Wort gründen, damit sie, wenn die Prüfungszeit kommt und sie wegen ihres Glaubens zur Verantwortung gezogen werden, mit Sanftmut und Furcht Grund geben können der Hoffnung, die in ihnen ist

Erwägt, erwägt, erwägt! Was wir der Welt bringen, muß uns lebendige Wirklichkeit sein. Es ist höchst wichtig, daß wir in der Verteidigung der Lehrsätze, die wir als wesentliche Glaubensregeln betrachten, niemals Beweisgründe anwenden, die nicht ganz stichhaltig sind. Mögen sie auch bezwecken, den Gegner zum Schweigen zu bringen, so tun sie doch der Wahrheit keine Ehre an. Wir müssen kräftige Beweisführungen liefern, die nicht nur unsere Gegner zum Schweigen bringen, sondern auch die genaueste, gründlichste Untersuchung vertragen.

Für die, welche sich im Wortkampf geübt haben, liegt die Gefahr nahe, das Wort Gottes nicht ehrlich zu gebrauchen. Treffen wir mit einem Gegner zusammen, so sollte es unser ernstes Bemühen sein, die Wahrheit so vorzuführen, daß in ihm eine Überzeugung hervorgerufen wird, anstatt nur darauf bedacht zu sein, dem Gläubigen Vertrauen einzuflößen.

Wie weit auch eines Mannes Wissen fortgeschritten sein mag, er sollte nie denken, daß gründliches und fortgesetztes Suchen in der Schrift nach größerem Licht für ihn nicht mehr notwendig sei. Als ein Volk werden wir alle persönlich aufgefordert, Forscher der Weissagungen zu sein. Wir müssen mit Ernst achtgeben, jeden Lichtstrahl zu erkennen, den Gott uns zuführt, müssen den ersten Schimmer der Wahrheit festhalten, und durch forschen unter Gebet werden wir klareres Licht erlangen, das wir andren bringen können.

Sind Gottes Kinder mit ihrer gegenwärtigen Erleuchtung zufrieden, können wir sicher sein, der Herr wird sie nicht fördern. Er will, daß sie stetig vorangehen, um das immer stärker werdende Licht aufzunehmen, das für sie scheint.

Der gegenwärtige Zustand der Gemeinde ist Gott nicht angenehm. Sie besitzt ein Selbstvertrauen, das die Notwendigkeit, nach mehr Wahrheit und größerem Licht zu suchen, nicht empfinden läßt. Wir leben in einer Zeit, da Satan zur Rechten und zur Linken, vor und hinter uns am Wirken ist, und dennoch: als Volk schlafen wir. Gott will, daß eine Stimme vernehmbar werde, die sein Volk zum Handeln aufrüttelt. Testimonies for the Church V, 703-709.

Die Prüfung des neuen Lichtes

Unsere Brüder sollten willig sein, jeden Punkt einer Streitfrage aufrichtig und ehrlich zu untersuchen. Verbreitet ein Bruder Irrtümer, so sollten die verantwortlichen Personen davon in Kenntnis gesetzt werden; stellt es sich heraus, daß er Wahrheit lehrt, dann sollten sie sich auf seine Seite stellen. Wir alle sollten wissen, was unter uns gelehrt wird, denn was Wahrheit ist, brauchen wir. Wir alle haben vor Gott die Verpflichtung zu wissen, was er uns sendet. Er hat uns eine Richtschnur gegeben, nach der wir jede Lehre prüfen können: "Nach dem Gesetz und Zeugnis! Werden sie das nicht sagen, so werden sie die Morgenröte nicht haben." Jesaja 8,20. Kann das neue Licht diese Probe bestehen, so sollen wir uns nicht weigern, es anzunehmen, weil es unsern Ansichten nicht entspricht.

Niemand hat behauptet, daß je die Forschungen irgendeines Menschen vollkommen sein werden; aber das eine weiß ich, daß unsere Gemeinden bei Mangel an Lehren über die Gerechtigkeit durch den Glauben an Christentum und ähnliche Wahrheiten zugrunde gehen.

Es macht keinen Unterschied, durch wen das Licht gebracht wird; wir müssen unsere Herzen öffnen und es in der Sanftmut Christi aufnehmen. Aber viele tun dies nicht. Wird ein bestrittener Punkt vorgebracht, dann häufen sie Fragen auf Fragen, ohne etwas zuzugeben, selbst wenn es gut durchgeführt ist. O, daß wir doch handeln möchten, wie Menschen, die nach Licht verlangen! Möge Gott uns Tag für Tag seinen Heiligen Geist schenken und das Licht seines Angesichtes auf uns scheinen lassen, damit wir Schüler in der Schule Christi sein können!

Taucht eine Lehre auf, die gegen unsere Ansicht ist, sollten wir uns ans Wort Gottes wenden, den Herrn im Gebet suchen und dem Feind keinen Raum geben, mit Argwohn und Vorurteil einzudringen. Wir sollten es nie zulassen, daß der Geist sich bekunde, in dem die jüdischen Priester und Obersten gegen den Erlöser der Welt auftraten. Sie klagten ihn an, daß er das Volk verwirre, und sie wünschten, daß er es nicht belästige, denn er verursache Schwierigkeiten und Streit. Der Herr sendet uns Licht, damit wir beweisen, welches Geistes wir sind. Wir sollen uns nicht selbst betrügen.

Im Jahre 1844 pflegten wir, wenn unsere Aufmerksamkeit auf etwas gelenkt wurde, das wir nicht verstanden, uns vor Gott zu beugen und ihn zu bitten, uns die richtige Stellung einnehmen zu helfen, und dann waren wir imstande, zu einem richtigen Verständnis zu gelangen und gleicher Meinung zu werden. Es gab keine Uneinigkeit, keine Feindschaft, kein boshaftes Mutmaßen, kein unrichtiges Beurteilen unserer Brüder. Erkannten wir das Bösartige des Geistes der Unduldsamkeit, wie sorgfältig würden wir ihn fliehen!

Wir müssen in dem Glauben, in dem Licht der Wahrheit, wie wir sie in unserer damaligen Erfahrung empfingen, gegründet sein. Damals drängte sich uns ein Irrtum nach dem andren auf; Prediger und Doktoren brachten neue Lehren vor. Wir suchten unter vielem Beten in der Schrift, und der Heilige Geist übermittelte die Wahrheit unserem Verständnis. Ganze Nächte wurden manchmal mit dem Forschen zugebracht. Gruppen gottergebener Männer und Frauen versammelten sich zu diesem Zweck. Die Kraft Gottes kam dann auf mich, und ich konnte klar unterscheiden, was Wahrheit und was Irrtum war.

Indem unsere Glaubenspunkte so gegründet wurden, erhielten unsere Füße eine feste Grundlage. Wir nahmen unter Bekundung des Heiligen Geistes die Wahrheit Punkt für Punkt an. Mir wurden in Gesichten Erklärungen gegeben. Himmlische Dinge und das Heiligtum wurden mir gezeigt, so daß das Licht in klaren, deutlichen Strahlen auf uns schien.

Ich weiß, daß die Lehre vom Heiligtum, wie wir sie die vielen Jahre hindurch verkündet haben, richtig und wahr ist. Der Feind lenkt die Sinne auf Nebenwege. Es freut ihn, wenn die, welche die Wahrheit kennen sich Schriftstellen sammeln und diese um irrtümliche Lehrsätze, die nicht auf die Wahrheit gegründet sind, anhäufen. Die auf diese Weise angeführten Schriftstellen werden mißbraucht; sie sind uns nicht gegeben worden, um Irrtümer zu beweisen, sondern die Wahrheit zu stärken.

Wir müssen lernen, daß andere ebensoviel Recht haben wie wir. Empfängt ein Bruder neues Licht über die Schrift, so sollte er freimütig seine Stellung erklären, und jeder Diener Gottes sollte aufrichtigen Geistes in der Schrift suchen, ob die vorgebrachten Punkte vom Worte Gottes beglaubigt werden. "Ein Knecht aber des Herrn soll nicht zänkisch sein, sondern freundlich gegen jedermann, lehrhaft, der die Bösen tragen kann und mit Sanftmut strafe die Widerspenstigen, ob ihnen Gott dermaleinst Buße gebe, die Wahrheit zu erkennen." 2.Timotheus 2,24.25.

Ein jeder muß bußfertig und demütig zu Gott aufblicken, damit er ihn führen, leiten und segnen möge. Wir müssen es nicht andren überlassen, die Heilige Schrift für uns zu erforschen. Einige unserer leitenden Brüder haben sich häufig auf die verkehrte Seite gestellt; würde Gott eine Botschaft senden und auf diese älteren Brüder warten, den Weg für ihre Verbreitung zu haben, dann würde sie nie das Volk erreichen. Man wird diese Brüder so lange in dieser Stellung finden, bis sie in einem größeren Maße als je zuvor Teilhaber der göttlichen Natur werden.

Im Himmel herrscht große Betrübnis über die geistliche Blindheit vieler unserer Brüder. Unsere jüngeren Prediger, die weniger wichtige Stellungen einnehmen, müssen entschiedene Anstrengungen machen, ans Licht zu kommen; sie müssen in den Minenschacht der Wahrheit immer tiefer eindringen.

Gottes Unwille ruht auf denen, die den Weg versperren, damit ein klareres Licht nicht das Volk erreiche. Ein großes Werk muß getan werden, und Gott sieht es, daß unsere leitenden Brüder eines größeren Lichtes bedürfen, damit sie sich mit den Boten vereinen, die Gott sendet, um das Werk auszuführen, das er getan haben will. Der Herr hat Sendboten erweckt, hat sie mit seinem Geiste ausgerüstet und gesagt: "Rufe getrost, schone nicht, erhebe deine Stimme wie eine Posaune, und verkündige meinem Volk ihr Übertreten und dem Hause Jakob ihre Sünden." Jesaja 58,1. Möge sich niemand der Gefahr aussetzen, sich zwischen das Volk und die Botschaft vom Himmel zu stellen. Diese Botschaft wird an die Menschheit ergehen, und wenn sich keine Stimme unter den Menschen erhöbe, so würden die Steine schreien.

Ich fordere jeden Diener Gottes auf, den Herrn zu suchen, Stolz und Streben nach Obergewalt abzulegen und das Herz vor Gott zu demütigen. Die Herzenskälte, der Unglaube derer, die Glauben haben sollten, sind es, wodurch die Gemeindeen so schwach bleiben.