Diener des Evangeliums

Kapitel 70

Worte der Warnung

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Christus sagte zu seinen Jüngern: "Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe; darum seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben." Matthäus 10,16.

Satans Angriffe auf die Verteidiger der Wahrheit werden bis zum allerletzten Endzeitpunkt bitterer und entschlossener werden. Wie zur Zeit Christi die Hohenpriester und Obersten das Volk gegen ihn ereiferten, so werden die religiösen Leiter Bitterkeit und Vorurteil gegen die Wahrheit für diese Zeit erregen. Das Volk wird zu Gewalttaten und Widerstand gereizt, an die es nie gedacht hätte, wenn nicht die feindselige Gesinnung vorgeblicher Christen gegen die Wahrheit auf es übertragen worden wäre.

Wie man bitteren Angriffen entgegentreten soll

Welchen Weg sollen die Befürworter der Wahrheit verfolgen? Sie haben das unveränderliche, ewige Wort Gottes, und sie sollten es bekunden, daß sie die Wahrheit, wie sie in Jesu ist, besitzen. Ihre Worte dürfen nicht rauh oder scharf sein. Beim Vorführen der Wahrheit müssen sie die Liebe, Sanftmut und Gütigkeit Christi offenbaren. Die Wahrheit selbst wird das Verletzen ausführen, denn Gottes Wort ist schärfer als ein zweischneidiges Schwert und dringt bis zum Herzen durch. Die Diener, welche wissen, daß sie die Wahrheit haben, sollten nicht durch harte, verletzende Ausdrücke Satan Gelegenheit geben, ihren Geist verkehrt auszulegen.

Als Volk müssen wir uns ebenso verhalten, wie es der Erlöser der Welt machte. Als dieser mit Satan um den Leichnam Mose stritt, "wagte er das Urteil der Lästerung nicht zu fällen". Judas 9. Wohl hatte er Grund genug, dies zu tun, und Satan war enttäuscht, als er den Geist der Wiedervergeltung in Christo nicht erwecken konnte. Er hatte sich vorgenommen, alles, was Jesus tat, verkehrt auszulegen, und der Heiland wollte ihm nicht die geringste Gelegenheit oder Veranlassung zu einer Entschuldigung geben. Er wollte vom geraden Weg der Wahrheit nicht weichen, um den unsteten, sich krümmenden und wendenden Wegen und dem absichtlich falschen Ränkeschmieden Satans zu folgen.

Wir lesen in der Prophezeiung Sacharjas, daß der Herr zu Satan sagte, als dieser mit seiner ganzen Schule auftrat, um den Gebeten Josuas, des Hohenpriesters, zu widerstehen und sich gegen Christum aufzulehnen, der im Begriff stand, Josua sein Wohlwollen zu erweisen: "Der Herr schelte dich, du Satan; ja der Herr schelte dich, der Jerusalem erwählt hat! Ist dieser nicht ein Brand, der aus dem Feuer errettet ist?" Sacharja 3,2.

Die Art und Weise, wie Jesus sogar den Seelenfeind behandelte, sollte uns im Verkehr mit unsern Mitmenschen stets ein Vorbild sein -- niemals eine lästernde Anklage gegen jemand vorzubringen; noch weniger sollten wir Härte oder Strenge gegen solche anwenden, die vielleicht ebenso gern den rechten Weg wissen möchten wie wir.

Rücksicht gegen andere

Alle, die durch Lehre und Beispiel in der Wahrheit erzogen sind, sollten große Rücksicht gegen die üben, deren ganze Schriftkenntnis in der ihnen zuteil gewordenen Auslegung von seiten der Prediger und Gemeindeglieder besteht und denen Überlieferungen und Fabeln als Bibelwahrheiten gebracht worden sind. Sie staunen über die ihnen vorgeführte Wahrheit, die ihnen gleich einer neuen Offenbarung erscheint, und sie können die ganze Wahrheit in ihren hervorragendsten Punkten am Anfang nicht ertragen. Alles ist ihnen neu und seltsam und so ganz anders als das, was sie von ihren Predigern gehört haben; sie sind geneigt zu glauben, daß -- wie ihnen die Prediger gesagt haben -- die Siebenten-Tags-Adventisten Ungläubige sind, die nicht der Bibel glauben. Darum muß die Wahrheit Schritt für Schritt, hier ein wenig und da ein wenig, vorgeführt werden.

Nicht den Weg verzäunen

Möchten doch alle, die für unsere Zeitschriften schreiben, darauf bedacht sein, keine unfreundlichen Bemerkungen und Andeutungen zu machen, die sicherlich nachteilig wirken, den Weg verzäunen und uns hindern, das Werk zu tun, welches geschehen muß, um alle Klassen, die Katholiken eingeschlossen, zu erreichen. Es ist unsere Aufgabe, die Wahrheit in Liebe zu reden, nichts Ungeheiligtes des natürlichen Herzens damit zu vermengen und Dinge reden, die den nämlichen Geist wie den unsrer Feinde bekunden. Alle scharfen Aussprüche werden in doppeltem Maß auf uns zurückkommen, wenn die Gewalt in den Händen derer liegt, die sie zu unserem Schaden ausüben können.

Zu wiederholten Malen wurde mir die Warnung gegeben, nicht ein Wort zu sagen, nicht einen Satz zu veröffentlichen, besonders keine Personen zu nennen -- es sei denn durchaus wesentlich zur Verteidigung der Wahrheit -- wodurch unsre Feinde gegen uns gereizt oder ihre Leidenschaften aufs höchste erregt werden können. Unser Werk wird bald abschließen; bald wird die trübselige Zeit, wie noch nie eine da gewesen ist, von der wir uns keinen Begriff machen können, über uns hereinbrechen.

Der Herr will, daß seine Diener ihn, den großen Missionar, darstellen. Vorschnelle Worte richten stets Schaden an. Die zum christlichen Leben wesentlichen Eigenschaften müssen täglich in der Schule Christi geübt werden. Dem, der sorglos oder gedankenlos Worte ausspricht oder zur Veröffentlichung schreibt, die in der Welt verbreitet werden, und dadurch Ausdrücke hinaussendet, die nie zurückgenommen werden können, kann das heilige Werk, welches auf dem Nachfolger Christi ruht, nicht anvertraut werden. Wer sich darin übt, schwere Hiebe auszuteilen, eignet sich eine schlechte Gewohnheit an, die durch Wiederholung verstärkt wird und die bereut werden muß. Wir sollten sorgsam unsere Weisen und unsern Sinn prüfen, um zu sehen, wie wir das von Gott gegebene Werk, ein Werk, welches dem Schicksal von Seelen gilt, ausführen. Die allerhöchste Verpflichtung ruht auf uns.

Satan, von Eifer entbrannt, will die ganze Vereinigung der satanischen Werkzeuge beeinflussen, sich mit bösen Menschen zu verbinden und den Wahrheitsgläubigen schnelle und schwere Leiden zuzufügen. Jedes von unsern Brüdern ausgesprochene unweise Wort wird vom Fürsten der Finsternis aufgefangen. Wie können menschliche Wesen es doch wagen, achtlose und vermessene Worte auszusprechen, welche die Mächte der Hölle gegen die Heiligen Gottes aufwiegeln, wenn selbst Michael, der Erzengel, es nicht wagte, das Urteil der Lästerung gegen Satan zu fällen, sondern sagte: "Der Herr strafe dich"?

Es wird für uns unmöglich sein, Schwierigkeiten und Leiden zu umgehen. Jesus sagt: "Es muß ja Ärgernis kommen; doch weh dem Menschen, durch welchen Ärgernis kommt!" Matthäus 8,7. Weil aber Ärgernisse kommen werden, sollten wir vorsichtig sein, nicht durch unweise Worte oder Bekundungen eines unfreundlichen Geistes die natürliche Gemütsstimmung derer zu erregen, welche die Wahrheit nicht lieben.

Die köstliche Wahrheit muß in ihrer ursprünglichen Kraft vorgebracht werden; die weitverbreiteten, betrüglichen Irrtümer, welche die Welt gefangennehmen, müssen enthüllt werden. Alle nur möglichen Anstrengungen werden gemacht, um Seelen durch listige Beweisführungen gefangenzunehmen, sie von der Wahrheit auf Fabeln zu kehren und sie für kräftige Irrtümer empfänglich zu machen. Wenn diese betrogenen Seelen sich von der Wahrheit ab dem Irrtum zuwenden, so sprecht zu ihnen kein Wort der Rüge; versucht er, ihnen ihre Gefahr zu zeigen und ihnen zu erklären, wie ihre Handlungsweise Jesum Christum betrübt; aber tut dies in mitleidsvoller Zärtlichkeit. Arbeitet ihr in richtiger Weise, dann können einige von Satan verleitete Seelen wieder seiner Macht entrissen werden. Tadelt nicht; verdammt sie nicht; zieht die Lage dieser Irrenden nicht ins Lächerliche; dadurch werden ihre blinden Augen nicht geöffnet, und die Wahrheit gewinnt nichts Anziehendes für sie.

Verlieren die Menschen Christi Vorbild aus den Augen und ahmen sie nicht seine Lehrweise nach, dann werden sie dünkelhaft und treten Satan mit seinem eignen Waffen entgegen. Der Feind versteht es gut, seine Waffen gegen die zu richten, die sich ihrer bedienen. Jesus sprach nur Worte reiner Wahrheit und Gerechtigkeit.

Wenn je ein Volk es nötig hatte, in Demut vor Gott zu wandeln, so ist es seine Gemeinde, so sind es seine Auserwählten in diesem Geschlecht. Wir alle müssen die Trägheit unsres Verstandes, den Mangel der Würdigung unserer Vorrechte und Gelegenheiten beklagen; wir haben nichts, dessen wir uns rühmen könnten. Wir betrüben den Herrn Jesum Christum durch unsere Härte, durch unsere unchristlichen Hiebe. Wir müssen vollkommen in ihm werden.

Wohl wird uns befohlen: "Rufe getrost, schone nicht, erhebe deine Stimme wie eine Posaune, und verkündige meinem Volk ihr Übertreten und dem Hause Jakob ihre Sünden" (Jesaja 58,1); diese Botschaft muß auch gegeben werden, aber wir sollten vorsichtig sein, andere, welche nicht das Licht haben, das uns scheint, nicht zu stoßen, drängen oder zu verdammen. Wir sollten nicht vom rechten Wege abirren, um den Katholiken scharfe Seitenhiebe auszuteilen. Unter letzteren gibt es viele höchst gewissenhafte Christen, die in dem Licht wandeln, das sie besitzen, und Gott wird für sie wirken. Personen, die große Vorrechte und Gelegenheiten gehabt haben, es dennoch versäumten, ihre körperlichen, geistigen und seelischen Kräfte auszubilden, die nur sich selbst zu Gefallen lebten und keine Verantwortung irgend welcher Art trugen, sind in größter Gefahr einer strengen Verurteilung von Gott als die, welcher sich in Lehrpunkten irren, aber dennoch danach trachten, andern Gutes zu tun.

Tadelt andre nicht; verurteilt sie nicht! Lassen wir uns durch eigennützige Erwägungen, verkehrtes Schlußfolgern und falsches Entschuldigen in einen störrischen Gemüts -- und Herzenszustand bringen, so daß wir Gottes Wege und Willen nicht erkennen, dann sind wir schuldiger als der offenkundige Sünder. Wir müssen sehr vorsichtig sein, damit wir keinen verurteilen, der von Gott weniger sündhaft ist als wir. Testimonies for the Church IX, 239-244.