Diener des Evangeliums

Kapitel 82

Das Mäßigkeitswerk

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Unter allen, die sich zu den Freunden der Mäßigkeit zählen, sollten die Siebenten-Tags-Adventisten in der vordersten Reihe stehen. Schon seit Jahren hat eine Lichtfülle über die Grundsätze wahrer Reform unsern Pfad erleuchtet, und wir sind Gott dafür verantwortlich, daß dies Licht auch andern scheine. Vor Jahren betrachteten wir die Verbreitung der Mäßigkeitsgrundsätze als eine unsrer wichtigsten Pflichten. Es sollte heute noch so sein. Unsre Schulen und Sanatorien müssen die Kraft der Gnade Christi bekunden und das ganze Wesen -- Leib, Seele und Geist -- umgestalten. Unsere Heil -- und Lehranstalten sollten Mittelpunkte von Licht und Segen für jede wahre Reform sein.

Wir müssen in dieser Zeit den Mäßigkeitsvereinen christlicher Frauen entschieden Aufmerksamkeit entgegenbringen. Niemand, der beansprucht, Anteil an Gottes Werk zu haben, darf das große Ziel der Mäßigkeitsvereine außer acht lassen. Es wäre gut, wenn wir die Glieder solcher christlichen Frauenvereine zu unsern großen Jahresversammlungen einladen würden, um tätigen Anteil zu nehmen. Es würde ihnen helfen, dadurch mit den Grundlagen unseres Glaubens bekannt zu werden und uns den Weg öffnen, mit ihnen in der Mäßigkeitssache verbunden zu sein. Tun wir das, so werden wir sehen, daß die Mäßigkeitsfrage mehr bedeutet, als viele von uns vermutet haben.

In mancher Weise sind die Führer solcher Frauenvereine unsern Leitern voraus. Der Herr hat unter ihnen köstliche Seelen, die uns in unsern Bemühungen, die Mäßigkeitsbewegung zu fördern, eine große Hilfe sein können. Die Ausbildung aber, welche unser Volk in der Bibelwahrheit und in der Erkenntnis der Anforderungen Jehovas in seinem Gesetz genossen hat, wird unsre Schwestern befähigen, den edlen Verteidigern christlicher Mäßigkeit das mitzuteilen, was zu ihrem geistlichen Heil dient. Auf diese Weise wird Einigkeit und Teilnahme bewirkt, wo in der Vergangenheit manchmal Vorurteil und Mißverständnisse bestanden. Mich hat die Gleichgültigkeit einiger unsrer Leiter diesen Frauenvereinen gegenüber gewundert; wir können kein besseres Werk tun, als mit ihnen zusammenzuwirken, vorausgesetzt, daß dies geschehen kann, ohne irgend etwas von unsrer heiligen Sache preiszugeben.

Wir haben in der Mäßigkeitsfrage mehr zu tun, als nur öffentliche Reden zu halten. Unsre Grundsätze müssen durch Broschüren und Zeitschriften vorgeführt werden. Wir müssen jedes Mittel gebrauchen, um unser Volk zu seiner Pflicht zu erwecken, um mit denen in Berührung zu kommen, welche die Wahrheit nicht kennen. Der im Missionswerk erzielte Erfolg stand im Verhältnis zu selbstverleugnenden, opferfreudigen Bemühungen unsrerseits. Gott allein weiß, wieviel wir hätten zustande bringen können, wenn wir als ein Volk uns vor ihm gedemütigt und die Mäßigkeitswahrheit klar und offen verkündet hätten.

Der rechte Gebrauch der von der Vorsehung verliehenen Gaben

Unser Schöpfer hat mit freigebiger Hand der Menschheit seine Güter ausgeteilt. Wären alle diese Gaben der Vorsehung weise und mäßig angewandt, dann würden Armut, Krankheit und Elend beinahe von der Erde verschwunden sein. Leider sehen wir aber überall durch die Bosheit der Menschen Gottes Segnungen in einen Fluch verwandelt.

Keine Klasse ist wohl schuldiger an der verkehrten Anwendung und dem großen Mißbrauch der köstlichen Gaben Gottes als die, welche die Bodenerzeugnisse zur Bereitung von berauschenden Getränken verwenden. Das nahrhafte Getreide, die gesunden, herrlichen Früchte werden in Getränke verwandelt, welche die Sinne verwirren und das Gehirn rasend machen. Infolge des Gebrauchs solcher Gifte werden Tausende von Familien der Bequemlichkeiten und selbst der Bedürfnisse des Lebens beraubt, Gewalttaten und Verbrechen vermehrt, und Krankheit und Tod bereiten Zehntausenden Trunkenbolden ein vorzeitiges Grab.

Dies Zerstörungswerk steht unter dem Schutz der Landesgesetze! Für eine verhältnismäßige geringe Summe erhalten Männer die Erlaubnis, ihren Mitmenschen den Trank zu verabreichen, der sie alles dessen beraubt, was das Leben hier angenehm macht und die Hoffnung auf ein zukünftiges Leben gewährt. Weder Gesetzgeber noch Schankwirt sind in Unwissenheit über die Folgen ihrer Arbeit. Im feinen Restaurant, Biergarten und Schenke gibt der Sklave des Gaumens seine Mittel hin für Dinge, welche Vernunft, Gesundheit und Glück vernichten. Der Gastwirt füllt seine Tasche mit dem Geld, das Nahrung und Kleidung für die Familie des armen Trunkenboldes verschaffen sollte.

Das ist die schlimmste Räuberei; und dennoch befürworten hochgestellte Staats- und Kirchenmänner die Gewährung der Schankerlaubnis. Auf diese Weise wird die menschliche Gesellschaft verderbt, Arbeitshäuser und Gefängnisse werden mit Bettlern und Verbrechern gefüllt und die Scharfrichter beschäftigt. Das Elend hört mit dem Trunkenbold und seiner unglücklichen Familie noch nicht auf; die Steuern werden erhöht, die Sittlichkeit der jungen Leute wird bedroht, Hab und Gut, ja selbst das Leben eines jeden einzelnen wird gefährdet. Wird auch das Bild noch so lebhaft entworfen, es kommt der Wirklichkeit nicht nach; keine menschliche Feder kann die Schrecken der Unmäßigkeit völlig beschreiben.

Die Ursache sittlicher Lähmung

Wie können christliche Männer und Frauen ein solches Übel dulden? Die sittliche Lähmung der Menschen hat ihre Ursache. Unsre Gesetze unterstützen ein Übel, das ihre Grundfeste untergräbt. Viele beklagen das bestehende Unrecht, halten sich selbst aber frei von irgendwelcher Verantwortlichkeit in der Sache. Das sind sie aber nicht. Eine jede Person übt einen Einfluß in ihrer Umgebung aus.

Wir können uns mit den Freunden der Mäßigkeitssache in Verbindung setzen, um mit ihnen den Kampf aufzunehmen, wir können versuchen, die Flut des Übels, welches die Welt entsittlicht, zurückzuhalten; welchen Nutzen haben aber diese Bemühungen, wenn der Verkauf von geistigen Getränken vom Gesetz unterstützt wird? Muß der Fluch der Unmäßigkeit für immer unser Land verdunkeln? Muß er jedes Jahr wie ein vernichtendes Feuer auf Tausende von glücklichen Familien kommen?

Wir reden von den Folgen, zittern vor ihnen und erwägen, was wir tun können, um ihrem Schrecken entgegenzutreten, und nur zu oft dulden wir die Ursache oder ihre Pflicht, wenn sie nicht durch Lehre und Beispiel, durch Stimme und Feder ihren Einfluß zugunsten völliger Enthaltsamkeit geltend machen. Wir dürfen nicht erwarten, daß Gott ein Wunder tun wird, um diese Reform zustandezubringen und uns dadurch der Mühe zu entheben. Wir selbst müssen mit dem Riesenfeind kämpfen und unser Losungswort muß sein: Kein Vergleich und kein Aufhören, bis der Sieg gewonnen ist.

Was kann getan werden, um das zunehmende Übel zurückzudrängen? Gesetze müssen erlassen und streng durchgeführt werden, die den Verkauf und Gebrauch geistiger Getränke verbieten. Keine Anstrengung darf unterlassen werden, die Unmäßigkeit zur Mäßigkeit und Tugend zurückzubringen. Aber noch mehr muß geschehen, um den Fluch der Trunksucht von unserm Lande zu verbannen. Das Verlangen nach berauschenden Getränken muß beseitigt werden, dann hat auch der Verkauf und Verbrauch ein Ende. Dies Werk ruht zu einem großen Maße auf den Eltern; sie selbst müssen durch strenge Mäßigkeit ihren Kindern ein Vorbild sein und sie in der Furcht Gottes zu Gewohnheiten der Selbstverleugnung und Selbstbeherrschung erziehen. Jünglinge, die eine derartige Erziehung genossen haben., werden moralische Kraft besitzen, der Versuchung zu widerstehen und die Trinklust und die Leidenschaften zu beherrschen; sie werden feststehen gegen die Torheit und Unmäßigkeit, welche die menschliche Gesellschaft vererbt.

Das Wohl eines Volkes hängt von der Tugend und der Vernunft seiner Bürger ab. Um diesen Segen zu erlangen, ist strenge Mäßigkeit unbedingt notwendig. Die Geschichte ehemaliger Reiche bietet uns reichlich Warnungslehren. Luxus, Selbstbefriedigung und Unmäßigkeit bereiteten den Weg zum Fall vor.