Diener des Evangeliums

Kapitel 87

Vorsteher

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Es hat dem Herrn gefallen, mir über den Beruf und die Arbeit unsrer Prediger, besonders derer, die zu Vorstehern erwählt sind, manches zu zeigen. Die Wahl von Männern für solche Vertrauensposten sollte mit Umsicht, unter ernstem Gebet um göttliche Erleuchtung geschehen.

Die zu Aufsehern der Herde gesetzt werden, sollten Männer von gutem Ruf sein, Männer, die bezeugen, daß sie nicht nur Kenntnis der Heiligen Schrift, sondern auch Erfahrungen im Glauben, in der Geduld gemacht haben, damit sie in Sanftmut solche unterweisen können, die der Wahrheit widerstehen. Sie müssen erprobte, rechtschaffene Männer, keine Neulinge, begabte Forscher des Wortes sein, fähig andre zu lehren und altes und neues aus der Schatzkammer hervorzubringen; Männer, die in Charakter, Worten und Benehmen eine Ehre für die Reichssache Gottes sind, die Wahrheit lehren, die Wahrheit ausleben und zum vollen Mannesalter in Christo Jesu heranwachsen. Das bedeutet die Entwicklung und Kräftigung einer jeden Fähigkeit durch Übung, damit die Diener Christi tüchtig werden, mit dem Wachstum des Werkes größere Verantwortungen zu tragen.

Der Herr nahm Judas und Petrus in seinen Jüngerkreis auf, nicht weil sie fehlerhaft im Charakter waren, sondern ungeachtet ihrer Fehler. Er wollte ihnen eine Gelegenheit geben, in seiner Schule Sanftmut und Herzensdemut zu lernen, damit sie seine Mitarbeiter werden möchten. Würden sie diese Gelegenheiten auskaufen, willig sein zu lernen, bereit, ihre Fehler einzusehen und im Lichte des hohen Vorbildes das zu werden, was Christus von ihnen verlangt, dann würden sie der Gemeinde zum großen Segen gereichen.

So handelt der Herr Jesus noch heute mit den Menschen. Einige werden, obgleich unvollkommen im Charakter, mit feierlichen und heiligen Aufgaben betraut, und wenn sie für ein besonderes Werk erwählt werden, so sollten sie nicht meinen, daß ihre eigne Weisheit hinreichend und es für sie nicht notwendig sei, Rat, Tadel, oder Unterweisung anzunehmen. Wenn ihr so fühlt, meine Brüder, dann trennt ihr euch von der Quelle eurer Kraft und steht in großer Gefahr. Ihr könntet eurer eignen vermeintlichen Geschicklichkeit überlassen werden und, wie Judas es tat, euren Herrn verraten.

Auf menschlichen Rat bauen

Einige unsrer Felder sind schwach an christlicher Erfahrung, weil ihre leitenden Männer und Arbeiter -- und Glieder folgen deren Beispiel -- weit mehr auf den Beifall der Menschen als auf Gottes Wohlgefallen sehen. Sie haben um Hilfe und Rat mehr auf Menschen als auf Gott geschaut, haben Menschen zu Trägern ihrer Lasten gemacht und menschliche Weisheit angenommen gerade dann und dort, wenn sie sich allein auf Gott hätten verlassen sollen. Nur zu oft bedurften gerade die, bei denen sie Rat suchten, selbst der notwendigen Hilfe, denn ihre Seelen standen nicht richtig vor Gott. Die Vorsteher sind schwach und untüchtig geworden, weil sie Fleisch zu ihrer Stärke machten. Das Vertrauen auf menschliche Weisheit erleichtert nicht das Wachsen in der Gnade und in der Erkenntnis Christi.

Meine Brüder, wenn in eurem Felde Schwierigkeiten sich erheben, wenn dringende Fälle erledigt werden müssen, laßt diese dunklen Wolken nicht in die Generalkonferenz eindringen, wenn ihr es irgend vermeiden könnt. Der Vorsteher der Generalkonferenz sollte nicht mit den Angelegenheiten der Vereinigungen belastet werden, wie dies in der Vergangenheit oft der Fall war. Könnt ihr mit euren Mitarbeitern die Schwierigkeiten, welche sich in eurer Vereinigung einschleichen, nicht beseitigen, wie wollt ihr denn annehmen, daß ein Mann dies Werk für alle Felder tun kann? Warum wollt ihr alle eure Beschwerden und Entmutigungen auf den sehr belasteten Vorsteher der Generalkonferenz werfen? Er kann die Lage der Dinge nicht so gut verstehen wie ihr, die ihr am Platze seid. Seht ihr nicht, daß ihr ihm zu große Lasten auferlegt, wenn ihr der Verantwortung, dem Kreuz- und Lastentragen, dem vielen Nachdenken und ernsten Beten ausweicht und von dem Vorsteher der Generalkonferenz erwartet, daß er eure Arbeit verrichte und euch aus euren Schwierigkeiten helfe? Seid ihr nicht gerade so gut mit Verstand und Fähigkeit ausgerüstet wie er? Ihr dürft keinen Teil des Werkes vernachlässigen, weil er ernste und schwere Anstrengungen erfordert.

Ich wiederhole es: Werft eure Lasten nicht auf den Vorsteher der Generalkonferenz. Erwartet nicht, daß er eure fallen gelassenen Maschen aufheben und eure Arbeit in Ordnung bringen soll. Entschließt euch, eure Lasten selbst zu tragen durch Christum, der euch Kraft verleiht.

Der Vorsteher der Generalkonferenz wird, wenn er im Rate Gottes wandelt, seine Brüder nicht ermutigen, auf ihn zu schauen, um ihre Pflicht festzusetzen, sondern wird sie auf die einzige Quelle hinweisen, die frei von menschlichen Irrtümern ist. Er wird sich weigern, Verstand und Gewissen für andre zu sein.

Der Betreffende, dem ein solches ihm nicht gebührendes Vertrauen erzeigt wird, ist großen Versuchungen ausgesetzt. Satan wird, wenn möglich, ihn dahin bringen, daß er sich selbst vertraut, damit menschliche Fehler das Werk beflecken. Auch steht er in Gefahr, seine Brüder in ihrer Abhängigkeit von ihm zu ermutigen und in ihnen das Bewußtsein zu erwecken, daß jeder Vorgang im Werk vor ihn gebracht werden müsse. Auf diese Weise wird das Werk den Stempel der Menschen und nicht von Gott tragen.

Lernen aber alle, sich ganz auf Gott zu verlassen, so werden von dem an der Spitze Stehenden manche Gefahren abgewandt, und wenn er irrt, wenn sein Urteil unter menschlichem Einfluß schwankt oder der Versuchung unterliegt, so kann er von seinen Brüdern zurechtgewiesen, kann ihm geholfen werden. Wer sich darin übt, selbst zu Gott zu gehen, um Hilfe und Rat zu erhalten, gewinnt eine Erfahrung, die sich von größtem Wert für ihn erweisen wird.

Wollen die Beamten eines Feldes die ihnen auferlegten Lasten erfolgreich tragen, dann müssen sie beten, glauben und Gott vertrauen, damit er sie als seine Werkzeuge gebrauche, um die Gemeinden in guter arbeitsfähiger Ordnung zu erhalten. Das ist ihr Teil des Weinberges, den sie zu bestellen haben. Im Dienst des Meisters muß viel mehr persönliche Verantwortlichkeit, mehr Denken und Planen, mehr geistige Kraft bekundet werden. Dadurch würde das Verständnis erweitert und das Wahrnehmungsvermögen dafür, was zu tun und wie die Sache zu verrichten ist, geschärft.

Meine Brüder, ihr werdet mit Schwierigkeiten kämpfen, Lasten tragen, Rat austeilen, planen und ausführen und unverwandt auf Gott um Hilfe schauen müssen. Betet und arbeitet, arbeitet und betet; als Schüler in Christi Schule lernt von Jesu.

Der Herr hat uns die Verheißung gegeben: "So aber jemand unter euch Weisheit mangelt, der bitte Gott, der da gibt einfältig jedermann und rücket's niemand auf, so wird sie ihm gegeben werden." Jakobus 1,5. Nach Gottes Anordnung sollen alle, die Verantwortungen tragen, sich oft miteinander beraten und ernstlich um Weisheit bitten, die er allein mitteilen kann. Sprecht weniger; viel kostbare Zeit geht mit Reden verloren die kein Licht gewähren. Vereint euch in Fasten und Gebet um die Weisheit, die Gott versprochen hat, einfältig jedermann zu geben. Bringt eure Schwierigkeiten zu Gott; sagt ihm, wie Mose es tat: Ich kann dies Volk nicht führen, wenn dein Angesicht nicht mit mir geht. Ja, bittet ihn noch mehr; betet mit Mose: "Laß mich deine Herrlichkeit sehen." 2.Mose 33,18. Was ist diese Herrlichkeit? -- Der Charakter Gottes, und den verkündigte er Mose.

Laßt die Seele im lebendigen Glauben sich an Gott halten; laßt die Zunge sein Lob verkünden. Kommt ihr zusammen, so laßt den Geist sich ehrfurchtsvoll in den Betrachtungen ewiger Wirklichkeiten vertiefen. Auf diese Weise werdet ihr euch untereinander helfen, geistlich gesinnt zu sein. Ist euer Wille in Einklang mit dem göttlichen, dann werdet ihr auch miteinander im Einvernehmen sein; Christus wird euch zur Seite stehen.

Henoch wandelte mit Gott. So kann auch jeder Diener Christi mit ihm wandeln. Ihr dürft mit den Psalmisten sagen: "Ich habe den Herrn allezeit vor Augen; denn er ist mir zur Rechten, so werde ich fest bleiben." Psalm 16,8. Empfindet ihr, daß ihr nichts aus euch selbst vermögt, so werdet ihr in Jesu Genüge haben. Erwartet ihr Rat und Weisheit von Menschen, die wie ihr sterblich und beschränkt sind, so werdet ihr nur menschliche Hilfe empfangen; wendet ihr aber euch um Hilfe und Weisheit an Gott, so wird er euren Glauben nicht zu Schanden werden lassen.

Die Vorsteher kleinerer Felder haben denselben Gott, den der Vorsteher der Generalkonferenz hat, und sie können selbst zu der Quelle der Weisheit gehen, anstatt sich auf einen Mann zu verlassen, der sein Licht aus derselben Quelle schöpfen muß.

Es mag behauptet werden, daß Gott denen besonderes Licht gibt, die wichtige Verantwortungen zu tragen haben. Das ist wahr, und wenn sie demütig vor ihn wandeln, wird er ihnen in ihrer Arbeit helfen; er wird aber auch eure Hilfe in eurer Arbeit sein, wenn ihr ihn in derselben Weise sucht. Hat der Herr in seiner Vorsehung euch wichtige Verantwortungen auferlegt, so wird er euch ausrüsten, diese Lasten zu tragen, wenn ihr ihn im Glauben um Kraft bittet. Vertraut ihr ihm, und verlaßt euch auf seinen Rat, dann wird er euch nicht eurem beschränkten Urteil überlassen, um unvollkommene Pläne und entschiedene Mißgriffe zu machen.

Macht keinen Menschen zu eurem Beichtvater

Jeder bedarf einer praktischen Erfahrung, um sich allein auf Gott zu verlassen. Macht keinen Menschen zu eurem Beichtvater; öffnet Gott euer Herz, sagt ihm jedes Geheimnis eurer Seele. Bringt ihm eure Schwierigkeiten, die großen sowohl als auch die kleinen, und er wird euch den rechten Ausweg zeigen. Er allein weiß, auf welche Weise euch Hilfe nottut.

Wenn euch dann nach einer schweren Zeit die Hilfe zuteil wird, wenn der Geist Gottes sichtbar für euch wirkt, welch eine köstliche Erfahrung habt ihr dann gewonnen! Ihr habt Glauben und Liebe erlangt, das Gold, welches der treue Zeuge euch empfiehlt, von ihm zu kaufen. Ihr lernt es, mit allen Fährlichkeiten zu Gott zu gehen, und indem ihr diese köstlichen Unterweisungen des Glaubens erfaßt, werdet ihr sie andern mitteilen. Auf diese Weise könnt ihr andre beständig zu höheren Erfahrungen führen.

Der Vorsteher eines Feldes erzieht durch sein Verhalten die ihm unterstellten Prediger, und zusammen können sie die Gemeinden so belehren, daß es nicht notwendig sein wird, den Vorsteher aus der Arbeit zu rufen, um Schwierigkeiten und Spaltungen in der Gemeinde zu ordnen. Führen die Beamten eines Feldes wie treue Diener ihre ihnen vom Himmel bestimmten Pflichten aus, dann wird das Werk in unsern Vereinigungen nicht in solche peinliche Verlegenheiten verstrickt werden, wie dies bisher geschah; auch werden Christi Diener durch solches Wirken Männer werden, die Verantwortungen tragen können und in einem schweren Felde den Mut nicht sinken lassen.

Es lebt einer, der mächtig ist, selig zu machen immerdar alle, die zu ihm kommen. Ist die Verheißung: "Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken" (Matthäus 11,28), nicht weitreichend und vollkommen? Warum zögern wir, uns unmittelbar an die Quelle unsrer Kraft zu wenden? Sind wir hierin nicht vom Herrn abgewichen? Sollten unsre Prediger und Vorsteher nicht lernen, woher ihre Hilfe kommt?

Wechsel der Arbeiter

Es ist mir die Frage vorgelegt worden, ob es nicht unweise gehandelt sei, den Vorsteher eines Feldes in ein anders zu versetzen, wenn viele der ihm anvertrauten Seelen ihn ungern fortlassen?

Es hat dem Herrn gefallen, mir über diese Sache Licht zukommen zu lassen. Es ist mir gezeigt worden, daß die Prediger nicht jahraus jahrein im nämlichen Felde arbeiten sollten oder ein Mann lange ein und demselben Felde vorstehen sollte. Eine Abwechslung in den Gaben gereicht unsern Feldern und Gemeinden zum Besten.

Prediger sind oft nicht willens gewesen, ihr Arbeitsfeld zu ändern; verständen sie aber alle die Gründe für diesen Wechsel, dann würden sie nicht zurückhalten. Einige haben sogar gebeten, noch ein Jahr in demselben Felde bleiben zu dürfen, und häufig ist ihre Bitte berücksichtigt worden. Sie schützten gefaßte Pläne vor, durch welche sie ein größeres Werk als bisher tun würden, aber zum Schluß des Jahres hatten die Zustände sich nur verschlechtert. Ist ein Prediger in seinem Dienste nicht treu gewesen, so ist auch nicht anzunehmen, daß er die Sache durch sein Dortbleiben bessern kann. Die Gemeinden gewöhnen sich daran, wie dieser eine Mann die Sache handhabt und fangen an auf ihn anstatt auf Gott zu schauen. Seine Meinungen und seine Pläne regieren das ganze Feld.

Vielleicht sehen die Leute, daß er sich in seinem Urteil irrt und lernen dadurch, das Predigtamt geringzuschätzen. Würden sie auf Gott blicken, und sich auf himmlische Weisheit verlassen, dann würden sie eine höchst wertvolle Erfahrung gewinnen und selbst imstande sein, wenigstens in mancher Hinsicht, das zu ersetzen, was dem Aufseher der Herde mangelt. Aber nur zu oft läßt man die Dinge ihren Lauf nehmen, der Vorsteher wird für den Zustand der zu seinem Felde gehörigen Gemeinden verantwortlich gehalten, während die Gemeindeglieder gleichgültig, lauwarm werden und nichts tun, um wieder Ordnung in die Sache zu bringen.

Der Vorsteher mag nicht die Wichtigkeit empfinden, sich selbst zu heiligen, damit andre geheiligt werden. Er mag ein ungetreuer Wächter sein, der den Leuten zu Gefallen predigt. Viele sind stark in einigen Charakterzügen, in andern jedoch schwach und ungenügend; infolgedessen bekundet sich in einigen Teilen des Werkes ein Zukurzkommen. Würde nun derselbe Mann Jahr für Jahr der Vorsteher eines Feldes sein, so würden seine Schwächen sich auf die ihn unterstellten Gemeinden fortpflanzen. Ein Diener Christi kann aber gerade dort stark sein, wo sein Bruder schwach ist, und so kann durch Wechsel ihrer Wirkungsbereiche der eine zu einem gewissen Grad die Unvollkommenheiten des andern ergänzen.

Wären alle völlig Gott geweihte Männer, dann würden diese Unvollkommenheiten im Charakter nicht bestehen; weil aber die Arbeiter dem göttlichen Standpunkt nicht entsprechen, weil sie das Selbst zu sehr mit ihrer Arbeit verweben, so ist es sowohl für sie selbst als auch für die Gemeinde das beste, häufig Austausch zu treffen. Ist anderseits ein Diener Christi durch die Gnade des Herrn geistlich stark, so ist er ein Segen für die Gemeinden, und andre Felder bedürfen seiner Arbeit.

Wir leben in Zeiten besonderer Gefahr vor inneren und äußeren Feinden, und Gott will, daß ihr auf alles achtet, was euer besonderes Werk anbetrifft. Ihr braucht nichts ohne die Hilfe eures himmlischen Vaters anzufangen; denn er wartet auf euren Ruf, damit er sagen könne: Hier bin ich. Wollt ihr ihn suchen, so sagt er, er will sich finden lassen; seine Kraft, seine Gnade und seine Gerechtigkeit werden dem Demütigen zuteil, der ihn von ganzem Herzen sucht.