Leben und Wirken von Ellen G. White

Kapitel 46

Arbeiten in Großbritannien und Skandinavien

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Die vierte europäische Missionskonferenz wurde vom 27. September bis 4. Oktober 1886 in Great Grimsby, England, abgehalten. Die Berichte der Arbeiter zeigten, dass große Schwierigkeiten einen jeden Zweig des Werkes begleiteten. Eines Morgens, vor der Versammlung, sammelte sich eine Gruppe Arbeiter um den Ofen im Versammlungssaal und erzählten einige ihrer Erfahrungen und Enttäuschungen. Gute Säle zum Abhalten von Versammlungen waren sehr teuer. Zu den billigen Sälen würde die Klasse von Leuten, die sie zu erreichen hofften, nicht kommen. Zelte nutzten sich in dem feuchten Klima bald ab. In ihren Versuchen, von Haus zu Haus zu arbeiten, öffneten sich dem Bibelarbeiter nicht die Türen der besten Häuser, und in den Häusern, deren Türen sich bereitwillig öffneten, waren die Gemüter so langsam, die Wichtigkeit zu erkennen, den unpopulären Wahrheiten zu gehorchen. "Was kann getan werden?" war die Frage.

Göttliche Hingabe, Mut und Zuversicht

Während einer Reihe von Versammlungen, die gerade vor der Konferenz in Great Grimsby gehalten wurden, hatte Frau White mehrere Vorträge gehalten, in denen sie göttliche Hingabe, Mut und Zuversicht lehrte. Am Schlusse einer Predigt über die Erfahrung der Jünger in Verbindung mit der Auferstehung Jesu sagte sie:

"Wir sollten jede uns täglich gegebene Gelegenheit benutzen, die Versuchungen des Feindes zu überwinden.

Dieses Leben ist ein Kampf, und wir haben einen Feind, der nie schläft, der beständig wacht, um unsern Geist zu zerrütten und uns von unserm teuren Heilande, der sein Leben für uns dahingegeben hat, hinwegzulocken. Wollen wir das uns gegebene Kreuz erheben? Oder wollen wir in selbstsüchtiger Befriedigung fortfahren und der ewigen Wonne verlustig gehen? Wir dürfen nicht sündigen; wir dürfen das Gesetz Gottes nicht verunehren.

"Unsere Frage sollte nicht sein; Wie kann ich das meiste Geld in dieser Welt verdienen? Die Frage sollte nicht sein: Soll ich Gott dienen? Sollen wir Gott dienen, oder dem Baal? ‚Erwählet euch heute, wem ihr dienen wollt;' ‚ich aber und mein Haus wollen dem Herrn dienen.' Josua 24,15.

"Ich erwarte nicht alles Glück am Ende; ich bekomme Glück auf meinem Wege. Trotzdem ich Prüfungen und Trübsal habe, schaue ich hinweg auf Jesum. In den engen, schweren Plätzen steht er uns zur Seite, und wir können mit ihm verkehren, all unsere Bürden auf den Bürdenträger legen und sagen: ‚Hier, Herr, ich kann diese Bürden nicht länger tragen.' Dann sagt er zu uns: ‚Mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.' Matthäus 11,30. Glaubt du es? Ich habe es erprobt. Ich liebe ihn; ich liebe ihn. Ich sehe in ihm unvergleichliche Reize, und es ist mein Wunsch, ihn im Reiche Gottes zu loben.

"Wollen wir das steinerne Herz brechen? Wollen wir den dornigen Pfad wandeln, den Jesus in seinem ganzen Leben von der Krippe bis zum Kreuze gewandelt ist? Wir sehen die Blutspuren. Wollen wir die Hoffart der Welt in unser Herz schließen? Wollen wir uns die Welt zum Vorbild nehmen? Oder wollen wir von ihr ausgehen? Die Einladung lautet: ‚Gehet aus von ihnen, und sondert euch ab, ... und rühret kein Unreines an, so will ich euch annehmen und eurer Vater sein, und ihr sollt meine Söhne und Töchter sein.' 2.Korinther 6,17.18.

"O, welch eine Auszeichnung ist dies -- Glieder der königlichen Familie, Kinder des himmlischen Königs zu sein, dem Heiland des Weltalls, dem König über alle Könige dem Namen nach bekannt und Erben des unsterblichen Besitztums, der ewigen Wirklichkeit zu sein! Dies ist unser Vorrecht. Wollen wir den Lohn haben? Wollen wir die Schlachten des Herrn schlagen? Wollen wir den Kampf zu Ende führen? Wollen wir siegreich sein?

"Ich bin fest entschlossen, in den Himmel zu kommen, und ich wünsche, dass ihr auch hinkommt. Ich wäre nie von Californien nach Europa gekommen, hätte ich euch nicht sagen wollen, wie teuer der Heiland ist und was für eine teure Wahrheit wir haben. "Ihr solltet eure Bibel studieren, denn sie erzählt auch von Jesu. Wenn ihr eure Bibel lest, werdet ihr unvergleichliche Reize in Jesu finden. Ihr werdet den Mann von Golgatha lieb gewinnen, und bei jedem Schritte könnt ihr zu der Welt sagen: ‚Seine Wege sind liebliche Wege, und alle seine Steige sind Friede.' Ihr müsst der Welt Christum vorhalten. Ihr könnt der Welt zeigen, dass ihr die Hoffnung auf Unsterblichkeit besitzt. Ihr könnt von den Wassern des Heils trinken. Lehrt eure Kinder, Gott zu lieben und ihn zu fürchten. Die himmlischen Engel sollten in euren Wohnungen sein; die Sonne der Gerechtigkeit sollte in den dunklen Kammern eures Geistes leuchten, dann werden eure Lippen Gott loben und danken.

"Jesus ist dahingegangen, um für uns Wohnungen zu bereiten. Er sagte: ‚Euer Herz erschrecke nicht. Glaubet an Gott und glaubet an mich. In meines Vaters Hause sind viel Wohnungen. Wenn's nicht so wäre, so wollte ich zu euch sagen: Ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten. Und wenn ich hingehe, euch die Stätte zu bereiten, so will ich wieder kommen und euch zu mir nehmen, auf dass ihr seid, wo ich bin.' Johannes 14,1-3. Diese Wohnungen sind es, nach denen ich ausschaue; es sind nicht die Wohnungen hier auf Erden, denn diese werden in kurzem von dem mächtigen Erdbeben daniedergelegt werden, sondern jene himmlischen Wohnungen, die Christus seinen Getreuen zubereitet hat.

"Wir haben hier kein Heim; wir sind nur Pilgrime und Fremdlinge, die nach einem bessern Lande pilgern, einem himmlischen. Richtet euren Sinn auf diese Dinge, und wenn ihr dies tut, wird Christus euch zur Seite stehen. Möge Gott uns helfen, die köstliche Gabe des ewigen Lebens zu gewinnen."

Einige der Arbeiter folgten mit Zeugnissen, die ihren Glauben und ihren Entschluss ankündigten. Einige fühlten, dass Frau White die Schwierigkeiten des Feldes nicht verstehe. Andere suchten nach irgendwelchem Grunde, auf dem sie ihre Hoffnungen auf zukünftigen Erfolg aufbauen könnten.

Das Weichen der Dunkelheit

In den ersten Tagen der Konferenz wandte sich einer der Sprecher, nachdem er auf einige der Dinge hingewiesen hatte, die dem Fortschritt der Botschaft hinderlich waren, an Frau White mit der Bitte, ihre Ansicht von dem auszudrücken, was noch mehr getan werden könnte, und ob in den Verhältnissen, unter denen sich die Arbeiter abmühten, eine Änderung zu erwarten sei.

In Beantwortung dieser Frage sagte Frau White, dass Änderungen eintreten würden, welche geschlossene und verriegelte Türen öffnen würden, Änderungen in vielen Dingen, welche die Verhältnisse anders machen und die Gemüter der Leute aufwecken würden, die gegenwärtige Wahrheit zu verstehen und zu schätzen. Politische Umwälzungen, Wechsel in der industriellen Welt und große religiöse Erweckungen würden stattfinden, die die Gemüter vorbereiten würden, der Dritten Engelsbotschaft zu lauschen. "Ja, es werden Änderungen stattfinden", versicherte sie, "aber nichts, auf das ihr warten sollt. Eure Aufgabe ist es, voranzugehen, die Wahrheit in Einfachheit zu verkündigen und das Licht der Wahrheit vor den Leuten emporzuhalten."

Dann sage sie ihnen, wie die Angelegenheit ihr im Gesichte vorgeführt worden sei. Manchmal wurden ihr die Menschenmassen in unserer Welt, denen aus dem Worte Gottes die Warnungsbotschaft vom baldigen Kommen Christi verkündigt wurde, als in Nebel und Wolken und dichte Finsternis gehüllt vorgeführt, wie von Jesaja mit den Worten beschrieben: "Siehe, Finsternis bedeckt das Erdreich, und Dunkel die Völker." Jesaja 60,2.

Als sie im Gesichte mit heftigem Schmerze auf diese Szene blickte, sagte ihr begleitender Engel: "Schaue!" und als sie wiederum schaute, waren kleine Lichtstrahlen zu sehen, die wie Sterne schwach durch die Dunkelheit schienen. Als sie sie betrachtete, wurde das Licht derselben heller, und die Anzahl der Lichter vermehrte sich, weil ein jedes Licht andere Lichter anzündete. Diese Lichter kamen mitunter zusammen, als ob sie einander ermutigen wollten; und dann zerstreuten sie sich wieder und gingen jedesmal weiter hinaus und zündeten andere Lichter an. So nahm die Arbeit ihren Fortgang, bis die ganze Welt von ihrer Helle erleuchtet war.

Zum Schluss sagte sie: "Dies ist ein Bild von der Arbeit, die ihr zu tun habt. ‚Ihr seid das Licht der Welt.' Matthäus 5,14. Eure Arbeit ist es, vor denen, die um euch sind, das Licht emporzuhalten. Haltet es fest. Haltet es ein wenig höher. Zündet andere Lichter an. Werdet nicht entmutigt, wenn eurer Licht kein großes ist. Sollte es auch nur eine billige Wachskerze sein, die man für einen Penny kauft, haltet sie empor. Lasst sie scheinen. Tut eurer Bestes, so wird der Herr eure Bemühungen segnen."1

Erster Besuch in Skandinavien

Während der zwei Jahre, die Frau White in Europa zubrachte, besuchte sie Dänemark, Schweden und Norwegen dreimal. Am Schlusse der Missionskonferenz, die im September 1885 in Basel abgehalten wurde, baten sie die Vertreter von Skandinavien, ihr Feld so bald wie möglich zu besuchen, und obgleich ihre Freunde in der Schweiz sie darauf hinwiesen, dass im nördliche Europa der Sommer die bessere Zeit zum Reisen sei, beschloss sie, im Glauben voranzugehen, auf Gott hoffend, dass er ihr Stärke geben werde, die Beschwerden der Reise zu ertragen.

Den Monat Oktober und die erste Hälfte des November verbrachte sie in Kopenhagen, Stockholm, Grythyttehed, Orebro und Christiania. Frau White war von ihrer Sekretärin, Fräulein Sara McEnterfer, von ihrem Sohne W. C. White und vom Ältesten F. G. Matteson, der der Führer, Dolmetscher und Mitarbeiter war, begleitet. An den verschiedenen Orten, wo die Gläubigen sich versammelten, um sie anzuhören, wurde ihre Botschaft mit ehrfürchtigem Interesse aufgenommen. Die Versammlungen waren nicht groß, ausgenommen in Christiania, wo die Mitgliederzahl hundertzwanzig betrug. Am Sabbat, den 31. Oktober, als die Brüder von andern Gemeinden herbeikamen, waren ungefähr zweihundert anwesend. Am Sonntag sprach sie in der Arbeiterhalle zu einer Zuhörerschaft von achthundert. Am nächsten Sonntag sprach sie auf eine Einladung des Vorstehers einer starken Mäßigkeitsgesellschaft zu ungefähr dreizehnhundert Personen, die sich in der Militärturnhalle versammelt hatten, über die Wichtigkeit der häuslichen Erziehung in den Grundsätzen der Mäßigkeit. Dieser Gegenstand wurde vom biblischen Standpunkte vorgeführt und durch die Erfahrungen von Bibelcharakteren illustriert.

Zweiter Besuch in Skandinavien

Frau Whites zweiter Besuch in Skandinavien wurde im Sommer 1886 in Begleitung ihres Sohnes und Frl. McEnterfers gemacht. Während der ersten Hälfte der Reise diente Fräulein Christine Dahl als Führerin und Dolmetscherin. Die wichtigste Versammlung, die auf dieser Reise besucht wurde, war die zu Orebro, Schweden. Hier hielt vom 23. bis 28. Juni die schwedische Konferenz ihre Sitzung ab, auf welcher eine Traktatgesellschaft und eine Sabbatschulvereinigung gegründet wurde, die beide die Arbeit in Dänemark, Schweden und Norwegen einschlossen.

Eine Woche vor der Eröffnung dieser Konferenz hatte Ält. Matteson eine Schule für Kolporteure und Bibelarbeiter begonnen. In der Fortführung dieser Schule schlossen sich ihm Ält. A. B. Oyen von Christiania und Ält. O. A. Olsen, soeben von Amerika eingetroffen, an. "Ausbildung" war der Wahlspruch unter den Führern in jenen Tagen, und das Volk war begierig, zu lernen. Das Arbeiterinstitut wurde jeden Morgen um halb sieben mit Gebet und Ansprachstunde eröffnet. Um neun Uhr wurde Unterricht in der Buchführung erteilt; um halb elf Unterricht in einheimischer Missionsarbeit. Unterweisungen im Abhalten von Bibellesungen wurden um vier Uhr nachmittags gegeben, und um acht Uhr abends fand ein Predigtgottesdienst statt. Eine jede Stunde des Tages wurde sowohl von Lehrern wie von Schülern als kostbar angesehen.

Auf der nachfolgenden Konferenzsitzung waren ungefähr fünfundsechzig Sabbathalter regelmäßig anwesend. Von den zehn Gemeinden in Schweden waren neun durch dreiundzwanzig Delegierte vertreten. Frau White sprach sechsmal in den frühen Morgenversammlungen und fünfmal bei andern Gelegenheiten. Zu einer kleinen, aber entschlossenen Gruppe von Gläubigen redend, sagte sie:

"Am Anfang geht die Arbeit schwer und langsam. Jetzt ist die Zeit gekommen, da alle ihre Schultern beugen und die Last heben und weiter tragen sollten. Vorangehen müssen wir, sei auch das Rote Meer vor uns und unpassierbare Berge zu beiden Seiten. Gott ist mit uns gewesen und hat unsere Bemühungen gesegnet. Wir müssen im Glauben arbeiten. ‚Das Himmelreich leidet Gewalt, und die Gewalt tun, die reißen es zu sich.' Matthäus 11,12. Wir müssen beten, glauben, dass unsere Gebete erhört werden, und dann arbeiten.

"Das Werk mag jetzt klein scheinen; aber es muss ein Anfang da sein, ehe irgendwelcher Fortschritt gemacht werden kann. ‚Zum ersten das Gras, danach die Ähren, danach den vollen Weizen in den Ähren.' Das Werk mag in Schwäche anfangen, und sein Fortschritt mag eine Zeitlang langsam sein, ist es jedoch in gesunder Weise begonnen, so wird sich bald ein stetiger und netter Zuwachs zeigen.2 Eine hohe Richtschnur sollte vor diejenigen gesetzt werden, die neu zum Glauben hinzugekommen sind. Sie sollten erzogen werden, sorgfältig in ihrer Rede und umsichtig in ihrem Lebenswandel zu sein, und bekunden, dass die Wahrheit etwas für sie getan hat, und so sollten sie durch ihr Beispiel Licht auf diejenigen scheinen lassen, die sich in Dunkelheit befinden ...

"Diejenigen, die die Wahrheit angenommen haben, mögen arm sein, aber sie sollten nicht unwissend und von fehlerhaftem Charakter bleiben und durch ihren Einfluss andern dasselbe Gepräge aufdrücken. Wenn die Gemeinde das Licht völlig annimmt, wird die Dunkelheit verscheucht werden, und wenn sie in einem heiligen Charakter mit der Wahrheit Schritt hält, wird ihr Licht heller und heller werden. Die Wahrheit wird ihre läuternde Arbeit verrichten und das moralische Ebenbild Gottes im Menschen wiederherstellen, und die Dunkelheit, die Verwirrung und die Zungenstreiterei, die der Fluch vieler Gemeinden sind, werden aufhören. Die Macht, die Gott seiner Gemeinde geben will, wenn sie nur in dem Lichte wandeln würde, so schnell es auf sie scheint, kann kaum erfasst werden.

"Der Herr wird bald kommen, und die Warnungsbotschaften sollen an alle Nationen, Zungen und Völker gehen. Während Gottes Werk nach Mitteln und nach Arbeitern verlangt, was tun da diejenigen, die unter dem vollen Lichte der gegenwärtigen Wahrheit leben?"3

Nachdem die Konferenz in Schweden abgeschlossen war, wurden zwei Wochen in Christiania mit ernster Arbeit für die Gemeinde und für die Arbeiter im Verlagshaus zugebracht. Zu jener Zeit war das neue Verlagshaus vollendet und die verschiedenen Abteilungen der Druckerei waren nach demselben gebracht worden und waren im Betrieb.

Als Frau White durch die verschiedenen Abteilungen der neuen Druckerei geführt wurde, drückte sie große Freude aus bei dem Gedanken, dass mit diesen für das Feld getroffenen Vorkehrungen nun geeignete Zeitschriften und Bücher gedruckt werden und in geeigneter Form auf ihre Mission hinausgesandt werden könnten. Es war bei diesem Besuche, dass Frau White, als sie den Maschinensaal betrat, erklärte, dass dieser Saal, in dem die Pressen gerade im Betrieb waren, wie sie es an jenem Tage sah, derselbe Saal sei, der ihr Jahre vorher im Gesicht gezeigt worden war.

Auf die Versammlungen in Christiania folgte eine zehntägige Arbeit in Kopenhagen, worauf die Gesellschaft nach Basel zurückkehrte.

Die fünfte europäische Missionskonferenz

Im Jahre 1887 verbrachte Frau White wiederum den Monat Juni in Skandinavien. In Begleitung von Frau Ings besuchte sie sehr interessante Versammlungen der kleinen Gruppen Sabbathalter in Vohwinkel und Gladbach, Deutschland. Auf diesen Versammlungen begleitete sie Ältester L. R. Conradi als Führer, Dolmetscher und Mitarbeiter.

In Kopenhagen war seit dem letzten Besuche ein ermutigendes Wachstum in der Gemeinde zu sehen. Es wurde dort eine geschäftige Woche verbracht.

Die fünfte jährliche Sitzung der europäischen Konferenz der Siebenten-Tags-Adventistenmissionen sollte von 14. bis 21. Juni in Norwegen abgehalten werden. Der zum Abhalten dieser Versammlung auserwählte Ort war Moß, ein schönes Städtchen von achttausend Einwohnern, ungefähr zwei Stunden mit der Bahn von Christiania entfernt. Die Delegierten waren wie folgt:

Mitteleuropa: B. L. Whitney, Frau E. G. White, W. C. White und L. R. Conradi.

England: S. H. Lane, Mm. Ings, J. H. Durland. Norwegen: D. A. Olsen, K. Brorsen und N. Clausen. Dänemark: E. G. Olsen. Schweden: J. G. Matteson. Russland: J. Laubhan.

Vereinigte Staaten: G. N. Haskell, J. H. Waggoner, D. A. Robinson und C. L. Bond.

In Verbindung mit der Missionskonferenz wurde die erste Versammlung der norwegischen Konferenz abgehalten. Zehn Zelte waren in einem schönen Hain aufgeschlagen, und in denselben waren ungefähr hundert Geschwister untergebracht, während fünfzig mehr in naheliegenden Häusern Unterkunft fanden. Die Delegierten von Amerika und Mitteleuropa wurden in einem großen, bequem eingerichteten Hause, das den Christiania-Fiord überblickte, untergebracht.

Die auf der Lagerversammlung vorherrschende Sprache war die norwegische, und es wurde auf derselben das gewöhnliche Programm einer lokalen Lagerversammlung befolgt. Im großen Hause war die vorherrschende Sprache die englische, und dort genossen wir köstliche Zeiten des Gebetes, und es wurden auch nützliche Beratungen abgehalten betreffs der anzuwendenden Mittel, das Werk in all den europäischen Ländern zu erweitern und zu stärken.

Am Dienstag, den 14. Juni, wurden erfreuliche Berichte über die erstaunliche Entwicklung des Kolportagewerkes während des Jahres abgegeben. Ält. Matteson erzählte wunderbare Erfahrungen aus seiner Schule für Kolporteure und Bibelarbeiter während des vergangenen Winters; Ält. Conradi berichtete von dem Erfolg der Arbeiter in Deutschland und der Schweiz; Ält. Olsen brachte erfreuliche Berichte aus Norwegen, und Ält. Hendrickson von Dänemark. Alt. Lane berichtete von dem guten Fortschritt der Kolporteure in England.

Die Missionskonferenz arbeitete mehrere Tage, nachdem die Geschwister von den Gemeinden in Norwegen schon nach Hause gereist waren, fleißig weiter. Es wurden Pläne gelegt und Beschlüsse gefasst, die die Ausbildung von Männern für das Predigtamt und die Gründung einer Schiffsmission in Hamburg vorsahen. Der Gegenstand, der mit der größten Begeisterung erörtert wurde, war die Entwicklung von Schulen in jener Konferenz für die Ausbildung von Kolporteuren. Das ernsteste Studium erforderte die Frage der Vorbereitung und Herausgabe von geeigneten Schriften.

Die Versammlungen der Konferenz gewann an Interesse durch die Gegenwart der Ältesten C. L. Bond und D. A. Robinson, die sich auf der Reise von Amerika nach dem großen südafrikanischen Felde befanden. Sie nahmen regen Anteil an dem Studium der schwierigen Fragen betreffs der Arbeit in Europa, und sie legten uns auch viele ihrer südafrikanischen Probleme zu einer freien Besprechung vor.

Tüchtigkeit im Missionsdienste

Indem Frau White diesen Brüdern über das vor ihnen liegende große Werk schrieb, betonte sie die Wichtigkeit, dass sie am Anfang ihres Werkes recht beginnen. Sie sprach von Feldern, wo viel mehr hätte getan werden können, wenn das Werk nicht durch unweise Sparsamkeit eingeschränkt worden wäre, und erklärte, dass wenn man das Werk richtig begonnen hätte, tatsächlich viel weniger Mittel aus der Schatzkammer gezogen worden wären. Sie sagte:

"Mit den erhabenen Wahrheiten ist uns ein großes und heiliges Pfand anvertraut worden. Wir sind froh, dass es Männer gibt, die unsere Missionsfelder betreten wollen und die gewillt sind, um wenig Vergütung zu arbeiten. Geld fällt bei ihnen nicht ins Gewicht angesichts der Forderung des Gewissens und der Pflicht, aus Liebe zu Christo und zu ihren Mitmenschen denen, die sich in den entfernten Ländern in der Finsternis des Irrtums befinden, die Wahrheit zu eröffnen.

"Diejenigen, die sich dem großen Werke der Verkündigung der Wahrheit weihen, sind nicht Personen, die sich von Reichtümern bestechen oder von Armut in Furcht setzen lassen. Aber Gott wünscht, dass seine delegierten Diener sich beständig verbessern. Damit das Werk in Tüchtigkeit vorangehen sollte, schickte der Herr seine Jünger zu zweien aus ... Keines einzelnen Mannes Ideen, keines einzelnen Mannes Pläne sollen einen kontrollierenden Einfluss in dem Betrieben des Werkes ausüben ... Der eine soll sich nicht von dem andern trennen und seine eigenen Wege und Pläne verschieben, denn er mag eine Erziehung nach einer bestimmten Richtung hin genossen haben und gewisse Charaktereingeschaften besitzen, die, wenn denselben gestattet wird, die kontrollierende Macht zu werden, den Interessen des Werkes schaden werden.

"Die Arbeiter sollen nicht voneinander getrennt dastehen, sondern in allem, was das Werk Gottes betrifft, zusammenarbeiten. Und eine der wichtigsten Sachen, denen Beachtung geschenkt werden sollte, ist Selbstbildung. Dieser Sache wird zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Alle Kräfte sollten ausgebildet werden, um hohe und ehrbare Arbeit für Gott zu verrichten. Es kann Weisheit in viel größerem Maße erlangt werden als viele denken, die schon jahrelang in dem Werke Gottes gearbeitet haben ...

"Haltet den erhabenen Charakter des Missionswerkes aufrecht. Mögen die Männer und Frauen, die im Missionswerke tätig sind, fragen: Was bin ich? Und was sollte ich sein und tun? Möge ein jeder Arbeiter bedenken, dass er nicht andern geben kann, was er nicht selbst besitzt. Deshalb sollte er sich nicht in seinen eigenen Wegen und Angewohnheiten festsetzen, ohne sich zum Besseren zu verändern. Paulus sagt: Ich habe es noch nicht ergriffen, aber ich jage ihm nach. Es muss bei Personen ein beständiger Fortschritt, beständige Besserung und Reformation stattfinden um einen symmetrischen, gut im Gleichgewicht gehaltenen Charakter heranzubilden ...

"Es ist nur wenig, das irgendeiner von euch allein tun kann. Zwei oder mehr sind besser als einer, wenn ihr jeden höher achten wollt als euch selbst. Wenn irgendeiner von euch seine Pläne und seine Arbeitsmethoden für vollkommen hält, so täuscht er sich sehr. Beratschlagt zusammen mit viel Gebet und demütigem Geiste, und seid willig, ermahnt und unterwiesen zu werden. Dies wird euch dahin bringen, wo Gott euer Ratgeber sein kann ...

"Wir sollen nicht in derselben Art und Weise handeln wie die Welt. Wir sollen der Welt ein edleres Beispiel geben und zeigen, dass unser Glaube von höherer und erhabenerer Natur ist. Tut andern wie ihr wünscht, dass andere auch tun sollen. Lasst jede Handlung die Bürde der Wahrheit bekunden. Seid eurem Glauben treu, so werdet ihr Gott treu sein. Kommt zum Wort, um zu lernen, was seine Forderungen in Wirklichkeit sind. Wenn Gott spricht, so ist es unsere Pflicht, zu hören und zu gehorchen ...

"Von der allerersten Begründung eures Werkes an beginnt in einer würdevollen, gottähnlichen Weise, damit ihr dem Einflusse der Wahrheit, die, wie ihr überzeugt seid, himmlischen Ursprungs ist, Charakter verleiht. Aber bedenkt, dass große Sorgfalt auf die Vorführung der Wahrheit verwandt werden sollte. Führt die Gemüter vorsichtig von einem Punkt zum andern. Legt besonderen Nachdruck auf praktische Gottseligkeit, und webt diesen Gegenstand in eure Vorträge über Lehrpunkte. Christi Lehren und Liebe werden das Herz für den guten Samen der Wahrheit erweichen und bezwingen, und ihr werdet das Zutrauen der Leute erhalten, wenn ihr mit ihnen bekannt zu werden sucht. Aber haltet den erhabenen Charakter des Werkes aufrecht. Lasst die Schriften, die Blätter und Broschüren, unter den Leuten wirken und die Gemüter der lesenden Klasse für das Predigen der Wahrheit vorbereiten. Lasst in dieser Richtung keine kärglichen Versuche gemacht werden, so wird das Werk, wenn weislich begonnen und weislich fortgeführt, von Erfolg begleitet sein. Aber seid demütig und willig, zu lernen, wenn ihr andere lehren und sie den Weg der Wahrheit und Gerechtigkeit führen wollt."

Zieht vorwärts

In einem Rückblick auf den bis zum Schlusse des Jahres 1887 gemachten Fortschritt schrieb Frau White frei über die in Europa von Gott geöffneten Türen und die sich in der Zukunft bietenden Gelegenheiten. Sie sagte:

"Denen, die in Europa die Wahrheit verkündigen, ist ein großes Werk aufgetragen worden ... Da sind Frankreich und Deutschland, mit ihren großen Städten und ihrer ungeheuren Bevölkerung, Da sind Italien, Spanien und Portugal, nach so vielen Jahrhunderten der Finsternis, ... nun dem Worte Gottes eröffnet -- eröffnet, um die letzte der Welt gegebene Warnungsbotschaft anzunehmen. Da sind Holland, Österreich, Rumänien, die Türkei, Griechenland und Russland, die Heimatländer von Millionen und aber Millionen, deren Seelen in den Augen Gottes so kostbar sind wie unserer eigenen, und die nichts von den besonderen Wahrheiten für diese Zeit wissen ...

"Ein gutes Werk ist in diesen Ländern bereits getan worden. In beinahe jedem Lande sind wie Lichtträger zerstreut diejenigen zu finden, welche die Wahrheit angenommen haben ... Aber wie wenig ist getan worden im Vergleich zu dem großen Werke, das vor uns liegt!

Engel Gottes beeinflussen die Gemüter der Leute und bereiten sie vor, die Warnungsbotschaft anzunehmen. Missionare sind in Feldern nötig, die noch kaum betreten worden sind. Neue Felder öffnen sich beständig. Die Wahrheit muss in verschiedene Sprachen übersetzt werden, so dass alle Nationen ihre reinen, lebengebenden Einflüsse genießen können ...

"Kolporteure haben erfreulichen Erfolg in dem Verkauf unserer Bücher. Das Licht wird auf diese Weise zu den Leuten gebracht, während der Kolporteur, der in vielen Fällen durch die Annahme der Wahrheit seine Stellung verloren hat, imstande ist, sich selbst zu unterhalten, und seine Verkäufe auch der Verlagsanstalt eine finanzielle Hilfe sind. In den Tagen der Reformation reisten Mönche, die ihre Klöster verlassen und kein anderes Mittel zu ihrem Unterhalt hatten, durch das Land und verkauften Luthers Werke, die auf diese Weise schnell durch ganz Europa verbreitet wurden. Das Kolportagewerk war eins der wirksamsten Mittel, um damals das Licht auszubreiten, und als solches wird es sich auch jetzt erweisen ...

"Es werden Hindernisse da sein, um das Werk aufzuhalten ... Solchen haben wir überall begegnen müssen, wo wir Missionen gegründet haben. Mangel an Erfahrung, Unvollkommenheiten, Fehler, unheilige Einflüsse haben überwunden werden müssen. Wie oft haben diese den Fortschritt des Werkes in Amerika aufgehalten! Wir erwarten in Europa nicht weniger Schwierigkeiten anzutreffen. Einige, die sich in diesen auswärtigen Feldern mit dem Werke verbanden, wurden, wie in Amerika, entmutigt und bringen, die Handlungsweise der unwürdigen Kundschafter befolgend, einen entmutigenden Bericht. Wie der unzufriedene Weber sehen sie sich das Gewebe von der falschen Seite an. Sie können den Plan des göttlichen Architekten nicht verfolgen, es ist ihnen alles Verwirrung, und anstatt zu warten, bis sie den Plan Gottes erkennen können, teilen sie andern schnell ihren Geist des Zweifels und der Finsternis mit.

"Aber wir haben keinen solchen Bericht zu bringen. Nach einem zweijährigen Aufenthalt in Europa sehen wir in dem Zustande des Werkes dort nicht mehr Grund zur Entmutigung als bei seinem Aufkommen in den verschiedenen Feldern in Amerika. Wir sahen dort, wie der Herr das Material, das er benutzen wollte, prüfte. Einige würden das Prüfen Gottes nicht bestehen. Sie wollten nicht gehobelt und gerade gemacht werden. Jeder Stoß des Meißels, jeder Schlag des Hammers erregte ihren Zorn und ihren Widerstand. Sie wurden beiseite gelegt, und anderes Material wurde herbeigeschafft, um auf gleiche Weise geprüft zu werden. Alles diese verursachte Verzögerung. Über ein jedes Stück, das abgebrochen wurde, wurde Leid getragen und getrauert. Einige dachten, dass diese Verluste das Gebäude ruinieren würden, aber im Gegenteil, durch die Beseitigung dieser Elemente der Schwäche wurde es nur verstärk. Das Werk ging stetig voran. Mit jedem Tage wurde es klarer, dass Gottes Hand alles leitete und eine hohe Absicht das Werk vom Anfang bis zum Ende durchzog. Wir sehen, wie das Werk in Europa in gleicher Weise begründet wird.

"Eine der großen Schwierigkeiten daselbst ist die Armut, der wir überall begegnen. Dieses hält den Fortschritt der Wahrheit auf, die gewöhnlich ihre ersten Anhänger unter den niederen Klassen findet. Aber wir hatten eine ähnlich Erfahrung in unserm einigen Lande, sowohl östlich wie westlich von dem Rocky Mountain-Gebirge. Diejenigen, die die Botschaft zuerst annahmen, waren arm; aber als sie sich im Glauben an die Arbeit machten, um mit ihren Fähigkeiten und Mitteln zu tun, was sie konnten, kam ihnen der Herr zu Hilfe. In seiner Vorsehung brachte er Männer und Frauen in die Wahrheit, die willigen Herzens waren; sie hatten Mittel, und sie wünschten das Licht an andere zu senden. So wird es jetzt sein. Aber der Herr verlangt von uns, dass wir in Glauben ernstlich arbeiten, bis jene Zeit kommt.

"An Europa ist das Wort ergangen: ‚Zieht vorwärts!' Der niedrigste Arbeiter für die Rettung von Seelen ist ein Mitarbeiter Gottes und ein Mitarbeiter Christi. Engel dienen ihm. Wenn wir in dem sich öffnenden Pfade seiner Vorsehung vorangehen, wird Gott fortfahren, den Weg vor uns zu öffnen. Je größer die zu überwindenden Schwierigkeiten sind, desto größer wird der gewonnene Sieg sein."4

Ein bemerkenswerte Entwicklung

Frau White erlebte den Tag, da in Europa durch die unermüdlichen Bestrebungen vieler Arbeiter eine starke Mitgliedschaft von Siebenten-Tags-Adventistengläubigen gegründet worden war. Sie freute sich über den Wohlstand, der viele Zweige des Werkes in den verschiedenen Ländern begleitete, und über die Berichte der sich schnell vermehrenden Zahl der Gläubigen, die sich im Jahre 1914 auf annähernd dreiunddreißigtausend beliefmehr als die Gesamtzahl der sabbathaltenden Adventisten in der ganzen Welt zur Zeit ihres Aufenthaltes in Europa.

Und groß war Frau Whites Freude, wenn ihre Aufmerksamkeit auf Probeexemplare von Büchern und andern Schriften in den verschiedenen Sprachen des europäischen Feldes gelenkt wurde, die das Produkt vieler Verlagsmittelpunkte waren, wo sich im Jahre 1913 der Gesamtverkauf der Literatur unserer Gemeinschaft in jenem einen Jahre auf $482 000 belief.

Botschaften der Hoffnung und der Ermutigung

Die Botschaften, die Frau White von Zeit zu Zeit an die Arbeiter in Europa sandte, haben die Arbeiter ermutigt, breite Pläne zu befolgen, die allen Zweigen des Werkes Stärke und Gedeihen bringen würden. Im Jahre 1902 schrieb sie:

"Meine Brüder, verbindet euch eng mit dem Herrn, dem Gott der Heerscharen. Lasst ihn eure Furcht sein, und lasst ihn euren Schrecken sein. Die Zeit ist gekommen, dass sein Werk vergrößert werden muss. Trübselige Zeiten sind vor uns; aber wenn wir in christlicher Gemeinschaft zusammenstehen und keiner nach der höchsten Stelle strebt, wird Gott mächtiglich für uns wirken.

"Lasst uns hoffnungsvoll und mutig sein. Niedergeschlagenheit im Dienste Gottes ist sündhaft und unvernünftig. Er kennt alle unsere Bedürfnisse. Er hat alle Macht. Er kann seinen Dienern das Maß der Tüchtigkeit verleihen, das ihr Bedürfnis erfordert. Seine unendliche Liebe und Barmherzigkeit ermüden nie. Mit der Majestät der Allmacht vereinigt er die Zärtlichkeit und die Fürsorge eines sanften Hirten. Wir brauchen nicht zu fürchten, dass er seine Verheißungen nicht erfüllen wird. Er ist die ewige Wahrheit. Nie wird er den Bund ändern, den er mit denen gemacht hat, die ihn lieben. Seine Verheißungen an seine Gemeinde stehen ewiglich fest. Er wird sie zur Pracht ewiglich machen, und zur Freude für und für."5