Leben und Wirken von Ellen G. White

Kapitel 52

Durch den Süden zur Konferenz im Jahre 1901

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"Unsere Bemühungen im Missionswerke müssen noch viel ausgedehnter werden", schrieb Frau White kurz vor ihrer Rückkehr nach Amerika im Jahre 1900. "Vor dem zweiten Erscheinen unsers Herrn Jesu Christi muss ein viel entschiedeneres Werk getan werden als getan worden ist. Das Volk Gottes soll mit seiner Arbeit nicht aufhören, bis es die Welt umkreist hat."

"möge die Evangeliumsbotschaft durch unsere Gemeinden ertönen und sie zu allgemeiner Tätigkeit herbeirufen. Mögen die Gemeindeglieder vermehrten Glauben haben und von ihren unsichtbaren, himmlischen Verbündeten, von einer Kenntnis von deren unerschöpflichen Hilfsquellen, von der Größe des Unternehmens, in dem sie beschäftigt sind, und von der Macht ihres Führers, Eifer bekommen, Diejenigen, die sich unter Gottes Kontrolle stellen, um von ihm geführt und geleitet zu werden, werden den stetigen Marsch der Ereignisse, die er geschehen lässt, erkennen. Von dem Geiste Dessen, der sein Leben für das Leben der Welt gegeben hat, werden sie nicht länger unfähig still stehen und auf das weisen, was sie nicht tun können. Mit dem himmlischen Panzer angetan, werden sie hinaus in den Streit ziehen, willig, etwas für Gott zu tun und zu wagen, wissend, dass seine Allmacht sie mit allem Nötigen versorgen wird."1

Mittelpunkte des Einflusses und der Ausbildung

Die schnelle Entwicklung der Missionstätigkeit in vielen Ländern in den neunziger Jahren hatte schwierige Verwaltungsprobleme betreffs der Verteilung der Arbeiter und Mittel hervorgerufen. Einige schlugen eine Verfahrungsmethode vor, einige eine andere. Es gab einige, die die sofortige Besetzung der Festen des Heidentums durch zahlreiche Arbeiter befürworteten, während andere an dem Plane festhielten, dass in unbesetzten Gebieten des Heimatlandes, wie zum Beispiel in den südlichen Staaten Amerikas, und in jenen Ländern, wo die Bemühungen der Arbeiter von ermutigendem und lohnendem Erfolge begleitet waren, kräftige Arbeit getan werden sollte. Diese schlugen vor, dass die schwierigen Heidenländer nur so schnell betreten werden sollten, wie die Vorsehung Gottes deutlich den Weg öffnen würde.

Seit mehreren Jahren hatte Frau White betreffs der Vorteile geschrieben, die durch die Gründung von Mittelpunkten des Einflusses und der Erziehung in England und in einigen andern Ländern auf dem Festlande Europas und in solchen Feldern wie Australasien, wo sich gute Gelegenheiten boten, viele Arbeiter zu erwecken und auszubilden, um die weiter entfernten, weniger versprechenden Gegenden zu betreten, gewonnen würden. Sie hatte den Brüdern auch geraten, in den südlichen Staaten aggressiv voranzugehen, und hatte oft darauf gedrungen, dass dieser Teil des Feldes reichlich bedacht werden möchte.

"Es ist das Wesen alles rechten Glaubens", schrieb sie, "das rechte Ding zur rechten Zeit zu tun. Gott ist der große Meisterarbeiter, und in seiner Vorsehung bereitet er den Weg vor für die Verrichtung seines Werkes. Er bietet Gelegenheiten, öffnet Bahnen des Einflusses und Wege zum Arbeiten. Wenn sein Volk die Andeutungen seiner Vorsehung beachtet und bereit steht, mit ihm zusammenzuarbeiten, wird es ein großes Werk verrichtet sehen. Ihre Bemühungen, richtig angeleitet, werden hundertmal größere Resultate aufweisen als mit denselben Mitteln und Gelegenheiten in einem andern Wege, in dem Gott nicht so sichtbar wirkt, gewonnen werden könnten ...

"Gewisse Länder besitzen Vorteile, die sie als Mittelpunkte der Erziehung und des Einflusses stempeln. In den Englisch sprechenden und den protestantischen Nationen Europas ist es verhältnismäßig leicht, Zugang zu den Leuten zu finden, und es bieten sich viele Gelegenheiten, Anstalten zu gründen und unser Werk zu betreiben. In einigen andern Ländern, wie Indien und China, müssen die Arbeiter einen langen Ausbildungskursus durchmachen, ehe das Volk sie verstehen kann, oder sie das Volk. Bei jedem Schritte müssen in der Arbeit große Schwierigkeiten überwunden werden. In Amerika, Australien, England und einigen andern europäischen Ländern existieren diese Hindernisse nicht."2

Besondere Gelegenheiten im Süden

Auf ihrer Reise nach der Generalkonferenz im Jahre 1901 benutzte Frau White die Gelegenheit, durch die südlichen Staaten zu reisen und zu denen, die dort arbeiteten, Worte der Ermutigung und der Unterweisung zu sprechen. Zu Bicksburg, Mississippi kam sie in direkte Berührung mit dem von jenem Mittelpunkte aus geleiteten Werke für die Negerbevölkerung. Zu Nashville traf sie mit einer größeren Gruppe von Arbeitern zusammen, die die Bedürfnisse des Werkes in den südlichen Staaten studierten und verschiedene Zweige desselben einführten.

Das Blatt, "Gospel Herald", das früher in Battle Creek gedruckt wurde, war nach Nashville verlegt worden, und die Vorteile, in Nashville Traktate und Bücher für das Südland herauszugeben, wurden erwogen. Betreffs dieser Dinge bezeugte Frau White:

"Im Betreiben dieses Werkes werden sich viele Zweige eröffnen. Es ist viel Arbeit im Süden zu tun, und damit diese Arbeit getan werden kann, müssen die Arbeiter passende Literatur haben -- Bücher, die die Wahrheit in einfacher Sprache erzählen, und die reichhaltig illustriert sind. Diese Art Literatur wird sich als das wirksamste Mittel erweisen, um die Wahrheit den Leuten beständig vor Augen zu halten. Eine Predigt mag gehalten und bald vergessen werden, aber ein Buch bleibt."3

In Mitteilungen, die ein paar Monate später über die Notwendigkeit des weislichen Planens betreffs der Führung des Verlagswerkes im Süden geschrieben wurden, wurde deutlich darauf hingewiesen, dass die in verantwortlichen Stellungen stehenden Brüder in jenem Felde reichen Segen finden würden in der Vorbereitung und Herausgabe von Literatur, die den besonderen Bedürfnissen der verschiedenen in ihren Grenzen wohnenden Klassen angepasst wären.

Im Mai 1901 wurde die "Southern Publishing Association" gegründet, und es wurden Pläne gelegt für die Stärkung des Kolportagewerkes durch die ganze südliche Unionskonferenz. Aber die Herausgabe und Verbreitung besonders vorbereiteter Literatur allein würde den Bedürfnissen dieses Feldes nicht entsprechen. "Wir brauchen im Süden Schulen", erklärte Frau White. "Sie müssen auf dem Lande, von der Stadt entfernt, gegründet werden. Wir müssen industrielle und erzieherische Schulen haben, wo die Neger die Neger unterrichten können, und Schulen, wo die Weißen die Weißen unterrichten können. Missionen müssen gegründet werden."4 Die ärztliche Missionsarbeit sollte auch unternommen werden, und es sollten viele kleine Mittelpunkte zur Betreibung dieses Zweiges an günstigen Plätzen gegründet werden.

Ausbildung in Erziehungsanstalten in vielen Ländern

Nicht nur für den Süden wurden Anstalten zur Ausbildung von Arbeitern befürwortet; es sollten Erziehungsmittelpunkte in vielen Ländern gegründet werden in "England, Australien, Deutschland und Skandinavien und in andern Ländern auf dem Festlande, je nachdem das Werk voranschreitet."

"In diesen Ländern", sagte Frau White, "hat der Herr fähige Arbeiter, Arbeiter von Erfahrung. Diese können in der Gründung von Anstalten, in der Ausbildung von Arbeitern und in dem Betreiben des Werkes in seinen verschiedenen Zweigen vorangehen. Gott verlangt, dass sie mit Mitteln und mit Vorkehrungen versorgt werden. Die gegründeten Anstalten würden dem Werke in jenen Ländern Charakter verleihen und Gelegenheit bieten für die Ausbildung von Arbeitern für die noch in größerer Finsternis sitzenden heidnischen Völker. In dieser Weise würde die Tüchtigkeit unserer erfahrenen Arbeiter hundertfach vermehrt werden."5

Während breite Grundlagen in Ländern gelegt werden sollten, in denen viele Arbeiter schnell vorbereitet werden würden, um nach den Enden der Erde zu gehen, sollten die weniger günstigen Gegenden nicht vernachlässigt werden. Hierauf Bezug nehmend, schrieb Frau White: "Von den fernen Ländern ertönt der Ruf: ‚Kommt herüber und helft uns.' Diese sind nicht so leicht zu erreichen und nicht so bereit für die Ernte als die Felder, die uns näher liegen; aber sie müssen nicht vernachlässigt werden"6

Frau Whites inniger Wunsch, die Botschaft der gegenwärtigen Wahrheit in jedem Lande verkündigt zu sehen, war es, der sie auf der Generalkonferenz im Jahre 1901 veranlasste, einen sehr klaren Umriss von Gottes Absicht im Aufbau des Werkes nach breiten Plänen in den günstigen Gegenden der Erde zu geben. Es war ihr Wunsch, die Botschaft in Heidenländern verkündigt zu sehen, der sie veranlasste, auf die Gründung von Anstalten für die Ausbildung von Arbeitern in Großbritannien und auf dem Festlande Europas, sowie in Australien und in den südlichen Staaten Amerikas zu dringen. Sie wies darauf hin, wie töricht es sei, die Arbeit an solchen Plätzen einzuschränken.

"Lasst uns die Englisch sprechenden Länder nicht vergessen", bat sie, "wo viele, wenn die Wahrheit vorgeführt würde, dieselbe annehmen und ausleben würden. London ist mir wieder und wiederum vorgeführt worden als ein Platz, in dem ein großes Werk getan werden soll ...

Warum sind keine Arbeiter hingeschickt worden -- Männer und Frauen, die für den Fortschritt des Werkes hätten planen können?

Sich selbst unterhaltende Missionare

"Ich habe mich darüber gewundert, warum unsere Geschwister -- diejenigen, die keine eingesegneten Prediger sind, die aber mit Gott verbunden sind und die Heilige Schrift verstehen, nicht das Wort andern eröffnen. Wenn sie sich dieser Arbeit hingeben würden, so würden ihre Seelen reichlich gesegnet werden ...

"Möge niemand denken, dass die Arbeit in London von ein oder zwei Personen verrichtet werden kann. Dies ist nicht der rechte Plan. Während solche da sein müssen, die die Aufsicht über das Werk ausüben können, muss es ein Heer von Arbeitern geben, die danach trachten, die verschiedenen Klassen Leute zu erreichen ...

Gott verlangt von seinem Volke, aufzuwachen. Es ist viel Arbeit zu tun, und niemand soll sagen; ‚Wir wollen diesen nicht haben. Er wird uns im Wege stehen. Er wird uns hindern.' Kann aber Gott nicht darüber Sorge tragen? Sind nicht solche in der Versammlung hier, die sich in London niederlassen werden, um daselbst für den Meister zu arbeiten? Sind nicht solche da, die nach jener großen Stadt als sich selbst unterhaltende Missionare gehen werden? Aber während die Missionare alles tun sollten, was sie können, um sich selbst zu unterhalten, sollten diejenigen, die hier bleiben, die einen Sabbat um den andern nach dem Tabernakel kommen, um das Wort Gottes zu hören, sich in acht nehmen, wie sie zu denen, die sie nach auswärtigen Feldern schicken, die aller Hilfsmittel und Vorteile bar sind, sagen: ‚Ihr müsst euch selbst unterhalten.' ...

"Dem europäischen Felde sollte die Aufmerksamkeit geschenkt werden, die es haben sollte, und wir sollen die bedürftigen Felder nahebei nicht vergessen. Schaut auf New York. Welche Repräsentation der Wahrheit ist in jener Stadt zu finden? Wie viel Hilfe ist hingeschickt worden? Unser erzieherisches und unser ärztliches Werk muss dort begründet werden, und diesem Werke muss finanzielle Unterstützung zuteil werden ...

"Gott wünscht, dass das Werk in New York vorwärts gehe. In jener Stadt sollten Tausende von Sabbathaltern sein, und es würde dies auch der Fall sein, wenn das Werk betrieben würde, wie es betrieben werden sollte. Aber es kommen Vorurteile auf. Personen wollen in ihrer eigenen Art und Weise arbeiten, und sie weigern sich, von andern bereitete Pläne anzunehmen. So gehen Gelegenheiten verloren. In New York sollten mehrere kleine Gruppen gebildet und Arbeiter ausgesandt werden. Es ist nicht notwendigerweise der Fall, dass weil ein Mann kein eingesegneter Prediger ist, er nicht für Gott arbeiten kann. Mögen solche unterwiesen werden, wie sie arbeiten sollen, und mögen sie dann an die Arbeit gehen. Wenn sie zurückkehren, mögen sie sagen, was sie getan haben. Mögen sie den Herrn für seinen Segen loben und von neuem hinausgehen. Ermutigt sie. Ein paar Worte der Ermutigung werden ihnen eine Inspiration sein."7

Reorganisation

Damit das Werk Gottes gedeihen konnte, war es unumgänglich notwendig, dass die Verwaltung der Angelegenheiten des Werkes eine derartige sein sollte, die allen Zweigen die größtmögliche Entwicklung erlaubte. "Gott wünscht, dass sein Werk eine sich erhebende, erweiternde, sich vergrößernde Macht sein soll", erklärte Frau White in einer Beratungssitzung, die am Tage vor der regelrechten Eröffnung der Konferenzsitzung abgehalten wurde; "aber die Verwaltung des Werkes wird verwirrt ...

Gott verlangt eine Änderung."8

Am Eröffnungstage der Konferenz sprach Frau White noch weiter über diesen Gegenstand:

"Die Verwaltungskräfte der Konferenz sollten bedeutend gestärkt werden ... Gott hat in unsere Reihen keine königliche Macht gesetzt, um diesen oder jenen Zweig des Werkes zu beherrschen. Das Werk ist durch die Versuche, es in allen seinen Zweigen zu kontrollieren, sehr eingeschränkt worden. Hier ist ein Weinberg mit unfruchtbaren Stellen, auf die keine Arbeit verwandt worden ist, und wenn einer hinausgehen wollte, diese Plätze im Namen des Herrn zu bebauen, so würde er, es sei denn, er bekäme die Erlaubnis eines kleinen Kreises von Männern, die die Macht in den Händen haben, keine Hilfe bekommen. Aber Gott beabsichtigt, dass seine Arbeiter Hilfe bekommen sollen. Wenn hundert Personen sich mit einer Mission nach diesen bedürftigen Feldern begeben und Gott anrufen würden, so würde er den Weg vor ihnen öffnen.

... Wäre das Werk nicht so eingeschränkt worden, ... so würde es majestätisch vorangegangen sein. Es würde zuerst in Schwäche vorangegangen sein; aber der Gott des Himmels lebt; der große Aufseher lebt ...

"Es muss eine Erneuerung, eine Reorganisation stattfinden; in die Ausschüsse, die notwendig sind, muss Kraft und Stärke gebracht werden."9

Als ein paar Tage später der Vorschlag gemacht wurde, das südliche Feld zu einer starken Unionskonferenz zu vereinigen, sagte Frau White in einer andern Ansprache vor den Vertretern:

"Die Anordnungen, die für jenes Feld getroffen werden, sind in Übereinstimmung mit dem mir gegebenen Lichte. Gott wünscht, dass das südliche Feld eine Konferenz für sich selbst bekommt. Die dort zu verrichtende Arbeit muss in anderer Weise getan werden als die Arbeit in irgendeinem andern Felde. Die Arbeiter daselbst werden auf eigentümliche Weise zu arbeiten haben, aber trotzdem wird die Arbeit getan werden ...

"Der Gott Israels wird uns alle verbinden. Das Bilden neuer Konferenzen soll uns nicht trennen. Es soll uns zusammenbinden. Die Konferenzen, die gebildet werden, sollen sich kräftiglich an Gott festhalten, so dass er seine Macht durch sie bekunden und sie zu ausgezeichneten Vorbildern im Fruchttragen machen kann."10

Als diese Pläne in späteren Jahren von den leitenden Brüdern noch völliger ausgeführt wurden, freute sich Frau White bei vielen Gelegenheiten über den Erfolg, den die Bemühungen eines Heeres von Arbeitern begleiteten, die ihre Vorbereitung zum Dienst in den starken Erziehungsmittelpunkten in Nordamerika, Europa und Australasien erhalten hatten.

Groß war Frau Whites Freude, als die Berichte unserer Missionare in China andeuteten, dass der Herr in jenem Lande in einer besonderen Weise seinen Arbeitern voranging und die Herzen der Heiden für die Annahme der gegenwärtigen Wahrheit vorbereitete. Als Gott die Türen in Feldern öffnete, die in früheren Jahren schwer zu betreten gewesen waren, drang sind in die leitenden Brüder, alles zu tun, was in ihrer Kraft stand, um mit den himmlischen Wesen, die an den dunklen Orten der Erde so offenbarlich wirkten, zusammenzuarbeiten. Zur selben Zeit fuhr sie fort, diejenigen, die mit der Arbeit in Anstalten zu tun hatten, zu ermutigen, den in Ausbildung befindlichen jungen Leuten die hohen Ideale vorzuhalten, für welche die Anstalten unserer Gemeinschaft immer eingestanden haben, und ihre Bemühungen zu verdoppeln, viele Arbeiter auszubilden, um die zur Ernte heranreifenden Felder zu betreten. So sollte das Heimatland, ob Amerika, Europa, Australasien oder ein anders günstiges Land, eng mit den fernen Ländern verbunden werden, und all die zur Förderung des Werkes Gottes gegründeten Vorkehrungen sollten zur Erreichung eines Zieles zusammenwirken, nämlich der Vorbereitung eines Volkes für das Kommen des Herrn.