Briefe an junge Liebende

Kapitel 3

Ist es wirklich Liebe?

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Er [Satan] ist fleißig damit beschäftigt, Menschen, die überhaupt nicht zueinander passen, durch Heirat für das ganze Leben miteinander zu verbinden. Diese Arbeit macht ihm eine Riesenfreude, weil er dadurch mehr Unheil und hoffnungsloses Leid für die menschliche Familie erzeugen kann als durch den Einsatz aller seiner Fertigkeiten in irgendeinem anderen Bereich. Testimonies for the Church II, 248.

Viele Ehen können nur Unheil hervorbringen; und dennoch bewegt sich das Denken der Jugend ständig um das Thema "Heiraten". Satan bringt sie darauf und macht sie glauben, daß sie, um glücklich werden zu können, heiraten müssen, obwohl sie noch gar nicht fähig sind, sich selbst zu beherrschen oder eine Familie zu erhalten. Menschen, die in der Partnerschaft nicht gewillt sind, sich dem Wesen des anderen anzupassen, um unangenehme Meinungsverschiedenheiten und Streit zu vermeiden, sollten den Schritt in die Ehe nicht tun. Testimonies for the Church V, 122.123.

Die Frage der Ehe will wohl überlegt und bedacht sein. Auf keinen Fall sollte man einfach nur dem augenblicklichen Impuls folgen. The Review and Herald, 2. Februar 1886.

Ist es wahre Liebe?

Wahre Liebe ist ein hoher und heiliger Grundsatz, der in seinem ganzen Wesen von jener Liebe, die nur durch einen schnellen Impuls erweckt wird, völlig verschieden ist. Jene sogenannte "Liebe" erstirbt auch wieder plötzlich, wenn sie hart geprüft wird. Patriarchs and Prophets 176.

Wahre Liebe ist nicht eine starke, feurige und ungestüme Leidenschaft. Im Gegenteil, wahre Liebe ist von ruhiger und tiefer Natur. Sie sieht über das lediglich Äußere hinaus und wird nur durch gute Eigenschaften angezogen. Sie ist weise und urteilsfähig, ihre Hingabe ist echt und beständig. Testimonies for the Church II, 133.

Liebe ist eine wertvolle Gabe, die wir von Jesus erhalten. Reine und heilige Zuneigung ist nicht ein Gefühl, sondern ein Grundsatz. Menschen, die von wahrer Liebe getrieben werden, sind weder unvernünftig noch blind. The Ministry of Healing 358.

Milde, Güte, Geduld, Langmut, langsam zum Zorn zu sein, alle Dinge zu tragen, zu hoffen und durchzustehen -- das sind die Früchte, die auf dem kostbaren Baum der Liebe wachsen. Dieser Baum der Liebe ist ein himmlisches Gewächs. Wenn er genährt wird, wird er sich als Immergrün erweisen. Seine Äste werden nicht verkümmern, sein Laub nicht verwelken. Er ist unsterblich und ewig, beständig durch den Tau des Himmels getränkt. Testimonies for the Church II, 134.135.

Die Liebe -- eine zarte Pflanze

Liebe ist eine himmlische Pflanze, sie muß gepflegt und genährt werden. Liebevolle Herzen, wahrhaftige, liebende Worte werden glückliche Familien hervorbringen und auf all jene, die mit ihnen zu tun haben, einen erhebenden Einfluß ausüben. Testimonies for the Church IV, 548.

Obwohl Frauen sich Männer von starkem und edlem Charakter wünschen, die sie achten und lieben können, müssen diese Eigenschaften mit Zärtlichkeit, Zuneigung, Geduld und Nachsicht verbunden sein. Die Frau ihrerseits sollte freundlich und gütig sein, gewillt, ihren Geschmack dem des Mannes anzupassen, soweit es ohne die Aufgabe ihrer Persönlichkeit möglich ist. Beide Teile sollten Geduld, Güte und jene zärtliche Liebe zueinander pflegen, die das Leben in der Ehe angenehm und schön machen und allen Freude bringen.

Menschen, die solch hohe Erwartungen an das Eheleben stellen, daß sie in ihren Gedanken Luftschlösser bauen, die mit den Schwierigkeiten und Problemen des wirklichen Lebens nichts mehr zu tun haben, werden von der Wirklichkeit bitter enttäuscht sein. Wenn das wahre Leben mit seinen Problemen und Sorgen auf sie zukommt, sind sie völlig unvorbereitet, all dem zu begegnen. Sie erwarten voneinander Vollkommenheit, finden aneinander jedoch Schwächen und Mängel; denn irdische Männer und Frauen haben ihre Grenzen, und niemand ist fehlerlos. Dann fangen sie an, die Fehler am andern zu bemerken und ihre Enttäuschung darüber auch auszudrücken. Statt dessen sollten sie jedoch lieber versuchen, einander zu helfen und ihren Glauben praktisch auszuleben, was ihnen helfen wird, die Schlacht des Lebens tapfer zu schlagen. The Review and Herald, 2. Februar 1886.

Die Macht der Liebe

Liebe ist Macht. Dieser Grundsatz beinhaltet intellektuelle und moralische Kraft, die ihm niemand rauben kann. Die Macht des Reichtums hat die Tendenz zu verderben und zu zerstören; die Macht der Gewalt ist stark und verletzt; der Wert der reinen Liebe aber zeichnet sich darin aus, daß die Liebe auf wirksame Weise Gutes und nichts als Gutes tut.

Was immer aus reiner Liebe getan wird, und sei es in den Augen der Menschen auch noch so verächtlich und klein, wird sicher zur Gänze Frucht bringen, denn Gott sieht mehr darauf, mit wieviel Liebe jemand wirkt, als darauf, wieviel jemand tut.

Liebe kommt von Gott. Das unbekehrte Herz kann diese himmlische Pflanze weder hervorbringen noch erzeugen, denn sie lebt und gedeiht nur dort, wo Christus regiert ...

Liebe ist nicht auf Profit oder Lohn aus; dennoch hat Gott es so eingerichtet, daß das Resultat einer jeglichen Liebestat ein großer Gewinn ist. Liebe hat von Natur aus ihre Auswirkungen; sie arbeitet zwar im stillen, dennoch ist sie stark und mächtig und erreicht ihr Ziel, nämlich großes Übel zu überwinden. Ihr Einfluß läßt das Eis schmelzen und gestaltet um, sie erfaßt das Leben der Sünder und berührt ihre Herzen, auch wenn alles andere sich bereits als erfolglos erwiesen hat.

Wo immer die Macht des Intellekts, der Autorität und der Gewalt angewandt wird, jedoch keine Liebe sich zeigt, werden das Gemüt und der Wille derer, die wir zu erreichen suchen, eine defensive (sich selbst verteidigende) und abweisende Haltung einnehmen. Sie werden ihre Kraft, die sie zum Widerstand einsetzen, verstärken.

Reine Liebe ist einfach in ihren Taten, die sie vollbringt. Sie unterscheidet sich von jedem anderen Handlungsprinzip. Wenn man es liebt, Einfluß zu haben, und immer wünscht, von anderen hoch geschätzt zu werden, mag man wohl ein geordnetes Leben führen und sogar häufig Gespräche zustandebringen, an denen gar nichts auszusetzen ist. Selbstachtung kann uns dazu führen, den Schein des Bösen zu meiden. Ein selbstsüchtiges Herz kann großzügige Taten vollbringen, sich zur gegenwärtigen Wahrheit bekennen und nach außen hin Demut und Zuneigung ausdrücken, und dennoch können die Motive dazu trügerisch und unrein sein. Den Handlungen, die aus einem solchen Herzen kommen, können die Freude des Lebens und die Früchte wahrer Heiligkeit fehlen, weil ihnen die Grundsätze der reinen Liebe abgehen. Liebe sollte gehegt und gepflegt werden, denn ihr Einfluß ist göttlich. Testimonies for the Church II, 135.136.

Wenn Liebe blind ist ...

Zwei Menschen lernen einander kennen; sie betören einander, und das beansprucht ihre ganze Aufmerksamkeit. Der Verstand ist verblendet und das Urteilsvermögen zunichte. Sie wollen keinen Rat annehmen und sich keiner Führung unterwerfen, sondern sie bestehen darauf, ihren eigenen Weg zu gehen, ungeachtet aller Konsequenzen.

Die Betörung, die sie gefangennimmt, ist wie eine Seuche oder wie eine ansteckende Krankheit, die ihren Lauf nehmen muß. Es scheint nichts zu geben, was diesen Zustand beenden könnte. Vielleicht erkennen Menschen in ihrer Umgebung, daß durch eine Heirat alles nur in lebenslangem Unglück enden könnte. Doch alle dringenden Bitten und Ermahnungen bleiben vergeblich. Vielleicht wird durch eine solche Verbindung sogar die Nützlichkeit eines Menschen, den Gott der Herr im Dienst für die Sache Gottes segnen würde, lahmgelegt und zerstört; doch weder Argumente noch Überredungskunst vermögen etwas auszurichten.

Alles, was erfahrene Männer und Frauen sagen können, erweist sich als fruchtlos; keine Macht kann die Entscheidung, zu der ihre Wünsche sie geführt haben, ändern. Sie verlieren das Interesse an allem, was mit Religion zu tun hat. Sie sind voneinander so völlig betört, daß die Pflichten des Lebens vernachlässigt werden, als handle es sich dabei um Dinge von geringer Bedeutung.

Alles, was ehrenhaft ist, wird unter dem Bann dieser Betörung geopfert. Der feierliche Vollzug der Eheschließung findet bei solchen Menschen nicht die Anerkennung Gottes. Sie sind verheiratet, weil sie von Leidenschaft bewegt wurden. Doch wenn der Reiz des Neuen abgeklungen ist, werden sie erkennen, was sie getan haben. Sechs Monate, nachdem sie einander das feierliche Versprechen gegeben haben, haben ihre Gefühle zueinander bereits eine Veränderung durchgemacht. Jeder hat im Eheleben den Charakter seines Partners besser kennengelernt. Jeder entdeckt nun Mängel am anderen, die während der gemeinsamen Blindheit und Narretei ihrer früheren Beziehung nicht offensichtlich waren. Ihr Versprechen vor dem Altar hat für sie nun keine bindende Kraft mehr. So gibt es als Folge von übereilten Eheschließungen sogar unter dem bekenntlichen Volk Gottes wieder Trennungen, Scheidungen und ein großes Durcheinander in der Gemeinde.

Nun, wenn es zu spät ist, erkennen sie, daß sie einen Fehler gemacht und ihr Glück in diesem Leben und das Heil ihrer Seelen gefährdet haben. Sie wollten nicht zugeben, daß in derlei Dingen auch jemand anders außer ihnen etwas zu sagen hatte; und doch hätten sie sich selbst Jahre der Angst und Sorge erspart, wenn sie bereit gewesen wären, guten Rat von anderen anzunehmen. Doch guter Rat an Menschen, die entschlossen sind, ihren eigenen Weg zu gehen, ist so gut wie verschleudert. Die Leidenschaft trägt solche Menschen über jede Schranke hinweg, die etwa durch Vernunft und Urteilsvermögen aufgerichtet werden kann. Messages to Young People 456-459.

Wäge jede Empfindung ab und beobachte jede Charakterentwicklung an dem Menschen, mit dem du dein Lebensschicksal verbinden willst. Der Schritt, den du im Begriff bist zu unternehmen, ist einer der wichtigsten in deinem Leben und sollte nicht übereilt werden. Wenn du auch liebst, liebe jedoch nicht blind. Fundamentals of Christian Education 104.

Ich hoffe, daß du genug Selbstachtung besitzt, um dich von dieser Form der Brautwerbung fernzuhalten. Wenn du allein die Ehre Gottes im Auge behältst, wirst du bewußt vorsichtig zu Werke gehen. Du wirst es nicht dulden, daß liebeskranke Gefühlsduselei deine klare Sicht so verblendet, daß du die hohen Forderungen, die Gott an dich als Christen stellt, nicht mehr wahrnehmen kannst. Messages to Young People 438.

Salem, Oregon, 8. Juni 1880

Lieber John! Es tut mir leid, daß Du Dich in die Werbung um Elisabeth verwickelt hast. Zu allererst möchte ich Dir sagen, daß die Zeit für Dein eifriges Bestreben in dieser Richtung noch nicht reif ist.

Ich spreche zu Dir als eine Frau, die das Leben kennt. Warte noch, bis Du Dich selber und die Welt sowie das Verhalten und den Charakter junger Frauen wirklich kennst, ehe Du zuläßt, daß das Thema Heiraten ganz von Deinem Denken Besitz ergreift.

Elisabeth wird Dich nie erhöhen. Sie trägt in sich nicht die verborgenen Kräfte, die, wenn sie entwickelt sind, aus ihr eine fähige Frau mit gesundem Urteilsvermögen machen, die Dir zu Seite steht, um Dir in den Kämpfen des Lebens eine Hilfe zu sein. Sie hat zu wenig Charakterstärke. Sie denkt nicht tief und hat nicht das geistige Niveau, das für Dich eine Hilfe wäre. Du siehst nur, was an der Oberfläche ist, und mehr ist auch wirklich nicht da. Solltest Du sie heiraten, würde ihr Liebreiz nach kurzer Zeit für Dich dahin sein. Wenn der Reiz der Neuheit in der Ehe vorüber wäre, würdest Du die Dinge in ihrem wahren Licht sehen und erkennen, daß Du einen schlimmen Fehler begangen hast.

Liebe ist ein Gefühl, das so heilig ist, daß nur wenige wissen, was es wirklich ist. Der Begriff "Liebe" wird zwar viel benutzt, aber nicht verstanden. Die warme Glut des Triebes, die Faszination eines jungen Menschen auf einen anderen -- das ist nicht die Liebe. So etwas verdient diese Bezeichnung nicht. Wahre Liebe hat eine verstandesmäßige Grundlage. Wahre Liebe, die diese Bezeichnung auch verdient, beinhaltet eine tiefe und gründliche Kenntnis dessen, was man liebt.

Denke daran, daß rein impulsive Liebe vollkommen blind ist. Sie wird werten wie unwerten Dingen gleich schnell entgegengebracht. Solcherart Liebe befiehl, daß sie kühl und ruhig stillsteht! Gib doch lieber aufrichtigen Gedanken und tiefen ernsten Überlegungen Raum. Ist diese Person, der Du Deine Zuneigung schenkst, in bezug auf ihren Verstand, ihre Moral, ihr Benehmen und ihre gepflegten Umgangsformen so beschaffen, daß Du stolz darauf sein wirst, sie der Familie Deines Vaters vorzustellen und in aller Öffentlichkeit als die Frau Deiner Wahl anzuerkennen?

Nimm Dir genügend Zeit, alles genau zu bedenken; und dann traue nicht Deinem eigenen Urteilsvermögen, sondern laß Deine Mutter, die Dich liebt, und Deinen Vater und vertraute Freunde das Mädchen, dem Du vor allen anderen den Vorzug geben möchtest, kritisch beobachten. Traue nicht Deinem eigenen Urteil und heirate kein Mädchen, von dem Du denken müßtest, daß sie Deinem Vater und Deiner Mutter, die als Frau selbst Verstand und Moral besitzt, keine Ehre bereiten würde.

Das Mädchen, das einem Mann ihre Zuneigung schenkt und durch ihre heimlichen Aufforderungen seine Aufmerksamkeit erregt, indem sie dort herumhängt, wo sie von ihm, wenn er nicht als ungehobelt gelten will, bemerkt werden muß, ist sicher nicht das Mädchen, mit dem Du Dich zusammentun möchtest. Ihre Konversation ist billig und häufig ohne Tiefe.

Es ist viel besser, überhaupt nicht verheiratet als unglücklich verheiratet zu sein. Doch suche den Rat Gottes in all diesen Dingen. Sei so ruhig und dem Willen Gottes so ergeben, daß Du nicht wie in einem erregenden Fieber lebst und durch Deine Verbindung mit diesem Mädchen zum Dienst für Gott unfähig bist.

Wir haben nur wenig Zeit, um uns einen Schatz von guten Werken im Himmel anzusammeln, darum mache in dieser Sache keinen Fehler. Diene Gott mit ungeteilter Zuneigung. Sei eifrig und aufrichtig. Laß Dein Beispiel von solcher Art sein, daß Du auch anderen hilfst, sich auf die Seite Jesu zu stellen. Junge Männer wissen nicht, welch mächtigen Einfluß sie ausüben können. Arbeite für jetzt und für die Ewigkeit. Deine wie eine Mutter für Dich empfindende, Ellen G. White.