Das bessere Leben

Kapitel 4

Der wahre Beweggrund zum Gottesdienst

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"Habt acht auf eure Frömmigkeit, daß ihr die nicht übt vor den Leuten, auf daß ihr von ihnen gesehen werdet"

In den Worten, die Christus auf dem Berge sprach, kam zum Ausdruck, was er mit seinem Leben bisher still hatte lehren wollen, die Leute aber nicht hatten verstehen können. Sie konnten nicht begreifen, daß er, der doch so große Kraft besaß, diese nicht zur Gewinnung dessen benutzte, was sie als höchstes Gut betrachteten. Ihre Gedanken und Gefühlswelt und auch ihre Lebensführung waren so ganz anders als die seine. Indem sie für sich den Ruhm beanspruchten, sehr auf die Ehrung des Gesetzes bedacht zu sein, suchten sie in Wirklichkeit ihre eigene Ehre. Christus aber wollte ihnen klarmachen, daß auch der ein Gesetzesübertreter ist, der das Ich liebt.

Doch die Pharisäer sind bis heute noch nicht ausgestorben. Menschenwesen atmet Pharisäergeist. Wenn der Heiland den Gegensatz zwischen seinem Geist und der Denkweise der Schriftgelehrten hervorhebt, ist seine Lehre daher zu allen Zeiten anwendbar.

In den Tagen Christi suchten die Pharisäer sich fort und fort die Gnade des Himmels zu erwerben, weil sie als Lohn ihrer Tugend Ehre und Reichtum der Welt zu gewinnen hofften. Gleichzeitig glänzten sie mit ihren Liebeswerken vor den Leuten, um deren Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und bei ihnen in den Ruf der Heiligkeit zu gelangen.

Jesus rügte ihre Schauspielerei und erklärte, daß Gott solchem Dienst seine Anerkennung versage. Die Schmeichelei und Bewunderung des Volkes, worauf sie so eifrig bedacht waren, seien der einzige Lohn, den sie je empfangen würden.

"Sie haben ihren Lohn dahin. Wenn du aber Almosen gibst, so laß deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut, auf daß dein Almosen verborgen sei; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir's vergelten."

Damit hat Jesus nicht sagen wollen, daß Liebesdienste immer geheimgehalten werden müssen. Der Apostel Paulus, der ja unter dem Einfluß des Heiligen Geistes schrieb, verhehlte die edle Selbstaufopferung der mazedonischen Christen nicht, sondern pries die Gnade, die Christus in ihnen gewirkt hatte, und dadurch wurden andere vom selben Geist erfüllt. An die Gemeinde zu Korinth schrieb er "Euer Beispiel wurde vielen ein Anreiz." 2.Korinther 9,2.

Was Christus zum Ausdruck bringen wollte, geht aus seinen eigenen Worten hervor: Liebeswerke sollten nicht Lob und Ehre vor den Menschen zum Ziel haben. Wahre Frömmigkeit trachtet nicht danach, vor den Leuten zu glänzen. Wer nach Lobes und Schmeichelworten giert, wer sich an ihrer Süßigkeit berauscht, ist nur ein Namenschrist.

Die Nachfolger Christi sollen durch ihre guten Werke Ehre einlegen, daß nicht sie gepriesen werden, sondern der, durch dessen Gnade und Kraft sie sie haben wirken können. Alle guten Werke werden durch den Heiligen Geist gewirkt; der Geist aber ist gegeben, damit nicht der Empfänger, sondern der Geber gepriesen werde. Wenn Christi Licht in der Seele entflammt worden ist, wird der Mund voll Lob und Dank gegen Gott sein. Nicht deine Gebete, die Erfüllung deiner Pflichten, deine Wohltaten, deine Selbstverleugnung werden dann im Mittelpunkt all deines Denkens und deiner Gespräche stehen, sondern Jesus wird verherrlicht werden. Das Ich wird verschwinden, Christus dagegen alles und in allem sein.

Wir sollen aufrichtig geben, aus Mitleid und Liebe zu den Leidenden und nicht, um mit unserer Guttat zu prangen. Ehrliche Absicht und wahre Herzensgüte sind die Beweggründe, die vor Gott Wert haben. Eine in ihrer Liebe aufrichtige und in ihrer Hingabe ungeteilte Seele ist köstlicher bei Gott als das Gold von Ophir.

Wir sollen nicht an die Belohnung, sondern an unseren Dienst denken. Die in diesem Sinne verrichtete Liebestat wird ja ohnehin ihren Lohn finden. "Dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir's vergelten." Da nun in Wahrheit Gott selbst unser großer Lohn ist, in dem jegliche andere Belohnung eingeschlossen liegt, empfangen wir ihn und freuen uns seiner nur dann, wenn wir in sein Wesen hineinwachsen. Gleiches nur kann Gleiches würdigen. In dem Maße, wie wir uns Gott zum Dienste an der Menschheit weihen, schenkt er sich auch uns.

Es kann niemand sein Herz und sein Leben dem Segensstrom Gottes aufschließen und ihn andern zugute kommen lassen, ohne selbst reichen Segen zu empfangen. Hänge und Ebenen, die den zum Meer eilenden Bergwassern ein Bett bieten, büßen dadurch nichts ein. Was sie darangegeben haben, erhalten sie hundertfältig wieder. Denn der Strom, der ruhig seines Weges zieht, läßt Gedeihen und Fruchtbarkeit zurück. Das Gras an seinen Ufern steht saftig grün, die Bäume strotzen von Kraft, Blumen blühen in Hülle und Fülle. Wenn die unbarmherzige Sommersonne Wiesen und Felder verbrannt hat, bezeichnet ein grüner Streifen den Lauf des Flusses. Und die Erde, die ihr Antlitz durchfurchen ließ, der Berge Reichtum in das Meer zu leiten, wird mit frischem Wuchs und mit Schönheit angetan, so von der Belohnung zeugend, die Gott in Gnaden allen gewährt, welche für die Welt ein Flußbett seiner Himmelsgüter sein wollen.

Das ist der Segen aller, die den Armen Barmherzigkeit erweisen. Der Prophet Jesaja spricht: "Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut! Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Heilung wird schnell voranschreiten, und deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen, und die Herrlichkeit des Herrn wird deinen Zug beschließen. Dann wirst du rufen, und der Herr wird dir antworten. Wenn du schreist, wird er sagen: Siehe, hier bin ich ... Und der Herr wird dich immerdar führen und dich sättigen in der Dürre und dein Gebein stärken. Und du wirst sein wie ein bewässerter Garten und wie eine Wasserquelle, der es nie an Wasser fehlt." (Jesaja 58,7.8.9.11).

Das Werk der Mildtätigkeit hat doppelten Segen. Wer dem Bedürftigen gibt, segnet andere, empfängt aber selber noch größeren Segen. Die Gnade Christi entwickelt im Menschen Wesenszüge, die der Selbstsucht völlig entgegengesetzt sind und das Leben verschönern, veredeln und bereichern. Stille Werke der Güte werden Herzen zusammenschmieden und sie zum Herzen dessen ziehen, aus dem alle gute Regung entspringt. Die kleinen Aufmerksamkeiten, die unauffälligen Liebes- und Opfertaten, die sich wie Blumendüfte sanft übers Leben breiten, tragen gar viel zum Segen und Glück unseres Tages bei. Schließlich wird sich zeigen, daß die Selbstverleugnung zum Besten und zum Glücke anderer, auch wenn sie unwesentlich und unbeachtet scheint, im Himmel als Zeichen unserer Verbindung mit dem König der Herrlichkeit anerkannt wird, der reich war, aber um unsertwillen arm wurde.

Das Werk der Barmherzigkeit mag ganz in der Stille ausgerichtet worden sein, der gesegnete Einfluß auf den Täter ist jedoch nicht zu verbergen. Wirken wir von ganzem Herzen als Nachfolger Christi, dann wird unser Herz in innigem Einklang mit Gott stehen. Der Geist Gottes wird auf unseren Geist einwirken, und heilige Ausgeglichenheit der Seele wird der Ausklang der göttlichen Bezeugung in uns sein.

Der Gott, der denen noch mehr Gaben verleiht, die von den ihnen anvertrauten weisen Gebrauch machen, nimmt mit Freuden den Dienst seiner Glaubenskinder wahr, den sie im Namen seines geliebten Sohnes und durch dessen Gnade und Kraft wirken. Wer dadurch nach Entwicklung und Vollkommenheit christlichen Wesens getrachtet hat, daß er seine Kräfte in guten Werken übte, wird in der zukünftigen Welt die Ernte dieser Saat einheimsen. Das auf Erden angefangene Werk wird in jenem höheren und heiligeren Leben zur höchsten Entfaltung gelangen und dann in Ewigkeit bestehen.

"Wenn ihr betet, sollt ihr nicht sein wie die Heuchler"

Die Pharisäer hatten bestimmte Stunden zum Gebet. Wenn sie sich, wie es oft vorkam, zur Gebetszeit gerade unterwegs befanden, hielten sie sofort inne, wo sie auch waren auf der Straße, auf dem Markt, im Menschengewühl und leierten dann mit lauter Stimme ihre auswendig gelernten Gebete herunter. Diese Art der Gottesverehrung, mehr auf Selbstverherrlichung berechnet, mußte bei Jesus scharfen Widerspruch auslösen. Er war durchaus nicht gegen das öffentliche Gebet, betete er doch selbst mit seinen Jüngern und auch vor dem ganzen Volke. Aber er will sagen, daß das persönliche Gebet nicht in die Öffentlichkeit gehört. Unsere Gebete in stiller Andacht sind nur für das Ohr des Gebete erhörenden Gottes bestimmt. Kein neugieriges Ohr hat solchen Bittseufzern zu lauschen.

"Wenn du aber betest, so gehe in dein Kämmerlein." Schaffe dir einen Ort zum stillen Gebet. Jesus hatte manch stilles Plätzchen, wo er die Gemeinschaft mit Gott pflegte, und wir wollen uns auch ein solches schaffen. Wir haben es oft nötig, uns dahin zurückzuziehen, ganz gleich, wie bescheiden es sein mag, um mit Gott allein zu sein.

"Bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist." In Jesu Namen dürfen wir mit kindlichem Vertrauen vor Gott treten. Wir brauchen keinen Menschen als Mittler. Durch Jesus öffnen wir unsere Herzen dem Gott, der uns kennt und uns liebhat.

Im stillen Gebetskämmerlein, wo nur das Auge Gottes uns erblickt, wo nur sein Ohr uns hört, können wir dem Vater der unendlichen Barmherzigkeit unsere verborgensten Anliegen und Wünsche offenbaren. Und in der Einsamkeit, wenn die Seele still geworden ist vor Gott, werden wir in unseren Herzen die Stimme vernehmen, die noch immer den Schrei aus menschlicher Not beantwortet hat.

"Der Herr ist barmherzig und ein Erbarmer." Jakobus 5,11. Mit unermüdlicher Liebe wartet er darauf, das Bekenntnis der Irrenden anzuhören und ihre Reue entgegenzunehmen. Er erwartet Dank von unserer Seite gleich der Mutter, die auf die anerkennende Freude ihres geliebten Kindes achtet. Er möchte uns begreifen sehen, wie ernst und innig sein Herz sich nach uns sehnt. Er bittet uns, bei Schwierigkeiten auf sein Mitgefühl, bei Sorgen auf seine Liebe, bei Wunden auf seine Heilkraft, bei Schwachheit auf seine Stärke, bei Mangel auf seine Fülle zu rechnen. Er hat noch niemand enttäuscht, der zu ihm kam. "Die auf ihn sehen, werden strahlen vor Freude, und ihr Angesicht soll nicht schamrot werden." Psalm 34,6.

Wer Gott im Kämmerlein sucht, ihm seine Nöte darlegt und ihn um Hilfe bittet, wird nicht vergeblich beten. "Dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir's vergelten." Wenn wir Christus zu unserem täglichen Begleiter wählen, werden wir die Mächte einer unsichtbaren Welt um uns spüren. Und schauen wir auf Jesus, so werden wir seinem Bilde ähnlich. Durch Anschauen werden wir verwandelt. Unser Wesen wird sanft, fein und edel gemacht und so auf das Königreich der Himmel zugerichtet. Durch Gemeinschaft mit unserem Herrn und seine Nachfolge werden wir ganz gewiß in Barmherzigkeit, Reinheit und Inbrunst wachsen. Wir werden zu Betern werden. Wir werden eine göttliche Erziehung empfangen und all das in unserem Leben mit Fleiß und Eifer an den Tag legen.

Die Seele, die sich täglich in ernstem Gebet zu Gott um Hilfe, Beistand und Kraft wendet, wird edlen Eingebungen folgen, klare Erkenntnis von Wahrheit und Pflicht besitzen, aus edlen Beweggründen handeln und fort und fort nach Gerechtigkeit hungern und dürsten. Durch fortwährende Verbindung mit Gott wird uns im Verkehr mit unseren Mitmenschen die Fähigkeit zuteil, ihnen das Licht, den Frieden und die Ruhe zu vermitteln, die in unseren Herzen die Herrschaft haben. Die Kraft, die wir aus dem Gebet zu Gott schöpfen, macht uns im Verein mit dem anhaltenden Bestreben, vorsichtig und achtsam zu sein, für unsere täglichen Pflichten geschickt und bewahrt unserem Geiste unter allen Umständen den Frieden.

Wenn wir vor Gott treten, wird er uns schon ein Wort in den Mund legen, das wir zum Preise seines Namens zu ihm reden können. Er wird uns einen Vers aus dem Gesang der Engel lehren, um ihm, unserem himmlischen Vater, zu danken. In jeder Tat unseres Lebens werden sich das Licht und die Liebe des in uns wohnenden Heilandes offenbaren. Äußere Schwierigkeiten können das Leben nicht stören, das wir durch den Glauben an den Sohn Gottes leben.

"Wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden"

Die Heiden glaubten von ihren Gebeten, daß ihnen schon an sich Kraft zur Sündenvergebung innewohne. Je länger deshalb das Gebet, desto größer der Nutzen. Wenn sie aus eigener Kraft die Heiligung erlangen konnten, lag in ihnen selbst auch das, worüber sie sich freuen, worauf sie stolz sein konnten. Eine solche Ansicht über das Gebet beruht auf dem Gedanken der Selbsterlösung, in dem ja alle falschen Religionsanschauungen wurzeln. Die Pharisäer hatten die heidnische Weise zu beten angenommen, und bis heute noch wird diese Art des Gebets selbst bei den bekennenden Christen geübt. Wenn man feststehende, herkömmliche Redensarten gebraucht, ohne daß im Herzen die Sehnsucht nach Gott lebt, ist das nichts weiter als das "Plappern" der Heiden.

Das Gebet selbst ist keine Sühnung der Sünde. Dem Gebet an sich wohnen keine Kraft und kein Verdienst inne. Alle schönen Worte, die uns zur Verfügung stehen, kommen nicht der heiligen Sehnsucht gleich. Die beredtesten Gebete sind eitles Geschwätz, wenn sie nicht das Empfinden des Herzens getreu zum Ausdruck bringen. Wenn jedoch ein Gebet aus ernster Überzeugung kommt, wenn in ihm das Verlangen der Seele schlicht seinen Ausdruck findet, wie wir einen irdischen Freund um ein Entgegenkommen bitten würden, wovon wir bestimmt Erfolg erwarten, so verhält es sich auch mit dem Gebet des Glaubens. Gott hat kein Verlangen nach förmlichen Ehrenbezeugungen. Dagegen findet das unausgesprochene Schreien des zerbrochenen und im Bewußtsein seiner Sünde und großen Schwachheit zerschlagenen Herzens den Weg zum Vater aller Barmherzigkeit.

"Wenn ihr fastet, sollt ihr nicht sauer sehen wie die Heuchler"

Das dem Worte Gottes entsprechende Fasten ist mehr als bloße Form. Es besteht nicht ausschließlich darin, sich des Essens zu enthalten, einen Sack anzuziehen und Asche aufs Haupt zu streuen. Wer aus Kummer über seine Sünde fastet, hat kein Verlangen danach, das zur Schau zu tragen.

Der Zweck des Fastens, das Gott von uns verlangt, besteht nicht darin, den Körper um der Sünde der Seele willen zu peinigen, sondern uns zu helfen, daß wir die Verwerflichkeit der Sünde erkennen, das Herz vor Gott demütigen und seine Vergebung und Gnade empfangen. Er gebot dem Volke Israel: "Zerreißet eure Herzen und nicht eure Kleider und bekehret euch zu dem Herrn, eurem Gott!" Joel 2,13.

Es wird uns nichts nützen, Bußübungen anzustellen oder uns einzubilden, daß wir durch unsere eigenen Werke das Erbteil der Heiligen verdienen oder erkaufen können. Als Christus gefragt wurde: "Was sollen wir tun, daß wir Gottes Werke wirken?" antwortete er: "Das ist Gottes Werk, daß ihr an den glaubet, den er gesandt hat." Johannes 6,28.29. Buße ist Abkehr vom Ich und Hinkehr zu Christus. Wenn wir Christus also in uns aufnehmen, daß er durch den Glauben sein Leben in uns lebt, werden gute Werke offenbar werden.

Jesus sagte: "Wenn du aber fastest, so salbe dein Haupt und wasche dein Angesicht, auf daß du nicht scheinest vor den Leuten mit deinem Fasten, sondern vor deinem Vater, welcher im Verborgenen ist." Was zur Ehre Gottes getan wird, soll mit Freudigkeit und nicht mit Trauer oder Unlust geschehen. Die Religion Jesu ist nicht düsteren Wesens. Wenn Christen durch eine traurige äußere Erscheinung den Eindruck erwecken, daß sie von ihrem Herrn enttäuscht worden seien, geben sie von ihm ein ganz falsches Bild und liefern seinen Feinden Beweise aus. Wenn sie auch mit dem Munde Gott ihren Vater nennen mögen, vermitteln sie doch der Welt durch ihr trauriges, kummervolles Aussehen den Eindruck, als ob sie Waisen seien.

Christus will, daß der ihm geweihte Dienst, wie er es in Wirklichkeit auch ist, schön und anziehend sei. Mache deine Selbstverleugnung und deine inneren Schwierigkeiten mit deinem mitleidsvollen Heiland ab. Lege deine Lasten unterm Kreuze nieder und gehe deinen Weg mit Freuden in dessen Liebe, der dich zuerst geliebt hat. Mag sein, daß kein Mensch etwas von den Vorgängen ahnt, die sich ganz im stillen zwischen der Seele und Gott abspielen. Von dem Ergebnis des Werkes aber, das der Heilige Geist am Herzen ausgerichtet hat, werden sie alle erfahren; denn "der in das Verborgene sieht, wird dir's vergelten".

"Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden"

Schätze, die man auf Erden speichert, haben keinen Bestand. Diebe können einbrechen und sie stehlen; Motten und Rost können sie zerstören; Feuer und Sturm können alles zunichte machen. Doch "wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz". Irdische Schätze werden den Sinn so stark gefangennehmen, daß er sich gar nicht mehr auf himmlische Dinge richten kann.

Die Liebe zum Gelde war Leidenschaft des jüdischen Zeitalters. Weltlichkeit drängte Gott und Religion vom Thron der Seele. So geht's auch heute noch. Habsüchtige Gier nach Reichtum fesselt und bezaubert mit ihrer Macht das Leben dermaßen, daß Edelmut und Menschlichkeit im Menschen erschüttert und schließlich ganz zunichte gemacht werden. Im Dienst des Teufels gibt's Sorgen, Beschwerden und aufreibende Arbeit, und die Schätze, die die Menschen hier auf Erden mühevoll zusammenbringen, nützen ihnen nur kurze Zeit.

Jesus sprach: "Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo sie weder Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht nachgraben noch stehlen. Denn wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz."

Seine Unterweisung lautet: "Sammelt euch ... Schätze im Himmel." Es bedeutet eure eigene Wohlfahrt, euch himmlische Reichtümer zu erwerben. Diese allein bedeuten wirklichen Besitz. Der im Himmel gespeicherte Reichtum ist unvergänglich. Feuer und Flut können ihm nichts anhaben, kein Dieb kann ihn rauben, weder Motten noch Rost können ihn zerstören, steht er doch in Gottes Hut.

Dieser Reichtum, dessen Kostbarkeit Christus über alles geht, ist der "Reichtum an Herrlichkeit", den "er den Heiligen beschieden hat". Epheser 1,18. Dem Herrn gelten seine Jünger als Edelsteine; als köstlicher, auserlesener Schatz. Er spricht: "Wie edle Steine werden sie in seinem Lande glänzen" (Sacharja 9,16); "daß ein Mann kostbarer sein soll als Feingold und ein Mensch wertvoller als Goldstücke aus Ophir". Jesaja 13,12. Christus, der erhabene Mittelpunkt, der alle Herrlichkeit ausstrahlt, sieht in seinem geheiligten und vollendeten Volke den Lohn seiner vielen Leiden, seiner Demütigung und Liehe, ja die notwendige Ergänzung zu seiner Herrlichkeit.

Uns nun ist es vergönnt, uns mit ihm bei der herrlichen Aufgabe der Erlösung zu vereinigen, mit ihm die Reichtümer zu genießen, die er durch seinen Tod und sein Leiden erworben hat. Der Apostel Paulus hat an die Christen zu Thessalonich geschrieben: "Wer ist unsre Hoffnung oder Freude oder unser Ruhmeskranz seid nicht auch ihr es vor unserm Herrn Jesus, wenn er kommt? Ihr seid ja unsre Ehre und Freude." 1.Thessalonicher 2,19.20. Das ist der Schatz, nach dem wir graben sollen. Die Persönlichkeit ist die heilige Ernte des Lebens. Jedes Wort und jede Tat aus der Gnade Christi, wodurch in einem Menschen göttlicher Trieb entfacht wird, jedes Bemühen um die Formung christusgemäßen Wesens bedeutet Speicherung von Himmelsgut.

Wo unser Schatz ist, da ist auch unser Herz. Mit jedem Segen, den wir anderen zudachten, segnen wir uns selbst. Wer Geld und Zeit zur Ausbreitung des Evangeliums opfert, stellt seine eigenen Belange und Gebete in den Dienst des Werkes und der Seelen, die dadurch gewonnen werden. Während er seine Liebe ausströmt, treibt es ihn zu tieferer Gottesweihe in dem Verlangen, seine Mitmenschen in reichstem Maße zu beglücken.

Wenn am Jüngsten Tage die Reichtümer dieser Erde vergehen, werden alle, die im Himmel Schätze gesammelt haben, ihres Lehensgewinnes innewerden. Haben wir die Worte Christi befolgt, dann werden wir, während wir uns um den erhabenen weißen Thron scharen, Seelen erblicken, denen wir ein Mittel zur Seligkeit waren; von diesen werden wir erfahren, daß sie wieder andere und jene noch andere gerettet haben: welch große Schar im Ruhehafen durch unsere Mühe! Und sie alle legen ihre Kronen Jesu zu Füßen und preisen ihn von Ewigkeit zu Ewigkeit. Mit welcher Freude wird der Mitarbeiter Christi diese Erlösten schauen, die an der Herrlichkeit des Erlösers teilhaben! Wie köstlich wird die Seligkeit denen schmecken, die ihre Aufgabe, Seelen zu retten, treu ausführten! .

"Seid ihr nun mit Christus auferstanden, so suchet, was droben ist, da Christus ist, sitzend zu der Rechten Gottes." Kolosser 3,1.

"Wenn dein Auge lauter ist, so wird dein ganzer Leib licht sein"

Der Heiland will hier auf die Ehrlichkeit in unseren Absichten und auf die ungeteilte Hingabe an Gott den Nachdruck legen. Wer aufrichtig und zielstrebig die Wahrheit zu erkennen und ihr um jeden Preis zu gehorchen sucht, dem wird göttliche Erleuchtung zuteil werden.

Wahre Frömmigkeit beginnt dort, wo jede Freundschaft mit der Sünde aufhört. Dann werden wir mit dem Apostel Paulus auch von Herzen sagen: "Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich nach dem, das da vorne ist, und jage nach dem vorgesteckten Ziel, nach dem Kleinod der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus ... um welches willen mir das alles ein Schaden geworden ist, und achte es für Kot, auf daß ich Christus gewinne." Philipper 3,13.14.8.

Wo aber das Auge durch Eigenliebe geblendet ist, da ist eitel Finsternis. "Wenn aber dein Auge böse ist, so wird dein ganzer Leib finster sein." Diese schreckliche Nacht war es, die die Juden in starren Unglauben hüllte und es ihnen unmöglich machte, Wesen und Werk dessen zu erkennen, der gekommen war, sie von ihren Sünden zu erretten.

Unterliegen wir einer Versuchung, so beginnt das damit, daß wir zu schwanken beginnen und unser Glaube an Gott ungewiß wird. Können wir uns nicht entschließen, uns völlig Gott zu weihen, dann sind wir im Finstern. Machen wir irgendeinen Vorbehalt, so lassen wir eine Tür offen, durch die der Teufel eindringen und uns durch seine Versuchungen irreleiten kann. Er weiß, wenn er unseren Blick verschleiern kann, so daß das Glaubensauge Gott nicht mehr zu schauen vermag, dann sind wir auch nicht mehr vor der Sünde geschützt.

Beherrscht uns eine sündige Begierde, so ist das ein Zeichen innerer Verblendung. Jedes Nachgeben einem solchen Verlangen gegenüber bestärkt die innere Abneigung gegen Gott. Wenn wir den vom Teufel bezeichneten Pfad verfolgen, umfangen uns die Schatten des Bösen. Jeder Schritt führt uns in tiefere Nacht und verstärkt die Blindheit unseres Herzens.

In der geistigen wie in der natürlichen Welt gilt das gleiche Gesetz. Wer im Finstern bleibt, wird schließlich das Gesicht verlieren. Seine Finsternis ist dichter als die der Mitternacht; auch der lichteste Mittag wird ihm keine Erleuchtung bringen. Er "wandelt in der Finsternis und weiß nicht, wo er hingeht; denn die Finsternis hat seine Augen verblendet". 1.Johannes 2,11. Durch beständiges Einwilligen in die Sünde, durch absichtliche Mißachtung alles Flehens der göttlichen Liebe verliert der Sünder die Liebe zum Guten, das Sehnen nach Gott, ja selbst die Fähigkeit, himmlischer Erleuchtung teilhaftig zu werden. Wohl ergeht immer noch voller Liebe die Gnadeneinladung, wohl scheint das Licht Gottes immer noch so hell wie am ersten Tage, als es seine Seele erleuchtete; doch die Stimme kommt an taube Ohren, das Licht an blinde Augen.

Kein Mensch wird je ganz und gar von Gott verlassen oder bleibt allein auf seinem Wege, solange noch die geringste Hoffnung auf Rettung besteht. Der Mensch wendet sich von Gott, aber Gott nicht von ihm. Unser himmlischer Vater geht uns so lange mit Bitten, Warnungen und Mitleid nach, bis alle Möglichkeiten erschöpft sind. Der Sünder trägt die Verantwortung für sein Schicksal.

Wer heute dem Geist Gottes widerstrebt, macht sich verschlossen für den mächtigeren Einstrom des Lichts, der an einem anderen Tag kommen mag. So schreitet er von einer Stufe des Widerstrebens zur anderen, bis er schließlich lichtunempfänglich wird und in keiner Weise mehr etwas vom Geiste Gottes verspürt. Und damit ist auch "das Licht in dir" Finsternis geworden. Sogar die Erkenntnis von Wahrheit ist alsdann so getrübt, daß sie die innere Blindheit nur noch vergrößert.

"Niemand kann zwei Herren dienen"

Christus spricht nicht, daß der Mensch nicht zwei Herren dienen wolle oder solle, sondern daß er es nicht könne. Zwischen dem Bereich Gottes und dem Bereich des Mammons gibt es keinerlei Verbindung oder Beziehung. Gerade wo das Gewissen den Christen mahnt, geduldig zu sein, sich zu verleugnen, abzuwarten, da überschreitet der Weltmensch die Grenze, um seinen selbstischen Neigungen zu frönen. Auf der einen Seite erblicken wir den Nachfolger Christi, der Selbstverleugnung übt, auf der anderen den weltliebenden Genußmenschen, der alles mitmacht, dem es auf einen Leichtsinn nicht ankommt, der sich an fragwürdigen Vergnügungen berauscht. Auf diese Seite wird sich der Christ nie stellen können.

Niemand kann die Haltung eines Unbeteiligten einnehmen; es gibt hier kein Mittelding. Die Möglichkeit, weder Gott noch den Feind der Gerechtigkeit zu lieben, ist ausgeschlossen. Christus will in seinen menschlichen Werkzeugen wohnen, durch ihre Fähigkeiten wirken und durch ihr Können Taten vollbringen. Sie müssen ihren Willen dem seinen unterwerfen: sie müssen in seinem Geiste handeln. Dann aber leben nicht mehr sie, sondern Christus lebt in ihnen. Wer sich nicht ganz Gott dem Herrn weiht, steht im Bereich einer anderen Macht, hört auf eine andere Stimme, deren Eingebungen aus ganz anderem Geiste kommen. Geteilter Dienst stellt den Menschen in den Bannkreis des Feindes und macht ihn zum erfolgreichen Verbündeten im Heer der Finsternis. Wenn Menschen, die Streiter Christi zu sein behaupten, solchen Bund mit dem Teufel machen und sein Werk fördern helfen, dann sind sie ganz gewiß Feinde Christi. Sie verraten den heiligen Glauben. Sie stellen ein Bindeglied zwischen Satan und den echten Kämpfern Christi dar. Ihrer bedient sich der Feind, dem Herrn die Herzen seiner Streiter abwendig zu machen.

Das stärkste Bollwerk des Lasters ist nicht das Frevelleben des ausgemachten Sünders oder des Abschaums der menschlichen Gesellschaft, sondern das tugendhaft, edel und ehrbar scheinende Leben des Menschen, der im Verborgenen der Sünde frönt und das Laster nährt. Einer Seele, die im stillen gegen übermächtige Versuchungen anzukämpfen hat und schon unmittelbar am Rande des Verderbens steht, ist ein solches Beispiel ein mächtiger Anreiz zur Sünde. Wenn jemand von Leben, Wahrheit und Ehre hohe Begriffe hat und dennoch eines der heiligen Gebote Gottes absichtlich übertritt, verkehrt er seine edlen Gaben in eine Lockung zur Sünde. Begabung, Fähigkeiten, Mitgefühl, ja selbst großmütige und edle Taten können Schlingen Satans werden, durch die andere Menschen für dieses und das ewige Leben ins Verderben geraten.

"Habt nicht lieb die Welt noch was in der Welt ist. So jemand die Welt lieb hat, in dem ist nicht die Liebe des Vaters. Denn alles, was in der Welt ist, des Fleisches Lust und der Augen Lust und hoffärtiges Leben, ist nicht vom Vater, sondern von der Welt." 1.Johannes 2,15.16.

"Sorget nicht"

Der dir das Leben gegeben hat, weiß auch, daß du der Nahrung bedarfst, um es zu erhalten. Der den Körper schuf, weiß auch, daß du Kleidung nötig hast. Wird der, der dir das größere Gut verlieh, nicht auch ein übriges tun, das Notwendige hinzuzufügen?

Jesus wies seine Hörerschar auf die Vögel hin, die ihre Loblieder singen, unbeschwert von grübelnden Sorgen; denn "sie säen nicht, sie ernten nicht", und dennoch versorgt sie der große Vater. Und dann meinte Jesus: "Seid ihr denn nicht viel mehr als sie?"

Hügel und Felder prangten im schönsten Blumenschmuck, und Jesus sagte, indem er auf die taufrischen Blüten deutete: "Schauet die Lilien auf dem Felde, wie sie wachsen." Menschliche Geschicklichkeit kann zwar die anmutigen Formen und die zarten Farben von Pflanzen und Blumen nachbilden; aber wer kann auch nur einer Blume oder einem Grashalm Leben verleihen? Jedes Blümchen am Rain verdankt sein Dasein der gleichen Kraft, die die Sternenwelt an den Himmel setzte. Durch die ganze Schöpfung pulst das Leben aus dem Vaterherzen Gottes. Seine Hand kleidet die Feldblumen in prächtigere Gewänder als jene, mit denen irdische Könige sich jemals geschmückt haben. Und "so denn Gott das Gras auf dem Felde also kleidet, das doch heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird: sollte er das nicht viel mehr euch tun, o ihr Kleingläubigen?"

Der die Blumen bildete und den Vögeln ihre lieblichen Stimmen verlieh, spricht: "Schauet die Lilien!" "Sehet die Vögel ... an!" An den lieblichen Einzelheiten der Natur kannst du mehr von der Weisheit Gottes lernen, als die Gelehrten wissen. Auf die Blütenblätter der Lilie hat Gott eine Botschaft für dich geschrieben. Er hat sie dort mit Schriftzeichen festgehalten, die dein Herz nur dann entziffern kann, wenn es nicht mehr in die Schule des Zweifels, der Selbstsucht und der nagenden Sorge geht. Die Singvögel und die lieblichen Blumen gaben dir die übersprudelnde Liebe des ewigen Vaterherzens, damit dein Lebenspfad erhellt werde und du glücklich und froh seiest. Du hättest dein Leben auch ohne Blumen und Vögel fristen können; doch Gott gab sich nicht damit zufrieden, dich nur dahinleben zu sehen. Er hat Erde, Luft und Himmel mit vielem Schönen versehen, was dir bezeugt, daß er liebevoll deiner gedenkt. Und doch ist die Pracht der Schöpfung nur ein Abglanz seiner Herrlichkeit. Hat er aber die Natur so reich mit Schönheit bedacht, dich glücklich und froh zu machen, wie kannst du dann zweifeln, daß er dich mit allem Lebensnotwendigen versorgen werde?

"Schauet die Lilien." Jede Blume, die ihren Kelch den Strahlen der Sonne öffnet, gehorcht dem gleichen erhabenen Gesetz, das die Sterne regiert. Wie einfach, wie schön und lieblich gestaltet sich doch ihr Leben! Durch die Blumen will Gott uns darauf aufmerksam machen, wie begehrenswert christliches Wesen ist. Der die Blumen so schön gekleidet hat, wünscht von ganzem Herzen auch die Seele mit der Schönheit des Wesens Christi zu bekleiden.

Betrachtet einmal, spricht Jesus, das Wachstum der Lilien. Seht, wie sie aus der kalten, dunklen Erde sprießen oder gar aus dem schlammigen Bett des Flusses! Dennoch erfreuen sie uns durch ihre Schönheit und ihren Duft. Wer vermutet solche Schönheit, wenn er die unansehnliche braune Knolle der Lilie betrachtet? Doch wenn das darin verborgene Leben aus Gott sich auf seinen Ruf in Regen und Sonne entfaltet, dann staunt der Mensch über das anmutige und schöne Gebilde. Genauso wird sich das Leben Gottes im Innern jedes Menschen entfalten, der sich seinem Gnadenwirken überläßt, das unterschiedslos wie Regen und Sonnenschein allen seinen Segen bringt. Die Blumen werden durch das Wort Gottes; dasselbe Wort verrichtet in dir die geistlichen Gnadenwirkungen.

Das Gesetz Gottes ist ein Gesetz der Liebe. Er hat dich mit Schönheit umgeben, daß er dich lehre: du bist nicht allein deshalb auf Erden, um deinetwillen zu schürfen, zu graben und zu bauen, zu werken und zu spinnen, sondern auch das Leben leuchtend, freudevoll und herrlich zu gestalten mit der Liebe Christi, den Blumen gleich, die im Dienst der Liebe stehen.

Väter und Mütter, belehrt eure Kinder am Beispiel der Blumen! Nehmt sie mit hinaus in Garten und Feld und in den stillen Hain, daß sie im Freien die Botschaft von der Liebe Gottes vernehmen. Wenn ihr über Vögel, Blumen und Bäume nachdenkt, dann erinnert euch auch ihres Schöpfers. Leitet die Kinder an, daß sie in jeder hübschen und lieblichen Einzelheit die Liebe Gottes zu sich erkennen. Macht ihnen eure Religion liebenswert durch ihre beglückende Kraft. Und das Gesetz der Güte sei stets in eurem Munde.

Lehrt eure Kinder, daß durch Gottes große Liebe auch ihr Wesen sich zum Guten verändern und mit dem seinen in Einklang kommen kann. Lehrt sie, daß er ihr Leben mit der Anmut der Blumen geschmückt sehen möchte. Lehrt sie beim Blumenpflücken, daß der Schöpfer der Blüten diese an Herrlichkeit weit übertrifft. Dann wird sich der Blütenkelch ihres Herzens dem Herrn öffnen. Dann wird er, der "ganz lieblich" (Hohelied 5,16) ist, ihnen ein täglicher Gefährte und vertrauter Freund werden, und ihr Leben wird sich in das Bild seiner Reinheit verwandeln.

"Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes"

Die Hörerschaft Christi erwartete noch immer sehnsüchtig eine Ankündigung des irdischen Königreichs. Während Jesus ihnen die reichen Schätze des Himmels erschloß, beherrschte viele Gemüter die Frage, welche Förderung sie in ihren weltlichen Absichten durch eine Verbindung mit ihm erwarten könnten. Den größten Bedacht auf weltliche Dinge zu haben, setzte Jesus aber dem Heidentum gleich; denn die umwohnenden heidnischen Völker lebten dahin, als gäbe es überhaupt keinen Gott, dessen liebevolle Fürsorge sich über alle seine Geschöpfe erstreckt.

Jesus sprach: "Nach solchem allen trachten die Heiden in der Welt; aber euer Vater weiß wohl, daß ihr des bedürfet." Lukas 12,30. "Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen."

Ich bin gekommen, euch in das Königreich der Liebe, der Gerechtigkeit und des Friedens zu versetzen. Macht die Tore eures Herzens weit, daß ich als König einziehen kann, und betrachtet den Dienst an diesem Königreich als eure höchste Lebensaufgabe. Handelt es sich auch um ein geistiges Königreich, so braucht ihr doch nicht zu fürchten, daß Gott nicht für eures Leibes Notdurft sorgen werde. Wenn ihr euch in den Dienst Gottes stellt, der alle Gewalt im Himmel und auf Erden besitzt, dann wird er euch auch mit allem Notwendigen versorgen.

Es liegt nicht im Sinne Jesu, daß wir uns nun keinerlei Mühe mehr geben. Er will vielmehr erreichen, daß wir ihn in allem als den Ersten und Letzten und Höchsten ansehen sollen. Wir sollen uns in kein Geschäft einlassen, keinen Plan verfolgen, kein Vergnügen suchen, wodurch die Entfaltung der Gerechtigkeit Christi in unserem Wesen und Leben behindert wird. Was wir auch angreifen, sollen wir von ganzem Herzen tun, als täten wir's dem Herrn.

Als Jesus noch über die Erde ging, hat er das Leben durch und durch geheiligt, indem er den Menschen beständig die Herrlichkeit Gottes offenbarte und sich in allem dem Willen seines Vaters unterwarf. Folgen wir seinem Beispiel, dann gilt uns die Verheißung, daß aller Bedarf, den unser Leben heischt, uns "zufallen" wird. Der Arme und der Reiche, der Kranke und der Gesunde, der Einfältige und der Weise, sie alle sind in der Verheißung seiner Gnade bedacht worden.

Gott streckt seine ewigen Arme nach der Seele aus, die bei ihm Hilfe sucht, auch wenn sie noch so gering ist. Der köstliche Schmuck der Auen wird vergehen; doch wer Gott lebt, wird in ihm bleiben. "Die Welt vergeht mit ihrer Lust; wer aber den Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit." 1.Johannes 2,17. Wer hier auf Erden gelernt hat, sich auf Gottes Weisheit und Führung zu verlassen, seinen Trost und seine Hoffnung in Not und Tod auf ihn zu stellen, dem werden sich die goldenen Tore der Stadt Gottes auftun. Engelsang wird ihm entgegentönen, und er wird die Frucht vom Baum des Lebens pflücken. "Es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der Herr, dein Erbarmer." Jesaja 54,10.

"Sorget nicht für den andern Morgen ... Es ist genug, daß ein jeglicher Tag seine eigene Plage habe"

Wenn du dich Gott gegeben hast und in seinem Dienste stehst, dann brauchst du dich für den nächsten Tag nicht zu sorgen. Der Herr seiner Knechte kennt das Ende von Anfang her. Was morgen kommt, was deinen Blicken verschleiert ist, das schauen die Augen des Allmächtigen.

Wenn wir unsere Angelegenheiten ausschließlich selber in die Hand nehmen und Erfolg nur von unserer eigenen Klugheit erhoffen, bürden wir uns eine Last auf, die Gott gar nicht für uns vorgesehen hat, und verzichten damit auf seinen Beistand. Wir belasten uns mit der Verantwortlichkeit, die Gott gebührt, und setzen uns mithin an den ihm zukommenden Platz. Wohl mögen wir uns sorgen und Gefährdung und Einbuße erwarten; denn ganz gewiß werden solche Dinge über uns kommen. Glauben wir aber aufrichtig, daß Gott uns liebt und nur unser Bestes will, dann werden wir uns keine Sorgen mehr um die Zukunft machen. Wir werden Gott vertrauen, wie ein Kind seinen liebevollen Eltern vertraut. Unsere Sorgen und Qualen werden alsdann schwinden, ist doch unser Wille im Willen Gottes aufgegangen.

Christus hat uns nicht verheißen, uns die Bürde des morgigen Tages schon heute tragen zu helfen. Er sprach: "Laß dir an meiner Gnade genügen." 2.Korinther 12,9. Gleich dem Manna in der Wüste wird alle Morgen seine Gnade neu und reicht für den Bedarf dieses Tages. Wie das Volk Israel bei der Wüstenwanderung, werden wir jeden Morgen das für den Tag benötigte Himmelsbrot finden.

Nur ein Tag gehört uns jedesmal zu, und an diesem sollen wir Gott loben. Für diesen einen Tag sollen wir uns in Christi Hände befehlen zu heiligem Dienst, alle unsere Absichten und all unser Vorhaben auf ihn stellen, alle unsere Sorgen auf ihn werfen, sorgt er doch für uns. "Ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der Herr: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, daß ich euch gebe das Ende, des ihr wartet." Jeremia 29,11. "Wenn ihr umkehrtet und stille bliebet, so würde euch geholfen; durch Stillesein und Hoffen würdet ihr stark sein." Jesaja 30,15.

Suchst du den Herrn täglich und kehrst dich zu ihm, wählst du aus eigenem Trieb Freiheit und Freude in Gott, folgst du frohen Herzens seinem gnädigen Ruf und nimmst das Joch Christi, das Joch des Gehorsams und der Dienstbereitschaft, auf dich, dann wird all dein Klagen verstummen, werden alle deine Schwierigkeiten beseitigt, lösen sich dir alle die schwierigen Rätsel, denen du heute noch ratlos gegenüberstehst.