Auf den Spuren des großen Arztes

Kapitel 11

Für die Unmäßigen arbeiten

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Jede wahre Lebensreform hat ihren legitimen Platz in der Verbreitung des Evangeliums und verhilft dem Menschen zu einem neuen und edleren Leben. Besonders die Mäßigkeitsbewegung erfordert die Unterstützung durch missionarische Christen. Sie sollten auf dieses Werk aufmerksam machen und es mit Leben erfüllen. Überall sollten sie den Menschen die Grundsätze echter Mäßigkeit aufzeigen und dazu aufrufen, diesen Lebensstil zu verwirklichen. Intensive Anstrengungen sollten für die unternommen werden, die in schädlichen Süchten gefangen sind.

Überall gibt es ein Werk an denen zu tun, die durch ihre Unmäßigkeit in Sünde gefallen sind. Inmitten von Gemeinden, religiösen Institutionen und sich christlich nennenden Familien befinden sich viele Jugendliche auf dem Weg der Selbstzerstörung. Durch einen zügellosen Lebensstil ziehen sie sich Krankheiten zu, und in dem Bestreben, immer mehr Geld für ihre sündigen Süchte zu beschaffen, verfallen sie auf gefährliche Praktiken. Gesundheit und Charakter sind schließlich ruiniert. Von Gott entfremdet, aus der Gesellschaft ausgestoßen, fühlen diese armen Seelen nun, daß sie weder für dieses Leben noch für das künftige noch Hoffnung haben. Die Herzen der Eltern sind gebrochen.

Menschen bezeichnen diese Verirrten als hoffnungslose Fälle; Gott aber sieht sie keineswegs als solche an. Er versteht all die Umstände, die sie zu dem gemacht haben, was sie nun sind, und er sieht mit Mitleid auf sie. Das ist eine Menschengruppe, die besondere Hilfe braucht. Gebt ihnen nie Anlaß zu sagen: "Niemand kümmert sich um meine Seele."

Die Opfer der Unmäßigkeit stammen aus allen Schichten und Berufen. Auch Menschen aus gehobenen Schichten, mit herausragenden Talenten und mit großen beruflichen Erfolgen haben sich der Zügellosigkeit ergeben, bis sie völlig die Kontrolle über sich selbst verloren haben. Einige von ihnen, die zuvor wohlhabend waren, leben nun ohne Familie, ohne Freunde, in einem Zustand des Leidens, des Elends, der Krankheit und Erniedrigung. Wenn ihnen niemand eine helfende Hand entgegenstreckt, werden sie immer weiter im Elend versinken. Bei diesen Menschen ist das Sich-Gehen-Lassen dann nicht mehr nur eine Sünde, sondern auch eine körperliche Erkrankung.

Oft müssen wir uns -- wie oft genug auch Christus -- bei der Hilfe für die Suchtgefährdeten zunächst um ihren körperlichen Zustand kümmern. Sie brauchen Vollwertspeisen und -getränke, die nicht abhängig machen, saubere Kleidung und Gelegenheit zu regelmäßiger Körperpflege. Sie brauchen eine Umgebung mit einer Atmosphäre hilfreichen, erhebenden christlichen Einflusses. In jeder Stadt sollte eine Einrichtung geschaffen werden, in der Suchtgefährdeten die Hilfe geboten wird, die sie benötigen, um die sie fesselnden Ketten zu zerreißen. Ein alkoholisches Getränk wird von vielen als der einzige Trostspender in schwierigen Lagen angesehen; das aber müßte nicht sein, wenn die, die sich Christen nennen, dem Vorbild des barmherzigen Samariters folgten, anstatt die Rolle des Priesters oder des Leviten zu spielen.

Im Umgang mit den Suchtgefährdeten müssen wir stets daran denken, daß wir es nicht mit gesunden Menschen zu tun haben, sondern mit solchen, die bis auf weiteres unter der Macht eines Dämons stehen. Seid also geduldig und nachsichtig. Denkt nicht an das abstoßende, anwidernde Äußere, sondern an das wertvolle Leben, zu dessen Erlösung Christus starb. Wenn der Alkoholiker seinen unwürdigen Zustand erkennt, dann tut alles in eurer Macht stehende, um ihm zu zeigen, daß ihr seine Freunde seid.

Sprecht kein Wort des Tadels aus; laßt keine Handlung und keinen Blick Vorwurf oder Abneigung signalisieren. Helft dem Menschen vielmehr dabei, frei zu werden. Sagt etwas, das ihn zum Glauben ermutigt. Versucht, jede gute Seite seines Charakters zu stärken. Lehrt ihn, wie es wieder aufwärts gehen kann. Zeigt ihm, daß es möglich ist, wieder so zu leben, daß er die Achtung seiner Mitmenschen zurückgewinnt. Helft ihm, den Wert der Begabungen zu erkennen, die Gott ihm verliehen hat, deren Entwicklung er jedoch versäumte.

Obwohl sein Wille entstellt und geschwächt ist, gibt es Hoffnung für ihn in Christus. Er wird in ihm den Antrieb und die Sehnsucht nach einem gottgefälligen Leben wecken. Ermutigt ihn, Halt in der Hoffnung zu finden, die das Evangelium ihm anbietet. Schlagt mit dem Versuchten und Kämpfenden die Bibel auf und lest ihm immer wieder die Verheißungen Gottes vor. Diese werden für ihn wie die Blätter vom Baum des Lebens sein. Setzt euer Bemühen geduldig fort, bis die zitternde Hand in dankbarer Freude die Hoffnung auf Erlösung durch Christus ergreift.

Ihr müßt euch nachhaltig um diejenigen kümmern, denen ihr zu helfen versucht; andernfalls werdet ihr nie und nimmer Erfolg haben. Beständig stehen sie in der Versuchung zum Bösen. Immer wieder erliegen sie dem Verlangen nach Alkohol [oder anderen Suchtmitteln], immer wieder können sie einen Rückfall erleben. Aber laßt deshalb in euren Bemühungen nicht nach.

Sie haben sich entschieden zu versuchen, für Christus zu leben, aber ihre Willenskraft ist geschwächt. Sie müssen deshalb sorgfältig von denen betreut werden, die sich der Verantwortung für solche Menschen bewußt sind. Sie haben jeden Halt im Leben verloren, und den müssen sie erst wieder zurückgewinnen. Viele haben gegen ein schlimmes Erbgut anzukämpfen. Unnatürliche Begierden und übersteigerte Sinnlichkeit waren von Geburt an ihre Erblast; davor müssen sie sorgfältig bewahrt werden. In ihnen und um sie herum kämpfen das Gute und das Böse um die Vorherrschaft. Wer solche Erfahrungen nie gemacht hat, kann die beinahe unüberwindliche Macht der Sucht oder die Heftigkeit des Kampfes zwischen dem gewohnheitsmäßigen Sich-Gehen-Lassen und dem Entschluß zur Mäßigkeit in allen Dingen nicht ermessen. Immer und immer wieder wird dieser Kampf aufflammen.

Viele werden einerseits zu Christus gezogen und bringen andererseits doch nicht den moralischen Mut auf, ihren Kampf gegen Begierden und Leidenschaften fortzusetzen. Aber der Mitarbeiter Gottes darf sich davon nicht entmutigen lassen. Sind es denn nur solche, die aus den tiefsten Tiefen gerettet sind, die dann wieder zurückfallen?

Denkt daran, daß ihr nicht allein arbeitet; dienstbare Engel vereinigen sich bei der Erfüllung von Missionsaufgaben mit jedem treuen Kind Gottes. Und Christus ist es, der die Heilung bewirkt. Der Große Arzt selbst steht neben seinen treuen Mitarbeitern und sagt der bereuenden Seele: "Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben." Markus 2,5.

Viele von denen, die die ihnen angebotene Hoffnung im Evangelium annehmen und einmal im himmlischen Königreich sein werden, sind heute noch die Ausgestoßenen der Gesellschaft, während andere, die mit guten Begabungen und reicher Erkenntnis gesegnet waren, sie aber nicht gebrauchten, in der Dunkelheit gelassen werden.

Den Opfern ihrer üblen Gewohnheiten muß die Notwendigkeit verdeutlicht werden, sich auch selbst anzustrengen. Andere können auf das ernsthafteste bestrebt sein, sie aufzurichten, die Gnade Gottes ist reichlich vorhanden, Christus kann für sie eintreten, seine Engel können ihm dienen -- aber all das wird vergeblich sein, wenn sie selbst sich nicht dazu aufraffen, den Kampf auszufechten, der sie betrifft.

Die letzten Worte Davids an Salomo, zu der Zeit ein junger Mann und zukünftiger König Israels, lauteten: "Sei stark und sei ein Mann." 1.Könige 2,2. Diese inspirierten Worte sind an jedes Menschenkind, jeden Anwärter auf eine unvergängliche Krone gerichtet. Die Willensschwachen müssen zu der Einsicht geführt werden, daß eine durchgreifende sittliche Erneuerung notwendig ist, wenn sie gefestigte Menschen werden wollen. Gott ruft sie, damit sie aufwachen und durch die Kraft Christi die gottgewollte gefestigte Menschlichkeit zurückgewinnen, die durch sündhafte Nachgiebigkeit verlorenging.

Viele fühlen die fürchterliche Macht der Versuchung, das drängende Verlangen, das zum Nachgeben führt, und rufen dann verzweifelt aus: "Ich kann dem Übel nicht widerstehen." Sagt ihnen, daß sie doch können, daß sie widerstehen müssen. Sie mögen bisher immer wieder überwältigt worden sein -- aber das muß nicht so bleiben. Sie haben eine nur schwache moralische Kraft und werden von den Gewohnheiten eines Lebens in Sünde bestimmt. Ihre Versprechungen und Vorsätze sind kurzlebig. Die Erinnerung an ihre gebrochenen Versprechen und Gelöbnisse läßt sie an ihrer eigenen Aufrichtigkeit zweifeln und meinen, daß Gott sie nicht mehr akzeptieren oder in ihren Bemühungen unterstützen könne. Sie brauchen jedoch nicht zu verzweifeln.

Diejenigen, die ihr Vertrauen auf Christus setzen, sollen von keiner ererbten oder anerzogenen Gewohnheit oder Verhaltensweise abhängig werden. Statt in den Fesseln der niederen Natur festgehalten zu werden, sollen sie jedes Verlangen und jede Leidenschaft beherrschen. Gott hat uns im Kampf gegen das Böse nicht alleingelassen, so daß wir nur mit unserer eigenen begrenzten Kraft kämpfen müßten. Was auch immer unsere ererbte oder anerzogene Neigung zu Falschem sein mag, wir können sie durch die Kraft überwinden, die er uns verleihen möchte.

Die Kraft des Willens

Die Versuchten müssen die tatsächliche Kraft des Willens erkennen. Dies ist die herrschende Macht in der menschlichen Natur -- die Macht der Entscheidung, der Wahl. Alles hängt vom richtigen Gebrauch des Willens ab.

Gutes und Reines zu wünschen ist richtig, aber wenn wir hierbei stehenbleiben, bewirkt das nichts. Viele laufen ihrem Ruin entgegen, während sie hoffen und wünschen, ihre schlechten Neigungen zu überwinden. Sie übergeben ihren Willen nicht Gott. Sie entscheiden sich nicht, ihm zu dienen.

Gott hat uns die Macht der Wahl gegeben; es liegt bei uns, sie zu gebrauchen. Wir können unsere Herzen nicht verändern, unsere Gedanken, Impulse und Gefühle nicht kontrollieren. Wir können uns nicht selbst reinigen, nicht zum Dienst für Gott fähig machen. Aber wir können wählen, Gott zu dienen, wir können ihm unseren Willen übergeben; dann wird er in uns bewirken, daß wir zu seinem Wohlgefallen handeln. Auf diese Weise unterstellen wir unsere ganze menschliche Natur der Kontrolle Christi.

Der richtige Gebrauch des Willens kann einen vollständigen Wandel in unserem Leben bewirken. Durch die Übergabe unseres Willens an Christus verbünden wir uns mit der göttlichen Macht. Wir erhalten dann Kraft von oben, die uns Standhaftigkeit verleiht. Ein reines und edles Leben, ein Leben des Sieges über Begierden und Sinnenlust ist jedem möglich, der seinen schwachen, schwankenden menschlichen Willen mit dem allmächtigen, unwandelbaren Willen Gottes vereinigt.

Diejenigen, die gegen die Macht der Begierde ankämpfen, sollten in den Grundsätzen gesunder Lebensweise unterrichtet werden. Es sollte ihnen gezeigt werden, daß eine Verletzung der Gesundheitsgesetze durch eine krankmachende Lebensführung und unnatürliche Begierden die Grundlage für den Konsum von Alkohol [oder anderen Suchtmitteln] legt. Nur durch ein Leben in Gehorsam gegenüber den Gesundheitsgrundsätzen können sie darauf hoffen, von dem Verlangen nach unnatürlichen Stimulantien befreit zu werden. Sie sind zwar von der Kraft Gottes abhängig, wenn sie die Fesseln der Sucht zerschneiden, müssen aber durch Gehorsam gegenüber seinen Gesetzen, den ethischen wie denen der Natur, mit ihm zusammenarbeiten.

Wer sein Leben umgestalten möchte, sollte auch einer geregelten Arbeit nachgehen. Keinem, der arbeiten kann, sollte vermittelt werden, daß es Nahrung, Kleidung und Obdach umsonst gibt. Um ihrer selbst wie auch um der anderen willen sollte eine Regelung gefunden werden, wodurch sie für das Erhaltene eine Gegenleistung erbringen. Unterstützt jede Anstrengung eines Menschen, die darauf gerichtet ist, wieder selbst für seinen Lebensunterhalt zu sorgen; dies wird die Selbstachtung stärken und außerdem die materielle Unabhängigkeit sichern. Eine Beschäftigung des Geistes und des Körpers mit nützlicher Arbeit ist auch ein wichtiger Schutz vor Versuchung.

Enttäuschungen und Gefahren

Diejenigen, die für die im Leben Gestrandeten arbeiten, werden von vielen enttäuscht, die ihnen eine Veränderung ihrer Lebensweise versprachen. Manche ändern ihre Gewohnheiten und Praktiken nur oberflächlich. Sie folgen sprunghaft irgendwelchen Eingebungen. Vorübergehend scheinen sie sich zwar geändert zu haben, aber ihr Herz hat sich nicht tiefgreifend gewandelt. Sie huldigen weiterhin der Selbstliebe, sind weiterhin begierig auf törichte Vergnügungen und lassen ihrem Hang zur Selbstverwirklichung freien Lauf.

Sie wissen nichts von der schwierigen Arbeit der Entwicklung des Charakters, und man kann sich auf sie nicht wie auf grundsatztreue Menschen verlassen. Durch ihre Nachgiebigkeit gegenüber Begierden und Leidenschaften haben sie viel von ihren geistigen und geistlichen Kräften verloren, und dies macht sie schwach. Sie sind unberechenbar und unbeständig; ihre Neigungen sind auf Sinnliches gerichtet. Diese Menschen sind für andere oftmals eine Quelle der Gefahr. Man hält sie für gereifte Männer und Frauen, vertraut ihnen verantwortungsvolle Aufgaben an und stellt sie an Plätze, wo ihr Einfluß Unschuldige verdirbt.

Selbst die, die ernsthaft bestrebt sind, ihr Leben zu verändern, sind über die Gefahr des Mißerfolgs nicht erhaben. Sie sollten deshalb mit großer Weisheit und großem Einfühlungsvermögen behandelt werden. Die Neigung, die in den Vordergrund zu stellen und ihnen zu schmeicheln, die aus tiefsten Tiefen gerettet worden sind, führt manchmal zu ihrem Verderben. Die Gepflogenheit, Männer und Frauen dazu einzuladen, öffentlich über die Erfahrungen ihres früheren Lebens in Sünde zu berichten, birgt viele Gefahren für Sprecher wie Hörer. Sich mit den Erfahrungen des Bösen ausgiebig zu beschäftigen, verdirbt Geist und Seele, und die Geretteten derart in den Blickpunkt der Öffentlichkeit zu rücken, ist für sie schädlich. Viele werden dadurch zu dem Gefühl veranlaßt, daß ihnen ihr früheres Leben voller Sünde eine gewisse Auszeichnung vor anderen verschafft hat. Eine Liebe zu ihrer traurigen Berühmtheit und ein Geist des übersteigerten Selbstvertrauens werden genährt, die sich als verheerend für die Seele erweisen. Nur in einem gesunden Mißtrauen gegenüber sich selbst und in der Abhängigkeit von der Gnade Christi können sie bestehen.

Alle, die die Veränderung ihres Lebens dauerhaft beweisen, sollten dazu ermutigt werden, für andere tätig zu werden. Niemand darf eine Seele abweisen, die den Dienst für Satan zugunsten des Dienstes für Christus quittiert. Wenn jemand deutlich erkennen läßt, daß der Geist Gottes an ihm arbeitet, dann ermutigt ihn auf jede Weise, in den Dienst für den Herrn einzutreten: "Und erbarmt euch derer, die zweifeln." Judas 22.

Diejenigen, die an der Weisheit teilhaben, die von Gott kommt, werden Seelen erkennen, die Hilfe benötigen, die zwar aufrichtig bereut haben, aber ohne entsprechende Ermutigung kaum wagen würden zu hoffen. Der Herr wird den Herzen seiner Diener eingeben, diese zitternden, reuevollen Menschen in ihrem Kreis der Nächstenliebe willkommen zu heißen. Was auch immer ihre Lieblingssünden waren, wie tief sie auch gefallen sein mögen -- wenn sie reuevoll zu Christus kommen, nimmt er sie an. Gebt ihnen dann eine Aufgabe für Jesus. Wenn sie dafür arbeiten wollen, andere aus dem Verderben zu ziehen, aus dem sie selbst gerettet wurden, dann gebt ihnen hierzu Gelegenheit. Bringt sie mit erfahrenen Christen in Kontakt, damit sie an geistlicher Stärke zunehmen. Füllt ihre Herzen und Hände mit Arbeit für den Meister.

Wenn das Licht Gottes in die Seele leuchtet, werden einige, die der Sünde besonders ergeben waren, zu erfolgreichen Missionaren gerade unter solchen Sündern, wie sie selbst es früher waren. Aufgrund ihres Glaubens an Christus werden einige von ihnen in hohe Dienststellen aufsteigen und mit Verantwortung in der Arbeit der Seelenrettung betraut. Sie sehen deutlich, wo ihre eigene Schwäche liegt, und sie erkennen die Gefallenheit ihrer Natur. Sie wissen um die Stärke der Sünde und die Macht übler Gewohnheiten. Sie sehen ihre Unfähigkeit ein, ohne Christi Hilfe zu überwinden, und ihr beständiger Gebetsruf lautet: "Ich gebe meine hilflose Seele dir, Herr, anheim."

Diese Menschen können anderen helfen. Wer selbst versucht und geprüft worden ist, wessen Hoffnung fast gänzlich zerstört war, wer aber durch das Hören einer Botschaft der Liebe gerettet wurde, der kann die hohe Kunst der Seelenrettung begreifen. Wessen Herz mit Liebe zu Christus erfüllt ist, weil er selbst vom Heiland gesucht und zur Herde zurückgebracht worden ist, der weiß, wie man die Verlorenen findet. Er kann Sündern das Lamm Gottes zeigen. Er hat sich rückhaltlos Gott übergeben und ist in dessen geliebtem Sohn angenommen worden. Die Hand, die sich in ihrer Schwachheit nach Hilfe ausstreckte, wurde ergriffen. Durch den Dienst solcher Menschen werden viele Verlorene zum Vater gebracht.

Für jede Seele, die danach strebt, sich aus einem Leben in Sünde zu einem Leben in Reinheit zu erheben, liegt das Geheimnis der Kraft in dem einzigen Namen unter dem Himmel, der den Menschen gegeben ist, darin selig zu werden. Vgl. Apostelgeschichte 4,12. "Wen da dürstet" nach Hoffnung, die zur Ruhe kommen läßt, und nach Befreiung von sündigen Neigungen, zu dem sagt Jesus: "Komm zu mir und trinke!" Johannes 7,37. Das einzige Mittel gegen die Sucht besteht in der Gnade und Kraft Christi.

Die guten Entschlüsse, die man aus eigener Anstrengung faßt, fruchten nichts. Selbst alle Gelübde dieser Welt können die Macht übler Gewohnheiten nicht brechen. Niemals wird ein Mensch Mäßigkeit in allen Dingen üben, bevor nicht sein Herz durch die göttliche Gnade erneuert ist. Aus eigener Kraft können wir uns nicht einen Moment lang von der Sünde fernhalten; vielmehr sind wir darin jeden Augenblick von Gott abhängig.

Die wahre Lebensreform beginnt mit einer Reinigung der Seele. Unser Werk für die Süchtigen wird nur dann wirklich Erfolg haben, wenn die Gnade Christi den Charakter umformt und die Seele in eine lebendige Verbindung mit Gott gebracht wird.

Christus führte ein Leben vollkommenen Gehorsams gegenüber Gottes Gesetz und gab damit ein Vorbild für jeden Menschen. Das Leben, das er auf dieser Erde führte, sollen wir durch seine Kraft und unter seiner Leitung auch führen.

Bei unserer Arbeit für die in Sünde Gefallenen sollen die Anforderungen des Gesetzes Gottes und die Notwendigkeit des Gehorsams ihm gegenüber in Sinn und Herz gelegt werden. Versäumt es nie zu zeigen, daß sich der, der Gott dient, von dem, der ihm nicht dient, klar unterscheidet. Gott ist Liebe, aber er kann eine willentliche Mißachtung seiner Gebote nicht entschuldigen. Die Verfügungen seiner Herrschaft sind dergestalt, daß die Menschen den Konsequenzen ihres Ungehorsams nicht entfliehen werden. Nur die, die ihm die Ehre geben, kann Gott auch ehren. Wie der Mensch auf dieser Welt lebt, das entscheidet über sein Schicksal in der Ewigkeit. Was er gesät hat, muß er dann auch ernten. Jeder Ursache wird die entsprechende Wirkung folgen.

Nur vollkommener Gehorsam kann den Anforderungen Gottes entsprechen. Über diese Anforderungen hat er uns nicht im unklaren gelassen. All seine Verordnungen haben nur das eine Ziel: den Menschen in Harmonie zu ihm zu bringen. Wir sollen Sünder auf Gottes Ideal des Charakters hinweisen und sie zu Christus führen. Nur durch dessen Gnade kann dieses Ideal erreicht werden.

Der Heiland nahm die Schwächen des Menschseins auf sich und führte dabei ein sündloses Leben, damit die Menschen nicht zu fürchten brauchten, daß sie wegen der Schwachheit der menschlichen Natur nicht überwinden könnten. Christus kam, um uns zu "Teilhabern an der göttlichen Natur" zu machen, und sein Leben bezeugt, daß Menschlichkeit, wenn sie mit Göttlichkeit verknüpft ist, keine Sünde begeht.

Der Heiland überwand, um jedem Menschen zu zeigen, wie auch er überwinden kann. Allen Versuchungen Satans begegnete Christus mit dem Wort Gottes. Durch sein Vertrauen auf Gottes Verheißungen empfing er die Kraft zum Gehorsam gegenüber Gottes Geboten, und der Versucher konnte keine Überlegenheit erringen. Auf jede Versuchung lautete Jesu Antwort: "Es steht geschrieben." So hat Gott auch uns sein Wort gegeben, um damit dem Bösen zu widerstehen. Überaus große und kostbare Verheißungen sind uns dafür gegeben, daß wir "Anteil bekommen an der göttlichen Natur", die wir "entronnen sind der verderblichen Begierde in der Welt". 2.Petrus 1,4.

Bittet den Versuchten, nicht auf die Umstände, die Schwachheit seiner selbst oder die Macht der Versuchung zu sehen, sondern auf die Kraft des Wortes Gottes. Dessen ganze Macht steht für uns bereit. "Dein Wort", sagt der Psalmist, "behalte ich in meinem Herzen, damit ich nicht wider dich sündige." Psalm 119,11. "Im Treiben der Menschen bewahre ich mich vor gewaltsamen Wegen durch das Wort deiner Lippen." Psalm 17,4.

Sprecht den Menschen Mut zu, erhebt sie im Gebet zu Gott. Viele, die von Versuchung überwunden worden sind, empfinden tiefe Niedergeschlagenheit, und sie meinen, für sie sei es vergeblich, sich Gott zu nahen; aber solche Gedanken stammen von Satan. Wenn sie gesündigt haben und deshalb meinen, nicht beten zu können, dann sagt ihnen, daß gerade das die Zeit ist zu beten. Sie können beschämt und tief gedemütigt sein -- wenn sie gleichzeitig ihre Sünden bekennen, dann wird der, der treu und gerecht ist, ihre Sünden vergeben und sie von aller Ungerechtigkeit reinigen.

Nichts ist anscheinend hilfloser, in Wahrheit aber weniger besiegbar, als eine Seele, die ihre Nichtigkeit erkennt und deshalb völlig den Verdiensten des Heilands vertraut. Durch Gebet und das Studium seines Wortes, durch den Glauben an Christi beständige Gegenwart kann selbst der schwächste Mensch in Verbindung mit dem lebendigen Erlöser leben, und seine Hand wird ihn niemals loslassen.

Die folgenden kostbaren Bibelworte kann jede Seele, die in Christus bleibt, zu ihren eigenen machen. Sie kann sagen:

"Ich aber will auf den Herrn schauen und harren auf den Gott meines Heils; mein Gott wird mich erhören. Freue dich nicht über mich, meine Feindin! Wenn ich auch darniederliege, so werde ich wieder aufstehen; und wenn ich auch im Finstern sitze, so ist doch der Herr mein Licht." Micha 7,7.8.

"Er wird sich unser wieder erbarmen, unsere Schuld unter die Füße treten und alle unsere Sünden in die Tiefen des Meeres werfen." Micha 7,19.

Gott hat verheißen: "Ich will, daß ein Mann kostbarer sein soll als feinstes Gold und ein Mensch wertvoller als Goldstücke aus Ofir." Jesaja 13,12.

"Wenn ihr zu Felde liegt, glänzt es wie Flügel der Tauben, die wie Silber und Gold schimmern." Psalm 68,14.

Diejenigen, denen Christus am meisten vergeben hat, werden ihn am meisten lieben. Es werden die sein, die am Jüngsten Tag seinem Thron am nächsten stehen. Sie werden "... sein Angesicht sehen, und sein Name wird an ihren Stirnen sein". Offenbarung 22,4.