Auf den Spuren des großen Arztes

Kapitel 13

Die hilflosen Armen

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Wenn alles getan wurde, was getan werden konnte, um den Armen Hilfe zur Selbsthilfe zu gewähren, bleiben doch noch die Witwen und Waisen, die Alten, die Hilflosen und die Kranken, die Mitgefühl und Fürsorge beanspruchen; sie sollten niemals vernachlässigt werden. Gott selbst hat sie nämlich der Barmherzigkeit, Liebe und freundlichen Fürsorge aller anvertraut, die er zu seinen Dienern gemacht hat.

Die Glaubensfamilie

"Darum, solange wir noch Zeit haben, laßt uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen." Galater 6,10.

In gewissem Sinn hat Christus seiner Gemeinde die Pflicht auferlegt, für die Bedürftigen in ihren eigenen Reihen zu sorgen. Er läßt es zu, daß seine Armen in jeder Gemeinde vertreten sind; sie sollen immer unter uns sein, und er verpflichtet die Gemeindeglieder, jeden persönlich, für sie zu sorgen.

Wie die Mitglieder einer biologischen Familie füreinander sorgen, also die Kranken versorgen, die Schwachen unterstützen, die Unwissenden anleiten und die Unerfahrenen trainieren, so soll die Glaubensfamilie für ihre bedürftigen und hilflosen Mitglieder sorgen. Auf keinen Fall dürfen diese vernachlässigt werden.

Witwen und Waisen

Die Witwen und Waisen genießen die besondere Fürsorge des Herrn: "Ein Vater der Waisen und ein Helfer der Witwen ist Gott in seiner heiligen Wohnung." Psalm 68,6.

"Denn der dich gemacht hat, ist dein Mann -- Herr Zebaoth ist sein Name --, und dein Erlöser ist der Heilige Israels, der aller Welt Gott genannt wird." Jesaja 54,5.

"Verlaß nur deine Waisen, ich will sie am Leben erhalten, und deine Witwen sollen auf mich hoffen." Jeremia 49,11.

Viele Väter sind, wenn sie sterben und deshalb ihre Lieben verlassen mußten, im Glauben an Gottes Verheißung gestorben, daß er für diese sorgen werde. Und der Herr sorgt für die Witwen und Waisen, nicht durch ein Wunder wie das Manna vom Himmel oder etwa Raben, die die Nahrung bringen, sondern durch ein am menschlichen Herz wirkendes Wunder, das die Selbstsucht vertreibt und die Quellen christlicher Nächstenliebe aufschließt. Er vertraut seinen Nachfolgern die Geplagten und Hinterbliebenen als eine kostbare Gabe an; sie haben auf das entschiedenste Anspruch auf unser Mitgefühl.

In komfortabel ausgestatteten Heimen, in Vorratsspeichern, die mit reichen Ernten angefüllt sind, in Kleiderlagern und Tresoren hat Gott Mittel zur Unterstützung dieser Bedürftigen bereitgelegt. Er fordert uns auf, Kanäle seiner Gaben zu sein.

So manche Witwe und Mutter vaterloser Kinder kämpft tapfer darum, ihre nun doppelt schwere Bürde tragen zu können; die harte Arbeit, die sie tut, um ihre Kinder bei sich zu behalten und zu versorgen, übersteigt ihre Kräfte oft bei weitem. Nur noch wenig Zeit bleibt ihr für deren Erziehung und Unterrichtung, nur wenige Gelegenheiten, ihnen Erlebnisse zu verschaffen, die ihr Leben erhellen. Sie braucht deshalb Ermutigung, Mitgefühl und finanzielle sowie praktische Hilfe.

Gott fordert uns auf, diesen Kindern, so gut wir können, die fehlende väterliche Fürsorge zu leisten. Helft ihnen in jeder nur möglichen Weise, anstatt abseits zu stehen und euch über ihre Fehler und die Mühe zu beklagen, die sie womöglich verursachen. Seid bestrebt, der von Sorgen geplagten Mutter zu helfen; erleichtert ihre Lasten.

Außerdem gibt es sehr viele Kinder, denen das elterliche Vorbild und der charakterformende Einfluß eines christlichen Heims gänzlich fehlen. Christen sollen ihre Herzen und Heime für diese Hilflosen öffnen. Das Werk, das Gott ihnen als ihre Pflicht aufgetragen hat, sollte nicht auf eine Wohltätigkeitsinstitution abgewälzt oder gar den Zufällen weltlicher Fürsorge überlassen werden. Wenn die Kinder keine Verwandten haben, die für sie sorgen können, sollen die Gemeindeglieder ihnen ein Zuhause geben. Unser Schöpfer bestimmte, daß wir familienweise zusammenleben sollen, und die Persönlichkeit des Kindes wird sich in der liebevollen Atmosphäre eines christlichen Heims am besten entwickeln.

Viele, die keine eigenen Kinder haben, könnten mit der Fürsorge für die Kinder anderer ein gutes Werk tun. Anstatt ihre Aufmerksamkeit Haustieren zuzuwenden und diese stummen und nicht vernunftbegabten Geschöpfe mit Gefühlen zu überhäufen, sollten sie sich kleiner Kinder annehmen, deren Charaktere sie nach dem Bild Gottes formen können. Schenkt eure Liebe den Mitgliedern der Menschheitsfamilie, die kein Heim haben. Überdenkt, wie viele dieser Kinder ihr zur Erziehung und Ermahnung durch den Herrn aufnehmen könnt. Dadurch werdet ihr auch selbst reichlich gesegnet.

Die Alten

Auch die Alten brauchen die Geborgenheit einer Familie. In einem Heim von Brüdern und Schwestern in Christus kann der Verlust ihres eigenen Heims fast vollständig ersetzt werden. Wenn sie dazu ermutigt werden, an den Interessen und Beschäftigungen der Haushaltsmitglieder Anteil zu nehmen, hilft ihnen dies zu sehen, daß sie immer noch nützlich sind. Laßt sie fühlen, daß ihre Hilfe geschätzt wird, daß es für sie im Dienst für andere immer noch etwas zu tun gibt; dies wird ihr Herz erfreuen und ihrem Leben Sinn geben.

Laßt jene, deren graues Haar und gebrechliche Schritte anzeigen, daß sie bald sterben müssen, so lange wie möglich bei Freunden und in familiären Verbindungen bleiben. Laßt sie Gottesdienst mit denen halten, die sie gekannt und geliebt haben. Laßt sie von liebevollen und gefühlvollen Händen gepflegt werden.

Wenn irgend möglich, sollte es das Vorrecht der Mitglieder jeder Familie sein, ihre eigenen Verwandten zu versorgen. Ist dies unmöglich, wird es Aufgabe der Gemeinde und sollte sowohl als ein Vorrecht als auch als eine Pflicht angenommen werden. Alle, die den Geist Christi aufweisen, werden den Schwachen und Alten liebevolle Aufmerksamkeit entgegenbringen.

Die Anwesenheit eines solchen hilfsbedürftigen Menschen in unseren Heimen ist eine kostbare Gelegenheit, mit Christus in seinem Dienst der Barmherzigkeit zusammenzuarbeiten und Charakterzüge zu entwickeln, die ihm ähnlich sind. Außerdem liegt in der Verbindung alter und junger Menschen ein Segen. Die Jungen können Sonnenschein in Herz und Leben der Alten bringen; die Alten, deren Anteil an den Lebensvorgängen langsam abnimmt, brauchen den Segen des Kontakts mit der Hoffnung und dem Elan der Jugend. Und den Jungen kann die Weisheit und Erfahrung der Alten helfen. Vor allem aber müssen sie die Lektion selbstlosen Dienens lernen. Die Anwesenheit von jemandem, der Mitgefühl, Nachsicht und opferbereite Liebe braucht, wäre für viele Haushalte ein unschätzbarer Segen. Sie würde das häusliche Leben verschönern und verfeinern und bei jung und alt jene christlichen Umgangsformen fördern, die aus der göttlichen Freundlichkeit und dem unvergänglichen Schatz des Himmels stammen.

Eine Prüfung des Charakters

"Ihr habt allezeit Arme bei euch", sagte Christus, "und wenn ihr wollt, könnt ihr ihnen Gutes tun." Markus 14,7.

"Ein reiner und unbefleckter Gottesdienst vor Gott, dem Vater, ist der: die Waisen und Witwen in ihrer Trübsal besuchen und sich selbst von der Welt unbefleckt halten." Jakobus 1,27.

Christus prüft alle, die sich seine Nachfolger nennen, indem er ihnen Hilflose und Arme anvertraut, die auf ihre Fürsorge angewiesen sind. Durch unsere Liebe und unseren Dienst für diese bedürftigen Gotteskinder erweisen wir die Echtheit unserer Liebe zu Gott. Diese Bedürftigen zu vernachlässigen würde bedeuten, uns zu falschen Jüngern zu erklären, denen Christus und seine Liebe fremd sind.

Wenn alles getan würde, was getan werden könnte, um für Waisenkinder ein Heim bei Familien zu schaffen, blieben dennoch sehr viele übrig, die Fürsorge benötigen. Viele von ihnen haben ein schlechtes Erbgut mitbekommen. Sie scheinen nicht sehr vielversprechend, wirken oftmals abstoßend und verdorben, aber sie sind durch Christi Blut erkauft und in seinen Augen ebenso wertvoll wie unsere eigenen Kinder. Wenn keine helfende Hand nach ihnen ausgestreckt wird, wachsen sie in Unwissenheit auf und schlittern in Laster und Kriminalität. Viele dieser Kinder könnten durch das Werk von Waisenhäusern vor einem solchen Schicksal bewahrt werden.

Solche Einrichtungen sollten, um möglichst erfolgreich zu sein, so weit wie möglich gemäß dem Plan für ein christliches Heim gestaltet werden. Anstatt viele Kinder in Großorganisationen zusammenzufassen, sollten kleine Einrichtungen auf verschiedene Orte verteilt werden. Diese sollten zudem nicht in oder nahe bei einer Stadt oder Großstadt gelegen sein, sondern auf dem Lande, wo man Boden für eine Landwirtschaft erwerben kann. Dort können die Kinder eine Beziehung zur Natur entwickeln und die Vorteile einer handwerklichen Ausbildung genießen.

Die Leiter solcher Heime sollten Männer und Frauen sein, die weitherzig, rücksichtsvoll und opferbereit sind, Männer und Frauen, die dieses Werk aus Liebe zu Christus auf sich nehmen und die Kinder für Ihn erziehen. Unter einer solchen Fürsorge können viele Waisen und Vernachlässigte darauf vorbereitet werden, nützliche Mitglieder der Gesellschaft zu sein, Christus zur Ehre zu gereichen und ihrerseits anderen zu helfen.

Viele verachten Sparsamkeit, weil sie sie mit Geiz und Engstirnigkeit verwechseln. Sparsamkeit ist jedoch mit ausgeprägtester Freigebigkeit vereinbar. Ja, ohne Sparsamkeit kann es gar keine wahre Freigebigkeit geben. Wir müssen sparen, um geben zu können.

Niemand kann wahre Wohltätigkeit üben ohne Bereitschaft zum Verzicht. Nur bei einem Leben in Einfachheit, strenger Sparsamkeit und Opferbereitschaft ist es uns möglich, das Werk zu vollbringen, das uns als Vertreter Christi aufgetragen ist. Stolz und weltlicher Ehrgeiz müssen aus unseren Herzen entfernt werden. In unserer ganzen Arbeit soll der Grundsatz der Selbstlosigkeit, wie er sich im Leben Christi erwiesen hat, sichtbar werden. An den Wänden unserer Heime, auf den Bildern und an den Möbeln soll man lesen können: "Die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus!" Jesaja 58,7.

An unseren Kleiderschränken soll wie mit dem Finger Gottes geschrieben sein: "Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn!" Jesaja 58,7.

Im Eßzimmer, auf dem mit reichlichen Speisen beladenen Eßtisch, sollte zu lesen sein: "Solltest du nicht dem Hungrigen dein Brot brechen?" (Jesaja 58,7; abgewandelt).

Tausend Türen stehen uns offen, um nützliche Werke zu tun. Oft klagen wir über die geringen verfügbaren Mittel. Aber wenn Christen wirklich ernst machten, könnten sie diese Mittel vertausendfachen. Selbstsucht und Maßlosigkeit in den eigenen Wünschen verhindern, daß Gott uns gebrauchen kann.

Welch ein Vermögen wird oft für Dinge ausgegeben, die bloße Götzen sind. Sie beanspruchen Gedanken, Zeit und Energie, die einem höheren Zweck zugewandt werden sollten! Wieviel Geld wird für teure Häuser und Möbel, selbstsüchtige Vergnügungen, üppige und ungesunde Nahrungsmittel und schädlichen Luxus verschleudert! Wieviel wird für Geschenke verschwendet, die niemandem nützen! Für Dinge, die nicht gebraucht werden und oft schädlich sind, geben vermeintliche Christen heute mehr, ja ein vielfaches mehr aus als dafür, Seelen vor dem Versucher zu retten.

Viele vorgebliche Christen verbrauchen soviel Geld für ihre Garderobe, daß nichts mehr für die Bedürfnisse anderer übrigbleibt. Sie bilden sich ein, kostbaren Schmuck und teure Kleidung haben zu müssen, ohne Rücksicht auf die Bedürftigkeit jener zu nehmen, die sich nur unter Schwierigkeiten mit den einfachsten Kleidungsstücken ausstatten können.

Meine Schwestern, wenn ihr eure Bekleidungsgewohnheiten in Übereinstimmung mit den Regeln der Bibel brächtet, hättet ihr reichlich, womit ihr euren ärmeren Schwestern helfen könntet. Ihr hättet dann nicht nur Mittel übrig, sondern auch Zeit. Gerade diese wird am meisten gebraucht. Es gibt nämlich viele, denen ihr mit euren Vorschlägen, eurem Taktgefühl und eurer Geschicklichkeit helfen könntet. Zeigt ihnen, wie man sich einfach und doch geschmackvoll kleidet. Viele Frauen bleiben der Gemeinde fern, weil ihre abgetragene und schlecht sitzende Kleidung einen riesigen Kontrast zu der anderer Frauen darstellt. Viele empfindliche Frauen hegen wegen dieses Gegensatzes Gefühle der Scham und bitterer Ungerechtigkeit. Dies führt manche sogar dazu, an der Wahrheit des Wortes zu zweifeln und ihre Herzen gegen das Evangelium zu verhärten.

Christus gebietet uns: "Sammelt die übrigen Brocken, damit nichts umkommt." Johannes 6,12. Während täglich Tausende an Hunger, in Kriegen, Brandkatastrophen und Epidemien sterben, sollte jeder Freund der Menschen darauf achten, daß nichts verschwendet und nichts nutzlos ausgegeben wird, womit einem Menschen geholfen werden könnte.

Es ist unrecht, unsere Zeit zu verschwenden, und unrecht, unsere Gedanken zu vergeuden. Wir verlieren jeden Augenblick, den wir der Selbstsucht widmen. Wenn jede Minute geschätzt und sinnvoll genutzt würde, sollten wir Zeit für alles haben, was wir für uns und für die Welt tun müssen. In der Verwendung von Geld, im Gebrauch von Zeit, Kraft und Gelegenheiten sollte jeder Christ auf Gott sehen und sich von ihm führen lassen. "Wenn es aber jemandem unter euch an Weisheit mangelt, so bitte er Gott, der jedermann gern gibt und niemanden schilt; so wird sie ihm gegeben werden." Jakobus 1,5.

"Tut Gutes und leiht, wo ihr nichts dafür zu bekommen hofft. So wird euer Lohn groß sein, und ihr werdet Kinder des Allerhöchsten sein; denn er ist gütig gegen die Undankbaren und Bösen ... Gebt, so wird euch gegeben." Lukas 6,35.38.

"Wer ... seine Augen abwendet, der wird von vielen verflucht", aber "wer dem Armen gibt, dem wird nichts mangeln". Sprüche 28,27.

"Gebt, so wird euch gegeben. Ein volles, gedrücktes, gerütteltes und überfließendes Maß wird man in euren Schoß geben". Lukas 6,38.