Auf den Spuren des großen Arztes

Kapitel 17

Der Gebrauch von Heilmitteln

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Krankheit tritt nie ohne eine Ursache auf. Vielmehr wird ihr durch die Mißachtung der Gesundheitsgesetze der Weg bereitet, wird sie dadurch geradezu eingeladen. Manche leiden als Folge eines Fehlverhaltens ihrer Eltern. Nun sind sie nicht verantwortlich dafür, was ihre Eltern getan haben. Doch es ist ihre Pflicht, herauszufinden, womit ihre Eltern gegen die Gesundheitsgesetze verstoßen haben. Die falschen Gewohnheiten ihrer Eltern sollten sie dann vermeiden und für sich selbst durch eine richtige Lebensweise bessere Voraussetzungen schaffen.

Die Mehrheit jedoch leidet aufgrund ihrer eigenen falschen Lebensweise. Sie mißachten mit ihren Eß-, Trink-, Bekleidungs- und Arbeitsgewohnheiten die Gesundheitsprinzipien. Ihre Übertretung der Naturgesetze wird unwiderrufliche Folgen haben; wenn sich die Krankheit dann einstellt, erkennen viele nicht die wahre Ursache ihres Leidens, sondern hadern deswegen mit Gott. Aber Gott ist nicht für das Leid verantwortlich, das aus einer Mißachtung der Naturgesetze folgt.

Gott hat uns mit einer bestimmten Menge an Lebenskraft ausgestattet. Außerdem hat er uns mit Organen für die verschiedenen Lebensfunktionen geschaffen und will, daß diese Organe harmonisch zusammenwirken. Wenn wir die Lebenskraft sorgfältig bewahren und den komplizierten Mechanismus unseres Körpers in Ordnung halten, so hat dies ein Gesundbleiben zur Folge; wenn aber die Lebenskraft überbeansprucht wird, holt sich das Nervensystem Kraft aus den Energiereserven, und wenn ein Organ Schaden nimmt, leiden auch alle anderen darunter. Der Körper erträgt viel Mißbrauch scheinbar ohne Reaktion. Doch wenn die Toleranzgrenze überschritten ist, meldet er sich zu Wort und strengt sich mit Nachdruck an, die Auswirkungen der erlittenen Mißhandlung zu beseitigen. Im Zuge des Bemühens, diese Fehler zu korrigieren, kommt es häufig zu Fieber und verschiedenen anderen Krankheitssymptomen.

Heilmittel des gesunden Menschenverstandes

Wenn der Raubbau an der Gesundheit so lange fortgesetzt wird, daß sich eine ernste Krankheit einstellt, gibt es manches, was der Leidende selbst für sich tun muß, da es sonst niemand für ihn tun kann. Zunächst muß die genaue Art der Erkrankung festgestellt werden; anschließend geht es an das Herausfinden und die Beseitigung der Ursachen. Wenn das harmonische Zusammenwirken der Körperfunktionen durch Überarbeitung, übermäßiges Essen oder andere Regelverletzungen außer Kontrolle geraten ist, kann man die Schwierigkeiten nicht dadurch beheben, daß man den Körper auch noch mit giftigen Medikamenten vollstopft.

Oft ist maßloses Essen die Krankheitsursache, und was die Natur hier am dringendsten benötigt, ist eine Gewichtsabnahme. In vielen Krankheitsfällen besteht das beste Heilmittel für den Patienten darin, während einer oder zwei Mahlzeiten zu fasten, so daß die überbeanspruchten Verdauungsorgane Gelegenheit zur Regeneration erhalten. Geistig Arbeitenden hat eine mehrtägige Obstdiät schon oft große Linderung gebracht. Häufig hat auch eine kurze Zeit des kontrollierten Fastens mit anschließender einfacher und maßvoller Ernährung zu einer Aktivierung der natürlichen Heilkräfte und schließlich zur Genesung geführt. Eine Reduktionsdiät von einem oder zwei Monaten Dauer würde viele Kranke davon überzeugen, daß der Weg des freiwilligen Verzichtens zugleich der Weg zur Gesundheit ist.

Ruhe als Heilmittel

Manche machen sich durch Überarbeitung selbst krank. Für sie sind Ruhe, Sorgenfreiheit und ein sparsames Essen zur Gesundung wesentlich. Wer wegen beständigen Arbeitens und räumlicher Beengtheit geistig erschöpft und nervös ist, dem hilft am meisten ein Aufenthalt auf dem Lande, wo er einfach und sorgenfrei leben und die Schönheit der Natur wiederentdecken kann. Durch Felder und Wälder streifen, Blumen pflücken und dem Zwitschern der Vögel zuhören, all das wird der Genesung wesentlich zuträglicher sein als irgendein anderes Heilmittel.

Wasseranwendungen

Für Gesunde wie Kranke ist reines Wasser eine der erlesensten Segnungen des Himmels. Sein richtiger Gebrauch fördert die Gesundheit. Es ist das Getränk, das Gott zur Stillung des Durstes von Tieren wie Menschen bereitet hat. Reichlich getrunken, hilft es dem Körper, seine Bedürfnisse zu befriedigen, und Erkrankungen zu widerstehen. Die äußerliche Anwendung von Wasser stellt einen der leichtesten und erfolgreichsten Wege zur Regulierung der Blutzirkulation dar. Ein kaltes oder kühles Bad ist ein hervorragendes Stärkungsmittel. Warme Bäder öffnen die Poren und helfen so bei der Entgiftung des Körpers. Warme und laue Bäder beruhigen die Nerven und kräftigen den Blutkreislauf.

Viele jedoch haben die wohltätigen Wirkungen des richtigen Gebrauchs von Wasser nie erfahren; sie fürchten sich davor. Wasseranwendungen können gar nicht hoch genug geschätzt werden, aber ihre sorgfältige Handhabung erfordert Kenntnisse, über die viele nicht verfügen. Niemand sollte sich jedoch bei diesem Thema wegen Unwissenheit oder Gleichgültigkeit entschuldigt fühlen. Es gibt viele Arten, wie Wasser zur Schmerzlinderung und Krankheitsbekämpfung angewandt werden kann. Jeder sollte sich über einfache häusliche Anwendungsmöglichkeiten informieren. Vor allem die Mütter sollten wissen, wie sie mit Wasseranwendungen in Zeiten der Gesundheit und der Krankheit für ihre Familien sorgen können.

Bewegung

Tätigkeit ist eines unserer Daseinsgesetze. Jedes Körperorgan hat seine ihm zugeordnete Aufgabe, von deren Ausübung seine Entwicklung und Stärke abhängen. Die normale Tätigkeit stärkt und kräftigt das Organ, während eine fehlende Beanspruchung Verfall und Tod begünstigt. Stellt einen Arm für einige Wochen ruhig. Wenn ihr ihn dann wieder gebrauchen wollt, werdet ihr feststellen, daß er schwächer ist als der andere Arm, der die ganze Zeit hindurch normal im Einsatz war. Körperliche Untätigkeit hat dieselben Folgen für die gesamte Muskulatur.

Bewegungsmangel spielt bei vielen Beschwerden eine Rolle. Körperliche Bewegung nämlich beschleunigt und kräftigt die Blutzirkulation; dies unterbleibt bei Bewegungslosigkeit, was den für Leben und Gesundheit so nötigen Stoffwechsel herabsetzt. Auch die Haut wird dann träge. Schadstoffe werden nicht ausgeschieden, wie es geschähe, wenn die Blutzirkulation durch kräftige Bewegung beschleunigt, die Haut in gesundem Zustand erhalten und die Lunge mit viel reiner und frischer Luft versorgt worden wären. Diese Trägheit der Körperfunktionen bürdet den anderen Ausscheidungsorganen eine doppelte Last auf, was Erkrankungen zur Folge hat.

Kranke sollten nicht zu Bewegungslosigkeit ermutigt werden. Wenn es bei jemandem in irgendeiner Richtung zu einer ernstlichen Überbeanspruchung gekommen ist, wird eine zeitweilige völlige Schonung manchmal eine ernsthafte Erkrankung abwenden; im Falle lang andauernder Krankheit aber ist es nur selten notwendig, jegliche Bewegung zu vermeiden.

Wer infolge übermäßiger geistiger Arbeit zusammengebrochen ist, sollte seinem Geist eine Pause gönnen; das sollte aber nicht zu der Annahme verleiten, es sei generell gefährlich, seine Geisteskräfte zu nutzen. Viele Menschen neigen dazu, ihren Zustand schlimmer einzuschätzen, als er tatsächlich ist; diese Gesinnung aber ist der Genesung abträglich und sollte deshalb nicht gefördert werden.

Prediger, Lehrer, Schüler und andere geistig Tätige leiden aufgrund einer starken geistigen Belastung ohne Ausgleich durch körperliche Bewegung oft an Krankheiten.

Was diese Menschen brauchen, ist ein bewegungsreicheres Leben. Etwas reduzierte Arbeitsbelastung, verbunden mit angemessener körperlicher Betätigung, würde die geistige wie körperliche Kraft erhalten und allen geistig Arbeitenden große Ausdauer verleihen.

Wenn jemand seine körperlichen Kräfte überbeansprucht hat, sollte er nicht dazu ermutigt werden, körperliche Arbeit nun gänzlich zu meiden. Statt dessen sollte die Arbeit, um möglichst zuträglich zu sein, systematisch angelegt und angenehm sein. Bewegung im Freien ist das beste; sie sollte so geplant werden, daß sie die geschwächten Organe durch ihren Einsatz stärkt. Und das Herz sollte dabei sein, die Arbeit der Hände sollte nie zu stumpfsinniger Plackerei werden.

Wenn Kranke nichts haben, was ihre Zeit und Aufmerksamkeit beansprucht, kreisen ihre Gedanken nur um sich selbst. So entwickeln sie in ihrer Vorstellung weitere Krankheiten und werden unleidlich. Sie hängen ihren schlechten Gedanken nach, bis sie sich für wesentlich kranker halten, als sie in Wirklichkeit sind, und verlieren schließlich jeden Antrieb zur Besserung.

In allen diesen Fällen würde sich eine gut angeleitete körperliche Bewegung als wirkungsvolles Heilmittel erweisen. In einigen Fällen ist sie sogar zur Genesung unerläßlich. Mit der Arbeit der Hände wächst auch die Willenskraft, und was diese Kranken brauchen, ist eine Stärkung ihres Willens. Wenn der Wille schwach ist, wächst um so mehr die Einbildungskraft, und dies macht es unmöglich, eine Krankheit zu heilen.

Untätigkeit stellt für die meisten Kranken den größtmöglichen Fluch dar. Leichte Beschäftigung mit nützlicher Arbeit, die Geist oder Körper nicht zu sehr beansprucht, entfaltet auf beide einen günstigen Einfluß. Sie beansprucht die Muskeln, verbessert die Blutzirkulation und vermittelt dem Kranken die Erkenntnis, daß er in dieser geschäftigen Welt nicht gänzlich nutzlos ist. Zuerst mag er noch wenig leisten, aber bald wird er spüren, wie seine Kraft zunimmt, und dann können die Anforderungen entsprechend vergrößert werden.

Bewegung hilft bei Verdauungsstörungen, indem sie den Verdauungsorganen einen gesunden Anreiz gibt. Schwere geistige oder körperliche Tätigkeit unmittelbar nach dem Essen beeinträchtigt die Stoffwechselfunktionen, aber ein kurzer Spaziergang nach einer Mahlzeit, mit erhobenem Kopf und in aufrechter Haltung, ist von großem Nutzen.

Trotz allem, was über die Wichtigkeit körperlicher Bewegung gesagt und geschrieben worden ist, wird sie von vielen immer noch vernachlässigt. Einige entwickeln Übergewicht, weil ihr Stoffwechsel nicht mehr funktioniert. Andere werden schmächtig und schwach, weil ihre Lebenskräfte durch die Bewältigung eines Übermaßes an Nahrung aufgezehrt werden. Die Entgiftungsfunktion der Leber wird dadurch überlastet, was Erkrankungen zur Folge hat.

Menschen mit sitzender Lebensweise sollten sich, wenn es das Wetter erlaubt, im Sommer wie im Winter täglich im Freien bewegen. Gehen ist dem Radfahren vorzuziehen, weil es mehr Muskeln beansprucht. Die Lungen werden kräftig aktiviert, da es unmöglich ist, rasch zu gehen, ohne tief zu atmen.

Solche Bewegung wäre in vielen Fällen für die Gesundheit hilfreicher als Arzneimittel. Oft raten Ärzte ihren Patienten um eines Klimawechsels willen zu einer Schiffsreise, zum Besuch einer Heilquelle oder zum Aufenthalt in fremden Gegenden. In den meisten Fällen könnten diese Kranken schon durch Maßhalten beim Essen und regelmäßige körperliche Bewegung genesen und auf diese Weise Zeit und Geld sparen.