Auf den Spuren des großen Arztes

Kapitel 36

Die Gefahr spekulativer Erkenntnis

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Eines der größten Übel, das mit der Suche nach Erkenntnis und den Forschungen der Wissenschaft einhergeht, ist die Neigung, den menschlichen Verstand und seine Möglichkeiten zu hoch zu bewerten.

Viele meinen, daß sie den Schöpfer und seine Werke anhand ihrer eigenen unvollständigen wissenschaftlichen Erkenntnis beurteilen könnten. Sie möchten die Natur, die Eigenschaften und die Vorrechte Gottes in ihr Denkschema pressen, und schwelgen in spekulativen Theorien über den Unendlichen. Wer sich mit derlei Studien beschäftigt, betritt verbotenen Grund. Seine Forschung wird keine wertvollen Ergebnisse bringen und kann nur um den Preis ernster Gefahr für die Seele betrieben werden.

Unsere ersten Eltern gerieten unter die Macht der Sünde, weil sie dem Wunsch nach einer Erkenntnis nachgaben, die Gott ihnen versagt hatte. Weil sie diese Erkenntnis unbedingt erlangen wollten, verloren sie alles, was wirklich wertvoll war. Wenn Adam und Eva den verbotenen Baum nie berührt hätten, hätte Gott ihnen Erkenntnis verliehen -- Erkenntnis ohne den Fluch der Sünde, Erkenntnis, die ihnen immerwährende Freude gebracht hätte. Alles, was sie erreichten, als sie sich auf den Versucher einließen, war das unmittelbare Erleben der Sünde und ihrer Folgen. Infolge ihres Ungehorsams wurde die Menschheit Gott entfremdet und die Erde vom Himmel getrennt.

Dieser Anschauungsunterricht gilt auch uns. Das Gebiet, auf das Satan unsere ersten Eltern führte, ist dasselbe, auf das er die Menschen auch heute lockt. Er überflutet die Welt mit gefälligen Fabeln. Mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln verleitet er Menschen dazu, in Bezug auf Gott Spekulationen anzustellen. Auf diese Weise versucht er, Gottes wahres Wesen und seinen Charakter zu verschleiern -- und die Menschen gelangen nicht zu der Erkenntnis, die ihre Erlösung bedeuten würde.

Pantheistische Theorien

Heutzutage finden in Ausbildungseinrichtungen und Kirchen überall spiritualistische Lehren Eingang, die den Glauben an Gott und an sein Wort untergraben.

Die Theorie, Gott sei ein Wesensprinzip, von dem die ganze Natur durchdrungen sei, wird von vielen angenommen, die vorgeben, an die Bibel zu glauben; aber diese Theorie ist -- mag sie auch noch so schön verpackt sein -- eine höchst gefährliche Täuschung. Sie stellt Gott falsch dar, verunehrt seine Größe und Majestät, und letztlich trägt sie nicht nur dazu bei, die Menschen zu verführen, sondern auch dazu, sie zu entwürdigen. Dunkelheit ist ihr Element, Sinnlichkeit ihre Sphäre. Ihre Annahme führt zur Trennung von Gott, und für die gefallene menschliche Natur bedeutet das den Untergang.

Infolge der Sünde ist unser Zustand unnatürlich. Die Macht, die uns wiederherstellt, muß deshalb übernatürlich sein, andernfalls ist sie wertlos. Es gibt nur eine Macht, die die Umklammerung der menschlichen Herzen durch das Böse brechen kann, und das ist die Kraft Gottes in Jesus Christus. Nur durch das Blut des Gekreuzigten gibt es Reinigung von Sünden. Allein seine Gnade kann uns dazu befähigen, den Neigungen unserer gefallenen Natur zu widerstehen und sie zu besiegen. Die spiritualistischen Theorien über Gott lassen seine Gnade keine Wirkung mehr haben. Wenn Gott ein die gesamte Natur durchdringendes Wesensprinzip ist, dann wohnt er auch in allen Menschen; und um Heiligkeit zu erlangen, braucht der Mensch dann nur diese ihm innewohnenden Kräfte zu mobilisieren.

Diese Theorien fegen, wenn man sie in ihren logischen Schlußfolgerungen zu Ende denkt, den ganzen christlichen Erlösungsplan hinweg. Sie beseitigen die Notwendigkeit der Versöhnung und lassen den Menschen sich selbst erlösen. Sie machen sein Wort wirkungslos, und wer sie übernimmt, steht in großer Gefahr, schließlich dahin geführt zu werden, daß er die ganze Bibel als Dichtung ansieht. Sie mögen die Tugend für wertvoller halten als das Laster, aber indem sie Gott seiner rechtmäßigen Stellung als unumschränkter Herrscher beraubt haben, verlassen sie sich allein auf menschliche Kraft, die ohne Gott wertlos ist. Wenn der menschliche Wille keine Hilfe bekommt, reicht seine Macht nicht aus, dem Bösen zu widerstehen und es zu überwinden. Die Widerstandskräfte der Seele brechen zusammen. Der Mensch hat dann vor der Sünde keine Hemmung mehr. Wenn die Beschränkungen durch Gottes Wort und seinen Geist einmal zurückgewiesen werden, wissen wir nicht, in welchen Tiefen wir enden werden.

"Alle Worte Gottes sind durchläutert; er ist ein Schild denen, die auf ihn trauen. Tu nichts zu seinen Worten hinzu, daß er dich nicht zur Rechenschaft ziehe und du als Lügner dastehst." Sprüche 30,5.6.

"Den Gottlosen werden seine Missetaten fangen, und er wird mit den Stricken seiner Sünde gebunden." Sprüche 5,22.

Die Erforschung göttlicher Geheimnisse

"Was verborgen ist, ist des Herrn, unseres Gottes; was aber offenbart ist, das gilt uns und unsern Kindern ewiglich." 5.Mose 29,28. Die Offenbarungen seiner selbst, die Gott uns in seinem Wort gegeben hat, dienen unserem Studium. Nach einem Verständnis dieses Wortes dürfen wir streben, aber darüber hinaus sollten wir unsere Wißbegierde im Zaum halten. Mag der höchste Verstand sich bis zur Erschöpfung abmühen, Vermutungen über das Wesen Gottes anzustellen -- das alles wird fruchtlos sein. Dieses Problem übersteigt unser Fassungsvermögen. Kein menschlicher Geist kann das Wesen Gottes erfassen. Und jegliche Spekulationen sind unangebracht. Hier stellt Schweigen Beredsamkeit dar. Der Allwissende ist über jede Diskussion erhaben.

Selbst den Engeln war es nicht erlaubt, an den Unterredungen zwischen Vater und Sohn teilzunehmen, als der Erlösungsplan gefaßt wurde. Menschliche Wesen können noch weniger in die Geheimnisse des Allerhöchsten eindringen. Wir sind über Gott so unwissend wie kleine Kinder; aber als kleine Kinder können wir ihn lieben und ihm gehorchen. Anstatt über seine Natur oder seine Vorrechte zu spekulieren, wollen wir lieber folgenden Worten Beachtung schenken, die er gesprochen hat:

"Meinst du, daß du weißt, was Gott weiß, oder kannst du alles so vollkommen treffen wie der Allmächtige? Die Weisheit ist höher als der Himmel: was willst du tun?, tiefer als die Hölle: was kannst du wissen?, länger als die Erde und breiter als das Meer." Hiob 11,7-9.

"Wo will man aber die Weisheit finden? Und wo ist die Stätte der Einsicht? Niemand weiß, was sie wert ist, und sie wird nicht gefunden im Lande der Lebendigen. Die Tiefe spricht: ‚In mir ist sie nicht'; und das Meer spricht: ‚Bei mir ist sie auch nicht.' Man kann nicht Gold für sie geben noch Silber darwägen, sie zu bezahlen. Ihr gleicht nicht Gold von Ofir oder kostbarer Onyx und Saphir. Gold und edles Glas kann man ihr nicht gleichachten noch sie eintauschen um güldnes Kleinod. Korallen und Kristall achtet man gegen sie nicht; wer Weisheit erwirbt, hat mehr als Perlen. Topas aus Kusch wird ihr nicht gleich geschätzt, und das reinste Gold wiegt sie nicht auf. Woher kommt denn die Weisheit? Und wo ist die Stätte der Einsicht?" Hiob 28,12-20.

"Der Abgrund und der Tod sprechen: ‚Wir haben mit unsern Ohren nur ein Gerücht von ihr gehört.' Gott weiß den Weg zu ihr, er allein kennt ihre Stätte. Denn er sieht die Enden der Erde und schaut alles, was unter dem Himmel ist. Als er dem Wind sein Gewicht gegeben und dem Wasser sein Maß gesetzt, als er dem Regen ein Gesetz gegeben hat und dem Blitz und Donner den Weg: damals schon sah er sie und verkündigte sie, bereitete sie und ergründete sie und sprach zum Menschen: Siehe, die Furcht des Herrn, das ist Weisheit, und meiden das Böse, das ist Einsicht." Hiob 28,22-28.

Weder beim Erforschen der entlegensten Winkel der Erde noch in dem vergeblichen Bemühen, in die Geheimnisse des Wesens Gottes einzudringen, wird man Weisheit finden. Wir finden sie nur, wenn wir die Offenbarung, die Gott uns angeboten hat, demütig entgegennehmen und unser Leben seinem Willen unterordnen. Selbst Menschen mit größtem Verstand können nicht alle Geheimnisse, die Gott in die Natur gelegt hat, erklären.

Die göttliche Inspiration stellt viele Fragen, die selbst der gelehrteste Forscher nicht beantworten kann. Diese Fragen wurden nicht gestellt, damit wir sie beantworten, sondern um unsere Aufmerksamkeit auf die tiefen Geheimnisse Gottes zu richten und uns bewußt zu machen, daß unsere Weisheit begrenzt ist und daß es in unserer Umwelt viele Dinge gibt, die das Verständnis geschaffener Wesen übersteigen.

Skeptiker weigern sich, an Gott zu glauben, weil sie die unendliche Macht nicht begreifen können, mit der er sich offenbart. Aber unser Vertrauen zu Gott wird ebenso durch das wachsen, was er nicht von sich offenbart, wie anhand dessen, was unserem begrenzten Verständnis zugänglich ist. Sowohl in die göttliche Offenbarung als auch in die Natur hat Gott Geheimnisse gelegt, die unseren Glauben erfordern. Dies muß so sein. Wir mögen immer forschen, untersuchen, lernen, und doch gibt es darüber hinaus eine Unendlichkeit, die sich unserem Forscherdrang entzieht.

"Wer mißt die Wasser mit der hohlen Hand, und wer bestimmt des Himmels Weite mit der Spanne und faßt den Staub der Erde mit dem Maß und wiegt die Berge mit einem Gewicht und die Hügel mit einer Waage? Wer bestimmt den Geist des Herrn, und welcher Ratgeber unterweist ihn? ... Siehe, die Völker sind geachtet wie ein Tropfen am Eimer und wie ein Sandkorn auf der Waage. Siehe, die Inseln sind wie ein Stäublein. Der Libanon wäre zu wenig zum Feuer und seine Tiere zu wenig zum Brandopfer. Alle Völker sind vor ihm wie nichts und gelten ihm als nichtig und eitel. Mit wem wollt ihr denn Gott vergleichen? Oder was für ein Abbild wollt ihr von ihm machen? -- Wißt ihr denn nicht? Hört ihr denn nicht? Ist's euch nicht von Anfang an verkündigt? Habt ihr's nicht gelernt von Anbeginn der Erde? Er thront über dem Kreis der Erde, und die darauf wohnen, sind wie Heuschrecken; er spannt den Himmel aus wie einen Schleier und breitet ihn aus wie ein Zelt, in dem man wohnt ... Mit wem wollt ihr mich also vergleichen, dem ich gleich sei? spricht der Heilige. Hebet eure Augen in die Höhe und seht! Wer hat dies geschaffen? Er führt ihr Heer vollzählig heraus und ruft sie alle mit Namen; seine Macht und starke Kraft ist so groß, daß nicht eins von ihnen fehlt. Warum sprichst du denn, Jakob, und du, Israel, sagst: ‚Mein Weg ist dem Herrn verborgen, und mein Recht geht vor meinem Gott vorüber'? Weißt du nicht? Hast du nicht gehört? Der Herr, der ewige Gott, der die Enden der Erde geschaffen hat, wird nicht müde noch matt, sein Verstand ist unausforschlich." Jesaja 40,12-28.

Die Erhabenheit unseres Gottes

Laßt uns aus den Offenbarungen des Heiligen Geistes an seine Propheten die Größe unseres Gottes erkennen. Der Prophet Jesaja schreibt:

"In dem Jahr, als der König Usia starb, sah ich den Herrn sitzen auf einem hohen und erhabenen Thron, und sein Saum füllte den Tempel. Seraphim standen über ihm; ein jeder hatte sechs Flügel: mit zweien deckten sie ihr Antlitz, mit zweien deckten sie ihre Füße, und mit zweien flogen sie. Und einer rief zum andern und sprach: Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth, alle Lande sind seiner Ehre voll! Und die Schwellen bebten von der Stimme ihres Rufens, und das Haus ward voll Rauch. Da sprach ich: Weh mir, ich vergehe! Denn ich bin unreiner Lippen und wohne unter einem Volk von unreinen Lippen; denn ich habe den König, den Herrn Zebaoth, gesehen mit meinen Augen. Da flog einer der Seraphim zu mir und hatte eine glühende Kohle in der Hand, die er mit der Zange vom Altar nahm, und rührte meinen Mund an und sprach: Siehe, hiermit sind deine Lippen berührt, daß deine Schuld von dir genommen werde und deine Sünde gesühnt sei." Jesaja 6,1-7.

"Aber dir, Herr, ist niemand gleich; du bist groß, und dein Name ist groß, wie du es mit der Tat beweist. Wer sollte dich nicht fürchten, du König der Völker?" Jeremia 10,6.7.

"Herr, du erforschest mich und kennest mich. Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es; du verstehst meine Gedanken von ferne. Ich gehe oder liege, so bist du um mich und siehst alle meine Wege. Denn siehe, es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, Herr, nicht schon wüßtest. Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir. Diese Erkenntnis ist mir zu wunderbar und zu hoch, ich kann sie nicht begreifen." Psalm 139,1-6.

"Unser Herr ist groß und von großer Kraft, und unbegreiflich ist, wie er regiert." Psalm 147,5.

"Denn eines jeden Wege liegen offen vor dem Herrn, und er hat acht auf aller Menschen Gänge." Sprüche 5,21.

"Er offenbart, was tief und verborgen ist; er weiß, was in der Finsternis liegt, denn bei ihm ist lauter Licht." Daniel 2,22.

"Der Herr tut, was von alters her bekannt ist." Apostelgeschichte 15,18.

"Denn wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer ist sein Ratgeber gewesen? Oder wer hat ihm etwas zuvor gegeben, daß Gott es ihm vergelten müßte? Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit!" Römer 11,34-36.

"Aber Gott, dem ewigen König, dem Unvergänglichen und Unsichtbaren", "der allein Unsterblichkeit hat, der da wohnt in einem Licht, zu dem niemand kommen kann, den kein Mensch gesehen hat noch sehen kann, dem sei Ehre und ewige Macht!" 1.Timotheus 1,17; 6,16.

"Werdet ihr euch nicht entsetzen, wenn er sich erhebt, und wird sein Schrecken nicht über euch fallen?" Hiob 13,11.

"Ist Gott nicht hoch wie der Himmel? Sieh die Sterne an, wie hoch sie sind!" Hiob 22,12.

"Wer will seine Scharen zählen? Und über wem geht sein Licht nicht auf?" Hiob 25,3.

"Gott tut große Dinge, die wir nicht begreifen. Er spricht zum Schnee: ‚Falle zur Erde!' und zum Platzregen, so ist der Platzregen da mit Macht. So legt er alle Menschen unter Siegel, daß die Leute erkennen, was er tun kann ... Aus der Wolke bricht sein Blitz. Er kehrt die Wolken, wohin er will, daß sie alles tun, was er ihnen gebietet auf dem Erdkreis: zur Züchtigung für ein Land oder zum Segen läßt er sie kommen. Das vernimm, Hiob, steh still und merke auf die Wunder Gottes! Weißt du, wie Gott ihnen Weisung gibt und wie er das Licht aus seinen Wolken hervorbrechen läßt? Weißt du, wie die Wolken schweben, die Wunder des Allwissenden? ... Kannst du gleich ihm die Wolkendecke ausbreiten, die fest ist wie ein gegossener Spiegel? Zeige uns, was wir ihm sagen sollen; denn wir können nichts vorbringen vor Finsternis ... Eben sah man das Licht nicht, das hinter den Wolken hell leuchtet; als aber der Wind daherfuhr, da wurde es klar. Von Norden kommt goldener Schein; um Gott her ist schrecklicher Glanz. Den Allmächtigen erreichen wir nicht, der so groß ist an Kraft und reich an Gerechtigkeit ... Darum sollen ihn die Menschen fürchten." Hiob 37,5-24.

"Wer ist wie der Herr, unser Gott, im Himmel und auf Erden? Der oben thront in der Höhe, der herniederschaut in die Tiefe." Psalm 113,5.6.

"Er ist der Herr, dessen Weg in Wetter und Sturm ist; Wolken sind der Staub unter seinen Füßen." Nahum 1,3.

"Der Herr ist groß und sehr zu loben, und seine Größe ist unausforschlich. Kindeskinder werden deine Werke preisen und deine gewaltigen Taten verkündigen. Sie sollen reden von deiner hohen, herrlichen Pracht und deinen Wundern nachsinnen; sie sollen reden von deinen mächtigen Taten und erzählen von deiner Herrlichkeit; sie sollen preisen deine große Güte und deine Gerechtigkeit rühmen ... Es sollen dir danken, Herr, alle deine Werke und deine Heiligen dich loben und die Ehre deines Königtums rühmen und von deiner Macht reden, daß den Menschen deine gewaltigen Taten kundwerden und die herrliche Pracht deines Königtums. Dein Reich ist ein ewiges Reich, und deine Herrschaft währet für und für ... Mein Mund soll des Herrn Lob verkündigen, und alles Fleisch lobe seinen heiligen Namen immer und ewiglich." Psalm 145,3-21.

Warnung vor Vermessenheit

Je mehr wir die Größe und Allmacht Gottes erkennen, desto intensiver empfinden wir eine tiefe Ehrfurcht und zittern bei dem Gedanken an unsere Begrenztheit und Unvollkommenheit. Die Menschen von heute sollten sich von den Erfahrungen derer warnen lassen, die in alter Zeit meinten, ganz leger mit den Dingen umgehen zu dürfen, die Gott für heilig erklärt hatte. Als die Israeliten es wagten, die Bundeslade bei ihrer Rückführung aus dem Land der Philister zu öffnen, wurde ihre Respektlosigkeit hart bestraft.

Bedenkt außerdem das Gericht, das über Usa erging. Als während Davids Regierungszeit die Bundeslade nach Jerusalem getragen wurde, streckte Usa seine Hand aus, um sie festzuhalten. Für die Vermessenheit, das Symbol der Gegenwart Gottes zu berühren, mußte er auf der Stelle sterben.

Die Heiligkeit der Gegenwart Gottes

Als sich Mose dem brennenden Busch zuwandte, ohne Gottes Gegenwart zu erkennen, wurde folgende Aufforderung an ihn gerichtet: "Tritt nicht herzu, zieh deine Schuhe von deinen Füßen; denn der Ort, darauf du stehst, ist heiliges Land! -- Und Mose verhüllte sein Angesicht; denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen." 2.Mose 3,5.6.

"Aber Jakob zog aus von Beer-Seba und machte sich auf den Weg nach Haran und kam an eine Stätte, da blieb er über Nacht, denn die Sonne war untergegangen. Und er nahm einen Stein von der Stätte und legte ihn zu seinen Häupten und legte sich an der Stätte schlafen. Und ihm träumte, und siehe, eine Leiter stand auf Erden, die rührte mit der Spitze an den Himmel, und siehe, die Engel Gottes stiegen daran auf und nieder. Und der Herr stand oben darauf und sprach: Ich bin der Herr, der Gott deines Vaters Abraham, und Isaaks Gott; das Land, darauf du liegst, will ich dir und deinen Nachkommen geben ... Und siehe, ich bin mit dir und will dich behüten, wo du hinziehst, und will dich wieder herbringen in dies Land. Denn ich will dich nicht verlassen, bis ich alles tue, was ich dir zugesagt habe. Als nun Jakob von seinem Schlaf aufwachte, sprach er: Fürwahr, der Herr ist an dieser Stätte, und ich wußte es nicht! Und er fürchtete sich und sprach: Wie heilig ist diese Stätte! Hier ist nichts anderes als Gottes Haus, und hier ist die Pforte des Himmels." 1.Mose 28,10-17.

In der Stiftshütte und im Tempel, beides irdische Symbole für die Gegenwart des heiligen Gottes, war jeweils eine Abteilung ausschließlich seiner Gegenwart geweiht. Der mit Cherubim bestickte Vorhang am Eingang zu dieser Abteilung durfte von keiner Hand außer einer beiseitegezogen werden.

Diesen Vorhang beiseite zu schieben und ungebeten den geweihten Ort, den man das "Allerheiligste" nannte, zu betreten, bedeutete den Tod. Denn über dem Gnadenstuhl wohnte die Herrlichkeit des Heiligsten -- eine Herrlichkeit, die kein Mensch ansehen und dabei am Leben bleiben konnte. An dem einen Tag im Jahr aber, der für den Dienst im Allerheiligsten ausersehen war, trat der Hohepriester schaudernd in Gottes Gegenwart, während Wolken von Weihrauch die göttliche Herrlichkeit vor seinen Augen verbargen. Draußen in den Vorhöfen des Tempels sollte jedes Geräusch verstummen. Keine Priester dienten vor den Altären. Die Schar der Anbeter brachte, gebeugt in stiller Ehrfurcht, ihre Bitten um Gottes Barmherzigkeit dar.

"Dies widerfuhr ihnen als ein Vorbild. Es ist aber geschrieben uns zur Warnung, auf die das Ende der Zeiten gekommen ist." 1.Korinther 10,11.

"Der Herr ist in seinem heiligen Tempel. Es sei vor ihm stille alle Welt!" Habakuk 2,20.

"Der Herr ist König, darum zittern die Völker; er sitzt über den Cherubim, darum bebt die Welt. Der Herr ist groß in Zion und erhaben über alle Völker. Preisen sollen sie deinen großen und wunderbaren Namen, denn er ist heilig." Psalm 99,1-3.

"Des Herrn Thron ist im Himmel. Seine Augen sehen herab, seine Blicke prüfen die Menschenkinder." Psalm 11,4.5.

"Denn er schaut von seiner heiligen Höhe, der Herr sieht vom Himmel auf die Erde." Psalm 102,20.

"Von seinem festen Thron sieht er auf alle, die auf Erden wohnen. Er lenkt ihnen allen das Herz, er gibt acht auf alle ihre Werke." Psalm 33,14.15.

"Alle Welt fürchte den Herrn, und vor ihm scheue sich alles, was auf dem Erdboden wohnet." Psalm 33,8.

Durch [wissenschaftliche] Forschung kann der Mensch Gott nicht erkennen. Niemand soll danach streben, mit vermessener Hand den Vorhang beiseitezuschieben, der seine Herrlichkeit verbirgt. "Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege!" Römer 11,33. Es ist ein Beweis seiner Gnade, daß seine Macht verborgen ist; denn den Vorhang zu heben, der die göttliche Gegenwart verbirgt, bedeutet Tod.

Kein sterbliches Denken kann in die geheime Sphäre eindringen, in der der allmächtige Gott wohnt und wirkt. Wir können von ihm nur das begreifen, was er für uns begrenzte Wesen geeignet hält. Die menschliche Vernunft muß eine Autorität anerkennen, die ihr überlegen ist. Herz und Verstand müssen sich vor dem großen "Ich bin" beugen.