In den Fußspuren des großen Arztes

Kapitel 8

Der Arzt ein Erzieher

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"Der Weisen Mund streuet guten Rat."

Der wahre Arzt ist ein Erzieher. Er erkennt seine Verantwortlichkeit nicht allein den Kranken gegenüber, die unter seiner unmittelbaren Obhut stehen, sondern auch der Umgebung gegenüber, in welcher er lebt. Er steht als ein Hüter körperlicher und moralischer Gesundheit da. Es ist sein Bemühen, nicht nur richtige Anweisung für die Behandlungen der Kranken zu geben, sondern richtige Lebensgewohnheiten zu ermutigen und eine Erkenntnis richtiger Grundsätze zu verbreiten.

Erziehung in den Grundsätzen der Gesundheit

Erziehung in den Grundsätzen der Gesundheit war niemals notwendiger als jetzt. Trotzdem man so viele Fortschritte macht in allen Richtungen und besonders, wie man angenehm und bequem leben und die Gesundheit bewahren kann und wie die Krankheit zu behandeln ist, so wirkt doch die Abnahme an Körperkraft und Ausdauer geradezu beängstigend. Sie erheischt die Aufmerksamkeit aller, denen das Wohlergehen ihrer Mitmenschen am Herzen liegt.

Unsere erkünstelte Zivilisation nährt Übel, die gesunde Grundsätze untergraben. Gewohnheit und Mode sind im Kampf mit der Natur. Sie legen Gebräuche auf und frönen Genüssen, welche beständig die körperliche und geistige Kraft verringern und den Menschen eine unerträgliche Last aufladen. Unmäßigkeit und Verbrechen, Krankheit und Elend herrschen überall.

Viele übertreten die Gesundheitsgesetze aus Unwissenheit und bedürfen deshalb der Belehrung. Die Mehrzahl aber weiß es besser, doch sie handelt nicht danach. Ihnen muß die Wichtigkeit nahegelegt werden, ihre Erkenntnis zu einem Führer im Leben zu machen. Dem Arzt bietet sich manche Gelegenheit, die Gesundheitsgrundsätze anderen mitzuteilen und ihnen die Wichtigkeit zu zeigen, dieselben praktisch zu üben. Durch richtige Belehrung kann er viel tun, Übeln abzuhelfen, welche unsagbaren Schaden anrichten.

Der Gebrauch von Arzneimitteln

Eine Gewohnheit, welche den Grund zu einer großen Menge von Krankheiten und oft noch ernsterer Übel legt, ist der reichliche Gebrauch von giftigen Medizinen. Viele wollen sich nicht die Mühe nehmen, wenn sie erkranken, nach der Ursache ihrer Krankheit zu forschen. Ihre Hauptsorge ist, von Schmerz und Unbequemlichkeiten frei zu werden. So nehmen sie ihre Zuflucht zu Geheimmitteln, von deren wirklichen Eigenschaften sie wenig wissen oder sie wenden sich an einen Arzt um ein Mittel, welches der Folge ihrer verkehrten Handlungsweise entgegen wirken soll, aber sie denken nicht daran, ihre ungesunden Gewohnheiten zu ändern. Wenn sie keine sofortige Besserung bemerken, wird eine andere Medizin versucht und wieder eine andere. So geht das Übel weiter.

Die Leute sollten belehrt werden, daß Medizin keine Krankheit heilt. Es ist wahr, daß sie manchmal augenblickliche Linderung verschafft und der Patient infolge ihres Gebrauchs zu genesen scheint; dies geschieht, weil die Natur genügend Lebenskraft besitzt, das Gift auszustoßen und die Zustände zu bessern, welche die Krankheit verursachten. Die Gesundheit kommt wieder trotz der Medizin, aber in den meisten Fällen verändert die Medizin nur die Form und Lage der Krankheit. Oft scheint es, als ob die Wirkung des Giftes für eine Zeitlang überwunden sei, aber die Folgen bleiben in dem Körper und verursachen zu einer späteren Zeit großen Schaden.

Viele ziehen sich durch den Gebrauch giftiger Medizin lebenslängliche Leiden zu und manches Leben geht verloren, welches bei der Anwendung natürlicher Heilmethoden hätte gerettet werden können. Die in vielen sogenannten Heilmitteln enthaltenen Gifte erregen Gewohnheiten und Verlangen, welche für Leib und Seele Verderben bedeuten. Viele der gewöhnlichen Geheimmittel, sogenannte Universalmittel, und selbst manche der Arzneien, die von Doktoren verordnet werden, tragen ihr Teil dazu bei, den Grund zum gewohnheitsmäßigen Gebrauch von geistigen Getränken, Opium oder Morphium zu legen, welche ein so schrecklicher Fluch für die menschliche Gesellschaft sind.

Wiederherstellende Kraft in der Natur

Ein besserer Zustand ist allein zu hoffen, indem das Volk zu richtigen Grundsätzen erzogen wird. Die Ärzte sollten die Leute belehren, daß nicht in der Medizin, sondern in der Natur wiederherstellende Kraft liegt. Krankheit ist eine Bemühung der Natur, das System von Zuständen zu befreien, welche durch Übertretung der Naturgesetze entstanden sind. In Krankheitsfällen sollte die Ursache festgestellt werden. Ungesunde Zustände sollten geändert, verkehrte Gewohnheiten gebessert werden. Dann sollte die Natur in ihrer Bemühung, die Unreinigkeiten zu entfernen und die richtigen Zustände in dem System wieder herzustellen, unterstützt werden.

Natürliche Heilmittel

Reine Luft, Sonnenschein, Mäßigkeit, Ruhe, Bewegung, richtige Diät, die Anwendung von Wasser, Vertrauen in die göttliche Kraft -- dies sind die wahren Heilmittel. Ein jeder sollte die Heilkräfte der Natur kennen und wissen, wie sie anzuwenden sind. Es ist wesentlich, die Grundsätze zu verstehen, welche die Krankenbehandlung einschließt und ebenso eine praktische Ausbildung zu besitzen, welche befähigt, diese Kenntnis zu verwenden.

Die Benutzung natürlicher Heilmittel erfordert eine Menge Sorgfalt und Mühe, welche viele nicht anwenden mögen. Im Heilen und Aufbauen verfährt die Natur allmählich und scheint dem Ungeduldigen langsam. Das Aufgeben schädlicher Befriedigungen erfordert Opfer. Aber schließlich wird man finden, daß die Natur, wenn man sie nicht hindert, ihre Arbeit weise und gut verrichtet. Solche, die ihren Gesetzen dauernd gehorchen, werden den Lohn in einem gesunden Körper und einem gesunden Geist ernten.

Erhaltung der Gesundheit

Im allgemeinen schenkt man der Erhaltung der Gesundheit zu wenig Aufmerksamkeit. Es ist viel weislicher, Krankheit zu vermeiden, als zu wissen, wie man sie behandeln soll, wenn sie da ist.

Es ist die Pflicht eines jeden Menschen um seinetwillen und um der Menschheit willen, sich in bezug auf die Gesetze des Lebens Aufschluß zu verschaffen, um sie gewissenhaft zu befolgen. Es ist für alle notwendig, mit dem wunderbarsten Organismus, dem menschlichen Körper, bekannt zu werden. Alle sollten die Verrichtungen der verschiedenen Organe und ihre Abhängigkeit von einander, um das Ganze in gesunder Tätigkeit zu erhalten, gut verstehen. Sie sollten den Einfluß des Geistes auf den Körper und des Körpers auf den Geist studieren und die Gesetze kennen, durch welche sie geregelt werden.

Erziehung für den Kampf des Lebens

Wir können nicht zu oft daran erinnert werden, daß die Gesundheit nicht vom Zufall abhängt; sie ist eine Folge des Gehorsams gegen Gesetze. Dies erkennen auch die Kämpfer in athletischen Spielen und im Ringen um die Meisterschaft. Diese Männer treffen die sorgfältigste Vorbereitung; sie üben sich gründlich ein und unterziehen sich strenger Zucht, jede körperliche Gewohnheit wird sorgfältig geregelt. Sie wissen, daß Vernachlässigung, Ausschreitung oder Gleichgültigkeit, welche irgend ein Organ oder eine Tätigkeit des Körpers schwächen oder verkümmern, für sie sichere Niederlage bedeuten würde.

Wieviel wichtiger ist es, solche Sorgfalt zu üben, um sich Erfolg in dem Kampf des Lebens zu sichern. Es sind keine Scheinkämpfe, welche wir zu führen haben. Wir führen einen Kampf, von dem ewige Folgen abhängen. Wir müssen unsichtbaren Feinden entgegentreten. Böse Engel streiten um die Herrschaft über jedes menschliche Wesen. Alles, was der Gesundheit schadet, verringert nicht nur die körperliche Kraft, sondern schwächt auch die geistigen und moralischen Kräfte. Einer gesundheitsschädlichen Gewohnheit nachzugeben macht es schwieriger für jemand, zwischen Recht und Unrecht zu unterscheiden und deshalb auch schwieriger, dem Bösen zu widerstehen. Es vermehrt die Gefahr des Fehlschlags und der Niederlage.

"Wißt ihr nicht, daß die, so in den Schranken laufen, die laufen alle, aber einer erlangt das Kleinod!" 1.Korinther 9,24. In dem Kampf, in welchem wir stehen, können alle gewinnen, die Selbstzucht üben, um rechten Grundsätzen zu gehorchen. Die Ausführung dieser Grundsätze in den Kleinigkeiten des Lebens wird zu oft als unwichtig betrachtet -- als eine Sache, die zu gering ist, um Aufmerksamkeit zu erfordern. Aber angesichts der Fragen, um die es sich handelt, ist nichts klein, womit wir zu tun haben. Jede Handlung legt ihr Gewicht in die Waagschale, welche des Lebens Sieg oder Niederlage entscheidet. Die Schrift gebietet uns: "Laufet nun also, daß ihr es ergreifet." 1.Korinther 9,24.

Bei unsren ersten Eltern hatte das gierige Verlangen den Verlust des Paradieses zur Folge. Mäßigkeit in allen Dingen hat mehr mit unserer Wiederherstellung für das Paradies zu tun als die Menschen erkennen.

Paulus schreibt, indem er auf die von den Kämpfern in den alten griechischen Wettspielen geübte Selbstverleugnung hinweist: "Ein jeglicher aber, der da kämpft, enthält sich alles Dinges; jene also, daß sie eine vergängliche Krone empfangen, wir aber eine unvergängliche. Ich laufe aber also, nicht als aufs ungewisse; ich fechte also, nicht als der in die Luft streichet; sondern ich betäube meinen Leib und zähme ihn, daß ich nicht den anderen predige und selbst verwerflich werde." 1.Korinther 9,25-27.

Grundlagen der Reform

Der Fortschritt der Reform hängt von einer klaren Erkenntnis der Grundwahrheit ab. Während auf einer Seite Gefahr in einer engherzigen Philosophie und einer strengen kalten Orthodoxie lauert, liegt auf der anderen Seite eine große Gefahr in einer sorglosen Freisinnigkeit. Die Grundlage aller dauernden Reform ist das Gesetz Gottes. Wir sollen in klaren bestimmten Zügen die Notwendigkeit darlegen, diesem Gesetz zu gehorchen. Die Grundsätze desselben müssen dem Volk vorgehalten werden. Sie sind so ewig und unerbittlich wie Gott selbst.

Eine der beklagenswertesten Folgen des ersten Abfalls war, daß der Mensch die Macht der Selbstbeherrschung verlor. Nur wenn diese Macht wieder gewonnen wird, kann ein wirklicher Fortschritt stattfinden.

Der Körper ist das einzige Mittel, wodurch Geist und Seele für den Aufbau des Charakters entwickelt werden. Deshalb richtet der Seelenfeind seine Versuchungen darauf, die körperlichen Kräfte zu schwächen und herabzuwürdigen. Wenn er hierin Erfolg hat, so bedeutet dies, daß der ganze Mensch dem Übel unterliegt. Die Neigungen unserer fleischlichen Natur werden sicherlich Verderben und Tod herbeiführen, wenn sie nicht unter der Herrschaft einer höheren Macht stehen.

Der Körper muß in Unterwerfung gebracht werden; die höheren Kräfte des Wesens sollen die Herrschaft haben. Die Leidenschaften müssen von dem Willen beherrscht werden, welcher wieder unter der Leitung Gottes stehen muß. Die königliche Macht des Verstandes, durch göttliche Gnade geheiligt, soll die Herrschaft in unserem Leben haben.

Die Forderungen Gottes müssen dem Gewissen eingeprägt werden, Männer und Frauen müssen zu der Pflicht der Selbstherrschaft, der Notwendigkeit der Reinheit, der Freiheit von jeglichem verdorbenen Appetit und unreinen Gewohnheiten erweckt werden. Es sollte ihnen die Tatsache eingeprägt werden, daß alle ihre Kräfte des Leibes und der Seele die Gabe Gottes sind und in dem besten Zustand für seinen Dienst erhalten werden müssen.

In dem alten Opferdienst, welcher das Evangelium symbolisch darstellte, durfte kein fehlerhaftes Opfer zu dem Altar Gottes gebracht werden. Das Opfer, welches Christum darstellte, mußte ohne Fehl sein. Das Wort Gottes verweist hierauf als eine Veranschaulichung von dem, was seine Kinder sein sollen -- "ein lebendiges Opfer", "heilig und unbefleckt", "Gott wohlgefällig." Römer 12,1; Epheser 5,27.

Notwendigkeit göttlicher Kraft

Ohne göttliche Kraft kann keine wahre Reform durchgeführt werden. Menschliche Schutzwehren gegen natürliche und anerzogene Neigungen sind nur wie eine Sandbank gegen den Strom. Erst wenn das Leben Christi zu einer lebendigen Macht in unserem Leben wird, können wir den Versuchungen widerstehen, welche uns von innen und von außen umgeben.

Christus kam auf diese Welt und lebte das Gesetz Gottes aus, damit der Mensch vollkommene Herrschaft über die natürlichen Neigungen erlangen möchte, welche die Seele verderben. Der Arzt des Leibes und der Seele verleiht den Sieg über schädliche Lüste. Er hat jede Möglichkeit vorgesehen, daß ein Mensch einen vollkommenen Charakter besitzen kann.

Wenn jemand sich Christo übergibt, so wird der Geist unter die Herrschaft des Gesetzes gebracht; aber es ist das königliche Gesetz, welches jedem Gefangenen Freiheit verkündigt. Wenn ein Mensch mit Christo eins wird, so wird er frei. Unterwerfung unter den Willen Christi bedeutet Wiederherstellung zu vollkommener Männlichkeit.

Gehorsam gegen Gott ist Freiheit von der Knechtschaft der Sünde, Freiheit von menschlicher Leidenschaft und Neigung. Der Mensch kann dastehen als Sieger über sich selbst, als Sieger über seine eigenen Neigungen, als Sieger "im Kampfe mit Fürsten und Gewaltigen, nämlich mit den Herren der Welt, die in der Finsternis dieser Welt herrschen, mit den bösen Geistern unter dem Himmel." Epheser 6,12.

Belehrung im Heim

Nirgends ist solche Belehrung notwendiger und nirgends wird sie mehr Gutes erzeugen als im Heim. Den Eltern liegt es ob, den Grund zu Gewohnheit und Charakter zu legen. Die Besserung muß beginnen, indem man ihnen die Grundsätze des Gesetzes Gottes und ihre Beziehung zu der körperlichen und moralischen Gesundheit vorführt. Zeigt ihnen, daß Gehorsam gegen Gottes Wort unsere einzige Sicherheit gegen die Übel ist, welche die Welt der Vernichtung reißend schnell entgegen führen. Macht die Verantwortlichkeit den Eltern klar, nicht nur für sich selbst, sondern für ihre Kinder. Eltern geben ihren Kindern ein Beispiel, entweder des Gehorsams oder der Übertretung. Durch ihr Vorbild und ihre Lehre wird das Schicksal ihrer Familie entschieden. Die Kinder werden sein, was ihre Eltern aus ihnen machen.

Wenn Eltern die Folgen ihrer Handlungsweise verfolgen und sehen würden, wie sie durch ihr Beispiel und ihre Belehrung die Macht der Sünde oder die Macht der Gerechtigkeit erhalten und vermehren, so würden sie sicherlich anders handeln. Viele würden sich von Überlieferung und Gewohnheit abwenden und die göttlichen Lebensgrundsätze annehmen.

Macht des Beispiels

Der Arzt, welcher den Familien in ihrem Heim dient, ihrer am Krankenbett wartet, ihre Leiden lindert und sie von dem Rand des Grabes zurückbringt, der dem Sterbenden Hoffnung zuspricht, gewinnt einen Platz in ihrem Vertrauen und ihrer Zuneigung, wie er wenig anderen zuteil wird. Selbst dem Prediger des Evangeliums sind nicht so große Möglichkeiten oder ein so weitreichender Einfluß geboten.

Des Arztes Beispiel sowie seine Belehrung sollte eine bestimmte Macht auf der rechten Seite sein. Das Werk der Reform erfordert Männer und Frauen, deren tägliches Leben wahre Selbstbeherrschung veranschaulicht. Unsere eigene Handhabung der Grundsätze, welche wir einprägen, verleiht ihnen Wert. Die Welt bedarf einer praktischen Vorführung dessen, was die Gnade Gottes tun kann, um in menschlichen Wesen ihre verlorene Königswürde wiederherzustellen, indem sie ihnen die Herrschaft über sich selbst verleiht. Nichts bedarf die Welt so sehr als eine Erkenntnis der rettenden Macht des Evangeliums, wie sie in dem Leben von wahren Christen offenbart wird.

Der Arzt wird beständig in Berührung mit solchen gebracht,

welche die Stärke und Ermutigung eines richtigen Vorbildes nötig haben. Vielen mangelt es an moralischer Kraft. Es fehlt ihnen Selbstbeherrschung und sie werden leicht von der Versuchung überwunden. Der Arzt kann diesen Seelen nur helfen, wenn sich in seinem eigenen Leben eine Festigkeit der Grundsätze offenbart, welche ihn befähigt, über jede schädliche Gewohnheit und befleckende Lust zu siegen. Man muß in seinem Leben das Wirken einer göttlichen Macht sehen können. Wenn er hierin zu kurz kommt, so mögen seine Worte so eindringlich oder überzeugend sein wie sie wollen, so wird sein Einfluß doch nur zum Bösen gereichen.

Viele suchen ärztlichen Rat oder Behandlung, welche durch ihre eigenen schlechten Gewohnheiten moralischen Schiffbruch erlitten haben. Sie sind verletzt und schwach und verwundet, sie fühlen ihre Torheit und ihre Unfähigkeit zu überwinden. Solche sollten nichts in ihrer Umgebung haben, was sie zu einer Fortsetzung der Gedanken und Gefühle, die sie zu dem gemacht haben was sie sind, anregt. Sie müssen eine Atmosphäre der Reinheit hoher und edler Gedanken atmen. Wie schrecklich ist die Verantwortung, wenn solche, die ihnen ein rechtes Vorbild sein sollten, selbst unter schädlichen Gewohnheiten schmachten und ihr Einfluß der Versuchung vermehrte Kraft verleiht!

Der Arzt und die Mäßigkeit

Viele kommen in ärztliche Behandlung, die Leib und Seele durch den Gebrauch von Tabak oder berauschenden Getränken verderben. Wenn der Arzt seine Verantwortlichkeit fühlt, wird er diesen Patienten die Ursache ihrer Leiden kundtun. Aber wenn er selbst Tabak oder geistige Getränke gebraucht, welchen Einfluß werden dann seine Worte haben? Wird er nicht zögern, wenn er sich der eigenen Befriedigung seiner Lust bewußt ist, auf den dunklen Flecken in dem Leben seines Patienten hinzuweisen? Wenn er diese Dinge selbst benutzt, wie kann er die Jugend von ihren schädlichen Folgen überzeugen?

Wie kann ein Arzt in der Gesellschaft als ein Vorbild von Reinheit und Selbstbeherrschung dastehen, wie kann er ein erfolgreicher Arbeiter in der Mäßigkeitssache sein, während er selbst einer schlechten Gewohnheit frönt? Wie kann er dem Herrn an dem Kranken- und Sterbebett dienen, wenn sein eigener Atem nach starkem Getränk oder nach Tabak riecht?

Wie kann ein Mann das Vertrauen rechtfertigen, welches man in ihn als einen geschickten Arzt setzt, wenn er seine Nerven ruiniert und sein Gehirn benebelt durch den Gebrauch narkotischer Gifte? Es ist unmöglich für ihn, eine rasche Entscheidung zu treffen oder mit Genauigkeit zu handeln!

Wenn er nicht die Gesetze beachtet, die sein eigenes Wesen regieren, wenn er selbstsüchtige Befriedigungen höher stellt als Gesundheit des Leibes und Geistes, erklärt er sich damit nicht selbst für untüchtig, daß ihm die Verantwortung für Menschenleben anvertraut wird?

Entmutigungen in seiner Arbeit

Wie geschickt und treu ein Arzt auch sein mag, fehlt es in seiner Erfahrung nicht an scheinbarer Entmutigung oder Niederlage. Oft erreicht er durch seine Arbeit nicht, was er erreicht sehen möchte. Obgleich seinen Patienten die Gesundheit wiedergeschenkt wird, mag es weder für sie noch für die Welt von wirklichem Nutzen sein. Viele werden gesund, nur um die Ausschreitungen zu wiederholen, wodurch die Krankheit entstand. Mit demselben Eifer wie vorher stürzen sie sich wieder in den Strudel der Selbstbefriedigung und Torheit. Das Werk des Arztes scheint für sie eine vergebliche Bemühung gewesen zu sein.

Christus machte dieselbe Erfahrung, aber er stellte seine Bemühungen für eine leidende Seele nicht ein. Von den zehn Aussätzigen, welche gereinigt wurden, schätzte nur einer die Gabe und er war ein Fremder und ein Samariter. Um dieses einen willen heilte Christus die zehn. Wenn der Arzt keinen besseren Erfolg hat als der Heiland hatte, so laßt ihn eine Lehre von dem großen Arzt lernen. Von Christo steht geschrieben: "Er wird nicht matt werden, noch verzagen." "Darum, daß seine Seele gearbeitet hat, wird er seine Lust sehen und die Fülle haben." Jesaja 42,4; Jesaja 53,11.

Wenn auch nur eine Seele das Evangelium seiner Gnade angenommen hätte, so würde Christus, um diese eine zu retten, sein Leben der Arbeit und Demütigung und seinen schmachvollen Tod erwählt haben. Wenn durch unsere Bemühungen eine Seele aufgerichtet und veredelt wird, zubereitet, im Himmel vor dem Herrn zu scheinen, haben wir dann nicht Ursache zur Freude?

Persönliche Bedürfnisse und Gefahren

Die Pflichten des Arztes sind schwer und aufreibend. Um dieselben erfolgreich erfüllen zu können, bedarf es einer starken Konstitution und einer guten Gesundheit. Ein Mann, welcher schwach oder kränklich ist, kann die angreifende Arbeit des ärztlichen Berufs nicht ertragen. Jemand, dem vollkommene Selbstbeherrschung fehlt, ist nicht dazu geeignet, mit allen Arten von Krankheit umzugehen.

Oft des Schlafes beraubt, oft auch der Zeit, Nahrung zu sich zu nehmen, in hohem Grade von geselligen Erholungen und religiösen Vorrechten abgeschnitten, scheint das Leben des Arztes unter beständigen Schatten dahin zu gehen. Die Leiden, welche er sieht, die armen Sterblichen, die nach Hilfe verlangen, seine Berührung mit den Heruntergekommenen machen das Herz krank und zerstören fast das Vertrauen in die Menschheit.

In dem Kampf mit Krankheit und Tod wird jede Kraft aufs äußerste angestrengt. Die Rückwirkung von dieser schrecklichen Anspannung prüft den Charakter aufs höchste. Dann gerade hat die Versuchung die größte Macht. Der Arzt hat mehr als Männer in irgend einem anderen Beruf Selbstbeherrschung, Reinheit des Geistes und jenen Glauben, welcher sich an den Herrn hält, nötig. Um anderer willen und um seinetwillen darf er die Gesundheitsgesetze nicht mißachten. Sorglosigkeit in gesundheitlichen Gewohnheiten hängt zusammen mit Sorglosigkeit in moralischen.

Die einzige Sicherheit

Des Arztes Sicherheit unter allen Umständen liegt einzig darin, nach Grundsätzen zu handeln, die durch eine Festigkeit der Absicht bestärkt und veredelt werden, wie man sie nur in Gott findet. Er muß Tag für Tag, Stunde für Stunde und jeden Augenblick leben, wie vor dem Angesicht der unsichtbaren Welt, er muß sich wie Moses halten "an den, den er nicht sah, als sähe er ihn."

Gerechtigkeit hat ihre Wurzel in Gottseligkeit. Kein Mensch kann vor seinen Mitmenschen ständig ein reines, tatkräftiges Leben führen, wenn nicht sein Leben mit Christo in Gott verborgen ist. Je größer die Tätigkeit unter den Menschen, desto enger muß die Verbindung des Herzens mit Gott sein. Je dringender seine Pflichten und je größer seine Verantwortlichkeit, desto notwendiger bedarf der Arzt göttlicher Kraft. Er muß dem Irdischen Zeit abgewinnen zur Betrachtung ewiger Dinge. Er muß einer anmaßenden Welt widerstehen, welche ihn so bedrängt, um ihn von der Quelle der Kraft zu trennen. Der Arzt sollte sich ganz besonders durch Gebet und das Studium, der Schrift unter den Schutz Gottes stellen. Er muß in stündlicher Verbindung und gewissenhafter Gemeinschaft mit den Grundsätzen der Wahrheit, Gerechtigkeit und Gnade leben, welche die Eigenschaften Gottes in der Seele offenbaren.

Genau in dem Grade, in welchem das Wort Gottes angenommen und befolgt wird, wird es mit seiner Macht und mit seinem Leben jede Handlungsweise, jede Stufe des Charakters beeinflussen. Es wird jeden Gedanken reinigen, jeden Wunsch regeln. Solche, die ihr Vertrauen in Gottes Wort setzen, werden sich als Männer betragen und stark sein. Sie werden sich über alle niederen Dinge zu einer von aller Verunreinigung freien Atmosphäre erheben.

Wenn der Mensch in Gemeinschaft mit Gott steht, so wird jener unwandelbare Vorsatz, welcher Josef und Daniel inmitten der Verderbnis heidnischer Königshöfe bewahrte, sein Leben in unbefleckter Reinheit erhalten. Das Gewand seines Charakters wird fleckenlos sein. Das Licht Christi wird in seinem Leben nicht verdunkelt. Der helle Morgenstern wird allezeit über ihm in unveränderter Herrlichkeit scheinen.

Ein solches Leben wird ein Element der Kraft in der Gesellschaft sein. Es wird eine Schranke gegen das Böse, eine Zuflucht für den Versuchten, ein leitendes Licht für alle sein, die unter Schwierigkeiten und Entmutigungen den rechten Weg suchen.

Ärztliche Missionare

Sie werden "unter vielen Völkern sein wie ein Tau vom Herrn."