In den Fußspuren des großen Arztes

Kapitel 31

Die Mutter

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"Alles was ich ihr geboten habe, soll sie halten."

Die Kinder werden zu einem hohen Grade das sein, was die Eltern sind. Der körperliche Zustand der Eltern, ihre Veranlagung und Gelüste, ihre geistigen und moralischen Neigungen wiederholen sich in größerem oder geringerem Grade in ihren Kindern.

Je edler die Ziele, je höher die geistlichen und geistigen Gaben und je besser entwickelt die körperlichen Kräfte der Eltern sind, desto besser wird die Ausrüstung für das Leben sein, welche sie ihren Kindern mitgeben. Wenn die Eltern das pflegen, was in ihnen das beste ist, so üben sie einen Einfluß aus, der die Gesellschaft bildet und die zukünftigen Geschlechter veredelt.

Vater und Mutter sollten ihre Verantwortlichkeit erkennen. Die Welt ist voller Fallstricke für die Füße der Jugend. Unzählige werden gefesselt durch ein Leben selbstsüchtiger und sinnlicher Vergnügungen. Sie können nicht die verborgenen Gefahren oder das schreckliche Ende des Pfades erkennen, welcher ihnen der Weg des Glückes zu sein scheint. Durch die Befriedigung der Eßlust und der Leidenschaft werden ihre Kräfte vergeudet und Millionen werden für diese und die zukünftige Welt ruiniert. Die Eltern sollten sich daran erinnern, daß ihre Kinder diesen Versuchungen entgegentreten müssen. Schon vor der Geburt des Kindes sollte die Vorbereitung beginnen, welche dasselbe befähigen wird, erfolgreich im Kampfe gegen das Böse zu sein.

Diese Verantwortlichkeit ruht besonders auf der Mutter. Sie, durch deren Lebenssaft das Kind ernährt und seine Gestalt aufgebaut wird, teilt ihm ebenso geistige und geistliche Einflüsse mit, welche zur Bildung des Geistes und Körpers beitragen. Von Jochebed, der hebräischen Mutter, die stark im Glauben war und "sich nicht fürchtete vor des Königs Gebot" (Hebräer 11,23), wurde Moses, der Befreier Israels, geboren. Hannah, das Weib des Gebets und der Selbsthingabe und himmlischer Eingebungen, schenkte Samuel das Leben, dem von Gott unterwiesenen Kind, dem unbestechlichen Richter und Gründer der heiligen Schulen Israels. Elisabeth, die Bluts- und Geistesverwandte der Mutter von Nazareth, war die Mutter des Vorläufers des Heilandes.

Mäßigkeit und Selbstbeherrschung

Die Schrift lehrt, mit welcher Sorgfalt die Mutter ihre Lebensgewohnheiten bewachen sollte. Als der Herr Simson als einen Befreier für Israel erwecken wollte, erschien der Engel des Herrn der Mutter und gab ihr besondere Unterweisung betreffs ihrer Gewohnheiten und ebenso für die Behandlung des Kindes. Er sprach: "So trinke nun keinen Wein, noch starke Getränke und esse nichts Unreines." Richter 13,14.7.

Die Einflüsse, welche vor der Geburt wirksam sind, werden von vielen Eltern als geringfügig betrachtet. Aber der Herr sieht es nicht so an. Die Botschaft, von einem Engel Gottes gesandt und zweimal in der feierlichsten Weise gegeben, zeigt daß dieser Punkt unsere sorgfältigste Beachtung verdient.

In den an die hebräische Mutter gerichteten Worten sprach Gott zu allen Müttern in allen Zeitaltern. "Siehe zu," sprach der Engel, "alles, was ich ihr geboten habe, soll sie halten." Die Wohlfahrt des Kindes wird von den Gewohnheiten der Mutter beeinflußt. Ihre Gelüste und Leidenschaften sollten von Grundsätzen beherrscht werden. Erfüllt sie Gottes Absicht, wenn er sie Mutter werden läßt, so gibt es allerlei für sie zu vermeiden und manchem entgegenzuwirken. Wenn sie vor der Geburt ihres Kindes der Selbstbefriedigung nachgibt, wenn sie selbstsüchtig, ungeduldig und anspruchsvoll ist, so werden sich diese Charakterzüge in der Veranlagung des Kindes abspiegeln. Auf diese Weise haben viele Kinder fast unbezwingbare Neigungen zum Bösen als Erbe empfangen.

Wenn aber die Mutter unwandelbar an rechten Grundsätzen festhält, wenn sie mäßig und selbstverleugnend, gütig, freundlich und selbstlos ist, kann sie ihrem Kind dieselben köstlichen Charakterzüge verleihen. Sehr bestimmt war der Befehl, welcher den Weingenuß bei der Mutter verbot. Jeder Tropfen starken Getränkes, den sie zur Befriedigung des Appetits nimmt, gefährdet die geistige, körperliche und moralische Gesundheit ihres Kindes und ist eine direkte Sünde gegen ihren Schöpfer.

Viele geben den Rat, daß jeder Wunsch der Mutter befriedigt werden sollte; daß sie jedem Verlangen nach irgend einer Speise, wie schädlich sie auch sei, ruhig nachgeben dürfe. Ein solcher Rat ist verkehrt und schädlich. Die körperlichen Bedürfnisse der Mutter sollten aber in keinem Fall vernachlässigt werden. Zwei Leben sind von ihr abhängig und ihre Wünsche sollten in zarter Weise berücksichtigt und ihre Bedürfnisse reichlich erfüllt werden. Sie sollte aber zu dieser Zeit ganz besonders in der Diät und in jeder anderen Weise alles vermeiden, was die geistigen oder körperlichen Kräfte verringern könnte. Sie steht durch Gottes eigenes Gebot unter der feierlichsten Verpflichtung, Selbstbeherrschung zu üben.

Überarbeiten

Die Kraft der Mutter sollte sorgfältig gepflegt werden. Anstatt ihre kostbaren Kräfte in erschöpfender Arbeit zu verbrauchen, sollte ihre Sorge und Last verringert werden. Oft kennt der Gatte und Vater nicht die Gesundheitsgesetze, welche er zum Wohl seiner Familie verstehen sollte. Indem er selbst von dem Kampf für den Lebensunterhalt oder der Erwerbung von Reichtum in Anspruch genommen ist und von Sorge und Schwierigkeiten niedergedrückt wird, läßt er zu, daß auf der Frau und Mutter Lasten ruhen, welche ihre Kraft in der kritischsten Zeit übersteigen und Schwäche und Krankheit verursachen.

Gar mancher Gatte und Vater könnte von der Sorgfalt des treuen Hirten eine nützliche Lehre ziehen. Als Jakob gedrängt wurde, eine rasche und schwierige Reise zu unternehmen, antwortete er:

"Du erkennst, daß ich zarte Kinder bei mir habe, dazu säugende Schafe und Kühe; wenn sie einen Tag übertrieben würden, würde mir die ganze Herde sterben." "Ich will gemächlich hintennach treiben, nachdem das Vieh und die Kinder gehen können." 1.Mose 33,13.14.

Auf dem mühevollen Lebensweg laßt den Gatten und Vater langsam gehen, wie seine Lebensgefährtin es ertragen kann. Laßt ihn inmitten des rastlosen Treibens der Welt nach Reichtum und Macht lernen, seine Schritte innezuhalten, um diejenige zu trösten und zu unterstützen, die berufen ist, an seiner Seite zu wandeln.

Freudigkeit

Die Mutter sollte eine freudige, zufriedene, glückliche Stimmung pflegen. Jede Anstrengung in dieser Richtung wird sich reichlich lohnen, sowohl in dem geistigen als auch in dem körperlichen Wohlbefinden ihrer Kinder. Ein freudiger Geist wird das Glück ihrer Familie fördern und in hohem Grade ihre eigne Gesundheit bewahren.

Der Mann sollte seiner Frau durch seine Teilnahme und beständige Liebe helfen. Wenn er sie frisch und fröhlich zu behalten wünscht, so daß sie wie Sonnenschein in dem Hause ist, so sollte er ihr helfen, ihre Lasten zu tragen. Seine Freundlichkeit und liebevolle Zuvorkommenheit werden für sie eine köstliche Ermutigung sein, und das Glück, welches er mitteilt, wird seinem eignen Herzen Freude und Friede bringen.

Der Gatte und Vater, der mürrisch, selbstsüchtig und herrschsüchtig ist, ist nicht nur selbst unglücklich, sondern wirft auch einen dunklen Schatten auf alle Bewohner seines Hauses. Er wird die Folgen ernten, indem er seine Frau entmutigt und krank und seine Kinder mit seinem eignen unliebenswürdigen Charakter behaftet sieht.

Wenn der Mutter nicht die Hilfe und Fürsorge gewährt wird, welche sie haben sollte, und zugelassen wird, daß sie ihre Kraft durch Überarbeitung oder in Angst und Traurigkeit erschöpft, so werden ihre Kinder der Lebenskräfte, der geistigen Spannkraft und freudigen Lebhaftigkeit beraubt, welche sie ererben sollten. Es wird viel besser sein, der Mutter Leben hell und freudig zu gestalten, sie vor Mangel, erschöpfender Arbeit und niederdrückender Sorge zu bewahren, und auf einen kräftigen Körperbau der Kinder zu achten, so daß sie sich ihren Weg durch das Leben mit eigener Kraft erkämpfen können.

Groß ist die Ehre und Verantwortlichkeit, welche Vätern und Müttern dadurch aufgelegt ist, daß sie an der Stelle Gottes für ihre Kinder stehen. Ihr Charakter, ihr tägliches Leben, ihre Erziehungsmethoden werden den Kleinen Gottes Worte in die Wirklichkeit umsetzen. Ihr Einfluß wird des Kindes Vertrauen in die göttlichen Verheißungen gewinnen oder vernichten.

Das Vorrecht der Eltern in der Kinder-Erziehung

Glücklich sind die Eltern, deren Leben ein getreuer Abglanz des göttlichen ist, so daß die Verheißungen und Gebote Gottes in dem Kinde Dankbarkeit und Ehrfurcht erwecken. Glückselig sind die Eltern, deren Zärtlichkeit, Gerechtigkeit und Langmut dem Kinde die Liebe, Gerechtigkeit und Langmut Gottes vor Augen führen, und welche das Kind lehren, seinen Vater im Himmel zu lieben, ihm zu vertrauen und zu gehorchen, indem sie es anhalten, sie zu lieben und ihnen zu vertrauen und zu gehorchen. Eltern, welche einem Kind eine solche Gabe mitteilen, haben es mit einem köstlicheren Schatz ausgestattet als die Reichtümer aller Zeitalter -- einen Schatz so dauernd wie die Ewigkeit.

In den ihrer Fürsorge anvertrauten Kindern hat jede Mutter eine heilige Aufgabe von Gott. "Nimm diesen Sohn, diese Tochter" sagt er "und erziehe sie für mich, gib ihnen einen Charakter, wie es für einen Königshof gebühret, damit sie in den Vorhöfen des Herrn glänzen mögen für alle Ewigkeit."

Der Mutter erscheint ihre Arbeit oft als eine unwichtige Mühe. Es ist ein Werk, welches selten geschätzt wird. Andere wissen wenig von ihren vielen Sorgen und Lasten. Ihre Tage gehen dahin unter einer Reihe kleiner Pflichten, die alle geduldige Bemühung, Selbstbeherrschung, Zartgefühl, Weisheit und selbstaufopfernde Liebe erfordern; dennoch kann sie sich nicht rühmen, daß sie irgend etwas Großes vollbracht habe. Sie hat nur dafür gesorgt, daß alles in dem Heim seinen ruhigen Gang gehe; oft müde und erschöpft hat sie versucht, gütig mit den Kindern zu sprechen, sie beschäftigt und fröhlich zu erhalten und die kleinen Füße auf den rechten Pfad zu leiten. Sie denkt, daß sie nichts verrichtet habe, aber das ist nicht so. Himmlische Engel wachen über der bekümmerten Mutter und verzeichnen die Lasten, welche sie Tag für Tag trägt. Man mag ihren Namen in der Welt nicht vernehmen, aber er steht geschrieben in dem Lebensbuch des Lammes.

Die Gelegenheit der Mutter

Es ist ein Gott in der Höhe und das Licht und die Herrlichkeit von seinem Thron ruhen auf der treuen Mutter, wenn sie versucht, ihre Kinder so zu erziehen, damit sie dem Einfluß des Bösen widerstehen können. Kein anderes Werk kommt dem ihren an Wichtigkeit gleich. Sie hat nicht gleich dem Künstler eine schöne Gestalt auf Leinwand zu malen, noch gleich dem Bildhauer sie aus Marmor zu hauen. Sie hat nicht gleich dem Redner einen edlen Gedanken in mächtige Worte zu kleiden, noch gleich dem Komponisten eine herrliche Empfindung in Melodie auszudrücken. Es ist ihre Aufgabe, mit der Hilfe Gottes in einer menschlichen Seele das Ebenbild Gottes zu entwickeln.

Die Mutter, welche dies würdigt, wird ihre Gelegenheiten als unschätzbar ansehen. Sie wird ernstlich danach trachten, in ihrem eignen Charakter und in ihrer Erziehungsweise ihren Kindern das höchste Ideal vorzuführen. Sie wird ernstlich, geduldig und mutig danach streben, ihre eigenen Fähigkeiten zu vermehren, damit sie die höchsten Geisteskräfte richtig anwenden möge in der Erziehung ihrer Kinder. Bei jedem Schritt wird sie ernstlich fragen: "Was hat Gott geredet?" Sie wird sorgfältig sein Wort forschen. Sie wird stets ihre Augen auf Christum gerichtet haben, damit ihre eignen täglichen Erfahrungen in dem beschränkten Kreislauf der Sorge und Plicht ein getreuer Wiederschein des einen wahren Lebens seien.