In den Fußspuren des großen Arztes

Kapitel 38

Die Wichtigkeit, wahre Erkenntnis zu suchen

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"Neige dein Ohr herab ... wende dein Herz zu meiner Erkenntnis."

Wir müssen viel klarer als wir es bis jetzt vermögen, den Streitpunkt erkennen, um den es sich in dem großen Kampf, in dem wir alle stehen, handelt. Wir müssen den Wert der Wahrheiten des göttlichen Wortes viel vollkommener erkennen, sowie die Gefahr, wenn wir zugeben, daß unsere Gedanken durch den großen Betrüger von denselben abgewendet werden.

Der unendliche Wert des Opfers, das zu unserer Erlösung nötig war, offenbart die Tatsache, daß die Sünde ein schreckliches Übel ist. Durch die Sünde ist der ganze menschliche Organismus in Unordnung geraten, die Gedanken sind verwirrt und die Einbildung ist verdorben. Die Sünde hat die Fähigkeiten der Seele verringert. Versuchungen von außen finden einen Widerhall in dem Herzen und die Füße wenden sich unmerklich dem Bösen zu.

Wie das für uns dargebrachte Opfer vollkommen war, so muß auch unsere Wiederherstellung von der Befleckung der Sünde vollkommen sein. Das Gesetz Gottes wird keine schlechte Tat entschuldigen; keine Ungerechtigkeit kann seiner Verurteilung entgehen. Die Sittenlehre des Evangeliums erkennt keinen anderen Standpunkt an, als die Vollkommenheit des göttlichen Charakters. Das Leben Christi war eine vollkommene Erfüllung einer jeden Gesetzesvorschrift. Er sagte: "Gleichwie auch ich meines Vaters Gebote gehalten habe." Johannes 15,10. Sein Leben ist unser Vorbild des Gehorsams und Dienstes. Gott allein kann das Herz erneuern. "Gott ist's, der in euch wirket beide, das Wollen und Vollbringen nach seinem Wohlgefallen." Uns aber ist geboten: "Schaffet, daß ihr selig werdet." Philipper 2,13.12.

Das Werk, welches unser Nachdenken erfordert

Verkehrte Dinge können nicht recht genannt werden, noch kann der Lebenswandel durch einige schwache, abwechselnde Bemühungen umgestaltet werden. Die Bildung des Charakters ist nicht das Werk eines Tages, noch eines Jahres, sondern einer ganzen Lebenszeit. Der Kampf um den Sieg über das eigene Ich nach Heiligkeit und göttlichen Dingen ist ein lebenslanger Kampf. Ohne fortgesetzte Bemühungen und beständige Tätigkeit kann kein Fortschritt im göttlichen Leben stattfinden und wir können nicht die Siegeskrone erlangen.

Der stärkste Beweis, daß der Mensch von einem höheren Stand gefallen ist, ist die Tatsache, daß es so viel kostet, zurückzukehren. Der Rückzug kann nur durch harten Kampf gewonnen werden. Zoll für Zoll, und Stunde um Stunde. Wir können durch eine schnelle unbedachte Tat in einem Augenblick in die Macht des Bösen geraten; aber es erfordert mehr als einen Augenblick, die Fesseln zu brechen und ein heiligeres Leben zu erlangen. Die Absicht mag gefaßt und das Werk begonnen sein; aber die Ausführung desselben erfordert Mühe, Zeit, Ausdauer, Geduld und Opfer.

Wir dürfen uns nicht gestatten, nach augenblicklichen Regungen zu handeln. Wir müssen jeden Augenblick auf der Hut sein. Von Versuchungen ohne Zahl umgeben, müssen wir standhaft widerstehen oder wir werden besiegt. Sollten wir zum Schluß des Lebens kommen und unser Werk nicht getan haben, so würde es ein ewiger Verlust bedeuten.

Das Leben des Apostels Paulus war ein beständiger Kampf mit dem eigenen Ich. Er sagte: "Ich sterbe täglich." 1.Korinther 15,31. Sein Wille und sein Verlangen gerieten jeden Tag mit der Pflicht und dem Willen Gottes in Streit. Anstatt aber der Neigung zu folgen, tat er den Willen Gottes, wie sehr er auch seine Natur dabei kreuzigen mußte.

So konnte er am Ende seines kampfreichen Lebens, indem er auf seine Kämpfe und Siege zurückschaute, sagen: "Ich habe einen guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe Glauben gehalten; hinfort ist mir beigelegt die Krone der Gerechtigkeit, welche mir der Herr an jenem Tage, der gerechte Richter geben wird." 2.Timotheus 4,7.8.

Das Leben des Christen ist ein Kampf und ein Marsch. Es gibt keine Befreiung von diesem Streit; die Anstrengung muß fortgesetzt und ausdauernd sein. Nur durch unaufhörliches Bemühen erlangen wir den Sieg über die Versuchungen Satans. Wir müssen mit unwiderstehlicher Energie nach christlicher Lauterkeit trachten und dieselbe mit entschlossener Festigkeit der Absicht behaupten.

Niemand wird aufwärts getragen werden, der nicht feste, ausdauernde Bemühungen für sich gemacht hat. Alle müssen sich persönlich an diesem Kampf beteiligen; kein anderer kann unsere Kämpfe ausfechten. Wir sind persönlich für den Ausgang des Kampfes verantwortlich; wenn gleich Noah, Daniel und Hiob im Lande wären, so könnten sie doch weder Sohn noch Tochter durch ihre Gerechtigkeit erretten.

Die Wissenschaft, die man beherrschen soll

Es gibt eine Wissenschaft des Christentums, die wir beherrschen sollen -- eine Wissenschaft, die so viel tiefer, breiter und höher ist als irgend eine menschliche Wissenschaft, wie der Himmel höher ist als die Erde. Der Verstand soll ausgebildet, erzogen und geübt werden; denn wir sollen Gott dienen auf eine Weise, welche mit der angeborenen Neigung nicht in Harmonie ist. Ererbte und gepflegte Anlagen zum Bösen müssen überwunden werden. Oft muß die Erziehung und Ausbildung einer ganzen Lebenszeit abgelegt werden, damit jemand ein Schüler in der Schule Christi werden kann. Unsere Herzen müssen gelehrt werden, fest zu werden in Gott. Wir müssen unsere Gedanken so bilden, daß wir imstande sind, der Versuchung zu widerstehen. Wir müssen lernen aufwärts zu schauen. Die Grundsätze des Wortes Gottes -- Grundsätze, welche so erhaben sind wie der Himmel und die Ewigkeit einschließen, sollen wir verstehen lernen in ihrer Beziehung zu unserem täglichen Leben. Jede Handlung, jedes Wort, jeder Gedanke soll mit diesen Grundsätzen in Übereinstimmung sein. Alles muß in Harmonie mit Christo gebracht werden und muß ihm untertan sein.

Die köstlichen Gnadengaben des heiligen Geistes werden nicht in einem Augenblick entwickelt. Mut, Geistesstärke, Sanftmut, Glaube, unwandelbares Vertrauen in die Macht Gottes, zu erretten, werden durch die Erfahrungen der Jahre gewonnen. Die Kinder Gottes besiegeln ihr Schicksal durch ein Leben heiliger Bestrebungen und Festhalten an dem Rechten.

Keine Zeit zu verlieren

Wir haben keine Zeit zu verlieren. Wir wissen nicht, wie bald unsere Prüfung schließen mag. Wir haben zum längsten doch nur eine kurze Lebenszeit hier und wir wissen nicht, wie bald der Pfeil des Todes unser Herz treffen mag. Wir wissen nicht, wie bald der Ruf an uns ergeht, die Welt und all ihre Interessen aufzugeben. Die Ewigkeit dehnt sich vor uns aus. Der Vorhang wird bald gelüftet werden. Nur noch wenige kurze Jahre und an einen jeden, der nun zu den Lebendigen gezählt wird, ergeht der Befehl:

"Wer böse ist, der sei fernerhin böse ... aber wer fromm ist, der sei fernerhin fromm; und wer heilig ist, der sei fernerhin heilig." Offenbarung 22,11.

Sind wir vorbereitet? Sind wir mit Gott, dem Herrn des Himmels, dem Gesetzgeber und mit Jesu Christo, den er als seinen Stellvertreter in die Welt gesandt hat, bekannt geworden? Wenn unser Lebenswerk beendet ist, können wir dann sagen wie Christus unser Vorbild:

"Ich habe dich verkläret auf Erden, und vollendet das Werk, das du mir gegeben hast ... ich habe deinen Namen offenbart?" Johannes 17,4-6.

Die Engel Gottes suchen uns von uns selbst und von irdischen Dingen abzuziehen; laßt sie nicht vergeblich arbeiten.

Seelen, die sich mit niedrigen Gedanken beschäftigt haben, müssen sich ändern. "Begürtet die Lenden eures Gemütes, seid nüchtern, und setzt eure Hoffnung ganz auf die Gnade, die euch angeboten wird durch die Offenbarung Jesu Christi, als gehorsame Kinder, und stellet euch nicht gleich wie vorhin, da ihr in Unwissenheit nach den Lüsten lebtet, sondern nach dem, der euch berufen hat und heilig ist, seid auch ihr heilig in allen eurem Wandel. Denn es steht geschrieben: ‚Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig.'" 1.Petrus 1,13-16.

Die Gedanken müssen auf Gott als den Mittelpunkt gerichtet bleiben. Wir müssen ernste Anstrengungen machen, die bösen Neigungen des natürlichen Herzens zu überwinden. Unsere Anstrengungen, unsere Selbstverleugnung und Ausdauer muß im Verhältnis zu dem unendlichen Wert des Gegenstandes stehen, den wir verfolgen. Wir können nur dann die Krone des Lebens gewinnen, wenn wir überwinden, wie Christus überwunden hat.

Notwendigkeit der Selbstverleugnung

Die größte Gefahr für den Menschen besteht darin, daß er sich selbst täuscht, die Selbstgenügsamkeit nährt und sich dadurch von Gott, der Quelle seiner Kraft, trennt. Wenn unsere natürlichen Neigungen nicht von dem Geist Gottes berichtigt werden, so tragen sie in sich den Samen moralischen Todes. Es sei denn, daß wir in lebendige Verbindung mit Gott kommen, so können wir den unheiligen Bemühungen der Selbstbefriedigung, der Eigenliebe und Versuchung zur Sünde nicht widerstehen.

Um aber von Christo Hilfe zu empfangen, müssen wir unser Bedürfnis erkennen. Wir müssen uns selbst richtig kennen. Nur wer einsieht, daß er ein Sünder ist, den kann Christus erretten. Nur soweit wir unsere gänzliche Hilflosigkeit sehen und alles Selbstvertrauen ablegen, können wir die göttliche Macht ergreifen.

Nicht nur am Anfang des christlichen Lebens tut diese Selbstverleugnung not. Bei jedem Schritt, den wir himmelwärts tun, muß sie erneuert werden. Alle unsere guten Werke sind von einer Macht, außerhalb unserer selbst, abhängig; deshalb ist ein beständiges Verlangen des Herzens nach Gott, ein stetes ernstes Bekenntnis der Sünde und ein Demütigen der Seele vor ihm, notwendig. Wir sind von Gefahren umgeben, und wir sind nur sicher, wenn wir unsere Schwäche fühlen und uns mit der Hand des Glaubens an unsern mächtigen Erlöser klammern.

Christus der Hauptquell wahrer Erkenntnis

Wir müssen uns von tausend Gegenständen abwenden, die unsere Aufmerksamkeit auf sich lenken wollen. Es gibt Dinge, die Zeit in Anspruch nehmen und die Forschung erregen, bei denen aber nichts herauskommt. Die höchsten Interessen erfordern unsere ganze Aufmerksamkeit und Energie, welche so oft verhältnismäßig unbedeutenden Dingen zugewendet werden.

Neue Theorien anzunehmen bringt aber für sich allein der Seele kein neues Leben. Selbst die Bekanntschaft mit an und für sich wichtigen Tatsachen und Theorien sind von wenig Wert, wenn sie nicht einen praktischen Nutzen haben. Wir müssen unsere Verantwortlichkeit fühlen, unserer Seele Speise zu geben, welche das geistige Leben fördert und anregt.

"Daß du dein Ohr auf Weisheit merken lässest, Dein Herz neigest zum Verständnis ... So du sie suchest wie Silber Und forschest sie wie Schätze: Alsdann wirst du die Furcht des Herrn vernehmen Und Gottes Erkenntnis finden ... Alsdann wirst du verstehen Gerechtigkeit und Recht Und Frömmigkeit und allen guten Weg. Denn Weisheit wird in dein Herz eingehen, Daß du gerne lernest; Guter Rat wird dich bewahren Und Verstand wird dich behüten." Sprüche 2,2-11.

Weisheit "ist ein Baum des Lebens allen, die sie ergreifen, Und selig sind, die sie halten." Sprüche 3,18.

Die Frage, welche unser wichtigstes Studium sein sollte, lautet: "Was ist Wahrheit -- die Wahrheit, welche gepflegt, geliebt, geehrt und befolgt werden sollte?" Die der Wissenschaft Ergebenen haben Niederlagen erlitten und sind entmutigt worden in ihren Bemühungen, Gott zu erforschen. Was ihnen not tut, in dieser Zeit nachzuforschen, ist: Was ist die Wahrheit, die uns in den Stand setzen wird, unser Seelenheil zu gewinnen?

"Was haltet ihr von Christus?" ist die wichtigste Frage. Nimmst du ihn als persönlichen Heiland an? Allen, die ihn annehmen, gibt er Macht, Gottes Kinder zu werden.

Christus offenbarte seinen Jüngern Gott auf solche Weise, die in ihren Herzen ein besonderes Werk vollbrachte, wie er es auch in unserem Herzen tun möchte. Es gibt viele, welche ganz die belebende Macht des Beispieles Christi aus den Augen verloren haben, indem sie zu viel bei der Theorie verweilten. Sie haben ihn aus dem Auge verloren als den demütigen, selbstverleugnenden Arbeiter. Was ihnen not tut, ist, auf Jesum zu schauen. Wir bedürfen täglich der neuen Offenbarung seiner Gegenwart. Wir müssen genauer seinem Beispiel der Selbstverleugnung und der Selbsthingabe nachfolgen.

Wir bedürfen der Erfahrung, welche Paulus hatte, als er schrieb: "Ich bin mit Christo gekreuzigt. Ich lebe aber; doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir. Denn was ich jetzt lebe im Fleisch, das lebe ich in dem Glauben des Sohnes Gottes, der mich geliebt hat und sich selbst für mich dargegeben." Galater 2,20.

Die Erkenntnis Gottes und Jesu Christi, die sich im Charakter ausspricht, ist eine Erhöhung, die alles übertrifft, was im Himmel und auf Erden geachtet ist. Es ist die höchste Ausbildung. Es ist der Schlüssel, welcher die Pforten der himmlischen Stadt öffnet. Es ist Gottes Absicht, daß alle, welche Christum anziehen, diese Erkenntnis besitzen sollen.