Ruf an die Jugend

Abschnitt 14

Gesellschaftliche Beziehungen

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Durch gesellschaftliche Beziehungen gelangt das Christentum in Berührung mit der Welt. Wer immer von Gott erleuchtet worden ist, hat die Aufgabe, den dunklen Pfad derer zu erhellen, die nichts von einem besseren Wege wissen. Geheiligt durch den Geist Jesu Christi, sollten wir unsre gesellschaftlichen Fähigkeiten dazu benutzen, Menschenseelen dem Heiland zuzuführen.

Kapitel 136: Bereit zu helfen

Das Beispiel Christi, der Menschen Sache zu der seinigen zu machen, sollte von allen, die sein Wort predigen und die das Evangelium seiner Gnade angenommen haben, befolgt werden. Wir dürfen uns einem geselligen Verkehr nicht entziehen und uns nicht von andern abschließen. Um alle Klassen erreichen zu können, müssen wir ihnen dort begegnen, wo sie sich befinden. Sie werden uns selten aus eigenem Antrieb aufsuchen. Nicht allein von der Kanzel aus werden Menschenherzen von der göttlichen Wahrheit berührt. Es gibt auch noch ein anderes Arbeitsfeld, das vielleicht geringer, aber ebenso versprechend ist. Man findet es in den Wohnungen der Niedrigen wie in den Palästen der Reichen, an der gastfreien Tafel und auch bei harmlosen geselligen Zusammenkünften.

Wir Christen dürfen den Verkehr mit der Welt nicht aus Liebe zum Vergnügen pflegen. Wir sollen uns nicht mit den weltlichen Torheiten befreunden; denn solche Gesellschaft muß uns schaden. Auch soll der Christ kein Unrecht durch Wort oder Tat, durch Stillschweigen oder nur durch seine Gegenwart gutheißen. Wohin wir auch gehen, müssen wir Jesus mit uns nehmen und den andern verkündigen, wie wertvoll uns unser Leben mit dem Heiland geworden ist. Wer aber seinen Glauben in Mauern einzuschließen sucht, läßt viele Gelegenheiten, Gutes zu tun, unbenutzt vorübergehen. Durch Geselligkeit und Gastfreundschaft kommt die ganze Welt mit der Botschaft vom Reich in Berührung, und jeder, der göttliches Licht erhalten hat, muß das irdische Dunkel zu erhellen versuchen.

Wir alle sollen Zeugen für den Heiland sein. Gesellschaftliches Ansehen, durch Gottes Gnade geheiligt, soll dazu dienen, Seelen für den Herrn zu gewinnen. Die Welt muß erkennen, daß wir nicht im engen Rahmen eigener Interessen leben, sondern bestrebt sind, auch andern die Segnungen und Vorrechte unsers christlichen Lebens zu vermitteln. Laßt sie sehen, daß uns der Glaube nicht unsympathisch oder gefühlshart macht. Jeder, der den Heiland angenommen hat, soll wie er ein Diener zum Wohle der Menschheit sein.

Wir sollten vor der Welt niemals den falschen Eindruck erwecken, Christen wären schwermütige, unfrohe Menschen. Wenn wir unsern Blick auf den Heiland richten, werden wir einen mitleidsvollen Erlöser sehen; das Licht seines Antlitzes wird unser Herz entzünden. Wo sein Geist regiert, da wird Friede und Freude sein; denn uns erfüllt ein ruhiges, heiliges Vertrauen zu Gott.

Der Heiland freut sich, wenn seine Nachfolger erkennen lassen, daß sie trotz ihrer Menschlichkeit Teilhaber der göttlichen Natur sind. Sie sind keine Säulenheilige, sondern lebensvolle Männer und Frauen. Ihre Herzen sind vom Tau göttlicher Gnade erfrischt und der Sonne der Gerechtigkeit geöffnet und zugewandt. Das Licht, das auf sie fällt, werden sie an andre weitergeben durch Taten, welche die Liebe Jesu widerstrahlen.

Der Umgang beeinflußt unser Geschick

Gottes Wort betont mit Nachdruck den Einfluß, den der Umgang selbst auf Erwachsene ausübt. Wie viel größer noch ist seine Macht auf den sich in der Entwicklung befindlichen Geist und Charakter der Kinder und Jugendlichen! Die Gemeinschaft, die sie pflegen, die Grundsätze und Gewohnheiten, die sie annehmen, werden über ihre Brauchbarkeit auf Erden und zugleich über ihr zukünftiges Geschick entscheiden.

Kapitel 137: Christliche Geselligkeit und Höflichkeit

Christliche Geselligkeit ist unter dem Volke Gottes nur mangelhaft ausgebildet. Diese Seite der Erziehung sollte nicht vernachlässigt und in unsern Schulen nicht außer Acht gelassen werden.

Die Schüler sollten darüber belehrt werden, daß sie nicht nur Einzelwesen sind, sondern daß jeder sozusagen ein Faden ist, der durch die Vereinigung mit anderen Fäden zum Gewebe wird. In keinem Kreis kann diese Belehrung wirksamer erteilt werden als im Schulheim. Hier bieten sich den Schülern täglich Gelegenheiten, die ihnen bei richtiger Ausnutzung eine große Hilfe in der Entwicklung der geselligen Züge ihres Charakters sein können. Es liegt an ihnen selbst, ihre Zeit und Gelegenheiten so zu benutzen, daß sich ein Charakter entwickelt, der sie glücklich und brauchbar macht. Wer sich als Eigenbrötler in sich selbst verschließt und nicht bereit ist, andere zu beglücken und zu erfreuen, wird vieler Segnungen verlustig gehen, denn durch wechselseitigen Verkehr glättet und verfeinert sich das Gemüt. Durch gesellschaftlichen Verkehr bilden und festigen sich Freundschaften, deren Folge ein Gleichklang der Herzen und eine Atmosphäre der Liebe ist, die dem Himmel wohl gefällt.

Besonders sollten diejenigen, die Jesu Liebe geschmeckt haben, ihre geselligen Fähigkeiten entwickeln; denn dadurch vermögen sie dem Heiland Seelen zuzuführen. Christus sollte nicht in ihren Herzen wie ein begehrter Schatz verborgen werden, der in seiner Süßigkeit und Heiligkeit nur sie selbst erfreuen soll; auch sollte die ihnen offenbarte Liebe Jesu Christi nicht nur denen mitgeteilt werden, die ihre Zuneigung haben. Den Schülern sollte beigebracht werden, daß die Christusähnlichkeit in einem Wesen freundlicher Aufgeschlossenheit und geselliger Lebensart denen gegenüber besteht, die sich in großer innerer Not befinden, auch wenn sie nicht zu ihrem Freundeskreis gehören. Der Heiland offenbarte jederzeit und an allen Orten liebende Anteilnahme an der menschlichen Familie und verbreitete um sich das Licht heiterer Frömmigkeit. Die Schüler sollten angehalten werden, stets seinen Fußstapfen zu folgen. Sie sollten unterrichtet werden, ihren jugendlichen Kameraden christliche Anteilnahme, Mitgefühl und Liebe entgegenzubringen und sie dem Heiland näherzuführen. Er sollte ihren Herzen ein Brunnen zum ewigen Leben werden, dessen Wasser alle erquickt, die davon trinken.

Dieser bereitwillige, liebevolle Dienst für andre in Zeiten der Not ist köstlich vor Gott. Wenn ihr Bekenntnis aufrichtig ist, können die Schüler schon während ihrer Schulzeit lebendige Missionare für Gott sein. Gewiß erfordert das Zeit, aber die zu diesem Dienst verbrauchte Zeit ist gut angewandt; denn sie lehrt gleichzeitig den Schüler, wie er der Welt den christlichen Glauben darzustellen hat.

Der Heiland weigerte sich nicht, mit andern freundschaftlichen Verkehr zu pflegen. Wurde er von einem Pharisäer oder Zöllner zu einem Fest geladen, dann nahm er die Einladung an. Jedes Wort, das er bei solchen Gelegenheiten äußerte, war den Gästen ein Geruch des Lebens zum Leben. Er benutzte die Stunde des Mahls, um ihnen nach ihrem Bedürfnis viele köstliche Lehren zu vermitteln. So lehrte der Heiland seine Jünger, wie sie sich im Verkehr mit Gläubigen und auch Ungläubigen verhalten sollten.

Kapitel 138: Leitende Grundsätze

Das Herz gehört Christus. Er hat einen unendlich hohen Preis für die Seele bezahlt. Er ist unser Fürsprecher beim Vater und naht sich ihm nicht als Bittsteller, sondern als Überwinder, der daher Anspruch auf sein Eigentum hat. Er ist zu weitgehender Hilfe fähig; denn er legt immerdar Fürsprache für uns ein. Ein junges Herz ist ein köstliches Opfer, die wertvollste Gabe, die dem Herrn dargebracht werden kann. Alles, was ihr seid, alle Fähigkeiten, die ihr besitzt, gab Gott euch als heiliges Unterpfand, das ihr ihm als ein williges, heiliges Opfer zurückerstatten sollt. Ihr könnt Gott nichts geben, was er euch nicht zuerst gegeben hat. Wenn ihr ihm darum euer Herz schenkt, ist es nur eine Gabe, die er zu seinem Eigentum erkauft hat und die ihm also schon gehört.

Es gibt viele, die sich um die Zeit, Neigungen und Kräfte der Jugend bewerben. Satan fordert die Jugend als sein Eigentum. Eine unermeßlich große Zahl Jugendlicher überantwortet im alle Fähigkeiten und Gaben, die sie besitzen. Die Welt beansprucht ihr Herz; aber jenes Herz gehört dem Einen, der es erlöst hat. Wird es der Welt gegeben, dann füllt es sich mit Sorgen, Leid und enttäuschten Hoffnungen; es wird unrein und verdorben. Es würde den schlimmsten Raub bedeuten, der Welt eures Herzens Neigungen und Dienste zu geben; denn sie gehören Gott. Ihr gewinnt nichts, wenn ihr euer Herz irdischen Freuden hingebt.

Der Feind der Gerechtigkeit hat jede erdenkliche Art von Vergnügen für die Jugend aller Schichten vorbereitet; sie sind nicht nur in den großen Städten, sondern auch in jedem kleinen Ort, der von Menschen bewohnt ist, zu finden. Satan umwirbt die Jugend und wünscht sie als seine Helfer in seinen Reihen zu sehen. Der Erzfeind weiß sehr gut, mit wem er rechnen kann. Er hat in höllischer Schlauheit Gewohnheiten und Vergnügungen für die Jugend ersonnen, durch die er ihre Neigungen von Jesus Christus ablenken kann.

Der verlorene Sohn

Das Gleichnis vom verlorenen Sohn ist der Jugend zur Belehrung gegeben. In seinem vergnügungssüchtigen und verschwenderischen Leben verbrauchte der verlorene Sohn sein Erbteil. Er war in einem fremden Land ohne Freunde; in Lumpen gehüllt und hungrig fristete er sein Leben mit Trebern, die die Säue fraßen. Reuig und gedemütigt war seine letzte Hoffnung die Rückkehr ins Vaterhaus, wo er willkommen war, Vergebung fand und an seines Vaters Herz gezogen wurde. Viele Jugendliche handeln wie der verlorene Sohn. Sie führen ein sorgloses, vergnügungssüchtiges und verschwenderisches Leben, vergessen den Born lebendigen Wassers, die Quelle wahrer Freude, und machen sich löchrige Brunnen, die kein Wasser geben.

Gottes gnädige Einladung

Gottes Einladung ergeht an jeden jungen Menschen: "Gib mir, mein Sohn, dein Herz, und laß deinen Augen meine Wege wohl gefallen." Sprüche 23,26. Er will das Herz rein erhalten und das Sehnen des Herzens mit wahrer Glückseligkeit stillen. Der Herr möchte die Jugend glücklich machen, darum soll sie ihm ihr Herz in treue Hut geben, damit alle von Gott gegebenen Fähigkeiten ihres Lebens in gesunder und starker Verfassung gehalten werden. Die jungen Menschen sind Verwalter der göttlichen Lebensgabe. Er läßt das Herz schlagen und gibt Kraft zu jeder Befähigung. Wahre Freude wird keine dieser Gottesgaben verderben. Wir sündigen gegen den Leib und Gott, wenn wir uns Vergnügungen hingeben, die unsre Neigungen von Gott abziehen. Die Jugend muß ernstlich bedenken, daß sie sich in dieser Welt erproben muß, um festzustellen, ob sie einen Charakter hat, der sie befähigt, mit den Engeln zu leben.

Wenn euch eure Kameraden auf den Weg des Lasters und der Torheit drängen wollen, wenn alles, was euch umgibt, euch reizen will, Gott zu vergessen, die Fähigkeiten, die der Herr euch anvertraut hat, zu verderben, und alles, was in euch edel ist, zu erniedrigen: dann leistet ihnen beharrlich Widerstand. Denkt daran, daß ihr des Herrn Eigentum seid, durch das Leiden und Sterben des Sohnes Gottes erkauft.

Der Herr Jesus fordert eure Dienste. Er liebt euch. Solltet ihr an seiner Liebe zweifeln, dann blickt auf den Hügel Golgatha. Das Licht, das vom Kreuze widerstrahlt, beweist euch die Größe jener Liebe, die keine Sprache schildern kann. "Wer meine Gebote hat und hält sie, der ist es, der mich liebt." Johannes 14,21. Wir müssen uns durch eifriges Schriftstudium mit den Geboten Gottes bekannt machen und dann beweisen, daß wir gehorsame Söhne und Töchter Gottes sind.

Eingehüllt in Gottes Barmherzigkeit

Gottes Gnade umgibt euch jederzeit; und es wäre vorteilhaft für euch, darüber nachzudenken, wie und woher eure täglichen Segnungen zu euch kommen. Mögen sie Dankbarkeit in euch erwecken. Ihr könnt ja Gottes Segnungen nicht zählen und seine beständige Güte nicht ermessen; denn sie sind so zahlreich wie belebende Regentropfen. Die Wolke der Barmherzigkeit hängt über euch und wartet darauf, euch zu erquicken. Wenn ihr die wertvolle Gabe der Erlösung schätzt, wird euch das Bewußtsein des Schutzes und der Liebe Jesu täglich neu beleben; auf eurem Wege wird Friede sein.

Schaut auf die herrlichen Werke Gottes in der Natur und laßt euer Herz in Dankbarkeit für den Schöpfer schlagen. Es ist gewinnbringend für das Gemüt, im Buch der Natur zu forschen. Seid nicht gedankenlos und undankbar. Öffnet die Augen eures Verständnisses; seht die Schönheit und Harmonie der Naturgesetze und bezeugt eurem Schöpfer, dem erhabenen Herrscher Himmels und der Erde, Achtung und Ehrerbietung. Seht ihn durch das Auge des Glaubens, wie er sich in Liebe über euch beugt und voll Erbarmen bittet: "Gib mir, mein Sohn, dein Herz." Sprüche 23,26. Ergebt euch dem Heiland, dann könnt ihr mit dankbarem Herzen sagen: "Ich weiß, daß mein Erlöser lebt." Hiob 19,25. Euer Glaube an Jesus Christus wird euch Kraft zu eurem Vorhaben geben und den Charakter festigen.

Eure Freude, euer Friede, Glück und Erfolg im Leben hängen von dem aufrichtigen und festen Glauben an Gott ab. Dieser Glaube bewirkt wahren Gehorsam dem göttlichen Gesetz gegenüber. Euer Wissen und Glaube an Gott ist der sicherste Schutz gegen jede sündige Tat und ist die Quelle alles Guten.

Glaubt an den Heiland als an einen, der eure Sünden vergeben hat, der euch glücklich sehen will in den Wohnungen, die er für euch bereitet. Er hat den Wunsch, daß ihr in seiner Gegenwart leben sollt. Er wünscht euch ewiges Leben und die Krone der Herrlichkeit.

Kapitel 139: Der Einfluß der Umgebung

Es ist nicht zu umgehen, daß die Jugend Kameraden hat, und sie wird zweifellos deren Einfluß wahrnehmen. Geheimnisvolle Bande schlingen sich um die Seelen, so daß das Herz des einen auf das Herz des andern einwirkt. Die Gedanken und Gefühle, das ganze Wesen, werden einander angeglichen. Solche innige Verbindung kann zum Segen, aber auch zum Fluch werden. Die Jugend vermag einander zu helfen, zu stärken und sich in der Haltung, Veranlagung und im Wissen gegenseitig zu bereichern, oder aber sie wird sorglos und ungläubig, dann wird auch ihr Einfluß schlecht.

Die Auswahl der Gefährten gehört zu den Obliegenheiten, die jeder Schüler ernsthaft überlegen muß. Unter den jungen Leuten, die unsre Schulen besuchen, werden immer zwei Klassen zu finden sein: diejenigen, die versuchen, Gott zu gefallen und ihren Lehrern gehorsam zu sein, und die andern, deren Geist aufsässig ist. Schließt sich die Jugend der Masse an und nimmt an ihren Sünden teil, dann macht sich ihr Einfluß auf der Seite des Seelenfeindes geltend; sie wird dann auch diejenigen verführen, die sich ihre Grundsätze unwandelbarer Treue nicht sorgfältig bewahrt haben.

Mit Recht wird gesagt: "Sage mir, mit wem du umgehst, so sage ich dir, wer du bist." Die Jugend verkennt oft, wie stark ihr Charakter und ihr guter Name von der Wahl ihrer Begleiter abhängen. Man sucht Gemeinschaft mit denen, deren Neigungen, Gewohnheiten und Taten den eignen entsprechen. Wer die Gesellschaft Unwissender und Lasterhafter anstatt der Weisen und Guten bevorzugt, beweist, daß es ihm an Charakter mangelt. Seine Neigungen und Gewohnheiten mögen zunächst von denen der Kameraden, um die er wirbt, abstechen; je mehr er sich aber mit ihnen vermischt, ändern sich auch seine Gedanken und Gefühle. Er opfert seine rechtschaffenen Grundsätze, und langsam, aber unaufhaltsam sinkt er auf die niedrige Ebene seiner Kameraden. Wie ein Strom durch das anliegende Land bestimmt wird, so wird auf die Grundsätze und Gewohnheiten des jungen Menschen die Art der Gesellschaft abfärben, mit der er sich umgibt.

Der Maßstab der Kraft

Charakterstärke ruht auf zwei Säulen -- auf Willenskraft und Selbstbeherrschung. Viele Jugendliche halten starke, unbeherrschte Leidenschaft für Charakterstärke; in Wahrheit aber ist derjenige, der sich von der Leidenschaft beherrschen läßt, ein Schwächling. Wahre Größe und Seelenadel des Menschen wird nach dem Vermögen, seine Gefühle zu zügeln, gemessen, nicht aber daran, daß die Gewalt der Leidenschaft ihn beherrscht. Der stärkste Mensch ist derjenige, der, obwohl keineswegs gefühllos gegen Kränkungen, doch seine Empfindungen meistern und seinen Feinden vergeben kann.

Gott hat uns geistige und sittliche Kraft verliehen. In großem Maße ist jeder einzelne der Baumeister seines Charakters. Mit jedem Tag nähert sich der Bau seiner Vollendung. Gottes Wort mahnt uns, aufzupassen, wie wir bauen, und darauf zu achten, daß wir uns auf den ewigen Felsen gründen. Die Zeit naht heran, da sich unser Werk als das erweist, was es ist. Jetzt können wir die uns von Gott mitgeteilten Kräfte noch ausbilden, damit durch sie Charaktere geformt werden, brauchbar für dieses Leben und für ein zukünftiges, höheres.

Der Glaube an Christus als an einen persönlichen Heiland wird dem Charakter Kraft und Festigkeit geben. Wer wahren Glauben an Christus hat, wird allzeit nüchtern sein und sich stets dessen erinnern, daß des Herrn Augen auf ihm ruhen und der Richter aller Menschen seinen sittlichen Wert abwägt und himmlische Mächte genau beobachten, welchen Charakter er hier entwickelt.

Der Grund, daß die Jugendlichen so schwere Irrtümer begehen, liegt darin, daß sie nicht aus der Erfahrung derer, die schon länger leben als sie, lernen. Schüler dürfen sich nicht erlauben, mit einem Scherz oder Lächeln die Warnungen und Belehrungen der Eltern und Lehrer zu übergehen. Sie sollten jede der ihnen erteilten Lehren beherzigen und gleichzeitig daran denken, daß sie noch tiefgründigerer Lehre, als sie irgendein Mensch geben kann, bedürfen. Wenn Christus durch den Glauben im Herzen wohnt, dann wird sein Geist eine Macht, welche die Seele läutern und beleben kann. Die Wahrheit im Herzen wird nicht verfehlen, einen bessernden Einfluß auf das Leben auszuüben.

Erinnert jene Schüler, die ihr Vaterhaus verlassen haben und sich nicht mehr unter dem unmittelbaren Einfluß ihrer Eltern befinden, daran, daß das Auge ihres himmlischen Vaters auf sie schaut. Er liebt die Jugend. Er kennt ihre Bedürfnisse, und er versteht ihre Anfechtungen. Er sieht in ihnen große Möglichkeiten und ist bereit, ihnen zu helfen, den höchsten Lebensstand zu erreichen, wenn sie sich ihrer Hilflosigkeit bewußt sind und um seinen Beistand flehen.

Ihr lieben Schüler, Tag und Nacht steigen Gebete eurer Eltern euretwegen zu Gott auf; Tag für Tag umgibt euch ihr liebendes Interesse. Hört auf ihre Bitten und Warnungen und seid entschlossen, mit allen Mitteln, die in eurer Macht stehen, euch von dem Bösen fernzuhalten, das euch umgibt. Ihr könnt noch nicht unterscheiden, wie hinterlistig der Feind arbeitet, um euren Geist und eure Gewohnheiten zu verderben und in euch ungesunde Grundsätze zu entwickeln.

Ihr mögt keine Gefahr darin sehen, den ersten Schritt zum Leichtsinn und zur Vergnügungssucht zu tun; ihr denkt, ihr könntet den eingeschlagenen Kurs wieder ändern, wenn ihr wollt, und ebenso leicht wieder das Gute tun, wie ihr euch dazu verstanden habt, in das Böse zu willigen. Das ist aber ein Irrtum. Durch die Wahl böser Kameraden sind schon viele Schritt für Schritt vom Pfad der Tugend abgekommen und in die Tiefen des Ungehorsams und der Liederlichkeit geraten, was sie früher für unmöglich gehalten hätten.

Der Schüler, der einer Versuchung nachgibt, schwächt seinen Einfluß zum Guten. Wer sich durch seinen schlechten Lebenswandel zum Helfer des Seelenfeindes gemacht hat, muß Gott Rechenschaft geben für den Anteil, den er daran hatte, daß Steine des Anstoßes in den Weg der andern gelegt wurden. Warum sollten sich unsre Schüler mit dem großen Abtrünnigen verbinden? Warum sollten sie seine Helfer zur Versuchung anderer werden? Sollten sie nicht vielmehr darüber nachdenken, wie sie ihren Mitschülern helfen und ihre Lehrer ermutigen könnten? Es ist ja ihr Vorrecht, ihren Lehrern die Lasten tragen zu helfen und den Schwierigkeiten entgegenzutreten, die der Satan so entmutigend mühevoll und untragbar gestaltet. Sie können mithelfen, eine Atmosphäre gegenseitiger Hilfe und Aufheiterung zu schaffen. Jeder Schüler darf sich über das Bewußtsein, an Jesu Seite zu stehen, freuen; er sollte Ordnung, Fleiß und Gehorsam schätzen und sich weigern, auch nur das Geringste seiner Fähigkeiten oder seines Einflusses dem großen Feind alles Guten und Erhabenen auszuliefern.

Der Schüler, der die Wahrheit gewissenhaft beachtet und das rechte Pflichtbewußtsein hat, vermag einen guten Einfluß für Christus auf seine Mitschüler auszuüben. Die jungen Menschen, die Christi Joch auf sich genommen haben, werden nicht ungebärdig sein; sie werden auch nicht nach ihrem eigenen Vergnügen und nach der Befriedigung ihrer Selbstsucht trachten. Weil sie im Geist eins sind mit dem Herrn, werden sie auch eins sein mit ihm in der Tat. Die älteren Schüler unsrer Anstalten sollten eingedenk sein, daß es in ihrer Macht steht, die Angewohnheiten und Handlungen ihrer jüngeren Kameraden zu formen. Von dieser Möglichkeit sollten sie den besten Gebrauch machen. Mögen sie dazu entschlossen sein, daß durch ihren Einfluß keiner ihrer Mitschüler in die Hände des Feindes getrieben wird.

Jesus wird allen ein Helfer sein, die ihr Vertrauen auf ihn setzen. Wer sich mit dem Heiland verbunden hat, wird glücklich sein. Die Gläubigen folgen willig auf dem Wege, den sie ihr Heiland führt. Um seinetwillen kreuzigen sie täglich "ihr Fleisch samt den Lüsten und Begierden". Galater 5,24. Sie haben ihre Hoffnung auf Christus gegründet, und kein Sturm der Welt vermag sie von ihrem Fundament zu reißen.

Zuverlässig und treu

Es liegt an euch, ihr jungen Männer und Frauen, zu entscheiden, ob ihr euch als zuverlässig und treu erweisen wollt, bereit und entschieden, unter allen Umständen für das Recht einzutreten. Wollt ihr tadellose Gewohnheiten entwickeln? Dann sucht den Umgang derer, die sittlich einwandfrei sind und nach allem, was gut ist, streben. Die kostbare Gnadenzeit wurde euch geschenkt, jeden Charakterfehler abzulegen; das solltet ihr nicht nur um des zukünftigen Lebens willen tun, sondern auch wegen eurer Brauchbarkeit hier auf Erden. Ein guter Charakter ist ein Schatz, der kostbarer ist als Gold und Silber. Er bleibt durch alle Schrecken und alle Fehlschläge hindurch wertbeständig und trägt an jenem Tage, an dem irdische Besitztümer weggeweht werden, reiche Zinsen. Rechtschaffenheit, Standhaftigkeit und Ausdauer sind Eigenschaften, die jeder ernstlich zu entfalten suchen sollte; sie verleihen ihrem Träger eine Macht, die unwiderstehlich ist -- eine Macht, die ihn zu guten Taten befähigt, ihn festigt, dem Bösen zu widerstehen, und stark macht, Widerwärtigkeiten zu ertragen.

Die Liebe zur Wahrheit und der Drang, Gott zu verherrlichen, sind die stärksten Beweggründe zur Vervollkommnung des Verstandes. Mit solchem Antrieb zur Tat kann der Schüler kein müßiger Tändler werden. Er wird stets ernsthaft streben. Er wird wie unter den Augen Gottes lernen und wissen, daß der ganze Himmel an seiner Erziehung mitwirkt. Er wird edel gesinnt, großmütig, freundlich, höflich, Christus ähnlich und tüchtig. Herz und Geist werden mit dem Willen Gottes übereinstimmen.

Kapitel 140: Unser Einfluß

Das Leben Jesu strahlte einen unbegrenzten Einfluß aus, einen Einfluß, der ihn mit Gott und der ganzen menschlichen Familie verband. So hat der Herr durch Christus auch den Menschen mit einem Einfluß ausgestattet, der es ihm völlig unmöglich macht, nur sich selbst zu leben. Wir sind untrennbar mit unsern Mitmenschen verbunden, sind ein Teil der göttlichen Schöpfung und sind durch unsre wechselseitigen Beziehungen aufeinander angewiesen. Niemand kann in völliger Unabhängigkeit von seiner Umwelt leben; denn das Wohlergehen des einen beeinflußt den andern. Es ist Gottes Absicht, daß sich jeder für die Wohlfahrt der andern verantwortlich fühlen und versuchen soll, sich um ihr Glück zu bemühen.

Jede Seele ist von einer eigenen Atmosphäre umgeben, einer Atmosphäre, die mit der lebendigen Kraft des Glaubens, mit Mut und Hoffnung und dem Wohlgeruch der Liebe erfüllt sein kann. Sie kann aber auch beladen und durchkältet sein von dem Schatten der Unzufriedenheit und Selbstsucht oder vergiftet mit dem Todeshauch unsrer Lieblingssünden. Durch die Atmosphäre, die uns umgibt, wird jeder, der mit uns in Berührung kommt, bewußt oder unbewußt beeinflußt.

Unsre Verantwortung

Dies ist eine Verantwortung, der wir uns nicht entziehen können. Unsre Worte und Taten, unsre Kleidung, unser Verhalten, selbst unser Gesicht üben einen Einfluß aus. Den Eindruck, den wir zum Guten oder Schlechten machen, kann niemand ganz ermessen. Jeder Antrieb, der von uns ausgeht, ist eine Saat, die ihre Ernte reifen läßt. Sie ist ein Glied in der langen Kette menschlicher Ereignisse, deren Ausdehnung wir nicht kennen. Wenn wir durch unser Beispiel andern helfen, gute Grundsätze zu entwickeln, geben wir ihnen die Macht, Gutes zu tun. Sie werden diesen Einfluß auf andre übertragen und diese wieder auf andre. So können wir unbewußt durch unsern Einfluß Tausenden zum Segen werden.

Werft einen Kieselstein ins Wasser; er wird eine Welle, eine zweite und noch mehr bilden. Sie werden größer werden; der Umkreis weitet sich, bis das Ufer erreicht ist. So ist es auch mit unserm Einfluß. Mehr als wir wissen oder beachten, wird er andern zum Segen oder zum Fluch.

Der Charakter ist eine Macht. Das stille Zeugnis eines aufrichtigen, selbstlosen und gottesfürchtigen Lebens übt einen unwiderstehlichen Einfluß aus. Wenn wir in unserm eigenen Leben den Geist Christi offenbaren, verbinden wir uns mit ihm im Werk der Seelenrettung. Aber nur durch solche Bekundung des göttlichen Charakters können wir seine Mitarbeiter sein.

Je größer der Umkreis unsres Einflusses ist, desto mehr Gutes vermögen wir zu tun. Wenn alle, die sich zum Dienste Gottes bekennen, dem Beispiel des Heilandes folgen und die rechte Gesetzeserfüllung in ihrem täglichen Leben offenbaren, wenn jede Tat bezeugt, daß sie Gott über alles lieben und ihren Nächsten wie sich selbst, dann wird die Gemeinde Gottes Macht haben, die Welt zu bewegen.

Kapitel 141: Die Auswahl von Gefährten

Wir sollten uns die Gesellschaft wählen, die für unsre geistliche Entwicklung am günstigsten und nützlichsten ist; denn Satan wird uns jeden Schritt auf dem Wege zum Himmel so schwer wie möglich machen. Wir sehen uns oft in schwierigen Lagen, weil viele nicht in die Umgebung gestellt sind, die sie sich wünschen; wir sollten uns aber nicht freiwillig Einflüssen aussetzen, die einer christlichen Charakterbildung ungünstig sind. Wenn uns die Pflicht dazu veranlaßt, sollten wir doppelt wachsam sein und beten, damit wir durch die Gnade unsres Heilandes unverdorben bleiben.

Lot erwählte Sodom als Wohnsitz, weil er mehr auf zeitliche Vorteile sah, die er erlangen würde, als auf den sittlichen Einfluß, der ihn und seine Familie umgeben würde. Was hatte er in Bezug auf die Dinge dieser Welt gewonnen? Seine Besitztümer wurden vernichtet. Einige seiner Kinder kamen bei der Zerstörung jener gottlosen Stadt um. Sein Weib erstarrte auf der Flucht zur Salzsäule. Nur er selbst wurde "wie durchs Feuer" errettet. Selbst nach seiner Errettung hatten die bösen Folgen seiner selbstsüchtigen Wahl noch kein Ende. Die sittliche Verkommenheit dieses Ortes hatte den Charakter seiner Kinder so stark beeinflußt, daß sie nicht mehr zwischen Gut und Böse, zwischen Sünde und Gerechtigkeit zu unterscheiden vermochten.

{RJ 266.3 Kapitel 142: Die goldene Regel

Versetze dich in des andern Lage. Vergegenwärtige dir sein Fühlen, seine Schwierigkeiten, Enttäuschungen, Freuden und Leiden. Denke, du stecktest in seiner Haut, und dann tu ihm danach, wie du wünschtest, daß in gleicher Lage dir getan würde. Dies ist ein rechtes Gesetz der Redlichkeit. Anders ausgedrückt lautet es: "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst." Matthäus 19,19. Das haben schon die Propheten je und je als Hauptsache verkündigt. Es ist ein himmlisches Gesetz, das sich in allen entfalten wird, die seiner Weisung folgen.

Herzensbildung beruht auf dieser goldenen Regel, die Jesus in seinem Leben am getreuesten ausgelebt hat. Wie sanft und lieblich erscheint uns der Heiland in seiner täglichen Lebensführung! Welche Güte umgab ihn! Seine Kinder werden desselben Geistes sein. Wem Christus innewohnt, den umgibt ein Hauch Gottes. Seine reinen weißen Kleider duften nach dem Garten des Herrn. Sein Antlitz strahlt das Licht des Ewigen wider und leuchtet auf dem Wege derer, die straucheln und müde geworden sind.

Strebt jemand nach einer vollkommenen Persönlichkeit, dann wird er das Mitgefühl und Zartgefühl Christi nicht vermissen lassen. Der Einfluß der Gnade macht das Herz weich, veredelt und läutert das Fühlen und verleiht ein von oben stammendes Feingefühl.

Kapitel 143: Edelsinn

Der Herr Jesus verlangt von uns, daß wir die Rechte aller Menschen anerkennen und Achtung vor ihnen haben, ob es sich nun um Rechte als Glieder der menschlichen Gesellschaft überhaupt oder um solche als Christen handelt. Als Söhne und Töchter Gottes sollen wir einander mit Zuvorkommenheit und Rücksicht behandeln. Das Christentum wird Edelmenschen aus uns machen. Christus war selbst gegen seine Verfolger höflich. Seine rechten Nachfolger werden dieselbe Gesinnung bekunden. Das sehen wir am Verhalten Pauli vor den Herrschern, vor denen er sich zu verantworten hatte. Seine Rede vor Agrippa legt Zeugnis ab nicht nur von überzeugender Beredsamkeit, sondern auch von wahrer Höflichkeit. Die Heilsbotschaft begünstigt zwar nicht eine übertünchte Höflichkeit, wie sie von der Welt geübt wird, wohl aber jene, die dem Drange eines aufrichtigen, freundlichen Herzens entspringt.

Auch die sorgfältigste Unterweisung in den äußeren Umgangsformen ist nicht imstande, alle Reizbarkeit, lieblose Urteile und unziemliche Reden auszuschalten. Wahre Höflichkeit ist ausgeschlossen, solange das Ich noch die erste Stelle bei uns einnimmt. Liebe im Herzen ist ihre Vorbedingung. Die Handlungsweise des entschiedenen Christen wird bestimmt durch seine tiefe Zuneigung zu seinem Meister. Aus dieser Liebe zu ihm entspringt auch der Wunsch, sich für das Wohl seiner Brüder einzusetzen. Die Liebe ist es, die dem, der sie hegt, Anstand, Feingefühl und Gewandtheit im Benehmen mitteilt. Sie verfeinert die Züge und veredelt die Stimme, sie verbessert und vervollkommnet den ganzen Menschen.

Wahre Höflichkeit tut not

Es ist notwendig, daß sich Männer und Frauen, die den Willen Gottes kennen, zu erfolgreichen Arbeitern in seinem Werk ausbilden. Sie müssen Menschen von ausgesuchter Höflichkeit und gutem

Verständnis sein, die nicht nur den täuschenden Schein und die glatte Schale des Weltmenschen haben, sondern durchdrungen sind von Feingefühl, von der echten Höflichkeit, die den Geruch des Himmels an sich hat, und die jeder Christ, der Teilhaber der göttlichen Natur sein will, besitzen muß. Der Mangel an echter Würde und christlicher Bildung in den Reihen der Sabbathalter spricht gegen uns als Volk und macht die Wahrheit, die wir bekennen, unschmackhaft. Die Erziehung des Geistes und der Sitten kann bis zur Vollkommenheit entwickelt werden. Wenn diejenigen, die sich zur Wahrheit bekennen, ihre Möglichkeiten und günstigen Gelegenheiten nicht ausnutzen, um zu einem vollkommenen Mannesalter und zu rechter Frauenwürde in Christus Jesus heranzuwachsen, dann werden sie weder der Wahrheit noch dem Heiland Ehre machen.

Wahl der Gefährten

Die mit Christus übereinstimmenden jungen Menschen werden sich nach Gefährten umsehen, die ihnen beim Gutestun behilflich sind; sie werden aber die Gesellschaft derer meiden, die sie in der Entwicklung rechtschaffener Grundsätze und edler Vorsätze nicht fördern. Überall trifft man junge Leute mit minderwertiger Gesinnung. Wenn jene, die sich vorbehaltlos auf Christi Seite gestellt haben, mit solchen Jugendlichen in Berührung kommen, werden sie fest an dem halten, was ihnen Vernunft und Gewissen als recht aufzeigen.

Kapitel 144: Ablehnung weltlicher Gesellschaft

Die Jugend sollte sich ihres Lebens Ziel und Werk ernstlich überlegen; die Grundlagen dazu sollte sie in einer Art und Weise legen, daß sie selbst frei bleibt vom Gift der Sittenfäulnis. Wenn sie sich um eine Stellung bemüht, in der sie Einfluß auf andre auszuüben vermag, dann muß sie Verläßlichkeit besitzen. Die Seerose streckt ihre Wurzel tief unter die Oberfläche des Sees in Schlamm und Morast, und durch den porösen Stengel saugt sie die Nahrung, die sie zu ihrem Wachstum braucht; so bringt sie jene fleckenlose Blüte hervor, die in ihrer Reinheit auf dem Spiegel des Sees ruht. Nichts nimmt sie auf, was ihre reine Schönheit beschmutzen und verderben könnte.

Mögen wir uns an der Seerose ein Beispiel nehmen und auch inmitten von Einflüssen, welche die Moral zerstören und die Seele zugrunde richten können, unverdorben bleiben und nur dort verweilen, wo keine schlechte Gesellschaft unsre Herzen vergiften kann. Jeder junge Mensch sollte sich nach Kameraden umsehen, mit denen er sichere Schritte auf dem Wege nach oben machen kann. Die Gesellschaft derer, die jeden bösen Einfluß in sich aufsaugen, die untätig und ohne ernsthaftes Verlangen sind, eine charakterliche Höhe zu erreichen, die nicht grundsatztreu und auf die kein Verlaß ist: diese Gesellschaft sollten junge Leute meiden. Laßt die Jugend Gemeinschaft suchen mit denen, die Gott lieben und fürchten; denn solche edlen, festen Charaktere werden durch die Seerose dargestellt, die ihre reine Blüte auf dem Spiegel des Sees öffnet. Sie verschließen sich jedem Einfluß, der entwürdigt, und sammeln nur, was ihnen zur Entwicklung eines reinen, edlen Wesens eine Hilfe sein kann. Sie suchen sich nach dem Bilde Gottes zu formen.

Unsre Worte -- eine Hilfsquelle

Christen reden zu wenig über die köstlichen Erfahrungen, die sie mit Gott gemacht haben. Das Werk des Herrn siecht dahin, und Gott wird entehrt durch die falsche Anwendung der Gabe des Redens. Eifersucht, großer Argwohn und Selbstsucht wurzeln im Herzen, und die Worte, die gesprochen werden, verraten die innere Verdorbenheit. Böses Denken und Sprechen haftet noch vielen an, die sich Christen nennen. Solche Menschen erwähnen selten die Güte, Gnade und Liebe Gottes, die sich darin kundtat, daß Gott seinen Sohn auf die Welt sandte. Für uns tat er das. Sollte unsre Liebe und Dankbarkeit sich nicht mitteilen wollen? Sollten wir nicht danach streben, daß unsre Worte zu einer Quelle der Hilfe und Ermutigung werden, so daß wir einander auf unsern christlichen Erfahrenswegen beistehen? Wenn wir Christus aufrichtig lieben, werden unsre Worte ihn verherrlichen. Ungläubige werden oft überzeugt, wenn sie reine Worte des Lobes und der Dankbarkeit Gott gegenüber vernehmen.

Unser Beispiel

Beispiel, Benehmen und die Worte eines Christen sollten so beschaffen sein, daß sie im Bruder den Wunsch erwecken, zum Lebensquell zu kommen.

Kapitel 145: Erhabene Gesprächsthemen

Die in den Wissenschaften bestens ausgebildeten Mitarbeiter sind nicht immer auch die erfolgreichsten im Werke Gottes. Es gibt viele, die beiseitestehen und ihren Posten an diejenigen abtreten müssen, die weniger buchmäßiges Wissen, aber bessere praktische Kenntnisse in lebenswichtigen Dingen besitzen, während jene, die sich für gelehrt halten, oftmals mit dem Lernen Schluß machen, weil sie selbstzufrieden sind und meinen, sie bedürften keiner Unterweisung mehr, selbst nicht solche von Jesus, dem größten Lehrer, den die Welt je kannte.

Die an Weisheit aber zunahmen und ihr Wissen erweiterten und durch gründliches Schriftstudium ihre Denkfähigkeit verbesserten, so daß sie Gottes Willen kennen lernten, werden in hervorragende Stellungen gelangen, in denen sie Nützliches leisten; denn das Wort Gottes hatte Eingang gefunden in ihr Leben und Einfluß auf ihren Charakter gewonnen. Es wirkte in ihnen jenes besondere Werk, den Menschen zu durchdringen, "bis daß es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens". Hebräer 4,12. Das Wort Gottes muß die geistige Nahrung bilden, die dem Christen Kraft und Stärke des Geistes und Verstandes gibt, um im Kampf für Wahrheit und Gerechtigkeit bestehen zu können.

Der Grund für den Tiefstand

Wie kommt es, daß Jugendliche und auch Ältere so leicht in Versuchung und Sünde geführt werden? -- Das kommt daher, daß Gottes Wort nicht so erforscht und betrachtet wird, wie es geschehen sollte. Würde es besser geschätzt, dann könnte es mehr innere Rechtschaffenheit und genügend Geisteskraft mitteilen, um den Versuchungen Satans zur Sünde widerstehen zu können. Dem Leben und Wesen fehlt die feste und entschlossene Willenskraft, weil die heilige Unterweisung Gottes nicht zum Gegenstand täglichen Studiums und Nachdenkens gemacht wird. Es mangelt an ernsthaften Bemühungen, den Geist mit reinen, heiligen Gedanken zu beschäftigen und ihn von allem, was unrein und unwahr ist, abzuwenden. Da wird nicht das gute Teil erwählt, da sitzt man nicht zu Jesu Füßen, wie es Maria tat, um die heiligen Lehren des göttlichen Lehrers zu hören, im Herzen zu bewahren und im täglichen Leben in die Tat umzusetzen. Die Betrachtung heiliger Dinge erhebt und verfeinert das Empfinden und gestaltet christliche Männer und Frauen.

Gott nimmt niemand von uns an, der seine Kräfte durch wollüstige, irdische Gedanken, Worte und Taten verkleinert. Der Himmel ist ein reines und heiliges Gefilde, das keiner betreten darf, der nicht veredelt, vergeistlicht, gereinigt und geläutert wurde. Es wartet eine Aufgabe auf uns, die wir nur dann erfüllen können, wenn wir die Kraft dazu vom Heiland nahmen. Die Bibel muß uns zum Buch der Bücher werden; wir sollten sie lieb haben und ihr als der Stimme Gottes gehorchen. Wir müssen seine Forderungen und einschränkenden Hinweise "du sollst" und "du sollst nicht" erkennen und verstehen und uns die wahre Bedeutung des Wortes Gottes vergegenwärtigen.

Wir müssen himmlisch gesinnt sein

Wenn das Wort Gottes unser Ratgeber ist und wir in der Schrift nach dem Licht forschen, dann werden Engel vom Himmel kommen, den Geist beeindrucken und das Verhältnis öffnen, so daß mit Recht gesagt werden kann: "Wenn dein Wort offenbar wird, so erfreut es und macht klug die Einfältigen." Psalm 119,130. Es ist nicht verwunderlich, daß unter der angeblich christlichen Jugend so wenig himmlische Gesinnung offenbar wird, wenn sie dem Worte Gottes so wenig Beachtung entgegenbringt. Die göttlichen Ratschläge werden nicht befolgt, die Ermahnungen nicht beachtet, Gnade und himmlische Weisheit werden nicht gesucht und alte Sünden nicht gemieden, um den Charakter vom Gifthauch des Verderbens zu reinigen. David bat den Herrn: "Unterweise mich den Weg deiner Befehle, so will ich reden von deinen Wundern." Psalm 119,27.

Wären die Gemüter der Jungen und Alten in der richtigen Verfassung, wenn sie beisammen sind, dann behandelten sie in ihren Gesprächen erhabene Gegenstände. Wenn der Geist rein ist und die Gedanken durch die Wahrheit Gottes veredelt sind, dann sind auch die Worte entsprechend -- "goldene Äpfel auf silbernen Schalen". Sprüche 25,11. Bei dem gegenwärtigen Unverstand, den Gepflogenheiten und dem niedrigen Stand, mit dem bekenntliche Christen zufrieden sind, ist die Unterhaltung meist leer und unnütz. Sie ist "von der Erde und irdisch" (1.Korinther 15,47) und ist weder wahr noch himmlisch; ja, sie erreicht kaum die Ebene der gebildeten Weltmenschen.

Mächtige Fortschritte in der Heiligung

Wenn wir über Christus und über das Reich Gottes nachsinnen, dann wird man das unsrer Unterhaltung anmerken. Die Rede ist mit Gnade durchwürzt, und der Sprecher beweist deutlich, daß er sich in der Schule des göttlichen Lehrers erziehen ließ. Der Psalmist bekennt: "Ich habe den Weg der Wahrheit erwählt; deine Rechte habe ich vor mich gestellt." Psalm 119,30. Er speicherte das Wort Gottes wie einen Schatz auf. Es fand Eingang in sein Verständnis, wurde hochgeschätzt und im täglichen Leben verwirklicht.

Tag um Tag und Stunde um Stunde muß ein lebendiger Fortschritt in der Selbstverleugnung und Heiligung im Innern festzustellen sein; dann werden auch die äußeren Taten bezeugen, daß der Heiland durch den Glauben im Herzen wohnt. Heiligung verschließt der Seele nicht den Weg zum Wissen; sie erweitert vielmehr das geistige Vermögen und nötigt dazu, nach der Wahrheit wie nach einem verborgenen Schatz zu suchen. Die Erkenntnis des göttlichen Willens wird das Werk der Heiligung unterstützen. Es gibt doch einen Himmel, und wie ernsthaft sollten wir danach streben, ihn zu erreichen!

Ich ermahne die Schüler unsrer Schulen und Anstalten, an Jesus Christus als an ihren Heiland zu glauben. Glaubt, daß er bereit ist, euch durch seine Gnade zu helfen, sobald ihr ihm aufrichtig naht. Ihr müßt den guten Kampf des Glaubens kämpfen. Ihr müßt um die Krone des Lebens ringen. Strebt danach; denn Satans Macht ist über euch. Wenn ihr euch ihm nicht mit Gewalt entreißt, wird er euch lähmen und vernichten. Der Feind ist euch zur Rechten und zur Linken, er ist vor euch und hinter euch; ihr müßt ihn unter eure Füße treten. Kämpft; denn es ist eine Krone zu gewinnen. Strengt euch an; denn wenn ihr nicht die Krone erlangt, verliert ihr alles -- in diesem und im zukünftigen Leben. Gebt euch Mühe, aber tut es in der Kraft des auferstandenen Heilandes.

Kapitel 146: Sich ausleben

Wenn ihr, meine lieben jungen Freunde, euch nur für kurze Zeit austobt, werdet ihr eine Frucht ernten, die euch euer ganzes Leben verbittern wird; wenn ihr einmal unbesonnen seid -- wenn ihr einmal in eine Versuchung willigt -- mag euer ganzer Lebensweg eine verkehrte Richtung bekommen. Ihr seid nur einmal jung: nutzt diese Zeit gut aus. Wenn ihr euern Weg durchlaufen habt, könnt ihr nicht mehr zurückkommen, um eure Fehler wiedergutzumachen. Wer sich nicht mit Gott verbindet und sich in Versuchung begibt, wird gewißlich fallen.

Der Herr erprobt jeden Jugendlichen. Viele haben ihre Leichtfertigkeit und Unehrerbietigkeit zu entschuldigen versucht und auf das schlechte Beispiel verwiesen, das ihnen die erfahrenen Lehrer gegeben hatten. Das aber darf sie nicht hindern, rechtschaffen zu handeln. Am jüngsten Tage werdet ihr keine solcher Entschuldigungen mehr vorbringen. Ihr werdet gerechterweise verurteilt werden, weil ihr um den rechten Weg wußtet, euch aber nicht entschlossen habt, ihn zu gehen.

Versuchung

Satan, der Erzbetrüger, verstellt sich als Engel des Lichtes und naht sich den jungen Menschen mit seinen glanzvollen Versuchungen; es gelingt ihm, sie Schritt für Schritt vom Wege der Pflicht abzubringen. Er wird uns beschrieben als ein Verklärer, Betrüger, Lügner, als Peiniger und Mörder. "Wer Sünde tut, der ist vom Teufel." 1.Johannes 3,8. Jede Übertretung bringt über die Seele Verdammung und erregt das göttliche Mißfallen. Die Gedanken des Herzens sind Gott bekannt. Werden unreine Gedanken genährt, so genügt es, auch wenn sie nicht durch Worte oder Taten zum Ausdruck kommen, um Sünden zu erzeugen, die die Seele verdammen. Ihre Reinheit ist befleckt, und der Versucher triumphiert.

"Ein jeglicher wird versucht, wenn er von seiner eigenen Lust gereizt und gelockt wird." Jakobus 1,14. Er wendet sich vom Weg der Tugend und des Guten, wenn er seinen eigenen Neigungen folgt. Besitzt die Jugend moralisches Rückgrat, dann wird die stärkste Versuchung von ihr abprallen. Es ist Satans Werk, wenn ihr versucht werdet, aber eure Tat, wenn ihr der Versuchung nachgebt.

Satan hat mit seinem ganzen Heer nicht die Macht, die in Versuchung geführte Seele zur Übertretung zu zwingen. Darum gibt es auch keine Entschuldigung für die Sünde.

Während ein Teil der jungen Menschen seine Kräfte in törichter Eitelkeit vergeudet, schulen andre ihren Geist, sammeln Wissen und bereiten sich, gut gerüstet und siegesbestrebt, auf den Lebenskampf vor. Sie können aber nur dann erfolgreich sein, wie hoch sie auch die Leiter ansetzen mögen, wenn sie Gott über alles lieben. Wenden sie sich mit ganzem Herzen zu Gott und achten sie auf keinen Lockruf derer, die sie, wenn auch kaum merklich, in ihrem Streben, recht zu handeln, schwächen, dann werden Gottvertrauen und Kraft sie erfüllen.

Eitles Vergnügen bietet keine wahre Freude

Alle, die Geselligkeit lieben, sind geneigt, diesem Hang nachzugeben, bis er zu einer sie beherrschenden Leidenschaft geworden ist. Eitler Putz, der Besuch von Vergnügungsstätten und das Lachen und Scherzen über Dinge, die ganz nichtig sind, bedeutet ihnen Lebensziel. Sie haben keinen Geschmack mehr am Lesen der Bibel und an der Betrachtung geistlicher Dinge. Sie fühlen sich nicht wohl, es sei denn, sie haben etwas Erregendes vor. Ihnen fehlt die innere Kraft zum Glücklichsein; sie sind darauf angewiesen, daß die Gesellschaft andrer junger Menschen, die genau so gedankenlos und leichtfertig sind wie sie, sie erheitert. Die Kraft, die für edle Ziele angewendet werden könnte, verbrauchen sie für nichtige Dinge.

Der junge Mensch, der noch Freude und Beglückung am Bibellesen und an Gebetsstunden findet, erfrischt sich beständig durch den belebenden Trunk aus der Quelle des Lebens. Er wird eine sittliche Höhe und eine Weite des Denkens erreichen, die andern unfaßbar ist. Gemeinschaft mit Gott fördert gute Gedanken, edles Streben, klare Begriffe von der Wahrheit und hochherzige Pläne. Wer sich mit dem Herrn vereinigt, wird von ihm als Sohn oder Tochter anerkannt. Sie steigen immer höher und erlangen einen klaren Blick für das Göttliche und für die Ewigkeit, so daß der Herr sie zu Trägern des Lichtes und der Weisheit für die Welt machen kann.

Die in Christus bleiben, sind glücklich, froh und freudig in Gott. Freundlichkeit tönt aus ihrer Stimme, Ehrfurcht gegenüber geistlichen und ewigen Dingen kommt in ihren Taten zum Ausdruck, und froher Gesang ertönt von ihren Lippen; denn er strömt unmittelbar vom Thron Gottes herab. Das ist das Geheimnis der Gottseligkeit, das nicht leicht zu erklären ist, aber erfahren werden kann. Ein hartes, widerspenstiges Herz verschließt sich all den lieblichen Einflüssen der Gnade Gottes und der Freude im Heiligen Geist; aber die Wege der Weisheit sind Wege voller Annehmlichkeit, und ihre Pfade sind Frieden. Je enger wir uns mit dem Heiland verbunden haben, desto mehr werden unsre Worte und Taten die bezwingende, umbildende Macht seiner Gnade offenbaren.

Kapitel 147: Ungläubige Gäste

Es ist für Christen nicht ungefährlich, sich in einer Gesellschaft aufzuhalten, die keine Verbindung mit Gott hat und deren Lebenswandel ihm mißfällt. Trotzdem bewegen sich noch viele bekenntliche Christen auf verbotenen Wegen. Viele laden Verwandte ein, die eitel, oberflächlich und gottlos sind; oft lassen das Beispiel und der Einfluß solcher ungläubigen Gäste starke und bleibende Eindrücke in dem Gemüt der Kinder des Hauses zurück. Ihr Einfluß ist mit dem schlechten Einfluß zu vergleichen, den die gottlosen Kanaaniter auf die Israeliten ausübten.

Viele sind der Meinung, ihren ungläubigen Verwandten und Freunden gegenüber einige Zugeständnisse machen zu müssen. Es ist gewiß nicht leicht, hier eine Grenze zu ziehen; daher erheischt ein Zugeständnis ein zweites und so fort, bis diejenigen, die sich einst zu den wahren Nachfolgern des Herrn zählten, ihr Leben und Wesen den Gewohnheiten der Welt angepaßt haben. Die Verbindung mit Gott ist unterbrochen. Sie sind nur noch dem Namen nach Christen. Und wenn die Stunde der Prüfung kommt, dann hat ihre Hoffnung keine Grundlage mehr. Sie haben sich und ihre Kinder dem bösen Feind ausgeliefert. Sie haben Gott entehrt, und am Tage seines gerechten Gerichtes werden sie ernten, was sie gesät haben. Der Heiland wird ihnen sagen, was er dem alten Volk Israel zurief: "Ihr habt meiner Stimme nicht gehorcht. Warum habt ihr das getan?" Richter 2,2.