Macht Und Ohnmacht

Kapitel 10

Deutliche Worte Der Zurechtweisung

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1. Könige 17,5 bis 18,19, Psalm 104 und 5. Mose 11,13-19.

Eine Zeitlang hielt sich Elia in den Bergen am Bach Krit verborgen. Dort wurde er viele Monate lang auf wunderbare Weise mit Nahrung versorgt. Als später auch dieser Bach infolge der anhaltenden Dürre austrocknete, befahl Gott seinem Diener, in einem heidnischen Land Zuflucht zu suchen: "Steh auf und geh nach Zarpat in der Nähe von Sidon und bleib dort. Ich habe dort einer Witwe den Auftrag gegeben, dich zu versorgen." (1. Könige 17,9 NLB)

Diese Frau war keine Israelitin. Sie hatte nie Anteil an den Vorrechten und Segnungen des erwählten Volkes Gottes gehabt, aber sie glaubte an den wahren Gott und lebte gemäß der Erkenntnis, die sie erhalten hatte. Als es in Israel für Elia keine Sicherheit mehr gab, sandte ihn Gott zu dieser Frau, in deren Heim er Zuflucht fand. "Also machte er sich auf und ging nach Zarpat. Als er an den Toren der Stadt ankam, sah er eine Witwe, die Holz auflas, und er rief ihr zu und fragte: ›Würdest du mir einen Becher Wasser holen, damit ich trinken kann?‹ Als sie sich auf den Weg machte, es zu holen, rief er ihr nach: ›Und bring mir bitte auch ein Stück Brot mit.‹" (1. Könige 17,10.11 NLB)

Der Glaube Der Witwe Wird Geprüft

Auf diesem von Armut geplagten Haushalt lastete die Hungersnot schwer. Der ohnehin kärgliche Speisevorrat war fast aufgebraucht. Gerade an dem Tag, als die Witwe befürchtete, ihren Überlebenskampf aufgeben zu müssen, traf Elia ein. Sein Kommen stellte ihren Glauben an die Macht des lebendigen Gottes, der für ihre Bedürfnisse sorgen konnte, auf die äußerste Probe. Doch selbst in dieser äußersten Notlage bezeugte sie ihr Vertrauen, indem sie der Bitte des Fremdlings, ihren letzten Bissen mit ihm zu teilen, bereitwillig nachkam.

Die Witwe entgegnete Elias Forderung nach Speise und Trank mit den Worten: "So wahr der Herr, dein Gott, lebt, ich habe kein einziges Stück Brot mehr. Im Topf ist nur noch eine Hand voll Mehl und im Krug nur noch ein kleiner Rest Öl. Ich habe gerade ein paar Zweige gesammelt, um diese Mahlzeit zu bereiten für mich und meinen Sohn; wir werden essen und sterben." (1. Könige 17,12 NLB) Elia erwiderte daraufhin: "Hab keine Angst! Geh und mach, was du gesagt hast, aber backe mir zuerst einen kleinen Laib Brot und bring ihn heraus. Dann backe für dich und deinen Sohn. Denn so spricht der Herr, der Gott Israels: ›Das Mehl im Topf wird nicht aufgebraucht werden und das Öl im Krug nicht zur Neige gehen, bis zu dem Tag, an dem der Herr dem Land Regen schickt!‹" (1. Könige 17,13.14 NLB)

Eine größere Glaubensprüfung hätte Elia nicht fordern können. Bis jetzt hatte die Witwe alle Fremdlinge freundlich und freigebig aufgenommen. Jetzt vertraute sie auf den Gott Israels, der jedem Mangel abzuhelfen vermochte, ungeachtet der Folgen, die ihr und ihrem Kind daraus erwachsen könnten. Indem sie "tat, was ihr Elia aufgetragen hatte" (1. Könige 17,15a NLB), bestand sie diese außerordentliche Prüfung ihrer Gastfreundschaft.

Die Gastlichkeit, die diese phönizische Frau dem Propheten Gottes erwies, war bewunderungswürdig. Auf wunderbare Weise wurden ihr Glaube und ihre Freigebigkeit belohnt. "Sie ging los und tat, was Elia ihr aufgetragen hatte, und sie, Elia und ihr Sohn aßen viele Tage lang. Denn das Mehl im Topf nahm kein Ende und das Öl im Krug ging nicht zur Neige, wie es der Herr durch Elia versprochen hatte." (1. Könige 17,15.16 NLB)

"Einige Zeit später wurde der Sohn der Frau des Hauses krank. Es ging ihm immer schlechter, und schließlich hörte er auf zu atmen. Da sagte sie zu Elia: ›Mann Gottes, was habe ich mit dir zu schaffen? Bist du gekommen, um mich an meine Sünden zu erinnern und dann meinen Sohn zu töten?‹ Aber Elia antwortete: ›Gib mir deinen Sohn.‹ Er nahm ihn ihr aus den Armen, trug ihn hinauf in das obere Zimmer, in dem er wohnte, und legte ihn auf sein Bett. Dann flehte er zum Herrn und sprach: ›Herr, mein Gott, warum bringst du Unglück über diese Witwe, die mich in ihr Haus aufgenommen hat, und hast ihren Sohn sterben lassen?‹ Und er warf sich drei Mal über das Kind und flehte zum Herrn und sprach: ›Herr, mein Gott, lass das Leben in dieses Kind wieder zurückkehren.‹ Der Herr erhörte Elias Gebet, und das Leben kehrte in das Kind zurück, und es wurde wieder lebendig. Elia nahm es und trug es vom oberen Zimmer hinunter ins Haus und übergab es seiner Mutter. ›Sieh, dein Sohn lebt!‹, sagte er. Da sagte die Frau zu Elia: Jetzt weiß ich bestimmt, dass du ein Mann Gottes bist und der Herr wahrhaftig durch dich spricht.‹" (1. Könige 17,17-24 NLB)

Gastfreundschaft Wird Von Gott Belohnt

Die Witwe in Zarpat teilte ihren letzten Bissen mit Elia. Dafür wurden ihr Leben und das ihres Sohnes bewahrt. So hat Gott all jenen großen Segen verheißen, die in Zeiten der Anfechtung und des Mangels anderen, die noch bedürftiger sind, ihr Mitgefühl bekunden und Hilfe leisten. Der Herr hat sich nicht gewandelt. Seine Macht ist heute nicht geringer als zur Zeit Elias. Die Verheißung von Jesus "Wer einen Propheten aufnimmt, weil es ein Prophet ist, der wird den Lohn eines Propheten empfangen" (Matthäus 10,41) gilt heute noch genauso wie damals.

"Vergesst nicht, Fremden Gastfreundschaft zu erweisen, denn auf diese Weise haben einige Engel beherbergt, ohne es zu merken!" (Hebräer 13,2 NLB) Diese Worte haben im Laufe der Zeit nichts an Gültigkeit eingebüßt. Immer noch stellt unser himmlischer Vater seinen Kindern Gelegenheiten in den Weg, die verborgene Segnungen sind. Wer diese Gelegenheiten nutzt, erlebt große Freude. "Öffne dem Hungrigen dein Herz und hilf dem, der in Not ist. Dann wird dein Licht in der Dunkelheit aufleuchten und das, was dein Leben dunkel macht, wird hell wie der Mittag sein. Dann wird dich der Herr beständig leiten und dir selbst in Dürrezeiten innere Zufriedenheit bewahren. Er wird deinen Körper erfrischen, sodass du einem soeben bewässerten Garten gleichst und wie eine nie versiegende Quelle bist." (Jesaja 58,10.11 NLB)

Christus versichert noch heute seinen treuen Dienern: "Wer euch aufnimmt, der nimmt mich auf; und wer mich aufnimmt, der nimmt den auf, der mich gesandt hat." (Matthäus 10,40) Keine Gefälligkeit, die in seinem Namen geschieht, wird unbeachtet und unbelohnt bleiben, selbst wenn sie den schwächsten und geringsten Kindern Gottes erwiesen wird. Jesus versprach: "Wer dem geringsten meiner Nachfolger" - das heißt: solchen, die in ihrem Glauben und in ihrer christlichen Erkenntnis noch wie Kinder sind - "auch nur ein Glas kaltes Wasser reicht, darf sicher sein, dafür belohnt zu werden." (Matthäus 10,42 NLB)

Elia Muss Abwarten

Während der langen Jahre der Dürre und der Hungersnot betete Elia ernstlich darum, dass sich die Israeliten vom Götzendienst abwenden und zu ihrer Treue gegenüber Jahwe zurückkehren. Der Prophet wartete geduldig, während die Hand des Herrn schwer auf dem geplagten Land lastete. Als er erkannte, wie das Leid und die Armut in jeder Hinsicht zunahmen, schmerzte es ihn zutiefst und er wünschte sich sehnlichst eine Vollmacht, schnell einen Wandel herbeizuführen. Gott verfolgte aber seinen eigenen Plan. Daher konnte sein Diener nichts anderes tun, als weiter vertrauensvoll zu beten und die Zeit für ein entschiedenes Handeln abzuwarten.

Der Abfall, der in Elias Zeit herrschte, war das Ergebnis langjähriger Sünden. Jahr für Jahr war Israel schrittweise vom richtigen Weg abgewichen. Eine Generation nach der anderen hatte sich gesträubt, den rechten Weg einzuschlagen, bis sich zuletzt die überwiegende Mehrheit des Volkes von finsteren Mächten leiten ließ.

Israel Anerkennt Seine Abhängigkeit Von Gott

Ein Jahrhundert etwa war verstrichen, seitdem die Israeliten unter König Davids Herrschaft gemeinsam dem Allerhöchsten Lobgesänge darbrachten, in denen sie ihre völlige Abhängigkeit von seinen täglichen Gnadenerweisungen anerkannten. Lasst uns ihre Worte der Verehrung Gottes vernehmen, die sie damals sangen:

"Gott, unser Retter, du hältst uns die Treue ... Deine Taten wecken Freude und Jubel überall, wo Menschen wohnen. Du sorgst für das Land, du machst es reich und fruchtbar: So lässt du das Korn für die Menschen wachsen. Gott, deine Bäche sind immer voll Wasser; du feuchtest die Furchen und ebnest die Schollen, du tränkst die Felder mit Regengüssen und segnest, was auf ihnen sprießt. Mit guten Gaben krönst du das Jahr, in deinen Spuren lässt du Überfluss zurück. Die Steppe füllt sich mit üppigem Grün, die Hügel hallen wider von Freudenrufen. Die Weiden schmücken sich mit Herden, die Täler hüllen sich in wogendes Korn - alles ist voll Jubel und Gesang." (Psalm 65,6a.9b-14 GNB)

Damals erkannte Israel Gott als den an, der "das Erdreich gegründet" hatte (Psalm 104,5a). In diesem Glauben sangen sie: "Die Fluten hatten das Land bedeckt, das Wasser stand über den Bergen. Vor deiner Stimme bekam es Angst; es floh vor dem Grollen deines Donners. Von den Bergen floss es ab in die Täler, an den Ort, den du ihm zugewiesen hast. Dann hast du dem Wasser Grenzen gesetzt, nie wieder darf es die Erde überfluten." (Psalm 104,6-9 GNB)

Die starke Macht des unendlichen Gottes hält die Naturkräfte auf der Erde, im Meer und am Himmel im Gleichgewicht. Diese Kräfte setzt er auch für das Wohlergehen seiner Geschöpfe ein. "Er wird seine himmlischen Vorratskammern öffnen und Regen auf euer Land herabsenden zur rechten Zeit, damit eure Arbeit Frucht trägt", hatte Mose versprochen (5. Mose 28,12a GNB). Und die Israeliten sangen weiter:

"Du lässt Quellen entspringen und zu Bächen werden; zwischen den Bergen suchen sie ihren Weg. Sie dienen den wilden Tieren als Tränke, Wildesel löschen dort ihren Durst. An den Ufern bauen die Vögel ihre Nester, aus dichtem Laub ertönt ihr Gesang. ... Du lässt das Gras sprießen für das Vieh und lässt die Pflanzen wachsen, die der Mensch für sich anbaut, damit die Erde ihm Nahrung gibt: Der Wein macht ihn froh, das Öl macht ihn schön, das Brot macht ihn stark. ... Herr, was für Wunder hast du vollbracht! Alles hast du weise geordnet; die Erde ist voll von deinen Geschöpfen. Da ist das weite, unermessliche Meer, darin wimmelt es von Lebewesen, von großen und kleinen Tieren. ... Alle deine Geschöpfe warten darauf, dass du ihnen Nahrung gibst zur rechten Zeit. Sie nehmen, was du ihnen ausstreust; du öffnest deine Hand, und sie alle werden satt." (Psalm 104,10-12.14.15.24.25.27.28 GNB)

Die Israeliten hatten reichlich Veranlassung, sich zu freuen. In dem Land, in das der Herr sie geführt hatte, flossen "Milch und Honig" (4. Mose 13,27). Am Ende ihrer Wanderung durch die Wüste hatte ihnen der Herr durch Mose versprochen, sie in ein Land zu bringen, in dem sie niemals infolge Regenmangels Not leiden würden: "Das Land, in das ihr nun zieht, um es zu erobern, ist nicht wie Ägypten, aus dem ihr kommt. Dort musstet ihr eure Felder nach der Saat künstlich bewässern wie einen Gemüsegarten. Hier gibt es jedoch Berge und Täler, und es fällt genügend Regen. Der Herr, euer Gott, sorgt selbst für dieses Land. Er wacht darüber Tag für Tag, das ganze Jahr über." (5. Mose 11,10-12 NLB)

Die Verheißung der Regenfülle war allerdings unter der Bedingung des Gehorsams gegeben worden: "Wenn ihr wirklich die Weisungen des Herrn, die ich euch heute verkünde, befolgt und ihn, euren Gott, mit ganzem Herzen und mit allen Kräften liebt und ehrt, wird er euren Feldern zur rechten Zeit Regen schicken, im Herbst und im Frühjahr. Ihr werdet Korn, Wein und Öl ernten können, und euer Vieh wird Gras zum Weiden finden. Ihr werdet immer genug zu essen haben." (5. Mose 11,13-15 GNB)

Der Herr hatte sein Volk ermahnt: "Lasst euch nicht dazu verleiten, vom Herrn abzufallen und andere Götter zu verehren und sie anzubeten. Sonst fordert ihr den Zorn des Herrn heraus. Er wird den Himmel verschließen, so- dass kein Regen mehr fällt und auf euren Feldern nichts mehr wächst. Dann werdet ihr sehr bald sterben in dem guten Land, das der Herr euch geben will." (5. Mose 11,16.17 NLB)

Ferner hatten die Israeliten die Warnung erhalten: "Wenn ihr jedoch dem Herrn, eurem Gott, nicht gehorcht und seine Gebote und Vorschriften, die ich euch heute gebe, nicht gewissenhaft befolgt ...", dann wird "der Himmel über euch ... unnachgiebig wie Bronze und die Erde unter euch hart wie Eisen sein. Der Herr wird Sand und Staub vom Himmel auf euer Land regnen lassen, bis ihr vernichtet seid." (5. Mose 28,15.23.24 NLB)

Solch weise Ratschläge hatte Gott den Israeliten in der Frühzeit gegeben. "Darum prägt euch die Gebote ein, die ich euch heute gebe, und behaltet sie im Gedächtnis!", befahl er seinem erwählten Volk. "Prägt sie euren Kindern ein und sagt sie euch immer wieder vor - zu Hause und auf Reisen, wenn ihr euch schlafen legt und wenn ihr erwacht." (5. Mose 11,18.19 GNB) Diese Aufforderungen waren klar. Doch als die Jahrhunderte verstrichen und eine Generation nach der anderen diese Vorkehrungen für ihr geistliches Wohlergehen aus den Augen verlor, drohten die verheerenden Einflüsse des Abfalls jeden Schutzwall göttlicher Gnade wegzureißen.

So geschah es, dass Gott sein Volk nun mit dem strengsten seiner Gerichte heimsuchen musste. Elias Voraussage erfüllte sich auf schreckliche Art und Weise.

Elia Erscheint Wieder Vor König Ahab

Drei Jahre lang wurde nach Elia, dem Boten des Unheils, in allen Städten und Ländern gesucht. Auf Ahabs Bitte hatten viele Herrscher ihr Ehrenwort gegeben, dass sich der seltsame Prophet nicht in ihrem Hoheitsgebiet aufhielt. Trotzdem wurde weiter nach ihm gefahndet, denn Isebel und die Propheten Baals hassten Elia bis in den Tod. Sie scheuten keine Mühe, ihn in ihre Gewalt zu bringen. Immer noch blieb der Regen aus.

Endlich aber, nach langer Zeit, erreichte den Propheten Elia das Wort des Herrn: "Geh und zeige dich Ahab. Ich will dem Land Regen schicken!" (1. Könige 18,1 NLB)

Elia führte den Befehl aus und "ging hin, um sich Ahab zu zeigen" (1. Könige 18,2). Zu der Zeit, als der Prophet seine Reise nach Samaria antrat, hatte Ahab den Plan gefasst, gemeinsam mit seinem Hofmeister Obadja gründliche Nachforschungen nach Quellen und wasserführenden Bächen anzustellen. Er hoffte nämlich, doch noch etwas Weide für die verhungernden Schaf- und Rinderherden zu finden. Auch am königlichen Hof machte sich die lang anhaltende Dürre empfindlich bemerkbar. Der König war ernstlich um die Zukunft seines Hauses besorgt und beschloss deshalb, sich mit seinem Diener an der Suche nach etwaigen günstigen Weideplätzen persönlich zu beteiligen. "Sie teilten das Land zwischen sich auf, um es zu durchsuchen. Ahab ging in die eine Richtung, Obadja in die andere. Als Obadja unterwegs war, kam ihm Elia entgegen. Er erkannte ihn und warf sich vor ihm auf die Erde. ›Bist du es wirklich, mein Herr Elia?‹" (1. Könige 18,6.7 NLB)

Während Israels Abfall war Obadja Gott treu geblieben. Sein Herr, der König, hatte ihn nicht von seiner Treue zum lebendigen Gott abzubringen vermocht. Darum wurde er nun von Elia mit dem Auftrag beehrt: "Nun geh hin und sag deinem Herrn: ›Elia ist da!‹" (1. Könige 18,8 NBL)

Entsetzt rief Obadja: "Was habe ich dir getan, dass du deinen Diener an Ahab auslieferst, der mich ganz sicher töten wird?" (1. Könige 18,9 NLB) Eine solche Botschaft Ahab zu überbringen hieß, sich dem sicheren Tod preiszugeben. Obadja erklärte deshalb dem Propheten: "So wahr der Herr, dein Gott, lebt, der König hat dich in jedem Volk und Königreich suchen lassen. Und jedes Mal, wenn man ihm sagte: ›Elia ist nicht hier‹, ließ Ahab das Reich oder das Volk schwören, dass sie dich nicht gefunden hatten. Und nun sagst du zu mir: ›Geh und sag deinem Herrn: Elia ist hier‹! Sobald ich dir den Rücken gekehrt habe, wird dich der Geist des Herrn wer weiß wohin bringen. Wenn ich zu Ahab gehe und ihm Bescheid sage, und dann kommt er und findet dich nicht, wird er mich töten." (1. Könige 18,10-12 NLB)

Eindringlich flehte Obadja den Propheten an, ihn nicht weiter zu bedrängen. "Dabei bin ich seit meiner Jugend ein treuer Diener des Herrn", betonte er. "Mein Herr, hat dir denn niemand erzählt, was ich tat, als Isebel die Propheten des Herrn tötete? Ich habe 100 von ihnen in zwei Höhlen verborgen und mit Essen und Trinken versorgt. Und jetzt sagst du zu mir: ›Geh und sag deinem Herrn: Elia ist hier!‹ Er wird mich umbringen!" (1. Könige 18,12-14 NLB) Mit einem heiligen Eid versprach Elia Obadja daraufhin, dass dessen Botengang nicht vergebens sein werde. "So wahr der Herr, der Allmächtige, lebt, dem ich diene, ich werde mich Ahab noch heute zeigen." (1. Könige 18,15 NLB) Mit dieser Versicherung "machte sich Obadja auf den Weg zu Ahab und sagte es ihm" (1. Könige 18,16a NLB).

Mit Erstaunen und Schrecken zugleich vernahm der König die Botschaft des Mannes, den er fürchtete und hasste und nach dem er so unermüdlich gesucht hatte. Er wusste genau, dass Elia sein Leben nicht in Gefahr brachte, bloß weil der Prophet ihm begegnen wollte. Würde er womöglich eine weitere Plage für Israel ankündigen? Der König wurde von Angst ergriffen. Ihm fiel Jerobeams verdorrter Arm ein. Ahab konnte der Zusammenkunft mit dem Boten Gottes nicht ausweichen. Er wagte es auch nicht, seine Hand gegen ihn zu erheben. So ging ein zitternder Monarch, begleitet von seiner Leibwache, dem Propheten entgegen.

Nun standen der König und der Prophet einander gegenüber. Obschon mit jähzornigem Hass gegen Elia erfüllt, machte Ahab in der Gegenwart des Propheten einen verzagten und hilflosen Eindruck. Seine erste, zögerliche Frage: "Bist du nun da, der Israel ins Unglück stürzt?" (1. Könige 18,17) verriet unbewusst die innersten Regungen seines Herzens. Ahab wusste, dass der Himmel durch das Wort des Herrn verschlossen war, und doch versuchte er, die Schuld an dem harten Gericht, das auf dem Land ruhte, dem Propheten anzulasten.

Für Übeltäter ist es ganz natürlich, die Boten Gottes für die Nöte verantwortlich zu machen, welche die sichere Folge des Abweichens vom Weg der Gerechtigkeit sind. Menschen, die sich selbst unter Satans Macht begeben, können die Dinge nicht mehr so betrachten, wie Gott sie sieht. Wird ihnen dann die Wahrheit wie ein Spiegel vorgehalten, sind sie über die Zurechtweisung entrüstet. Durch Sünde verblendet, verweigern sie jede Reue. Sie meinen, dass sich die Diener Gottes gegen sie gewandt hätten und selbst den schärfsten Tadel verdienten.

Da sich Elia seiner Unschuld bewusst war, versuchte er nicht, sich beim König zu entschuldigen oder ihm zu schmeicheln. Er wollte sich dem Zorn Ahabs auch nicht durch die gute Nachricht entziehen, dass die Trockenheit nahezu vorüber sei. Er hatte keine Entschuldigung vorzubringen. Empört und voller Eifer für die Ehre Gottes wies er die Behauptung Ahabs zurück und erklärte ihm furchtlos und mutig, dass dessen Sünden und die seiner Väter dieses furchtbare Elend über Israel gebracht hätten: "Nicht ich habe Israel ins Unglück gestürzt ... sondern du und die Familie deines Vaters, denn ihr wolltet den Geboten des Herrn nicht gehorchen ... stattdessen hast du die Bilder des Baal angebetet." (1. Könige 18,18 NLB)

Die Notwendigkeit Deutlicher Worte In Unserer Zeit

Heutzutage ist eine strenge Zurechtweisung ebenso notwendig, denn schwerwiegende Sünden trennen die Menschen von Gott. Der Unglaube ist in Mode gekommen. "Wir wollen nicht, dass [Jesus] über uns herrsche" (Lukas 19,14), sagen Tausende. Die seichten Predigten, die oft gehalten werden, hinterlassen keinen bleibenden Eindruck; "die Posaune [gibt] kein klares Signal" (1. Kor. 14,8a GNB). Die klaren, scharfen Wahrheiten des Wortes Gottes erreichen deshalb nicht mehr die Herzen der Menschen.

Viele angebliche Christen würden auf die Frage nach ihren wahren Empfindungen einwenden: Welche Notwendigkeit besteht, um so deutlich zu werden? Sie könnten ebenso gut fragen, ob es nötig gewesen sei, dass Johannes der Täufer zu den Pharisäern sagte: "Ihr Schlangenbrut! Wer hat euch eingeredet, ihr könntet dem bevorstehenden Gericht Gottes entgehen?" (Lukas 3,7 NLB) Weshalb musste er den Zorn der Herodias dadurch herausfordern, dass er König Herodes vorhielt, sein Zusammenleben mit der Frau seines Bruders sei gesetzeswidrig? Der Vorläufer von Christus verlor infolge seiner deutlichen Äußerungen das Leben. Hätte er nicht seinen Weg gehen können, ohne das Missfallen derer zu erregen, die in Sünden lebten?

So haben Männer argumentiert, die die treuen Hüter des Gesetzes Gottes hätten sein sollen, bis schließlich kühle Berechnung an die Stelle der Glaubenstreue trat und Sünden ungerügt blieben. Wann wird man ehrliche Zurechtweisung noch einmal in der Gemeinde vernehmen?

Worte von so unzweideutiger Offenheit wie "Du bist der Mann!" (2. Samuel 12,7), die Nathan zu David sagte, sind heutzutage nur selten von den Kanzeln zu vernehmen und schon gar nicht in der Tagespresse zu lesen. Kämen sie öfter vor, könnten wir öfter erleben, wie sich die Macht Gottes unter Menschen offenbart. Die Boten des Herrn sollten nicht über die Fruchtlosigkeit ihrer Bemühungen klagen, solange sie ihr Verlangen nicht bereuen, Zustimmung zu erhalten und Menschen zufriedenzustellen - was sie dazu veranlasst, die Wahrheit zu verschweigen.

Pastoren, die den Menschen gefällig sind und "Friede! Friede!" rufen (Je- remia 6,14), obwohl Gott nichts von Frieden gesagt hat, sollten ihre Herzen vor Gott demütigen und ihn wegen ihrer Unaufrichtigkeit und ihres Mangels an moralischem Mut um Vergebung bitten. Sie schwächen die ihnen anvertraute Botschaft nicht etwa aus Liebe zu ihren Nächsten ab, sondern aus Nachsicht gegen sich selbst und aus Liebe zur Bequemlichkeit. Wahre Liebe will zuerst Gott ehren und Menschen retten. Wer diese Liebe besitzt, wird nicht der Wahrheit ausweichen, um sich vor den unangenehmen Folgen ernster Worte zu schützen. Wenn Menschen gefährdet sind, werden Gottes Diener niemals auf sich selbst Rücksicht nehmen, sondern sagen, was ihnen Gott aufgetragen hat, und sich weigern, das Böse zu entschuldigen oder zu beschönigen.

Könnte doch jeder Geistliche die Würde seines Dienstes und die Heiligkeit seiner Aufgabe erkennen und den Mut an den Tag legen, den Elia zeigte! Geistliche sind von Gott erwählte Botschafter und tragen eine enorme Verantwortung. Sie sind beauftragt: "Überführe [von Sünde], weise zurecht, ermahne mit aller Langmut und Lehre." (2. Timotheus 4,2b Elb.) Sie sind für Christus Haushalter der Geheimnisse des Himmels und sollen die Gehorsamen ermutigen und die Ungehorsamen warnen. Sie arbeiten nicht mit weltlicher Klugheit. Niemals dürfen sie vom Weg abweichen, den ihnen Jesus gewiesen hat. Sie müssen im Glauben vorangehen und immer daran denken, dass sie von einer "Wolke von Zeugen" umgeben sind (Hebräer 12,1a). Nicht ihre eigenen Worte dürfen sie verkünden, sondern die Botschaft des Allerhöchsten: "So spricht der Herr." Gott ruft nach Männern wie Elia, Nathan und Johannes dem Täufer - nach Männern, die seine Botschaft treu verkündigen, ohne Rücksicht auf die Folgen; nach Männern, die mutig die Wahrheit verkündigen, auch wenn sie dafür alles opfern müssten, was sie besitzen.

Gott kann keine Männer brauchen, die in gefahrvollen Zeiten, wenn die Stärke, der Mut und der Einfluss aller Boten Gottes benötigt wird, Angst davor haben, fest entschlossen für das Recht einzustehen. Er ruft nach Männern, die treu gegen Unrecht ankämpfen und den Kampf aufnehmen "gegen die bösen Mächte und Gewalten der unsichtbaren Welt, gegen jene Mächte der Finsternis, die diese Welt beherrschen, und gegen die bösen Geister in der Himmelswelt" (Epheser 6,12 NLB). Zu ihnen wird der Herr schließlich sagen: "Du bist ein tüchtiger und treuer Diener ... Komm zum Freudenfest deines Herrn!" (Matthäus 25,21 GNB)