Macht Und Ohnmacht

Kapitel 19

Elisa -- Ein Prophet Des Friedens

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2. Könige 2,23-25 und 4,8-44.

Das prophetische Wirken Elisas unterschied sich in mancher Hinsicht beträchtlich von der Aufgabe des Elia. Diesem waren hauptsächlich Botschaften der Verurteilung und des Gerichts anvertraut worden, die König Ahab und das Volk furchtlos tadelten und sie aufforderten, sich von ihren bösen Wegen abzuwenden. Elisa hatte eine friedvollere Aufgabe zu erfüllen. Er sollte das von Elia angefangene Werk ausbauen und stärken und das Volk den Weg des Herrn lehren. Das Wort Gottes schildert ihn als einen Menschen, der Umgang mit dem Volk pflegte - umgeben von den Prophetenschülern - und durch seine Wunder und seinen Dienst Hilfe und Freude brachte.

Spötter Werden Hart Bestraft

Elisa war an sich ein sanfter und freundlicher Mann. Dass er aber auch streng sein konnte, zeigt sein Verhalten auf dem Weg nach Bethel, als ihm gottlose junge Leute aus der Stadt hinterherliefen und ihn verhöhnten. Die Jugendlichen hatten von Elias Himmelfahrt gehört und spotteten nun über dieses ernste Geschehen, indem sie Elisa zuriefen: "Kahlkopf, fahr hinauf! Kahlkopf, fahr hinauf!" (2. Könige 2,23b) Als der Prophet ihre höhnenden Worte hörte, wandte er sich um und verfluchte sie unter der Eingebung des Allmächtigen. Das schreckliche Gericht, das hierauf folgte, kam von Gott. "Da kamen zwei Bärinnen aus dem Wald heraus und zerrissen 42 von ihnen." (2. Könige 2,24 NLB)

Hätte Elisa das Höhnen unbeachtet durchgehen lassen, wäre er auch weiterhin vom Pöbel verspottet und verunglimpft worden. Seine Sendung, das Volk in einer Zeit ernster Gefahr zu unterweisen und zu retten, wäre vereitelt worden. Dieser eine Fall schrecklicher Strenge verschaffte ihm lebenslang den nötigen Respekt. 50 Jahre lang ging er zu den Toren Bethels ein und aus und zog hin und her durch das Land von Stadt zu Stadt, und begegnete dabei Scharen von faulen, unhöflichen und zügellosen jungen Leuten, doch niemand verspottete ihn oder machte sich über seine Befähigung, Prophet des Höchsten zu sein, lustig.

Erziehung Zur Ehrfurcht

Selbst Güte sollte ihre Grenzen haben. Autorität muss mit Strenge gewahrt werden, sonst begegnen ihr viele mit Spott und Verachtung. Die sogenannte Rücksichtnahme, die Schmeichelei und Nachgiebigkeit, die Eltern und Erzieher der Jugend gegenüber an den Tag legen, ist eines der schlimmsten Übel, die dieser widerfahren können. In jeder Familie sind Festigkeit, Entschiedenheit und klare Regeln unbedingt notwendig.

Ehrerbietung, an der es den Jugendlichen, die Elisa verhöhnten, so sehr fehlte, ist eine Tugend, die sorgfältig gepflegt werden sollte. Jedes Kind sollte zur Ehrfurcht vor Gott erzogen werden. Nie sollte dessen Name leichtfertig oder gedankenlos ausgesprochen werden. Engel verhüllen ihr Angesicht, wenn sie ihn aussprechen. Mit was für einer Ehrfurcht sollten wir gefallene und sündhafte Menschen diesen Namen über unsere Lippen bringen!

Ehrfurcht sollte auch den Vertretern Gottes - Geistlichen, Lehrern und Eltern - entgegengebracht werden, die berufen sind, an seiner statt zu reden und zu handeln. Durch die Achtung, die wir ihnen erweisen, ehren wir Gott.

Höflichkeit ist ebenfalls eine Gabe des Geistes, die jeder entwickeln sollte. Sie hat die Macht, die menschliche Natur zu verändern, die ohne sie verhärten und verrohen würde. Wer Christus nachfolgt, ihn bekennt und zur gleichen Zeit rau, unfreundlich und unhöflich ist, hat sich von Jesus nicht unterweisen lassen. Seine Aufrichtigkeit mag nicht zu bezweifeln, seine Rechtschaffenheit nicht infrage zu stellen sein; aber Aufrichtigkeit und Rechtschaffenheit können den Mangel an Freundlichkeit und Höflichkeit nicht ausgleichen.

Die Wunder Für Eine Frau Aus Schunem

Die freundliche Gesinnung, die Elisa befähigte, einen machtvollen Einfluss auf das Leben vieler Menschen in Israel auszuüben, offenbarte sich in der Geschichte von den freundschaftlichen Beziehungen zu einer Familie in Schunem. Auf seinen Reisen kreuz und quer durch das Land begab es sich eines Tages, dass Elisa durch das Dorf Schunem kam. "Dort lebte eine wohlhabende Frau, die ihn zum Essen einlud. Von da an pflegte er jedes Mal, wenn er durch die Stadt kam, bei ihr zu essen." Die Hausherrin erkannte, dass Elisa "ein heiliger Mann Gottes ist". Darum sagte sie zu ihrem Mann: "Wir sollten ihm ein kleines Dachzimmer einrichten und ein Bett, einen Tisch, einen Stuhl und eine Lampe hineinstellen, sodass er dort wohnen kann, wenn er zu uns kommt." (2. Könige 4,8-10 NLB) Elisa kam oft zu diesem Zufluchtsort, dankbar für dessen stillen Frieden. Und Gott gedachte der Freundlichkeit dieser Frau. Bislang war ihr Heim kinderlos gewesen. Nun belohnte der Herr ihre Gastfreundschaft und schenkte ihr einen Sohn, obwohl ihr Mann schon alt war.

Als einige Jahre später das Kind alt genug war, um bei der Ernte mitzuhelfen, erlitt es eines Tages einen Hitzschlag und sagte zu seinem Vater: "Mein Kopf, mein Kopf!" Dieser befahl einem seiner Diener, den Jungen zur Mutter zu tragen. "Der Knecht brachte ihn zu ihr, und seine Mutter hielt ihn auf dem Schoß, doch um die Mittagszeit starb er. Sie trug ihn hinauf in das Zimmer des Propheten, legte ihn auf sein Bett, ging hinaus und schloss die Tür hinter ihm ab." (2. Könige 4,19-21 NLB)

In ihrem Kummer entschloss sich die Schunemiterin, zu Elisa zu reiten und ihn um Hilfe zu bitten. Der Prophet befand sich gerade auf dem Berg Karmel, und die Frau begab sich sofort dorthin, begleitet von ihrem Diener. "Elisa sah sie bereits von Weitem. Er sagte zu seinem Diener Gehasi: "Sieh, die Frau aus Schunem kommt. Lauf ihr entgegen und frage sie: ›Geht es dir, deinem Mann und deinem Sohn gut?‹" (2. Könige 4,25b.26a NLB) Der Diener tat, was ihm gesagt war, doch verriet die bekümmerte Mutter die Ursache ihres Schmerzes erst, als sie Elisa erreicht hatte. Als dieser vom Verlust ihres Sohnes hörte, gebot er Gehasi: "Geh, so schnell du kannst, nach Schunem! Bleib nicht stehen, um irgendjemand zu begrüßen! Und wenn dich jemand begrüßen will, antworte ihm nicht! Nimm meinen Prophetenstab mit und leg ihn auf das Gesicht des Jungen." (2. Könige 4,29 GNB)

Die Mutter war jedoch nicht eher zufrieden, bis Elisa selbst mit ihr kam. "So gewiss der Herr lebt und du selbst lebst, ich gehe nicht ohne dich von hier weg!", erklärte sie (2. Könige 4,30 GNB). "Also kehrte Elisa mit ihr zurück. Gehasi lief schnell voraus und legte dem Kind den Stab aufs Gesicht, aber nichts geschah. Es zeigte kein Lebenszeichen. Er kehrte um, lief Elisa entgegen und sagte: ›Das Kind ist nicht aufgewacht.‹" (2. Könige 4,30.31 NLB)

Im Haus angekommen ging Elisa in das Zimmer, wo das tote Kind lag. Er "schloss die Tür hinter sich und betete zum Herrn. Dann stand er auf, legte sich über das Kind und presste seinen Mund auf den Mund des Kindes, seine Augen auf dessen Augen und seine Hände auf dessen Hände. Als er sich über es beugte, wurde der Körper des Kindes wieder warm. Elisa stand auf und ging ein paarmal im Zimmer auf und ab. Dann beugte er sich wieder über das Kind. Diesmal nieste der Junge sieben Mal und schlug die Augen auf" (2. Könige 4,33-35 NLB).

Elisa ließ nun Gehasi zu sich kommen und bat ihn, die Mutter zu ihm zu schicken. "Als sie hereinkam, sagte Elisa: ›Hier, nimm deinen Sohn!‹ Da fiel sie vor ihm auf die Knie und warf sich auf den Boden. Dann hob sie ihren Sohn auf und verließ den Raum." (2. Könige 4,36.37 NLB)

So wurde der Glaube dieser Frau belohnt. Christus, der große Lebensspender, gab ihr ihren Sohn zurück.

Die Auferstehung Bei Der Wiederkunft

In ähnlicher Weise werden alle, die Christus nachfolgen, belohnt werden, wenn bei seiner Wiederkunft der Tod seinen Stachel verliert und das Grab keinen Anspruch mehr auf den Sieg hat (vgl. 1. Korinther 15,54.55). Dann wird Christus seinen Dienern die Kinder wiedergeben, die ihnen durch den Tod entrissen worden sind. "So spricht der Herr: ›Schreie der Angst ertönen in der Stadt Rama - das Klagen und Trauern nimmt kein Ende. Rahel weint um ihre Kinder und lässt sich nicht trösten - denn sie sind alle tot.‹ Doch der Herr tröstet sie und spricht: ›Hör auf zu weinen und zu klagen ... Deine Kinder werden aus dem Land des Feindes zu dir zurückkehren‹, spricht der Herr. ›Es gibt noch Hoffnung für die Zukunft, denn deine Kinder kehren in ihre Heimat zurück.‹" (Jeremia 31,15-17 NLB)

Jesus lindert unseren Schmerz um die Toten mit einer Botschaft voll unendlicher Hoffnung: "Ich will sie aus dem Totenreich erlösen und vom Tod erretten. Tod, ich will dir ein Gift sein; Totenreich, ich will dir eine Pest sein." (Hosea 13,14) "Ich bin der Lebendige! Ich war tot, doch nun lebe ich in alle Ewigkeit. Ich habe Macht über den Tod und die Totenwelt." (Offenbarung 1,18 GNB) Paulus schrieb: "Denn der Herr selbst wird mit einem lauten Befehl, unter dem Ruf des Erzengels und dem Schall der Posaune Gottes, vom Himmel herabkommen. Dann werden zuerst alle Gläubigen, die schon gestorben sind, aus ihren Gräbern auferstehen. Und mit ihnen zusammen werden auch wir Übrigen, die noch auf der Erde leben, auf den Wolken hinaufgehoben werden in die Luft, um dem Herrn zu begegnen und in Ewigkeit bei ihm zu bleiben." (1. Thessalonicher 4,16.17 NLB)

Zwei Speisungswunder Elisas

Wie später der Erlöser der Menschheit, für den er ein Vorreiter war, verband Elisa in seinem Dienst das Heilen mit dem Lehren. Treu und unermüd lich war er während seines langen und erfolgreichen Wirkens bestrebt, die von den Schulen der Propheten übernommenen wichtigen Erziehungsaufgaben zu fördern und durchzuführen. Was viele ernsthafte Gruppen junger Männer dort von ihm lernten, fand durch Gottes Vorsehung seine Bestätigung im nachhaltigen Wirken des Heiligen Geistes, zuweilen auch in anderen unverkennbaren Beweisen seiner Autorität als Diener Jahwes.

Anlässlich eines Besuches der Schule in Gilgal machte er ein vergiftetes Essen wieder genießbar. "Elisa kehrte nach Gilgal zurück. Zu der Zeit herrschte im Land eine Hungersnot. Als Elisa einmal vor den Prophetenjüngern in Gilgal sprach, befahl er seinem Diener: ›Setz den großen Topf auf, und koch den Prophetenjüngern etwas zu essen!‹ Da ging einer der jungen Männer hinaus, um auf dem Feld nach etwas Essbarem zu suchen. Er fand ein wildes Rankengewächs mit Früchten. Davon pflückte er so viele, wie er in seinem Mantel tragen konnte, und eilte damit zurück. Er schnitt die Früchte in Stücke und warf sie in den Topf, obwohl keiner von ihnen das Gewächs kannte. Das Gemüse wurde an die Männer verteilt. Doch schon nach ein, zwei Bissen konnten sie nichts mehr essen und schrien entsetzt: ›Elisa, du Bote Gottes, das Essen ist giftig, wir werden alle sterben!‹ Elisa befahl: ›Bringt mir etwas Mehl!‹ Er schüttete das Mehl in den Topf, rührte um und sagte: ›So, nun könnt ihr es an alle austeilen und essen.‹ Jetzt war das Gericht genießbar und richtete keinen Schaden an." (2. Könige 4,38-41 Hfa)

Es war ebenfalls in Gilgal, als Elisa während der Dürre 100 Männer mit dem Geschenk speiste, das ihm ein Mann von Baal-Schalischa gebracht hatte. Es handelte sich um "einen Sack frisches Korn und 20 Gerstenbrote, die aus dem ersten Korn der neuen Ernte gebacken waren". Die Prophetenschüler hatten großen Hunger. Nachdem ihm die Gabe jenes Mannes überbracht worden war, sagte Elisa zu seinem Diener: ">Gib es den Leuten, damit sie etwas zu essen haben.‹ ›Was?‹, rief sein Knecht aus. ›Damit soll ich 100 Leute satt machen?‹ ›Gib es ihnen zu essen‹, wiederholte Elisa, ›denn der Herr spricht: ,Sie werden davon essen und es wird noch etwas übrig bleiben!'‹ Und er gab es ihnen. Sie aßen davon, und es blieb noch etwas übrig, wie der Herr es vorausgesagt hatte" (2. Könige 4,42-44 NLB).

Lehren Aus Dem Speisungswunder

Wie sehr ließ sich doch der Sohn Gottes herab, als er durch seinen Boten das Wunder geschehen ließ, um den Hunger zu stillen! Seit jener Zeit hat Christus immer wieder dem Mangel der Menschen abgeholfen, wenngleich nicht immer in einer so auffallenden und greifbaren Weise. Wenn unser geistliches Wahrnehmungsvermögen besser wäre, würden wir klarer erkennen, wie mitleidsvoll Gott mit den Menschen umgeht.

Wenn Gottes Gnade darauf ruht, kann auch eine geringe Menge ausreichend sein. Gottes Hand kann das Hundertfache daraus machen. Mit seinen Mitteln kann er auch einen Tisch in der Wüste decken. Durch die bloße Berührung mit seiner Hand kann er die spärliche Menge vermehren, sodass für alle genügend da ist. Es war seine Macht, welche die Brote und das Korn in den Händen der Prophetenjünger vermehrte.

Dem gleichen ungläubigen Einwand, wie ihn sein Prophet vor alters anhören musste, begegnete Jesus bei einem ähnlichen Wunder, als er die 5000 speiste. "Was? ... Damit soll ich 100 Leute satt machen?" hatte Elisas Diener ausgerufen. (2. Könige 4,43 NLB) Als Jesus seinen Jüngern gebot, der Volksmenge zu essen zu geben, antworteten sie ihm: "Hier ist ein Junge, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische mitgebracht. Aber was ist das schon für so viele Menschen!" (Johannes 6,9 Hfa)

Diese Lehre gilt dem Volk Gottes zu allen Zeiten. Wenn der Herr einen Auftrag erteilt, sollten Menschen nicht lange überlegen, wie vernünftig er ist oder ob man gehorchen soll. Was sie in Händen haben, mag völlig unzureichend erscheinen, um dem vorhandenen Mangel abzuhelfen, doch in der Hand des Herrn wird es mehr als ausreichend sein. Der Diener "gab es ihnen. Sie aßen davon, und es blieb noch etwas übrig, wie der Herr es vorausgesagt hatte" (2. Könige 4,44 NLB).

Was die Gemeinde heute vor allem braucht, ist ein stärkeres Bewusstsein der Anteilnahme Gottes an seinen Kindern, die er mit der Hingabe seines Sohnes erkauft hat, sowie einen größeren Glauben an den unaufhaltsamen Fortschritt seiner Sache auf Erden. Niemand sollte Zeit mit Klagen darüber vergeuden, dass so wenig sichtbare Hilfsquellen zu erkennen sind. Der äußere Anschein mag zwar wenig versprechen, aber Tatkraft und Gottvertrauen werden diese Mittel enthüllen. Die Gabe, die ihm mit Dank und einem Gebet um Segen dargebracht wird, wird Christus ebenso reichlich vermehren wie die Speise, die den Prophetenjüngern und der ermüdeten Volksmenge gegeben worden ist.