Wie Alles Begann

Kapitel 3

Die Versuchung Und Der Sündenfall

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1. Mose 3.

Da Satan nicht länger einen Aufruhr im Himmel verursachen konnte, fand er in seiner Feindschaft gegen Gott ein neues Betätigungsfeld, indem er das Verderben des Menschengeschlechts plante. Im Glück und Frieden des heiligen Paares in Eden sah er, welche Glückseligkeit er für immer verloren hatte. Von Neid getrieben, beschloss er, die Menschen zum Ungehorsam zu verleiten, um die Schuld und Bestrafung für ihre Sünde über sie zu bringen. Ihre Liebe wollte er in Misstrauen und ihre Loblieder in Vorwürfe gegen ihren Schöpfer verwandeln. Auf diese Weise würde er nicht nur diese unschuldigen Wesen in das gleiche Elend stürzen, das er selbst zu tragen hatte, sondern auch Gott entehren und im Himmel Trauer verursachen.

Unsere ersten Eltern wurden vor der drohenden Gefahr gewarnt. Himmlische Boten schilderten ihnen, wie es zu Satans Fall gekommen war, und setzten sie über seine Vernichtungsabsichten in Kenntnis. Sie vermittelten ihnen tiefere Einblicke in das Wesen von Gottes Herrschaft, die der Fürst des Bösen stürzen wollte. Aus Ungehorsam gegenüber den gerechten Geboten Gottes waren Satan und seine Anhänger zu Fall gekommen. Deshalb war es besonders wichtig, dass Adam und Eva dieses Gesetz in Ehren hielten, durch das allein Recht und Ordnung aufrechterhalten werden konnte.

Die Rolle Des Gesetzes Gottes

Gottes Gesetz ist so heilig wie er selbst. Es ist eine Offenbarung seines Willens, eine Umschreibung seines Charakters, der Ausdruck göttlicher Liebe und Weisheit. Die Harmonie der Schöpfung ist dann gegeben, wenn alle Wesen, alles, was belebt oder unbelebt ist, mit dem Gesetz des Schöpfers vollkommen übereinstimmen. Die Gesetze, die Gott für das Funktionieren seiner Regierung erlassen hat, regeln nicht nur das Zusammenleben der Lebewesen, sondern betreffen auch alle Abläufe in der Natur. Alles unterliegt feststehenden Gesetzen, die nicht missachtet werden können. Während alles in der Natur nach den Naturgesetzen abläuft, ist von allen Lebewesen auf der Erde allein der Mensch dem Moralgesetz unterworfen. Nur dem Menschen als Krone der Schöpfung hat Gott die Fähigkeit verliehen, seine Anweisungen zu verstehen und die Gerechtigkeit und den Nutzen des Gesetzes zu begreifen. Deshalb verlangt Gott von ihm auch unerschütterlichen Gehorsam.

Wie für die Engel gab es auch für die Bewohner von Eden eine Probezeit. Ihr Zustand der Glückseligkeit konnte nur bewahrt werden, wenn sie dem Gesetz des Schöpfers die Treue hielten. Sie konnten gehorchen und am Leben bleiben, oder ungehorsam sein und sterben. Gott hatte seinen reichen Segen über sie ausgegossen. Sollten sie aber seinen Willen missachten, könnte er sie ebenso wenig verschonen wie die Engel, die gesündigt hatten. Durch eine Gesetzesübertretung würden sie Gottes Gaben verlieren und ihr Elend und ihr Verderben herbeiführen.

Die Engel forderten die ersten Menschen eindringlich auf, sich vor Satans Täuschungen zu hüten, denn er werde nicht müde werden, sie zu umgarnen. Solange sie jedoch Gott gehorsam blieben, könne ihnen der Böse nichts anhaben. Im Notfall würden ihnen Engel vom Himmel zu Hilfe gesandt. Wenn sie seine ersten Einflüsterungen standhaft zurückwiesen, wären sie ebenso sicher wie die himmlischen Boten. Gäben sie aber der Versuchung nur ein einziges Mal nach, würde ihre Natur so verdorben, dass sie weder die Kraft hätten, noch dazu geneigt wären, Satan zu widerstehen.

Der Baum der Erkenntnis war der Prüfstein ihres Gehorsams und ihrer Liebe zu Gott. Der Herr hatte es für gut befunden, ihnen nur ein einziges Verbot aufzuerlegen. Alles andere im Garten stand ihnen frei zur Verfügung. Sollten sie seinen Willen aber in diesem einen Punkt missachten, würden sie die Schuld dieser Übertretung auf sich laden. Satan durfte sie nicht fortwährend und überall in Versuchung führen; nur am verbotenen Baum konnte er sich ihnen nähern. Wenn sie versuchen sollten, die Natur dieses Baumes zu erforschen, wären sie seiner Tücke ausgesetzt. Sie wurden ermahnt, Gottes Warnung sorgfältig zu beachten und sich mit den Anweisungen zu begnügen, die ihnen Gott hatte zuteilwerden lassen.

Die Schliche Satans

Um sein Vorhaben unbemerkt umzusetzen, beschloss Satan, sich der Schlange als Werkzeug zu bedienen. Diese Tarnung passte ausgezeichnet zu seinem Täuschungsmanöver. Die Schlange war damals eines der klügsten und schönsten Geschöpfe auf der Erde. Sie besaß Flügel, und wenn sie durch die Lüfte flog, sah sie gleißend hell aus, denn ihre Farbe hatte die Leuchtkraft polierten Goldes. Sie ließ sich auf den reich beladenen Zweigen des verbotenen Baumes nieder und labte sich an seinen köstlichen Früchten. Sie war eine Erscheinung, die die Aufmerksamkeit eines Betrachters fesselte und mit Freude anzusehen war. So lauerte der Verderber im friedlichen Garten und wartete auf seine Beute.

Die Engel hatten Eva davor gewarnt, sich bei ihrer täglichen Arbeit im Garten von ihrem Mann zu trennen. Mit ihm zusammen wäre sie in geringerer Gefahr, versucht zu werden, als allein. Aber in ihre angenehme Arbeit vertieft, merkte sie nicht, wie sie sich unbewusst von seiner Seite entfernte. Als sie bemerkte, dass sie allein war, ahnte sie eine Gefahr, doch sie verdrängte dieses Gefühl und war überzeugt, weise und stark genug zu sein, um das Böse zu erkennen und ihm zu widerstehen. Ungeachtet der Warnung der Engel fand sie sich unversehens staunend und mit einer Mischung aus Neugier und Bewunderung vor dem verbotenen Baum. Die Frucht war sehr schön, und Eva fragte sich, warum Gott sie ihnen wohl vorenthalte. Das war die Gelegenheit für den Versucher. Als ob er wüsste, was sich in ihren Gedanken abspielte, sprach er sie an: "Ja, sollte Gott gesagt haben: Ihr sollt nicht essen von allen Bäumen im Garten?" (1. Mose 3,1b) Eva war überrascht und erschrocken, als sie anscheinend das Echo ihrer eigenen Gedanken hörte. Mit ihrer melodischen Stimme sprach die Schlange weiter und lobte mit schmeichelnden Worten Evas außerordentliche Schönheit. Das gefiel Eva. Statt den Ort fluchtartig zu verlassen, zögerte sie, denn sie war erstaunt, eine Schlange sprechen zu hören. Hätte sie ein Wesen angesprochen, das den Engeln gleich war, hätte sie Angst bekommen. So aber dachte sie nicht im Traum daran, dass diese bezaubernd aussehende Schlange das Werkzeug des gefallenen Feindes sein könnte.

Auf die verführerische Frage des Versuchers erwiderte sie: "Wir essen von den Früchten der Bäume im Garten; aber von den Früchten des Baumes mitten im Garten hat Gott gesagt: Esset nicht davon, rühret sie auch nicht an, dass ihr nicht sterbet!" Da sprach die Schlange zu Eva: "Ihr werdet keineswegs des Todes sterben, sondern Gott weiß: An dem Tag, da ihr davon esst, werden eure Augen aufgetan, und ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist." (1. Mose 3,2-5)

Würden sie von diesem Baum essen - so erklärte die Schlange -, könnten sie eine höhere Stufe ihres Daseins erreichen und in ein umfassenderes Wissensgebiet vordringen. Sie selbst habe von der verbotenen Frucht gegessen und als Ergebnis die Sprechfähigkeit erlangt. Auch deutete die Schlange an, Gott enthalte ihnen die Frucht nur aus Eifersucht vor, damit sie nicht zur Gottgleichheit gelangten. Nur wegen der wunderbaren Eigenschaften dieser Frucht, die Weisheit und Macht verleihen könne, habe Gott ihnen verboten, von ihr zu kosten oder sie auch nur anzufassen. Der Versucher gab zu verstehen, dass sich Gottes Warnung in Wirklichkeit nicht erfüllen werde. Sie habe nur den Zweck, die beiden einzuschüchtern. Wie sollte es möglich sein, dass sie sterben? Hatten sie nicht vom Baum des Lebens gegessen? Gott wolle sie nur daran hindern, sich weiterzuentwickeln und zu größerem Glück zu gelangen.

Auf die gleiche Weise arbeitet Satan seit den Tagen Adams bis auf den heutigen Tag - und das mit großem Erfolg. Er verleitet die Menschen dazu, Gottes Liebe und Weisheit zu misstrauen. Ständig will er zu respektloser Neugier anstacheln, zu einem ruhelosen, wissbegierigen Verlangen, in die Geheimnisse göttlicher Macht und Weisheit einzudringen. In ihrem Bemühen, herauszufinden, was ihnen Gott in seiner Weisheit alles vorenthalten hat, übersieht eine Vielzahl von Menschen die wichtigen Wahrheiten, die er für ihre Erlösung offenbart hat. Satan verführt Menschen zum Ungehorsam, indem er sie zur Ansicht verleitet, dass vor ihnen ein weites Gebiet voll neuer Erkenntnisse liege. Aber das ist alles Täuschung. Von solchen Fortschrittsgedanken ermutigt, treten Menschen Gottes Gebote mit Füßen und schlagen Wege ein, die nur in Erniedrigung und in den Tod führen.

Satan täuschte dem heiligen Paar vor, es könne durch die Übertretung des Gesetzes Gottes nur gewinnen. Hören wir heutzutage nicht ähnliche Argumente? Viele reden von der Engstirnigkeit derer, die Gottes Gebote befolgen. Sie behaupten, weniger einengende Wege zu kennen und größere Freiheiten zu genießen. Klingt das nicht wie ein Echo der Stimme aus Eden: "An dem Tage, da ihr davon esst" - das Gebot Gottes übertretet - werdet ihr "sein wie Gott"? Satan behauptete, der Genuss der verbotenen Frucht habe ihm sehr viel Gutes gebracht. Dabei verschwieg er allerdings, dass er wegen seiner Übertretung ein Geächteter des Himmels war. Obwohl er erlebt hatte, dass die Sünde in einen unersetzlichen Verlust mündete, verheimlichte er sein eigenes Elend, um andere mit hineinzuziehen. So versuchen auch die heutigen Gesetzesübertreter, ihren wahren Charakter zu verbergen. Sie mögen vorgeben, ein geheiligtes Leben zu führen, aber ihr hoher Anspruch macht sie als Betrüger umso gefährlicher. Sie stehen auf der Seite Satans, treten Gottes Gesetz mit Füßen und verleiten andere dazu, das Gleiche zu tun. Das alles aber treibt sie in ihr ewiges Verderben.

Evas Mangelndes Vertrauen Führt Ins Verderben

Eva glaubte wirklich den Worten Satans, doch ihr Glaube bewahrte sie nicht vor der Strafe für die Sünde. Den Worten Gottes misstraute sie, und das führte zu ihrem Fall. Im Gericht Gottes werden Menschen nicht deshalb verurteilt werden, weil sie bewusst einer Lüge geglaubt haben, sondern weil sie die Wahrheit abgelehnt oder die Gelegenheit versäumt haben, diese kennenzulernen. Ungehorsam Gott gegenüber ist immer unheilvoll, auch wenn Satan auf spitzfindige Weise das Gegenteil behauptet. Wir müssen darauf bedacht sein, die Wahrheit zu erkennen. Alle Lektionen, die Gott in seinem Wort festhalten ließ, sollen uns als Warnung und Belehrung dienen. Sie wurden gegeben, um uns vor Täuschungen zu schützen. Wenn wir sie vernachlässigen, wird uns das ins Verderben führen. Alles, was dem Wort Gottes widerspricht, kommt von Satan - dessen können wir sicher sein.

Die Schlange pflückte eine Frucht vom verbotenen Baum und legte sie der noch zögernden Eva in die Hände. Dann erinnerte Satan sie an ihre eigenen Worte, dass Gott ihnen verboten habe, die Frucht zu berühren; sonst würden sie sterben. Er behauptete, der Verzehr der Frucht werde ihr nicht mehr schaden als die Berührung. Da Eva bisher keine schlimmen Folgen ihres Tuns wahrnahm, wurde sie kühner. "Die Frau sah den Baum an: Seine Früchte mussten köstlich schmecken, sie anzusehen war eine Augenweide, und es war verlockend, dass man davon klug werden sollte! Sie nahm von den Früchten und aß." (1. Mose 3,6 GNB) Sie schmeckten angenehm, und während sie aß, schien es Eva, als verspürte sie eine belebende Kraft. Sie bildete sich ein, eine höhere Stufe ihres Seins zu erreichen. Ohne Angst pflückte sie und aß. Und nun, nachdem sie selbst das Gebot übertreten hatte, wurde sie zum Werkzeug Satans, um auch ihren Mann ins Verderben zu ziehen. In einem Zustand seltsamer, unnatürlicher Erregung - ihre Hände gefüllt mit den verbotenen Früchten - lief sie zu Adam und berichtete ihm, was vorgefallen war.

Auch Adam Versagt

In Adams Gesicht trat ein Ausdruck von Trauer. Er wirkte erstaunt und besorgt zugleich. Auf Evas Worte entgegnete er, dass dies der Feind gewesen sein müsse, vor dem sie gewarnt worden waren. Nach göttlichem Urteil werde sie nun sterben müssen. Als Antwort darauf drängte sie ihn, auch zu essen, und wiederholte die Worte der Schlange, dass sie keineswegs sterben müssten. Sie argumentierte, dass dies wahr sein müsse, denn sie fühle keinen Hinweis auf Gottes Missfallen. Im Gegenteil, sie verspüre eine wunderbare, anregende Wirkung, die alle ihre Fähigkeiten neu belebe. Ihrer Meinung nach war dies die Kraft, die auch die himmlischen Boten erfülle.

Adam begriff, dass seine Gefährtin Gottes Gebot übertreten hatte - das einzige Verbot, das ihnen als Prüfstein ihrer Liebe und Treue auferlegt worden war. Ein furchtbares Ringen fand in seinem Herzen statt. Er bedauerte, dass er Eva von seiner Seite hatte weichen lassen. Aber nun war die Tat geschehen; nun würde er von ihr getrennt werden - von ihr, deren Gesellschaft doch seine ganze Freude gewesen war. Wie sollte er damit fertig werden? Adam hatte sich der Gesellschaft Gottes und seiner heiligen Engel erfreut; er hatte die Herrlichkeit seines Schöpfers geschaut; ihm war die hohe Bestimmung bewusst, die den Menschen zugedacht war, wenn sie Gott treu blieben. Doch aus lauter Angst, das eine Geschenk zu verlieren, das seiner Ansicht nach alles an Wert übertraf, verlor er die anderen Segnungen aus den Augen. Liebe, Dankbarkeit und Treue dem Schöpfer gegenüber - das alles wurde von der Liebe zu Eva überlagert. Sie war ein Teil von ihm, und der Gedanke an eine Trennung von ihr war ihm unerträglich. Er machte sich nicht bewusst, dass dieselbe unendliche Macht, die ihn aus Erdenstaub zu einer lebendigen, schönen Gestalt erschaffen und ihm aus Liebe eine Gefährtin gegeben hatte, ihm einen Ersatz für sie schaffen konnte. Er entschied sich, Evas Schicksal zu teilen. Wenn sie sterben musste, würde er mit ihr sterben. Könnten die Worte der klugen Schlange nicht doch wahr sein?, überlegte er. Eva stand so schön und scheinbar unschuldig vor ihm wie vor ihrem Ungehorsam. Sie verhielt sich zu ihm noch liebevoller als zuvor. Kein Anzeichen des Todes war an ihr festzustellen. Da beschloss er, die Folgen auf sich zu nehmen. Er griff nach der Frucht und verzehrte sie hastig.

Nach seiner Übertretung dachte auch Adam zuerst, er habe eine höhere Daseinsstufe erreicht. Doch schon bald erfüllte ihn der Gedanke an seine Sünde mit Entsetzen. Die Luft, die bis dahin mild und gleichmäßig warm war, ließ das schuldige Paar erschauern. Die Liebe und der Friede, die sie bisher besaßen, waren dahin. Stattdessen spürten sie etwas von der Sünde, empfanden Angst vor der Zukunft und fühlten sich innerlich entblößt. Das Lichtgewand, das sie umgeben hatte, verschwand. Um es zu ersetzen, wollten sie etwas herstellen, mit dem sie sich bedecken konnten, denn unbekleidet konnten sie Gott und den heiligen Engeln nicht unter die Augen treten.

Nun fingen sie an, das wahre Wesen ihrer Sünde zu erkennen. Adam machte seiner Gefährtin Vorwürfe. Es sei eine Torheit gewesen, sich von ihm zu entfernen und sich von der Schlange umgarnen zu lassen. Doch dann beruhigten sie sich damit, dass ihnen Gott, von dem sie in der Vergangenheit so viele Liebesbeweise erhalten hatten, diese eine Übertretung verzeihen oder sie nicht so schwer bestrafen würde, wie sie zunächst befürchtet hatten.

Satan brach über seinen Erfolg in Jubel aus. Er hatte die Frau dazu verleiten können, der Liebe Gottes zu misstrauen, seine Weisheit anzuzweifeln und sein Gebot zu übertreten. Und durch sie war es ihm auch gelungen, Adam zu Fall zu bringen.

Die Folgen Der Übertretung

Aber der große Gesetzgeber war schon im Begriff, Adam und Eva die Folgen ihrer Übertretung klarzumachen. Seine göttliche Gegenwart war im Garten spürbar. Im Zustand der Unschuld und Heiligkeit hatten sie die Begegnung mit ihrem Schöpfer freudig begrüßt. Nun flohen sie aus Angst und versuchten, sich in den tiefsten Winkeln des Gartens zu verbergen. Aber "Gott der Herr rief Adam und sprach zu ihm: Wo bist du? Und er sprach: Ich hörte dich im Garten und fürchtete mich; denn ich bin nackt, darum versteckte ich mich. Und er sprach: Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist? Hast du nicht gegessen von dem Baum, von dem ich dir gebot, du solltest nicht davon essen?" (1. Mose 3,9-11)

Adam konnte seine Sünde weder leugnen noch entschuldigen. Doch statt Reue zu zeigen, versuchte er, die Schuld auf seine Frau und damit auf Gott selbst abzuwälzen: "Die Frau, die du mir zugesellt hast, gab mir von dem Baum und ich aß." (1. Mose 3,12) Eben noch hatte er aus Liebe zu Eva Gottes Wohlgefallen, sein Heim im Paradies und ein ewiges, glückliches Leben aus freien Stücken aufgegeben. Doch nun, nach seinem Sündenfall, machte er seine Gefährtin und sogar den Schöpfer selbst für seine Übertretung verantwortlich. So furchtbar ist die Macht der Sünde!

Als die Frau gefragt wurde: "Warum hast du das getan?", antwortete sie: "Die Schlange betrog mich, sodass ich aß." (1. Mose 3,13) "Warum hast du die Schlange erschaffen? Warum hast du ihr erlaubt, Eden zu betreten?", waren die Fragen, die sich in Evas Entschuldigung für ihre Sünde verbargen. Damit versuchte sie ebenso wie Adam, Gott die Verantwortung für ihren Fall anzulasten. Der Geist der Selbstrechtfertigung hat seinen Ursprung im Vater der Lüge. Unsere ersten Eltern gaben sich diesem Geist hin, sobald sie dem Einfluss Satans erlegen waren, und seitdem haben alle Nachkommen Adams denselben Geist an den Tag gelegt. Statt ihre Sünden demütig zu bekennen, versuchen sie, sich zu verteidigen und ihre Schuld auf andere zu schieben, auf die Umstände oder gar auf Gott. Dabei nehmen sie sogar seine Segnungen zum Anlass, um sich bei ihm zu beklagen.

Dann fällte der Herr das Urteil über die Schlange: "Weil du das getan hast, seist du verflucht, verstoßen aus allem Vieh und allen Tieren auf dem Feld. Auf deinem Bauch sollst du kriechen und Erde fressen dein Leben lang." (1. Mose 3,14) Da die Schlange Satan als Werkzeug gedient hatte, wurde auch sie von Gottes Urteil getroffen. War sie vorher das schönste Geschöpf des Feldes gewesen, das am meisten bewundert wurde, sollte sie nun zum niedrigsten und verachtetsten werden, zu einem Lebewesen, das Menschen und Tiere fürchten und verabscheuen. Die nächsten Worte an die Schlange bezogen sich auf Satan selbst und wiesen auf seine endgültige Niederlage und Vernichtung hin: "Und ich will Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau und zwischen deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen; der soll dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen." (1. Mose 3,15)

Eva erfuhr von Schmerzen und Leiden, die sie künftig ertragen müsse. Der Herr sagte zu ihr: "Dein Verlangen soll nach deinem Mann sein, aber er soll dein Herr sein." (1. Mose 3,16) Bei der Erschaffung hatte Gott sie Adam gleichgestellt. Wären beide Gott gehorsam geblieben - in Übereinstimmung mit seinem großen Gesetz der Liebe -, hätte zwischen ihnen stets Harmonie geherrscht. Aber die Sünde brachte Uneinigkeit. Nun konnten ihre Verbindung und die Eintracht zwischen ihnen nur durch die Unterordnung des einen Teils unter den anderen bewahrt werden. Eva hatte als Erste das Verbot übertreten. Sie hatte sich der Versuchung ausgesetzt, weil sie sich von ihrem Gefährten entgegen der göttlichen Anordnung getrennt hatte. Auf ihre Anstiftung hin hatte auch Adam gesündigt. Nun wurde sie ihrem Mann untergeordnet. Hätte das schuldig gewordene Menschengeschlecht die Grundsätze beachtet, die im göttlichen Gesetz verankert sind, hätte dieses Urteil der Menschheit zum Segen werden können, auch wenn es aus den Folgen der Sünde erwachsen ist. Aber der Mann missbrauchte die Vormachtstellung, die ihm auf diese Weise gegeben wurde, und machte das Los der Frau äußerst bitter und ihr Leben zu einer Last.

Eva war im Garten Eden, ihrem Zuhause, an der Seite ihres Mannes vollkommen glücklich gewesen. Aber wie die ruhelosen Evas der Gegenwart fühlte sie sich von der Hoffnung geschmeichelt, in einen höheren Bereich aufzusteigen als den, den Gott für sie bestimmt hatte. Als sie versuchte, sich über ihre ursprüngliche Stellung zu erheben, fiel sie umso tiefer. Ähnliche Folgen werden auch jene tragen müssen, die ihre täglichen Pflichten nicht froh erfüllen, wie es Gottes Absicht entspricht. Viele bemühen sich, Stellungen zu erreichen, für die Gott sie nicht ausgestattet hat, und verlassen den Platz, an dem sie ein Segen sein könnten. Dem Verlangen nach einem größeren Einflussbereich opferte schon so manche Frau ihre weibliche Würde und ihre edlen Charakterzüge und vernachlässigte dabei die Aufgabe, für die sie vom Himmel bestimmt ist.

Zu Adam sprach der Herr: "Weil du gehorcht hast der Stimme deiner Frau und gegessen von dem Baum, von dem ich dir gebot und sprach: Du sollst nicht davon essen - verflucht sei der Acker um deinetwillen! Mit Mühsal sollst du dich von ihm nähren dein Leben lang. Dornen und Disteln soll er dir tragen, und du sollst das Kraut auf dem Feld essen. Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du wieder zu Erde werdest, davon du genommen bist. Denn du bist Erde und sollst zu Erde werden." (1. Mose 3,17-19)

Es war nicht der Wille Gottes, dass das sündlose Paar Erfahrungen mit dem Bösen machte. Großzügig hatte er die beiden mit Gutem überhäuft und ihnen das Böse vorenthalten. Aber sie hatten entgegen seinem Gebot vom verbotenen Baum gegessen. Ab jetzt würden sie immer wieder davon "essen", denn ihr Leben lang würden sie nun wissen, was böse ist. Von nun an wurden die Menschen von Satans Versuchungen geplagt. Statt froh und glücklich ihrer Arbeit nachzugehen, wie Gott es vorgesehen hatte, waren jetzt Sorgen und Mühen ihr Los. Sie sollten Enttäuschungen, Kummer und Schmerzen erfahren und schließlich den Tod.

Tod Und Verderben Halten Einzug

Unter dem Fluch der Sünde sollte nun auch die gesamte Natur dem Menschen das Wesen und die Folgen seiner Rebellion gegen Gott vor Augen halten. Als Gott den Menschen schuf, setzte er ihn zum Herrscher über die Erde und über alle Lebewesen ein (vgl. 1. Mose 1,28). Solange Adam Gott gehorsam blieb, war ihm die ganze Natur untertan. Als er aber gegen Gottes Gesetz verstieß, lehnten sich die niederen Lebewesen gegen Adams Herrschaft auf. Dadurch wollte Gott in seiner großen Barmherzigkeit den Menschen zeigen, dass sein Gesetz heilig ist. Aus eigener Erfahrung sollten sie erkennen, wie gefährlich es ist, seine Gebote - selbst im Kleinsten - zu missachten.

Auch ein Leben voller Mühe und Sorgen, das künftig das Los der Menschen war, hatte ihnen Gott aus Liebe verordnet. Es war eine Erziehungsmaßnahme, die wegen der Sünde erforderlich war, damit die Begierden und Leidenschaften im Zaum gehalten und Gewohnheiten der Selbstbeherrschung entwickelt wurden. All dies gehörte zu Gottes großem Plan, die Menschen aus Erniedrigung und Verderben zu retten.

Die Warnung an das erste Menschenpaar, "an dem Tag, da du davon isst, musst du sterben" (1. Mose 2,17b Elb.), bedeutete nicht, dass die beiden an dem Tag den Tod finden würden, an dem sie von der verbotenen Frucht aßen. Vielmehr wurde an jenem Tag das unwiderrufliche Urteil verhängt. Die Unsterblichkeit war ihnen nur unter der Bedingung des Gehorsams zugesagt worden. Durch Übertretung verwirkten sie das ewige Leben. Genau von dem Tag an steuerten sie unweigerlich auf den Tod zu.

Um ewig leben zu können, hätte der Mensch auch weiterhin vom Baum des Lebens essen müssen (vgl. 1. Mose 3,22b). Ohne dessen Frucht würde seine Lebenskraft allmählich abnehmen, bis sein Leben erlosch. Es war Satans Plan, dass sich Adam und Eva durch Ungehorsam Gottes Missfallen zuziehen sollten. Er hoffte, sie würden danach wieder vom Baum des Lebens essen und dadurch - wenn sie keine Vergebung erhielten - ihr Leben in Sünde und Elend ewig aufrechterhalten. Aber unmittelbar nach dem Sündenfall beauftragte Gott heilige Engel, den Baum des Lebens zu bewachen. Um diese Engel zuckten blitzende Lichter, die wie funkelnde Schwerter aussahen (vgl. 1. Mose 3,24). Niemand aus Adams Familie durfte diese Schranke überschreiten, um die Leben spendende Frucht zu essen. Deshalb gibt es keinen unsterblichen Sünder.

Gottes Gesetz Kann Nicht Ungestraft Übertreten Werden

Viele halten die Flut der Leiden, die aus der Übertretung unserer ersten Eltern hervorging, für eine zu schreckliche Folge einer eher unbedeutenden Sünde und zweifeln an Gottes Weisheit und Gerechtigkeit im Umgang mit den Menschen. Würden sie sich aber eingehender mit dieser Frage befassen, könnten sie ihren Irrtum erkennen. Gott schuf den Menschen nach seinem eigenen Bild, frei von Sünde. Die Erde sollte mit Geschöpfen bevölkert werden, die nur wenig niedriger waren als die Engel. Aber ihr Gehorsam musste auf die Probe gestellt werden, denn Gott konnte nicht erlauben, dass die Erde von Wesen bewohnt wird, die sein Gesetz missachten. Aufgrund der großen Barmherzigkeit Gottes musste sich Adam jedoch keiner harten Prüfung unterziehen. Doch gerade das einfache Verbot machte seine Sünde so überaus schwerwiegend. Wenn Adam nicht einmal die leichteste Prüfung bestehen konnte, hätte er auch keine schwerere Belastung gemeistert, wenn ihm größere Verantwortung übertragen worden wäre.

Wäre Adam andererseits einer schweren Prüfung unterzogen worden, dann hätten Menschen, die zum Bösen neigen, ihre Missetaten mit den Worten gerechtfertigt: "Es handelt sich hier nur um eine geringfügige Sache. Gott nimmt es mit den kleinen Dingen nicht so genau." Auf diese Weise gäbe es ständig kleine Übertretungen, die bei uns Menschen meist ungestraft durchgehen. Aber der Herr hat klargestellt, dass ihm jede Art von Sünde ein Gräuel ist.

Für Eva schien es eine Kleinigkeit zu sein, aus Ungehorsam gegenüber Gott die verbotene Frucht zu essen und auch ihren Mann zum Ungehorsam zu verleiten. Aber ihre Sünde öffnete die Schleusentore der Leiden, die nun in die Welt strömen. Wer kann im Augenblick der Versuchung die schrecklichen Folgen ermessen, die ein einziger Fehltritt nach sich zieht?

Viele, die lehren, Gottes Gesetz sei für die Menschen nicht bindend, behaupten, dass man die Gebote unmöglich befolgen könne. Wenn das wahr wäre, muss man fragen, warum dann Adam für seine Übertretung bestraft wurde. Die Sünde unserer Voreltern brachte Schuld und Kummer über die Welt. Ohne die Güte und Gnade Gottes hätte die Sünde die Menschheit in hoffnungslose Verzweiflung gestürzt. Niemand soll sich in diesem Punkt täuschen. "Denn der Lohn der Sünde ist der Tod." (Römer 6,23 Elb.) Das Gesetz Gottes kann heute genauso wenig ungestraft übertreten werden wie damals, als über den Vater der Menschheit das Urteil gesprochen wurde.

Nach ihrer Sünde durften Adam und Eva nicht länger in Eden wohnen. Sie baten sehr darum, im Heim ihrer Unschuld und Freude bleiben zu dürfen. Sie sahen ein, dass sie jedes Recht darauf verwirkt hatten, und gelobten für die Zukunft unbedingten Gehorsam gegenüber Gott. Ihnen wurde jedoch mitgeteilt, dass ihre Natur durch die Sünde verdorben sei. Sie hätten ihre Widerstandskraft gegen das Böse zu sehr geschwächt und Satan den Weg geöffnet, um leichter Zugang zu ihnen zu bekommen. In ihrer Unschuld hätten sie schon der Versuchung nachgegeben; nun, im Zustand bewusster Schuld, würden sie noch weniger Kraft besitzen, um standhaft zu bleiben.

Demütig und unsagbar traurig sagten sie ihrem schönen Zuhause Lebewohl und gingen fort, um eine Erde zu bewohnen, die nun unter dem Fluch der Sünde stand. Die Lufthülle, die einst eine so milde und gleichmäßige Temperatur gewährleistet hatte, war nun großen Schwankungen unterworfen. Weil Gott Mitleid mit den Menschen hatte, versorgte er sie mit Kleidung aus Fellen (1. Mose 3,21), um sie vor extremer Hitze und Kälte zu schützen.

Als Adam und seine Gefährtin an welkenden Blumen und fallenden Blättern die ersten Zeichen der Vergänglichkeit wahrnahmen, war ihre Trauer darüber tiefer als unsere heutige Klage über den Tod eines Angehörigen. Der Zerfall der zarten, zerbrechlichen Blumen war tatsächlich an sich schon ein Grund zur Trauer. Aber als auch noch die stattlichen Bäume ihre Blätter abwarfen, wurde ihnen schnell die harte Tatsache bewusst, dass der Tod das Schicksal alles Lebendigen ist.

Der Garten Eden blieb noch lange auf der Erde erhalten, nachdem die Menschen von seinen lieblichen Pfaden vertrieben worden waren. Die gefallenen Menschen konnten während langer Zeit das Zuhause sehen, in dem sie während ihrer Unschuld gelebt hatten. Der Zugang dorthin blieb ihnen allerdings durch wachsame Engel verwehrt. Am Tor zum Paradies, das die Cherubim bewachten, offenbarte sich Gottes Herrlichkeit. Dorthin kamen Adam und seine Söhne, um Gott anzubeten. Hier erneuerten sie ihr Gelübde, dem Gesetz Gottes zu gehorchen, dessen Übertretung zu ihrer Vertreibung aus Eden geführt hatte. Als die Flut der Ungerechtigkeit die ganze Welt bedeckte und die Bosheit der Menschen ihre eigene Vernichtung durch die Sintflut heraufbeschwor, entfernte die Hand, die Eden einst gepflanzt hatte, den Garten von der Erde. Doch bei der endgültigen Erlösung, wenn Gott "einen neuen Himmel und eine neue Erde" (Offenbarung 21,1) schaffen wird, soll er wiederhergestellt und noch schöner geschmückt werden, als am Anfang.

Alle, die Gottes Gebote gehalten haben, werden dann in unsterblicher Lebenskraft unter dem Baum des Lebens stehen. Während unendlicher Zeitalter werden die Bewohner sündloser Welten in diesem herrlichen Garten ein Beispiel der vollkommenen Schöpfung Gottes sehen - unberührt vom Fluch der Sünde. Er wird ein Beispiel dessen sein, was aus der ganzen Erde geworden wäre, wenn die Menschen den ursprünglichen Plan des Schöpfers verwirklicht hätten.