Wie Alles Begann

Kapitel 11

Abrahams Berufung

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1. Mose 11,27-32 und 12,1-20.

Nachdem die Einwohner Babels zerstreut worden waren, verbreitete sich der Götzendienst erneut auf der ganzen Welt. Diesmal überließ Gott die verstockten Übertreter des Gesetzes ihren eigenen bösen Wegen. Er erwählte Abraham, einen Nachkommen Sems, und machte ihn für künftige Generationen zum Hüter seines Gesetzes. Abraham war - umgeben vom Aberglauben - im Heidentum aufgewachsen. Wohl hatte sich die Familie seines Vaters noch die rechte Gottes erkenntnis bewahrt; doch auch sie gab den verführerischen Einflüssen ihrer Umwelt nach, und sie "dienten anderen Göttern" (Josua 24,2). Aber der rechte Glaube durfte nicht ausgelöscht werden. Gott hat immer einige Übrige, die ihm treu dienen. Adam, Set, Henoch, Metuschelach, Noah und Sem hatten in ununterbrochener Reihenfolge über Jahrhunderte hinweg die unschätzbaren Offenbarungen seines Willens bewahrt. Erbe dieses heiligen Vermächtnisses wurde der Sohn von Terach. Von allen Seiten lockte ihn der Götzendienst. Vergeblich. Treu unter Treulosen hatte er sich vom vorherrschenden Abfall nicht anstecken lassen und hielt unerschütterlich an der Anbetung des einzigen wahren Gottes fest. "Der Herr ist nahe allen, die ihn anrufen, allen, die ihn ernstlich anrufen." (Psalm 145,18) Gott teilte Abraham seinen Willen mit. Er schenkte ihm klare Erkenntnisse sowohl in Bezug auf die Forderungen seines Gesetzes als auch auf die Erlösung, die Christus bewirken werde.

Abraham erhielt eine Zusage, die für die Menschen der damaligen Zeit besonders wichtig war: Gott versprach ihm zahlreiche Nachkommenschaft und nationale Größe. "Ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein." Dazu versicherte Gott diesem Erben des Glaubens, dass aus seiner Nachkommenschaft der Erlöser der Welt hervorgehen werde: "In dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden." (1. Mose 12,2.3) Doch als erste Bedingung für die Erfüllung dieser Zusage musste sich Abraham einer Glaubensprüfung unterziehen. Es wurde ein Opfer von ihm verlangt. Gottes Botschaft an ihn lautete: "Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will." (1. Mose 12,1) Damit Gott ihn auf die große Aufgabe als Hüter seiner heiligen Weisungen vorbereiten konnte, musste Abraham aus den Verbindungen seines früheren Lebens herausgelöst werden. Der Einfluss von Verwandten und Freunden hätte Gottes erzieherische Absichten mit seinem Diener behindert. Weil Abraham nun in einer besonderen Beziehung zum Himmel stand, musste er unter Fremden wohnen. Sein Charakter musste sich auszeichnen, sich von aller Welt unterscheiden. Dabei konnte er sein Verhalten nicht einmal seinen nächsten Freunden verständlich machen. "Geistliche Dinge" können nur "geistlich beurteilt werden" (1. Korinther 2,13b.14b). Deshalb wurden seine Beweggründe und Handlungen von seiner Verwandtschaft, die fremden Göttern diente, nicht verstanden.

Wahrer Glaube Zeigt Sich Im Gehorsam

"Durch Glauben gehorchte Abraham, als er berufen wurde, und brach auf an einen Ort, den er als Erbe empfangen sollte; er brach auf, ohne zu wissen, wohin er kommen würde." (Hebräer 11,8 ZÜ) Sein bedingungsloser Gehorsam gehört zu den auffallendsten Glaubenszeugnissen in der ganzen Bibel. Für ihn war Glaube "die Grundlegung dessen, was man erhofft, der Beweis für Dinge, die man nicht sieht" (Hebräer 11,1 ZÜ). Er verließ sich auf Gottes Zusage, ohne die geringste äußere Sicherheit zu haben, dass sie sich auch erfüllen würde. Deshalb gab er Heim, Verwandtschaft und Vaterland auf. Er zog aus, ohne zu wissen, wohin ihn Gott führen würde. "Durch den Glauben ist er ein Fremdling gewesen in dem verheißenen Lande wie in einem fremden und wohnte in Zelten mit Isaak und Jakob, den Miterben derselben Verheißung." (Hebräer 11,9)

Abraham wurde keine leichte Prüfung auferlegt. Kein geringes Opfer wurde da von ihm gefordert. Starke Bande wollten ihn an seine Heimat, Verwandtschaft und Familie ketten. Aber er zögerte nicht, dem Ruf zu folgen. Er stellte auch keine Fragen über das verheißene Land - ob der Boden fruchtbar und das Klima gesund sei, ob es landschaftlich schön liege und Möglichkeiten biete, reich zu werden. Gott hatte gesprochen, und sein Diener gehorchte. Für ihn war der liebste Ort auf Erden dort, wo Gott ihn haben wollte.

Gott Beruft Auch Heute Menschen In Seinen Dienst

Wie Abraham werden auch heute viele Menschen auf die Probe gestellt. Sie hören zwar Gottes Stimme nicht unmittelbar vom Himmel herab zu sich sprechen, aber er beruft sie heute durch die Unterweisungen seines Wortes und durch Ereignisse seiner Vorsehung. Es mag erforderlich sein, eine Laufbahn aufzugeben, die Reichtum und Ansehen verspricht, oder angenehme und vorteilhafte Beziehungen zu lösen und sich von seiner Verwandtschaft zu trennen, um einen Weg einzuschlagen, der nur Selbstverleugnung, Entbehrungen und Opfer zu verlangen scheint. Gott hat eine Aufgabe für sie. Aber ein bequemes Leben und die Beeinflussung durch Freunde und Verwandte wären für die Entwicklung der erforderlichen Wesenszüge hinderlich. Daher ruft Gott sie von menschlichen Einflüssen und Hilfestellungen fort und führt sie zur Einsicht, dass sie seinen Beistand benötigen. Sie sollen lernen, sich auf ihn allein zu verlassen, damit er sich ihnen offenbaren kann. Wer ist heute bereit, dem Ruf Gottes zu folgen und liebgewordene Pläne und familiäre Beziehungen aufzugeben? Wer will neue Pflichten übernehmen und Neuland betreten? Wer wird Gottes Werk entschlossen und bereitwillig anpacken? Wer wird Verlust, bedingt durch Christus, als Gewinn ansehen (vgl. Philipper 3,7)? Wer das alles auf sich nimmt, besitzt den Glauben von Abraham. Er wird mit ihm "eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit" erleben (2. Korinther 4,17), so "dass die Leiden der gegenwärtigen Zeit nichts bedeuten im Vergleich zu der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll" (Römer 8,18 EÜ).

Abraham Zieht Ins Land Kanaan

Gottes Ruf erreichte Abraham zum ersten Mal, als er noch in "Ur in Chal- däa" wohnte. Um Gott gehorsam zu sein, zog er nach Haran (1. Mose 11,31; vgl. Apostelgeschichte 7,2b.3). Bis dahin begleitete ihn die Familie seines Vaters, denn neben ihren Götzen beteten sie auch den wahren Gott an. Hier blieb Abraham, bis sein Vater Terach starb. Da forderte ihn Gottes Stimme auf, von dessen Grab fortzuziehen. Sein Bruder Nahor aber und dessen Angehörige hingen an der Heimat und an ihren Göttern. Außer Sara, Abrahams Frau, entschloss sich nur sein Neffe Lot, der Sohn seines schon lange verstorbenen zweiten Bruders Haran, das Pilgerleben des Patriarchen zu teilen. Trotzdem war es eine große Schar, die von Mesopotamien aufbrach. Abraham besaß schon zahlreiche Herden - den Reichtum des Ostens - und dazu eine Vielzahl von Knechten und Mägden. Er zog aus dem Land seiner Väter fort und sollte nie wieder dorthin zurückkehren. Alles, was er besaß, nahm er mit, "alle ihre Habe, die sie erworben hatten, und die Knechte und Mägde, die sie in Haran gewonnen hatten" (1. Mose 12,5). Viele von ihnen hatten höhere Ziele im Auge und dachten nicht nur an eine gute Stellung und an persönlichen Vorteil. Während ihres Aufenthalts in Haran hatten Abraham und Sara sie zur Anbetung des wahren Gottes geführt. Diese Leute schlossen sich der Familie des Erzvaters an und begleiteten sie in das Land der Verheißung. "Sie wanderten nach Kanaan aus und kamen dort an." (1. Mose 12,5 EÜ)

Der erste Ort, an dem sie Halt machten, war Sichem. Im Schatten der Eichen von More, in einem weiten, grünen Tal mit Olivenhainen und sprudelnden Quellen zwischen den Bergen Ebal und Garizim, schlug Abraham seine Zelte auf. Es war ein schönes Land, das der Patriarch betreten hatte, "ein Land mit Bächen, Quellen und Grundwasser, das im Tal und am Berg hervorquillt, ein Land mit Weizen und Gerste, mit Weinstock, Feigenbaum und Granatbaum, ein Land mit Ölbaum und Honig" (5. Mose 8,7.8 EÜ). Doch für den Verehrer Jahwes lag ein dunkler Schatten auf den bewaldeten Höhen und fruchtbaren Ebenen, denn "es wohnten ... zu der Zeit die Kanaaniter im Lande" (1. Mose 12,6). Abraham hatte zwar das Ziel erreicht, auf das er alle seine Hoffnungen gesetzt hatte, aber er fand ein Land vor, das von einem fremden Volk besetzt und von Götzendienst durchdrungen war. In den Hainen standen die Altäre der Götzen, und auf den umliegenden Höhen wurden ihnen Menschen geopfert. Obwohl sich Abraham an die göttlichen Verheißungen klammerte, schlug er sein Zelt nicht ohne dunkle Vorahnungen auf. "Da erschien der Herr dem Abram 8 und sprach: Deinen Nachkommen will ich dies Land geben." (1. Mose 12,7a) Die Zusicherung, dass Gott immer mit ihm sein werde, und das Wissen, nicht der Willkür der Götzendiener ausgeliefert zu sein, stärkten seinen Glauben. "Er baute dort einen Altar dem Herrn, der ihm erschienen war." (1. Mose 12,7b) Doch er blieb ein Wanderer. Bald zog er in die Nähe von Bethel. Auch dort errichtete er einen Altar und rief den Namen des Herrn an.

Abraham, "ein Freund Gottes" (Jakobus 2,23), ist uns ein würdiges Vorbild. Er führte ein Leben des Gebets. Wo immer er sein Zelt aufschlug, errichtete er dicht daneben einen Altar und rief alle Bewohner seines Zeltlagers zum Morgen- und Abendopfer zusammen. Wenn er sein Zelt abbrach, blieb der Altar stehen. In den folgenden Jahren erhielt so mancher umherziehende Kanaaniter von Abraham eine religiöse Unterweisung. Wann immer einer von ihnen an diesen Altar kam, wusste er, wer vor ihm dort gewesen war. Und wenn er sein Zelt aufgeschlagen hatte, richtete er den Altar wieder her und betete den lebendigen Gott an.

Eine Weitere Glaubensprüfung

Abraham zog weiter nach Süden; und wieder wurde sein Glaube auf die Probe gestellt. Der Himmel hielt den Regen zurück, die Bäche in den Tälern trockneten aus, und in den Ebenen verdorrte das Gras. Die Herden fanden keine Weide mehr, und der Hungertod bedrohte das ganze Lager. Zweifelte der Patriarch nun an der Führung Gottes? Sehnte er sich etwa nach den ertragreichen Ebenen in Chaldäa zurück? Aufmerksam beobachteten alle, wie sich Abraham verhalten würde, als eine Schwierigkeit nach der anderen auf ihn zukam. Solange sein Vertrauen nicht erschüttert wurde, schöpften auch sie Hoffnung. Sie waren überzeugt, dass Gott sein Freund war und ihn immer noch steuerte.

Abraham konnte die Wege nicht erklären, die Gott ihn führte. Seine Erwartungen waren bis jetzt noch nicht erfüllt worden. Dennoch hielt er an der Verheißung fest: "Ich ... will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein." (1. Mose 12,2) Unter ernstem Gebet fragte er sich, wie er das Leben seiner Leute und Herden wohl erhalten könne. Aber er ließ sich seinen Glauben an Gottes Wort nicht durch die äußeren Umstände erschüttern. Um der Hungersnot zu entgehen, zog er nach Ägypten. Er gab Kanaan deshalb nicht auf, und in seiner Notlage kehrte er auch nicht nach Chaldäa zurück, woher er gekommen war und wo man keinen Mangel an Nahrung kannte. Er suchte einen vorübergehenden Aufenthaltsort, der möglichst in der Nähe des verheißenen Landes lag, denn er beabsichtigte, bald wieder dorthin zurückzukehren, wo Gott ihn hingestellt hatte.

Gott hatte in seiner Vorsehung Abraham diese Prüfung auferlegt, um ihn Unterordnung, Geduld und Vertrauen zu lehren. Seine Erfahrungen sollten aufgezeichnet werden, um allen, die nach ihm Anfechtungen des Glaubens ertragen müssten, zum Segen zu werden. Gott führt die Gläubigen auf Wegen, die ihnen unbekannt sind, aber er vergisst oder verstößt den nicht, der sein Vertrauen auf ihn setzt. Er ließ Anfechtungen über Hiob kommen, aber er verließ ihn nicht. Er ließ es zu, dass der von Jesus geliebte Jünger Johannes auf die einsame Insel Patmos verbannt wurde (vgl. Johannes 21,20a; Offenbarung 1,9). Dort begegnete ihm der Sohn Gottes, und in seinen Gesichten sah er Bilder voll unvergänglicher Herrlichkeit. Gott lässt es zu, dass Schwierigkeiten und Prüfungen auf sein Volk einstürmen, damit es durch Standhaftigkeit und Gehorsam geistliches Wachstum erfährt und durch sein Beispiel auch anderen zu einer Kraftquelle wird. "Ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der Herr: Gedanken des Friedens und nicht des Leides." (Jere- mia 29,11) Gerade die Prüfungen, die unseren Glauben am härtesten auf die Probe stellen und den Anschein erwecken, als habe Gott uns verlassen, sollen uns näher zu Christus führen, damit wir ihm alle unsere Lasten zu Füßen legen und den Frieden erfahren, den er uns im Austausch dafür geben will.

Gott hat sein Volk zu allen Zeiten im Feuerofen der Trübsal geläutert. Erst in der Hitze des Ofens wird die Schlacke vom echten Gold des christlichen Charakters getrennt. Jesus verfolgt diesen Vorgang und weiß, was zur Reinigung des kostbaren Metalls notwendig ist, damit es die Strahlen seiner Liebe widerspiegeln kann. Gott erzieht seine Diener durch harte Prüfungen. Er sieht, wo Kräfte vorhanden sind, die zur Förderung seines Werkes beitragen könnten, und diese Personen unterzieht er seiner Prüfung. In seiner Vorsehung bringt er sie in Lebenslagen, in denen er ihren Charakter prüfen und ihnen bislang verborgene Mängel und Schwächen offenbaren kann. Er gibt ihnen Gelegenheit, diese Fehler zu überwinden und sich für seinen Dienst vorzubereiten. Er macht ihnen ihre eigenen Schwächen bewusst und lehrt sie, sich auf ihn zu verlassen, denn er ist ihre einzige Hilfe und ihr einziger Schutz. So erreicht er sein Ziel. Diese Menschen sind schließlich geschult, erzogen und vorbereitet, den wichtigen Auftrag, für den ihnen die Fähigkeiten zuteilgeworden sind, zu erfüllen. Wenn Gott sie dann zum Einsatz ruft, sind sie zum Handeln bereit. Nun können sich Gottes Engel mit ihnen vereinen, um das Werk zu tun, das auf der Erde vollbracht werden soll.

Gott Beschützt Abraham Trotz Seiner Lüge

In Ägypten zeigte Abraham, dass auch er nicht frei von menschlicher Schwäche und Unvollkommenheit war. Er verheimlichte, dass Sara seine Frau war, und verriet somit, dass er Gottes Fürsorge misstraute. Auf diese Weise offenbarte er einen Mangel an dem tiefen Vertrauen und dem Mut, die er in seinem Leben so oft und ehrenwert an den Tag gelegt hatte. Da Sara sehr schön war, zweifelte er nicht daran, dass die dunkelhäutigen Ägypter die hübsche Fremde begehren würden und keine Skrupel hätten, ihren Mann umzubringen, um sie zu bekommen. Abraham meinte, dass er sich keiner Lüge schuldig machte, wenn er Sara als seine Schwester ausgab, denn sie war die Tochter seines Vaters, aber nicht seiner Mutter (vgl. 1. Mose 20,12. 13). Trotzdem war die Geheimhaltung der wirklichen Beziehung zwischen beiden Betrug. Gott kann kein Abweichen von strenger Redlichkeit billigen. Gerade durch Abrahams Mangel an Vertrauen geriet Sara in große Gefahr. Der König Ägyptens, dem man von ihrer Schönheit erzählt hatte, ließ sie in seinen Palast bringen und wollte sie zur Frau nehmen. Doch in seiner Güte beschützte der Herr Sara, indem er die königliche Familie mit Plagen heimsuchte. Auf diese Weise erfuhr der Monarch die Wahrheit. Darüber entrüstet, dass er getäuscht worden war, tadelte er Abraham. Er gab ihm seine Frau zurück und fragte: "Warum hast du mir das angetan? ... Warum sprachst du denn: Sie ist meine Schwester -, sodass ich sie mir zur Frau nahm? Und nun siehe, da hast du deine Frau; nimm sie und zieh hin!" (1. Mose 12,18.19) Der Pharao hatte Abraham großzügig mit Tieren, Knechten und Mägden beschenkt und sorgte nun auch dafür, dass Abraham und seinen Leuten kein Leid zugefügt wurde. Er befahl einigen Wachen, sie sicher aus seinem Herrschaftsgebiet zu geleiten. Zu jener Zeit wurden Gesetze erlassen, die den Ägyptern den Umgang - wie gemeinsames Essen und Trinken - mit ausländischen Hirten verboten. Der Pharao entließ Abraham freundlich und großmütig, aber er wies ihn an, Ägypten zu verlassen, denn er wagte es nicht länger, ihm Aufenthalt zu gewähren. Ohne es zu ahnen, war er im Begriff gewesen, ihm großen Schaden zuzufügen, aber Gott hatte eingegriffen und den Monarchen vor einer schweren Sünde bewahrt. Der Pharao sah nun in diesem Ausländer einen Mann, den der Gott des Himmels ehrte, und scheute sich, jemanden in seinem Reich zu haben, der so offensichtlich Gottes Gunst genoss. Bliebe Abraham - so der Monarch - in Ägypten, würden sein wachsender Reichtum und sein großes Ansehen wahrscheinlich den Neid und die Habgier der Ägypter wecken. Wenn ihm dann ein Unrecht geschähe, könnte der König dafür verantwortlich gemacht werden. Das würde erneut Plagen über das Königshaus bringen.

Die Warnung, die der Pharao erhalten hatte, erwies sich später, wenn Abraham mit heidnischen Völkern zu tun hatte, als Schutz, denn der Vorfall konnte nicht geheim gehalten werden. Man erkannte, dass der Gott, dem Abraham diente, seinen Diener schützte und alles Unrecht, das man ihm antat, rächte. Es ist gefährlich, einem Kind des himmlischen Königs zu schaden. Ein Psalmist wies später auf diese Erfahrung in Abrahams Leben hin, als er über das auserwählte Volk dichtete: Gott "wies Könige zurecht um ihretwillen: Tastet meinen Gesalbten nicht an, und tut meinen Propheten kein Leid" (Psalm 105,14b.15).

Es besteht eine auffallende Ähnlichkeit zwischen Abrahams Erfahrung und der seiner Nachkommenschaft Jahrhunderte später. Beide zogen wegen einer Hungersnot nach Ägypten, und beide hielten sich dort eine Zeitlang auf. Wegen der offenkundigen Gottesgerichte, die zu ihren Gunsten verhängt wurden, bekamen die Ägypter Angst, und die Israeliten verließen - mit Geschenken der Heiden reich beladen - das Land.