Wie Alles Begann

Kapitel 13

Die Glaubensprüfung Mit Isaak

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1. Mose 16,1-16; 21,1-13 und 22,1-19.

Abraham hatte Gottes Zusage, dass ihm ein Sohn geboren werde, angenommen, ohne Fragen zu stellen. Aber er wartete nicht, bis Gott sein Versprechen zu seiner Zeit und auf seine Weise erfüllte. Gott jedoch ließ eine Verzögerung zu, um den Glauben des Patriarchen an seine Macht auf die Probe zu stellen. Abraham bestand die Prüfung nicht. Da Sara es für unmöglich hielt, in ihrem hohen Alter noch ein Kind zur Welt zu bringen, schlug sie Abraham einen Plan vor, durch den Gottes Absicht verwirklicht werden könnte: Abraham sollte eine ihrer Mägde als Zweitfrau nehmen. Die Vielehe war so weit verbreitet, dass man sie nicht mehr für Sünde hielt. Sie war aber dennoch eine Übertretung des Gesetzes Gottes und wirkte sich auf die Heiligkeit und den Frieden der Familie verhängnisvoll aus. Abrahams Ehe mit der Magd Hagar hatte böse Folgen, nicht nur für sein eigenes Heim, sondern auch für spätere Generationen.

Streit Zwischen Sara Und Hagar

Hagar fühlte sich durch ihre neue, ehrenvolle Stellung als Abrahams Frau sehr geschmeichelt. In der Erwartung, die Mutter des großen Volkes zu werden, das von ihm abstammte, wurde sie stolz und überheblich und behandelte ihre Herrin mit Verachtung. Gegenseitige Eifersucht störte nun den Frieden der einst so glücklichen Familie. Immer wieder musste sich Abraham ihre Klagen anhören. Er versuchte vergeblich, die Harmonie in seinem Haushalt wiederherzustellen. Obwohl er Hagar nur auf Saras Drängen hin geheiratet hatte, warf diese ihm nun vor, an diesem Elend schuld zu sein. Sie verlangte die Vertreibung ihrer Rivalin. Aber das lehnte Abraham ab, denn Hagar sollte doch die Mutter seines Kindes werden, von dem er sehnsüchtig hoffte, dass es der verheißene Sohn wird! Hagar war jedoch Saras Magd, und er beließ es dabei, dass sie ihrer Herrin unterstellt war. Aber Hagars Stolz ertrug die harte Behandlung nicht, die sie mit ihrer Anmaßung herausgefordert hatte. "Da behandelte Sarai sie so hart, dass ihr Hagar davonlief." (1. Mose 16,6 EÜ)

Hagar machte sich auf den Weg in die Wüste. Als sie allein und verlassen an einer Quelle ausruhte, erschien ihr ein Engel des Herrn in menschlicher Gestalt. Er sprach sie an mit "Hagar, Sarais Magd", um sie an ihre Stellung und ihre Pflichten zu erinnern. Dann befahl er: "Kehre wieder um zu deiner Herrin und demütige dich unter ihre Hand." (1. Mose 16,8.9) Doch verband er mit dem Tadel auch Worte des Trostes. "Der Herr hat dein Elend erhört. Ich will deine Nachkommen so mehren, dass sie der großen Menge wegen nicht gezählt werden können." (1. Mose 16,11.10) Und zur ständigen Erinnerung an seine Barmherzigkeit sollte sie ihr Kind "Ismael" nennen, was "Gott wird hören" bedeutet.

Die Geburt Eines Sohnes Von Sara Und Die Folgen

Als Abraham nahezu 100 Jahre alt war, 10 wiederholte Gott sein Versprechen in Bezug auf einen Sohn. Diesmal verband er damit die Zusicherung, dass der zukünftige Erbe ein Kind von Sara sein werde. Doch Abraham verstand die Zusage immer noch nicht. Sofort richteten sich seine Gedanken auf Ismael, denn er hing an dem Glauben, dass Gott seine gnädige Absicht durch ihn erfüllen würde. Aus Liebe zu seinem Sohn rief er: "Ach, dass Ismael möchte leben bleiben vor dir!" Da wiederholte Gott seine Zusage in eindeutigen Worten: "Nein, Sara, deine Frau, wird dir einen Sohn gebären, den sollst du Isaak nennen, und mit ihm will ich meinen ewigen Bund aufrichten." Andererseits ließ Gott auch die Bitte Abrahams nicht ohne Antwort: "Und für Ismael habe ich dich auch erhört. Siehe, ich habe ihn gesegnet ... und ich will ihn zum großen Volk machen." (1. Mose 17,18-20)

Die Geburt Isaaks war die Erfüllung der sehnlichsten Hoffnung von Abraham und Sara, auf die sie fast ihr ganzes Leben lang gewartet hatten. In ihren Zelten herrschte große Freude. Für Hagar dagegen bedeutete es das Ende ihrer lange gehegten ehrgeizigen Pläne. Ismael, nun ein Jugendlicher, galt bei allen im Zeltlager als Abrahams Erbe. Ihm würden einmal alle Reichtü- mer und Segnungen gehören, die dessen Nachkommen zugesagt waren. Nun aber wurde er plötzlich zur Seite geschoben. In ihrer Enttäuschung hassten Mutter und Sohn das Kind von Sara. Die allseitige Freude steigerte noch ihre Eifersucht, sodass Ismael es wagte, den so lange angekündigten Erben öffentlich zu verspotten. Sara sah in Ismaels Aufsässigkeit eine ständige Quelle von Zwietracht. Sie wandte sich an Abraham und bat ihn dringend, Hagar und Ismael aus dem Lager zu verbannen.

Das brachte den Patriarchen in arge Bedrängnis. Wie konnte er Ismael verstoßen, seinen noch immer geliebten Sohn? In seiner Not flehte er um göttliche Führung. Da befahl ihm Gott durch einen heiligen Engel, dem Wunsch Saras nachzugeben. Seine Liebe zu Ismael oder Hagar dürfe dem Familienglück nicht im Wege stehen, denn nur auf diese Weise könne die Eintracht wiederhergestellt werden. Der Engel gab ihm gleichzeitig das tröstliche Versprechen, dass Ismael trotz der Vertreibung aus seinem Vaterhaus von Gott nicht verlassen werde. Er solle am Leben bleiben und der Vater eines großen Volkes werden. Abraham gehorchte den Worten des Engels, aber nicht ohne tiefen Schmerz. Schweren Herzens und unsäglich traurig schickte er Hagar und seinen Sohn fort.

Diese Anweisung, die Abraham hinsichtlich der Heiligkeit des Ehebundes erhielt, sollte für alle Zeiten eine Lehre sein. Sie besagt, dass Rechte und Glück der Ehebeziehung sorgfältig gehütet werden sollten, selbst wenn es große Opfer erfordert. Sara war die einzige rechtmäßige Frau Abrahams. Ihre Rechte als Gattin und Mutter durfte ihr niemand streitig machen. Sie hatte große Achtung vor ihrem Mann, und deshalb wird sie im Neuen Testament als ein würdiges Vorbild hingestellt (vgl. 1. Petrus 3,6). Sie wollte aber nicht zulassen, dass Abrahams Zuneigung einer anderen Frau zuteil wurde. Gott tadelte sie nicht, als sie die Vertreibung ihrer Rivalin verlangte. Abraham wie auch Sara hatte es an Vertrauen in die Macht Gottes gefehlt, und dieser Fehler hatte zur Ehe Abrahams mit Hagar geführt.

Eine Weitere Glaubensprüfung Erforderlich

Gott hatte Abraham berufen, der Vater aller treuen Gläubigen zu sein, und sein Leben sollte späteren Generationen hinsichtlich des Glaubens als Vorbild dienen. Doch sein Glaube war nicht vollkommen gewesen: Er zeigte mangelndes Vertrauen, als er die Tatsache verheimlichte, dass Sara seine Frau war, und als er Hagar heiratete. Damit Abraham die volle Glaubensreife erreichen konnte, unterzog ihn Gott einer weiteren Prüfung. Sie war härter als alles, was ein Mensch jemals auszuhalten hatte. In einer nächtlichen Vision erhielt er die Anweisung, in das Land Morija aufzubrechen und dort auf einem Berg, den Gott ihm zeigen würde, seinen Sohn als Brandopfer darzubringen.

Als Abraham diesen Auftrag erhielt, war er bereits 120 Jahre alt. Er war also selbst für seine Zeit ein alter Mann. In jüngeren Jahren hatte es ihm nichts ausgemacht, Anstrengungen auf sich zu nehmen und Gefahren zutrotzen, aber nun war die Begeisterung seiner Jugend verloschen. Wer die Tatkraft des besten Mannesalters besitzt, kann Schwierigkeiten und Anfechtungen mutig begegnen, die in späteren Jahren, wenn sich das Leben dem Ende zuneigt, einem das Herz brechen. Doch in Abrahams Fall hatte Gott die letzte und härteste Prüfung aufgehoben, bis die Last der Jahre schwer auf ihm lag und er sich nach Ruhe von Sorgen und Nöten sehnte. Der Patriarch wohnte in Beerscheba. Er war sehr reich, und die Herrscher des Landes ehrten ihn als mächtigen Fürsten. Auf den Feldern rund um seine Zelte weideten tausende Schafe und Rinder. Auf allen Seiten standen die Zelte seiner Gefolgsleute, in denen hunderte treuer Diener wohnten. Der versprochene Sohn war an seiner Seite zum Mann herangewachsen. Es war, als habe der Himmel mit seinem Segen ein aufopferndes Leben gekrönt, das geduldig an der aufgeschobenen Erfüllung der Hoffnung festhielt.

Aus Glaubensgehorsam hatte Abraham sein Heimatland, seine Verwandten und die Gräber seiner Vorväter verlassen. Als Fremder hatte er das Land durchzogen, das ihm als Erbteil zugesagt worden war. Er musste lange auf den versprochenen Erben warten. Auf Gottes Anordnung hin hatte er seinen Sohn Ismael weggeschickt. Und jetzt, als der so lange ersehnte Sohn zum Mann wurde und der Patriarch meinte, die Frucht seiner Hoffnungen reifen zu sehen, stand er plötzlich vor einer Prüfung, die schwerer war als alles, was er bisher erlebt hatte.

Abrahams Innere Kämpfe

Der Auftrag Gottes muss das Herz des Vaters geradezu zerrissen haben: "Nimm Isaak, deinen einzigen Sohn, den du lieb hast, und geh hin in das Land Morija und opfere ihn dort zum Brandopfer." (1. Mose 22,2) Isaak war das Licht in seinem Zuhause, der Trost seines hohen Alters und vor allem der Erbe des zugesagten Segens. Hätte er diesen Sohn durch Unfall oder Krankheit verloren, würde es ihn bis ins Mark getroffen haben, und der Kummer über den Verlust hätte sein graues Haupt gebeugt. Nun aber wurde ihm geboten, das Blut seines Sohnes mit eigener Hand zu vergießen. Das erschien ihm furchtbar, ja unmöglich!

Satan war zur Stelle, um ihm einzuflüstern, dass er sich getäuscht haben müsse, denn Gottes Gesetz gebiete doch: "Du sollst nicht töten." (2. Mose 20,13) Gott werde nicht fordern, was er einst verboten hatte! Abraham trat vor sein Zelt, schaute auf zur stillen Helligkeit des wolkenlosen Nachthimmels und rief sich Gottes Zusage, die er beinahe 50 Jahre zuvor erhalten hatte, ins Gedächtnis zurück: Er werde eine so unzählbare Nachkommenschaft haben, wie Sterne am Himmel stehen (vgl. 1. Mose 15,5). Wenn dieses Versprechen durch Isaak erfüllt werden sollte (vgl. 1. Mose 17,21), weshalb müsse er dann getötet werden? Abraham war versucht zu glauben, dass er einer Täuschung erlegen sei. Von Zweifel und Angst überwältigt, beugte er sich zur Erde nieder und betete wie nie zuvor in seinem Leben um eine Bestätigung dieses Befehls, wenn er diese entsetzliche Pflicht wirklich erfüllen musste. Er erinnerte sich an die Engel, die zu ihm gesandt worden waren, um ihm Gottes Absicht mit Sodom zu offenbaren, und ihm auch das Versprechen gaben, dass er diesen Sohn Isaak haben werde (vgl. 1. Mose 18,10.14). Er begab sich zu der Stelle, wo er mehrere Male die himmlischen Boten getroffen hatte. Wie sehr hoffte er, ihnen dort wieder zu begegnen und von ihnen weitere Anweisungen zu erhalten. Doch niemand kam, um ihm seine Last abzunehmen. Finsternis schien ihn zu umgeben. Aber dieses Gebot Gottes klang in seinen Ohren: "Nimm Isaak, deinen einzigen Sohn, den du lieb hast." (1. Mose 22,2) Dem musste er gehorchen. Er wagte keinen Aufschub. Der Tag zog herauf, und es war Zeit, sich auf den Weg zu machen.

Abraham kehrte in sein Zelt zurück und trat an Isaaks Lager, wo dieser in tiefem, ungestörtem Schlaf lag, der Jugendlichen in ihrer Unschuld vorbehalten ist. Einen Augenblick schaute der Vater auf das liebe Gesicht des Sohnes, dann wandte er sich bebend ab. Er ging zu Sara, die ebenfalls schlief. Sollte er sie wecken, damit sie ihr Kind noch einmal umarmen konnte? Sollte er ihr etwas von Gottes Forderung sagen? Wie sehnte er sich danach, ihr sein Herz auszuschütten und diese schreckliche Verantwortung mit ihr zu teilen! Aber die Angst, sie könnte sich ihm in den Weg stellen, hielt ihn davon ab. Isaak war Saras Freude und ganzer Stolz. Ihr Leben war mit dem seinen aufs Engste verbunden. Deshalb wäre es gut möglich, dass sich die Mutterliebe diesem Opfer widersetzte.

Schließlich weckte Abraham seinen Sohn und berichtete ihm von der Anweisung, auf einem entfernten Berg ein Opfer zu bringen. Isaak hatte seinen Vater oft zu einem der vielen Altäre begleitet, die dieser auf seinen Wanderungen errichtet hatte, um dort anzubeten. Deshalb überraschte ihn diese Aufforderung nicht. Schnell trafen sie die Vorbereitungen für die Reise. Sie legten Holz zurecht, luden es auf den Esel und machten sich mit zwei Knechten auf den Weg.

Schweigend gingen Vater und Sohn Seite an Seite. Der Patriarch grübelte über sein dunkles Geheimnis nach. Ihm war nicht nach Worten zumute. Seine Gedanken galten der stolzen und liebenden Mutter und dem Tag, an dem er allein zu ihr zurückkehren würde. Nur zu gut wusste er, dass das Messer auch durch ihr Herz dringen würde, wenn es ihrem Sohn das Leben nahm.

Der Tag - der längste, den Abraham jemals erlebt hatte - neigte sich langsam seinem Ende zu. Während sein Sohn und die beiden jungen Männer schliefen, verbrachte er die Nacht im Gebet. Noch immer hoffte er auf einen Boten vom Himmel, der ihm zurufen würde, dass es genug sei und Isaak unversehrt zu seiner Mutter zurückkehren dürfe. Aber seiner zermarterten Seele blieb jede Erleichterung versagt. Ein weiterer langer Tag und eine weitere Nacht in demütigem Gebet folgten, während der Befehl, der ihn kinderlos machen würde, immer in seinen Ohren klang. Satan machte sich an ihn heran, um ihm Zweifel und Unglauben einzuflüstern, aber Abraham widerstand der Versuchung. Als sie am dritten Tag aufbrechen wollten, schaute er nach Norden und erblickte das versprochene Zeichen: Eine Wolke der Herrlichkeit schwebte über dem Berg Morija. Nun war er sich sicher, dass die Stimme, die zu ihm gesprochen hatte, vom Himmel gekommen war.

Auch jetzt lehnte sich Abraham nicht gegen Gott auf, sondern schöpfte neue Kraft, indem er über die vielen Beweise der Güte und Treue Gottes nachdachte. Dieser Sohn war ihm unerwartet geschenkt worden. Hatte der, der ihm diese kostbare Gabe verlieh, nicht das Recht, sein Eigentum zurückzufordern? Dann klammerte er sich voll Vertrauen an die Zusage: "Nach Isaak soll dein Geschlecht benannt werden." (1. Mose 21,12) Seine Nachkommen sollten so zahllos werden wie der Sand am Meer. Isaaks Geburt war ein Wunder gewesen. Könnte da die Macht, die ihm das Leben schenkte, es ihm nicht wieder zurückgeben? Als er über das Sichtbare hinaus schaute, begriff er das Wort: "Gott kann auch von den Toten erwecken." (Hebräer 11,19)

Niemand außer Gott konnte verstehen, wie groß das Opfer dieses Vaters war, der seinen Sohn töten sollte. Abraham hatte den Wunsch, dass niemand außer Gott die Abschiedsszene miterleben sollte. Deshalb befahl er seinen Knechten zurückzubleiben: "Ich und der Knabe wollen dorthin gehen, und wenn wir angebetet haben, wollen wir wieder zu euch kommen." (1. Mose 22,5) Das Holz wurde Isaak, der das Opfer werden sollte, aufgebürdet. Der Vater nahm Messer und Feuer. Dann stiegen sie miteinander auf den Gipfel des Berges. Der junge Mann fragte sich dabei im Stillen, woher denn - so weit von Hürden und Herden entfernt - das Opfertier kommen sollte. "Mein Vater!", sagte er schließlich. "Hier bin ich, mein Sohn", antwortete Abraham. Wie doch die rührenden Worte "mein Vater" ihm ins Herz schnitten! "Siehe, hier ist Feuer und Holz; wo ist aber das Schaf zum Brandopfer?" (1. Mose 22,7) Was für eine Prüfung! Noch nicht - nein, er konnte es ihm noch immer nicht sagen. Er antwortete ihm: "Gott wird schon für ein Opferlamm sorgen!" (1. Mose 22,8 GNB)

Am vorgesehenen Platz bauten sie den Altar und legten das Holz darauf. Dann enthüllte Abraham mit zitternder Stimme seinem Sohn, was Gott ihm befohlen hatte. Mit Schrecken und Verwunderung vernahm Isaak sein Schicksal, aber er leistete keinen Widerstand. Eine Flucht wäre ihm jederzeit möglich gewesen, wenn er das gewollt hätte. Der gramgebeugte alte Mann, erschöpft von den inneren Kämpfen der letzten drei Tage, hätte dem Willen dieses kräftigen Jugendlichen nichts entgegensetzen können. Aber Isaak war von Kindheit an dazu erzogen worden, bereitwillig und vertrauensvoll zu gehorchen. Als ihm nun sein Vater Gottes Absicht offenbarte, fügte er sich willig und gehorsam. Er teilte Abrahams Vertrauen zu Gott und hielt es für eine Ehre, dazu berufen zu sein, Gott sein Leben als Opfer darzubringen. Einfühlsam versuchte er, den Kummer seines Vaters zu lindern, und half sogar den schwachen Händen, die Stricke zu binden, die ihn selbst an den Altar fesselten.

Eine Grosse Glaubenstat

Nun wurden die letzten liebevollen Worte gesprochen, die letzten Tränen geweint, die letzten Umarmungen vollzogen. Der Vater hob das Messer, um seinen Sohn zu töten. Da wurde sein Arm plötzlich zurückgehalten. Ein Engel Gottes rief dem Patriarchen vom Himmel zu: "Abraham! Abraham!" Schnell antwortete er: "Hier bin ich!" Erneut hörte er die Stimme: "Halt ein! Tu dem Jungen nichts zuleide! Jetzt weiß ich, dass du Gott gehorchst. Du warst bereit, mir sogar deinen einzigen Sohn zu opfern." (1. Mose 22,11.12 GNB) "Abraham erhob seine Augen und sah, und siehe, da war ein Widder hinten im Gestrüpp an seinen Hörnern festgehalten." Rasch brachte er das neue Opfer herbei und opferte es "an seines Sohnes statt". In seiner Freude und Dankbarkeit gab Abraham dem heiligen Ort einen neuen Namen: Jahwe- Jireh, d.h.: "der Herr wird ersehen" (1. Mose 22,13.14 Elb.).

Auf dem Berg Morija erneuerte Gott seinen Bund mit Abraham und bekräftigte mit einem feierlichen Eid den Segen, den er Abraham und allen zukünftigen Generationen seiner Nachkommen zugesagt hatte: "Ich habe bei mir selbst geschworen, spricht der Herr: Weil du solches getan hast und hast deines einzigen Sohnes nicht verschont, will ich dein Geschlecht segnen und mehren wie die Sterne am Himmel und wie den Sand am Ufer des Meeres, und deine Nachkommen sollen die Tore ihrer Feinde besitzen; und durch dein Geschlecht sollen alle Völker auf Erden gesegnet werden, weil du meiner Stimme gehorcht hast." (1. Mose 22,16-18)

Abrahams große Glaubenstat ist ein leuchtendes Vorbild. Sie hat den Weg der Diener Gottes in allen folgenden Jahrhunderten erleuchtet. Abraham suchte nicht nach Entschuldigungen, um Gottes Willen nicht ausführen zu müssen. Während des dreitägigen Hinwegs hatte er genügend Zeit, um Argumente zu finden oder an Gott zu zweifeln, wenn er zum Zweifeln geneigt hätte. Er hätte zum Schluss kommen können, dass man ihn nach der Opferung seines Sohnes als Mörder ansehen würde, als einen zweiten Kain. Man würde dann gewiss seine religiösen Lehren verachten und verwerfen. Somit würde er seine Fähigkeit verlieren, seinen Mitmenschen Gutes zu tun. Er hätte darum flehen können, aufgrund seines hohen Alters vom Gehorsam entbunden zu werden. Aber der Patriarch flüchtete sich zu keiner dieser Ausreden. Abraham war ein Mensch und besaß die gleichen Empfindungen und Neigungen wie wir. Aber er hielt sich nicht mit der Frage auf, wie Gottes Zusage nach Isaaks Opferung erfüllt werden sollte. Abraham versuchte auch nicht, sich mit seinem schmerzenden Herzen auseinanderzusetzen. Er wusste, dass alle Forderungen Gottes gerecht und richtig sind, und gehorchte dem Gebot aufs Wort.

"Abraham hat Gott geglaubt, und das ist ihm zur Gerechtigkeit gerechnet worden, und er wurde ein Freund Gottes genannt." (Jakobus 2,23) Und Paulus schrieb: "Die aus dem Glauben sind, das sind Abrahams Kinder." (Galater 3,7) Aber Abrahams Glaube bekundete sich in seinen Taten. "Ist nicht Abraham, unser Vater, durch Werke gerecht geworden, als er seinen Sohn Isaak auf dem Altar opferte? Da siehst du, dass der Glaube zusammengewirkt hat mit seinen Werken, und durch die Werke ist der Glaube vollkommen geworden." (Jakobus 2,21.22) Viele verstehen das Verhältnis von Glaube und Werken nicht. Sie sagen: Glaube nur an Christus, und du bist gerettet. Um die Einhaltung des Gesetzes brauchst du dich nicht zu kümmern. Aber echter Glaube zeigt sich im Gehorsam. Christus sagte zu den Juden, die nicht an ihn glaubten: "Wenn ihr Abrahams Kinder wärt, so tätet ihr Abrahams Werke." (Johannes 8,39) Und über den Glaubensvater sagte Gott: Dass er "meiner Stimme gehorsam gewesen ist und gehalten hat meine Rechte, meine Gebote, meine Weisungen und mein Gesetz" (1. Mose 26,5). Der Apostel Jakobus schrieb: "So ist auch der Glaube, wenn er nicht Werke hat, tot in sich selber." (Jakobus 2,17) Johannes, der die Liebe so nachdrücklich betont hat, sagt uns: "Denn das ist die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote halten." (1. Johannes 5,3)

Der Tiefere Sinn Der Opferung Isaaks

Durch Vorbilder und Zusagen hat Gott "Abraham im Voraus die gute Nachricht verkündet" (Galater 3,8 GNB). Der Glaube des Patriarchen war auf den kommenden Erlöser ausgerichtet. Christus sagte zu den Juden: "Abraham, euer Vater, wurde froh, dass er meinen Tag sehen sollte, und er sah ihn und freute sich." (Johannes 8,56) Der Widder, der anstelle Isaaks als Opfer dargebracht wurde, war ein Sinnbild für den Sohn Gottes, der für uns geopfert werden sollte. Als der Mensch dem Tod verfallen war, weil er Gottes Gesetz übertreten hatte, schaute der Vater auf seinen Sohn und sagte zum Sünder: Lebe! "Ich habe ein Lösegeld gefunden." (Hiob 33,24b)

Um Abraham mit der Wirklichkeit des Evangeliums vertraut zu machen und ebenso um seinen Glauben zu prüfen, befahl ihm Gott, seinen Sohn zu opfern. Die große Seelenqual, die Abraham in den dunklen Tagen dieser furchtbaren Prüfung aushalten musste, ließ Gott zu, um dem Patriarchen aus eigener Erfahrung zu einem besseren Verständnis der Größe des Opfers zu verhelfen, das der unendliche Gott für die Erlösung der Menschheit darbringen wollte. Keine andere Prüfung hätte Abraham mehr Seelenqual verursacht als die Opferung seines Sohnes. Gott lieferte seinen einzigen Sohn einem schmachvollen und schändlichen Tod aus. Die Engel, die Zeugen der Erniedrigung und der Seelenqual des Gottessohnes wurden, durften nicht eingreifen wie bei Isaak. Da war keine Stimme zu hören, die rief: Es ist genug! Um die in Sünde gefallene Menschheit zu retten, ließ der König der Herrlichkeit sein Leben. Konnte es einen stärkeren Beweis für die unendliche Liebe und Barmherzigkeit Gottes geben? "Der auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben - wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?" (Römer 8,32)

Das Opfer, das von Abraham verlangt wurde, war nicht nur für ihn selbst und für kommende Generationen von Nutzen, sondern diente auch als Lehre für die sündlosen Bewohner des Himmels und anderer Welten. Der Schauplatz der Auseinandersetzung zwischen Christus und Satan - das Kampffeld, auf dem der Erlösungsplan verwirklicht wird - ist das Lehrbuch für das Universum. Weil Abraham mangelndes Vertrauen in Gottes Verheißung gezeigt hatte, beschuldigte ihn Satan vor Gott und den Engeln, er habe die Bedingungen des Bundes nicht eingehalten und sei deshalb nicht würdig, dessen Segnungen zu genießen. Daher wollte Gott die Treue seines Knechtes vor dem ganzen Himmel beweisen und zeigen, dass er nur vollkommenen Gehorsam annehmen kann. Er wollte allen den Erlösungsplan besser verständlich machen. Die Himmelsbewohner waren Zeugen, als Abrahams Glaube und Isaaks Ergebenheit auf die Probe gestellt wurden. Diese Prüfung war weit schwerer als jene, die Adam zu bestehen hatte. Das Verbot, das unseren ersten Eltern auferlegt wurde, war mit keinen Leiden verbunden. Das Gebot an Abraham hingegen verlangte das qualvollste Opfer. Der ganze Himmel schaute mit Staunen und Bewunderung auf Abrahams unbeirrbaren Gehorsam und zollte seiner Treue Anerkennung. Satans Anschuldigungen waren damit widerlegt. Gott bestätigte seinem Diener: "Jetzt weiß ich, dass du Gott gehorchst" - entgegen den Anschuldigungen Satans. "Du warst bereit, mir sogar deinen einzigen Sohn zu opfern." (1. Mose 22,12 GNB) Auf diese Weise machte der Bund, den Gott Abraham vor den Wesen anderer Welten mit einem Eid bestätigt hatte (vgl. 1. Mose 22,16; 26,3a), eines klar: Gehorsam wird von Gott belohnt werden.

Selbst die Engel konnten das Geheimnis der Erlösung nur schwer begreifen. Sie verstanden nicht wirklich, dass der Befehlshaber des Himmels, Gottes Sohn, für die schuldigen Menschen sterben musste. Als Gott Abraham gebot, seinen Sohn zu opfern, zog dieser Auftrag das Interesse aller himmlischen Wesen auf sich. Mit tiefem Ernst beobachteten sie jeden Schritt, den Abraham ging, um diesem Befehl nachzukommen. Auf Isaaks Frage "Wo ist aber das Schaf zum Brandopfer?" antwortete Abraham: "Gott wird sich ersehen ein Schaf zum Brandopfer." (1. Mose 22,7.8) Als die Hand des Patriarchen festgehalten wurde, als er gerade im Begriff stand, seinen Sohn zu töten, und der Widder, für den Gott gesorgt hatte, an dessen Stelle geopfert wurde, fiel weiteres Licht auf das Geheimnis der Erlösung. Nun verstanden sogar die Engel den wunderbaren Plan, den Gott zur Rettung der Menschheit vorgesehen hatte, besser (vgl. 1. Petrus 1,12b).