Wie Alles Begann

Kapitel 34

Die Zwölf Kundschafter

[AUDIO]

4.Mose 13 und 14.

Elf Tage nach dem Aufbruch vom Berg Sinai lagerten die Israeliten bei Kadesch in der Wüste Paran, nicht weit entfernt von der Grenze des verheißenen Landes. Hier kam vom Volk der Vorschlag, Kundschafter auszuschicken, um das Land zu erforschen. Mose legte die Angelegenheit Gott vor, der zusammen mit der Erlaubnis die Anweisung erteilte, dass zu diesem Zweck aus jedem Stamm ein Oberhaupt auszuwählen sei. Als die entsprechenden Männer bestimmt waren, gebot ihnen Mose, das Land zu erkunden: die Beschaffenheit, seine Lage, die natürlichen Vorzüge und seine Bewohner - ob sie stark oder schwach, gering oder zahlreich seien. Außerdem sollten sie auf die Art und Fruchtbarkeit des Bodens achten und Früchte des Landes mitbringen.

Sie zogen hin und nahmen das ganze Land in Augenschein, angefangen von der Grenze im Süden bis hinauf in den äußersten Norden. Nach 40 Tagen kamen sie zurück. Die Israeliten hegten große Hoffnungen und erwarteten die Kundschafter voller Spannung. Die Nachricht von ihrer Rückkehr verbreitete sich von einem Stamm zum anderen und wurde überall begeistert aufgenommen. Das Volk stürmte hinaus, den Kundschaftern entgegen, die trotz ihres gefährlichen Unterfangens unversehrt zurückgekehrt waren. Sie hatten Proben vom dortigen Obst mitgebracht, die die Fruchtbarkeit des Landes bewiesen. Es war gerade die Zeit der Traubenernte. Die Kundschafter hatten eine Traube mitgebracht, die so groß war, dass sie von zwei Männern getragen werden musste. Auch Feigen und Granatäpfel zeigten sie, die dort im Überfluss wuchsen.

Das Volk freute sich, dass es ein so gutes Land in Besitz nehmen sollte. Aufmerksam hörten die Israeliten zu, als die Kundschafter Mose von ihrem Streifzug berichteten. Kein Wort davon wollten sie sich entgehen lassen. "Wir sind in das Land gekommen, in das ihr uns sandtet", hörten sie, "es fließt wirklich Milch und Honig darin, und dies sind seine Früchte." (4. Mose 13,27) Die Israeliten waren begeistert. Sie wollten der Stimme des Herrn unverzüglich gehorchen, gleich hinaufziehen und das Land einnehmen. Aber nachdem die Kundschafter die Schönheit und Fruchtbarkeit des Landes gepriesen hatten, schilderten alle bis auf zwei ausführlich die Schwierigkeiten und Gefahren, die den Israeliten bei der Eroberung Kanaans bevorstehen würden. Sie zählten die mächtigen Völker auf, die in den verschiedenen Teilen des Landes wohnten. Sie berichteten von großen, befestigten Städten mit ihren starken Bewohnern und behaupteten, es sei unmöglich, sie zu bezwingen. Auch von Riesen erzählten sie, die sie dort gesehen hätten, den Nachkommen Enaks. Es sei deshalb sinnlos, an eine Eroberung des Landes auch nur zu denken.

Der Kleinmut Gewinnt Die Oberhand

Nun schlug die Stimmung um. Hoffnung und Mut machten feiger Verzweiflung Platz, als die Kundschafter ihre Eindrücke schilderten. Sie entsprangen ihrem Unglauben und verrieten ihre Mutlosigkeit, die ihnen Satan eingeflößt hatte. Ihr Misstrauen warf einen dunklen Schatten auf das versammelte Volk. Die große Macht Gottes, die sich so oft zum Segen des auserwählten Volkes offenbart hatte, war vergessen. Die Leute fingen gar nicht erst an nachzudenken. Sie überlegten nicht, dass Gott ihnen gewiss das Land geben werde, wo er sie doch schon so weit geführt hatte. Auch erinnerten sie sich nicht daran, auf welch wunderbare Weise er sie von ihren Unterdrückern befreit hatte - wie er ihnen einen Weg durch das Meer gebahnt und das Heer des Pharao vernichtet hatte, das ihnen nachgejagt war. Sie verloren Gott aus dem Blickfeld und verhielten sich, als müssten sie sich ausschließlich auf die Kraft ihrer Waffen verlassen.

In ihrem Unglauben setzten sie der Macht Gottes Grenzen und misstrauten der Hand, die sie bis dahin so sicher geführt hatte. Und erneut verfielen sie ihrem alten Fehler, gegen Mose und Aaron aufzubegehren. Das sei nun das Ende all ihrer Hoffnungen, jammerten sie. Das sei nun das Land, für dessen Besitz sie den weiten Weg von Ägypten zurückgelegt hätten! Sie warfen ihren Anführern vor, das Volk zu täuschen und Israel in Schwierigkeiten zu stürzen.

Das Volk war hoffnungslos, enttäuscht und verzweifelt. Angstvolles Gejammer war zu vernehmen und mischte sich in das allgemeine Stimmengewirr. Da erfasste Kaleb die Lage. Unerschrocken verteidigte er Gottes Zusagen und tat alles, was in seiner Macht stand, um dem üblen Einfluss seiner ungläubigen Begleiter entgegenzuwirken. Einen Augenblick lang wurde das Volk beruhigt und hörte seinen Worten über das Gelobte Land zu, mit denen er ihnen Mut und Hoffnung zusprach. Kaleb widersprach dem, was die anderen gesagt hatten, nicht. Die Mauern waren tatsächlich hoch und die Kanaaniter stark. Aber Gott hatte Israel dieses Land versprochen. "Lasst uns nur hinaufziehen und es in Besitz nehmen", drängte Kaleb, "denn wir werden es gewiss bezwingen!" (4. Mose 13,30 Elb.)

Aber die anderen zehn unterbrachen ihn und malten die Hindernisse in noch dunkleren Farben aus als zuvor. Sie behaupteten: "Wir können nicht gegen dieses Volk hinaufziehen, denn es ist stärker als wir ... und alle Leute, die wir darin gesehen haben, sind hochgewachsene Männer. Und wir haben dort die Riesen gesehen - die Enakiter stammen von den Riesen ab -, und wir kamen uns vor wie Heuschrecken, und so erschienen wir auch ihnen." (4. Mose 13,31-33 ZÜ)

Nachdem diese Männer einmal den falschen Weg eingeschlagen hatten, lehnten sie sich hartnäckig gegen Kaleb und Josua sowie auch gegen Mose und Gott auf. Jeder vorgebrachte Einwand machte sie nur noch entschiedener. Sie waren entschlossen, das Volk von jedem Versuch, Kanaan einzunehmen, abzuhalten. Sie verdrehten die Wahrheit, um ihren unheilvollen Einfluss aufrechtzuerhalten. "In diesem Land kann man nicht leben, es verschlingt seine Bewohner", behaupteten sie (4. Mose 13.32 GNB). Dies war nicht nur eine schlechte Nachricht, sondern eine Lüge. Es war ein Widerspruch in sich selbst. Die Kundschafter hatten von einem fruchtbaren, blühenden Land und von groß gewachsenen Menschen berichtet. Das wäre alles aber nicht zutreffend gewesen, wenn ein so ungesundes Klima geherrscht hätte, dass man hätte sagen müssen, das Land verschlinge seine Einwohner. Wenn sich Menschen erst einmal für den Unglauben entschieden haben, unterstellen sie sich der Herrschaft Satans. Niemand kann dann sagen, wozu dieser sie noch führen wird.

"Da schrien alle Israeliten laut auf und weinten die ganze Nacht hindurch." (4. Mose 14,1 NLB) Bald folgten Aufruhr und offene Revolte, denn Satan hatte sie ganz in seiner Gewalt. Die Leute schienen ihrer Vernunft beraubt zu sein. Sie verfluchten Mose und Aaron. Dabei vergaßen sie, dass Gott ihre bösartigen Worte hörte und der Engel seiner Gegenwart in der Wolkensäule Zeuge ihres schrecklichen Zornesausbruchs wurde. Verbittert rief das ganze Volk aus: "Wären wir doch bloß in Ägypten oder hier in der Wüste gestorben! Ach, wären wir doch schon tot!" (4. Mose 14,2 NLB) Dann richtete sich ihr ganzer Ärger auf Gott: "Warum hat uns der Herr in dieses Land gebracht? Etwa nur, damit wir hier in der Schlacht getötet und unsere Frauen und Kinder als Sklaven verschleppt werden? Wäre es da nicht das Beste für uns, nach Ägypten zurückzukehren? ... Lasst uns einen Anführer wählen und nach Ägypten zurückkehren." (4. Mose 14,3.4 NLB) Damit beschuldigten sie nicht nur Mose der Täuschung, sondern Gott selbst, weil er ihnen ein Land versprochen hätte, das sie gar nicht in Besitz nehmen konnten. Sie gingen sogar so weit, einen Anführer zu ernennen, der sie wieder in das Land ihrer Leiden und Unterdrückung bringen sollte, aus dem sie mit der starken Hand der Allmacht befreit worden waren.

Gedemütigt und verzweifelt fielen Mose und Aaron "auf ihr Angesicht vor der ganzen Versammlung der Gemeinde der Israeliten" (4. Mose 14,5). Sie wussten nicht, wie sie das Volk von seinem unbesonnenen und aufgebrachten Entschluss abbringen sollten. Kaleb und Josua versuchten, den Aufstand zu dämpfen. Als Ausdruck von Kummer und Entrüstung zerrissen sie ihre Kleider und stürmten unter das Volk. Laut und vernehmlich hörte man sie über den Sturm des Gejammers und rebellischen Kummers hinweg rufen: "Das Land, das wir durchzogen haben, um es zu erkunden, ist sehr gut. Wenn der Herr uns gnädig ist, so wird er uns in dies Land bringen und es uns geben, ein Land, darin Milch und Honig fließt. Fallt nur nicht ab vom Herrn und fürchtet euch vor dem Volk dieses Landes nicht, denn wir wollen sie wie Brot auffressen. Es ist ihr Schutz von ihnen gewichen, der Herr aber ist mit uns. Fürchtet euch nicht vor ihnen!" (4. Mose 14,7-9)

Das Maß der Bosheit der Bewohner Kanaans war voll. Gott hatte keine Geduld mehr mit ihnen. Ohne seinen Schutz würden sie daher eine leichte Beute sein. Durch den Bund war das Land den Israeliten zugesichert worden. Aber sie glaubten dem verfälschten Bericht der treulosen Kundschafter, durch den das ganze Volk getäuscht wurde. Die Verräter hatten ihr Werk getan. Wenn nur zwei der Männer einen so schlechten Bericht erstattet und die zehn anderen dazu ermutigt hätten, das Land Kanaan im Namen des Herrn einzunehmen, wäre das Volk wegen seines Unglaubens doch dem Rat dieser zwei gefolgt und hätte das Wort der anderen zehn verworfen. Es waren aber nur zwei Kundschafter, die sich für das Rechte einsetzten; zehn standen aufseiten der Rebellion.

Laut prangerten die ungläubigen Kundschafter Kaleb und Josua an. Es wurde sogar die Forderung laut, sie zu steinigen. Der rasende Pöbel griff nach Wurfgeschossen, um diese treuen Männer zu töten. Mit wütendem Geschrei stürmten sie auf die beiden los. Da fielen ihnen plötzlich die Steine aus den Händen. Ein großes Schweigen überkam sie, und sie bebten vor Angst. Gott selbst hatte eingegriffen, um ihrem mörderischen Vorhaben Einhalt zu gebieten. Die Herrlichkeit seiner Gegenwart erhellte das heilige Zelt wie ein flammendes Licht. Das ganze Volk sah dieses Zeichen des Herrn. Einer, der mächtiger war als sie, hatte sich offenbart. Da wagte keiner mehr, weiter Widerstand zu leisten. Die Kundschafter aber, die einen so üblen Bericht gegeben hatten, kauerten sich starr vor Schreck nieder und suchten dann mit angehaltenem Atem ihre Zelte auf.

Die Bestrafung Des Volkes

Nun machte sich Mose auf und ging in das Heiligtum. Der Herr sprach zu ihm: "Ich will sie mit der Pest schlagen und sie vertilgen und dich zu einem größeren und mächtigeren Volk machen als dieses." (4. Mose 14,12) Doch erneut betete Mose inständig für sie. Er konnte ihrer Vernichtung nicht zustimmen, um selbst der Stammvater eines mächtigeren Volkes zu werden. Er berief sich auf Gottes Barmherzigkeit und flehte ihn an: "Lass nun deine Kraft, o Herr, groß werden, wie du gesagt hast: Der Herr ist geduldig und von großer Barmherzigkeit ... So vergib nun die Missetat dieses Volkes nach deiner großen Barmherzigkeit, wie du auch diesem Volk vergeben hast von Ägypten an bis hierher." (4. Mose 14,17-19)

Der Herr versprach, die Israeliten nicht auf der Stelle zu vernichten. Aber wegen ihres Unglaubens und ihrer Feigheit konnte er seine Macht nicht zur Unterwerfung ihrer Feinde einsetzen. In seiner Barmherzigkeit befahl er ihnen umzukehren und den einzig sicheren Weg einzuschlagen: den Weg zurück zum Roten Meer!

Während ihres Aufstands hatten die Israeliten gerufen: "Wären wir doch bloß ... in der Wüste gestorben!" (4. Mose 14,2 NLB) Dieser Wunsch sollte nun in Erfüllung gehen. Der Herr erklärte: "Was ihr da gesagt habt, lasse ich in Erfüllung gehen - so gewiss ich lebe! In dieser Wüste sollt ihr sterben, alle wehrfähigen Männer von 20 Jahren an aufwärts. Das ist die Strafe dafür, dass ihr euch gegen mich aufgelehnt habt. Keiner von euch soll in das Land kommen . Eure kleinen Kinder dagegen, von denen ihr gesagt habt: Sie werden den Feinden in die Hände fallen - die werde ich in das Land hineinbringen, das ihr verschmäht habt." (4. Mose 14,28-31 GNB) Und über Kaleb sagte er: "Nur meinen Knecht Kaleb, weil ein anderer Geist in ihm ist und er mir treu nachgefolgt ist, den will ich in das Land bringen, in das er gekommen ist, und seine Nachkommen sollen es einnehmen." (4. Mose 14,24) So wie die Kundschafter 40 Tage lang unterwegs waren, sollten die Israeliten nun 40 Jahre lang durch die Wüste ziehen (vgl. 4. Mose 14,34).

Ein Beispiel Unechter Reue

Als Mose den Israeliten Gottes Entscheidung bekannt gab, verwandelte sich ihre Wut in Jammern. Sie wussten, dass ihre Bestrafung gerecht war. Die zehn treulosen Kundschafter wurden von Gott mit einer Seuche geschlagen und kamen vor den Augen des ganzen Volkes um. An deren Schicksal erkannte das Volk sein eigenes Verhängnis.

Nun schienen die Israeliten ihr sündiges Verhalten aufrichtig zu bereuen. Aber sie trauerten mehr über dessen Folgen als aus einem Bewusstsein ihrer Undankbarkeit und ihres Ungehorsams. Als sie merkten, dass der Herr sein Urteil über sie nicht zurückzog, wurde ihr Eigenwille von neuem wach. Sie erklärten, nicht in die Wüste zurückkehren zu wollen. Als Gott ihnen befahl, vor dem Land ihrer Feinde umzukehren, wollte er ihre vorgebliche Unterordnung prüfen. Nun zeigte sich, dass diese nicht echt war. Sie wussten, wie schwer sie gesündigt hatten, als sie ihren unbeherrschten Gefühlen freien Lauf ließen und die beiden Kundschafter töten wollten, die sie gedrängt hatten, Gott zu gehorchen. Doch sie waren nur deswegen entsetzt, einen solch fürchterlichen Fehler begangen zu haben, weil die Folgen für sie persönlich verheerend waren. Ihre Herzen waren unverändert, und es bedurfte nur eines weiteren Anlasses für einen ähnlichen Ausbruch. Dieser bot sich, als Mose ihnen in Gottes Auftrag befahl, wieder in die Wüste zu ziehen.

Das Urteil, dass Israel erst nach 40 Jahren Kanaan betreten dürfe, war für Mose und Aaron, Kaleb und Josua eine bittere Enttäuschung. Doch ohne Murren nahmen sie Gottes Entscheidung an. Jene aber, die sich über Gottes Führung beklagt hatten und nach Ägypten zurückkehren wollten, weinten und jammerten sehr, als ihnen die Segnungen entzogen wurden, die sie verachtet hatten. Sie hatten sich über Nichtigkeiten beklagt. Nun gab ihnen Gott einen Grund zum Weinen. Wären sie über ihre Sünde wirklich traurig gewesen, als sie ihnen bewusst gemacht wurde, hätte Gott dieses Urteil nicht über sie verhängt. Aber sie betrauerten ihre Strafe. Ihre Traurigkeit war keine echte Reue. Deshalb konnte das Urteil auch nicht rückgängig gemacht werden.

Das Vorhaben, Kanaan Einzunehmen

Die Nacht verging mit Wehklagen, aber am Morgen schöpften sie neue Hoffnung: Sie beschlossen, ihre Feigheit wettzumachen. Als Gott ihnen geboten hatte, hinaufzuziehen und das Land einzunehmen, weigerten sie sich. Doch nun, als er ihnen den Rückzug anordnete, lehnten sie sich genauso gegen ihn auf. Sie fassten den Entschluss, das Land zu erobern und in Besitz zu nehmen. Es wäre doch möglich, dass Gott ihren Einsatz geboten hatte und seinen Plan mit ihnen ändern könnte.

Gott hatte den Israeliten sowohl das Vorrecht als auch die Pflicht übertragen, das Land zu der Zeit einzunehmen, die er dafür vorgesehen hatte. Aber nach ihrer eigensinnigen Weigerung hatte er diese Erlaubnis wieder zurückgezogen. Satan hatte sein Ziel erreicht, sie am Einzug nach Kanaan zu hindern. Nun trieb er sie dazu an, trotz des göttlichen Verbots gerade das zu tun, was sie sich zu tun geweigert hatten, als Gott es gefordert hatte. So errang der Erzbetrüger einen vollen Sieg, als er sie zum zweiten Mal zum Aufstand gegen Gott veranlassen konnte. Sie hatten bezweifelt, dass die Macht Gottes sie bei ihren Bemühungen zur Einnahme Kanaans unterstützen werde. Nun wagten sie es ohne seine Hilfe aus eigener Kraft. "Wir haben an dem Herrn gesündigt", riefen sie aus. "Wir wollen hinaufziehen und kämpfen, wie uns der Herr, unser Gott, geboten hat." (5. Mose 1,41) So schrecklich verblendet waren sie durch ihren Ungehorsam geworden! Gott hatte ihnen niemals geboten, hinaufzuziehen und zu kämpfen. Sie sollten das Gelobte Land nicht durch einen Feldzug erlangen, sondern durch striktes Befolgen seiner Gebote.

Obwohl ihre Herzen unverändert blieben, waren sie doch zur Einsicht gebracht worden, dass es eine Sünde und Torheit gewesen sei, sich nach dem Bericht der Kundschafter gegen Gott aufzulehnen. Sie begriffen jetzt, wie wertvoll der Segen war, den sie so übereilt verworfen hatten, und gaben zu, dass ihr eigener Unglaube sie vom Einzug nach Kanaan abgehalten hatte. "Wir haben gesündigt" (4. Mose 14,40), sagten sie und räumten damit ein, dass der Fehler bei ihnen und nicht bei Gott lag, den sie in böser Weise beschuldigt hatten, seine Zusagen an sie nicht zu erfüllen. Selbst wenn ihr Bekenntnis keiner echten Reue entsprang, diente es doch dazu, Gottes Gerechtigkeit im Umgang mit seinem Volk zu bestätigen.

Gott wirkt heute noch in ähnlicher Weise, seinen Namen zu verherrlichen, indem er Menschen dazu bringt, seine Gerechtigkeit anzuerkennen. Wenn jene, die vorgeben, ihn zu lieben, sich über seine Vorsehung beschweren, seine Verheißungen verachten und sich durch ihr Nachgeben in Versuchungen mit bösen Engeln einlassen, um Gottes Pläne zu durchkreuzen, lenkt der Herr häufig die Umstände so, dass diese Menschen - obwohl sie keine echte Reue empfinden - von ihrer Sünde überzeugt werden. Sie werden gezwungen, ihr böses Verhalten sowie die Gerechtigkeit und Güte Gottes im Umgang mit ihnen einzugestehen. Auf diese Weise ergreift Gott Gegenmaßnahmen, um das Wirken Satans zu entlarven. Obwohl die Einstellung, die zum bösen Verhalten geführt hat, nicht grundlegend geändert wird, werden Bekenntnisse abgelegt, die Gottes Ehre verteidigen und seine treuen Diener rechtfertigen, die wegen ihres Tadels abgelehnt und verleumdet wurden. Genauso wird es am Ende sein, wenn der Zorn Gottes ausgegossen wird. Wenn "der Herr ... mit seinen heiligen Myriaden [unzähligen Tausenden]" kommen wird, um das "Gericht auszuüben gegen alle", wird er "alle Gottlosen ... überführen von allen ihren Werken der Gottlosigkeit, die sie gottlos verübt haben, und von all den harten Worten, die gottlose Sünder gegen ihn geredet haben" (Judas 14.15 Elb.). Jeder Sünder wird dann einsehen und zugeben müssen, dass seine Verurteilung gerecht ist.

Der Kampf Endet Mit Einer Niederlage

Ohne Rücksicht auf Gottes Urteilsspruch bereiteten die Israeliten die Eroberung Kanaans vor. Mit Rüstung und Kriegswaffen ausgestattet waren sie ihrer Meinung nach bestens geeignet, in den Kampf zu ziehen. Aber in den Augen Gottes und seiner betrübten Diener waren sie völlig unzureichend vorbereitet. Als Gott fast 40 Jahre später Israel befahl, hinaufzuziehen und Jericho einzunehmen, versprach er, sie zu begleiten. Die Bundeslade, in der sein Gesetz lag, wurde dem Heer vorangetragen. Die Heerführer, die Gott ernannt hatte, sollten die Truppenbewegungen unter seiner Aufsicht lenken. Unter solcher Leitung konnten die Israeliten keinen Schaden erleiden. Jetzt aber zogen sie gegen Gottes Befehl und gegen das ernste Verbot ihrer Anführer aus - ohne die Bundeslade und ohne Mose -, um sich den Heeren des Feindes zu stellen.

Die Trompete blies zum Aufbruch, und Mose eilte ihnen mit der Warnung nach: "Warum setzt ihr euch schon wieder über den Befehl des Herrn hinweg? Euer Vorhaben wird nicht gelingen. Zieht nicht in das Land, denn der Herr ist nicht bei euch. Sonst werdet ihr von euren Feinden geschlagen werden. Wenn ihr den Amalekitern und Kanaanitern in der Schlacht gegenübersteht, werdet ihr durchs Schwert umkommen." (4. Mose 14,41-43 NLB)

Die Kanaaniter hatten von der geheimnisvollen Kraft gehört, die dieses Volk zu beschützen schien, und auch von den Wundern, die um seinetwillen geschehen waren. Darum boten sie nun eine große Streitmacht auf, um die Eindringlinge zurückzuschlagen. Die angreifenden Israeliten waren führerlos. Kein Gebet wurde gesprochen, dass Gott ihnen den Sieg schenken möge. Sie zogen in der verzweifelten Absicht aus, ihr Schicksal zu wenden oder im Kampf zu sterben. Obwohl kampfunerprobt, waren sie doch eine riesige Menge bewaffneter Männer, die den Gegner mit einem plötzlichen, ungestümen Angriff zu überwältigen hofften. Vermessen forderten sie den Feind heraus, der es von sich aus nicht gewagt hätte, sie anzugreifen.

Die Kanaaniter hatten auf einer felsigen Hochebene Stellung bezogen, die man nur in steilem, gefährlichem Aufstieg über beschwerliche Pässe erreichen konnte. Die immense Anzahl der Israeliten musste zu einer umso schlimmeren Niederlage führen. Langsam wanden sie sich durch die Bergpfade, wobei sie sich den tödlichen Geschossen ihrer Feinde oben aussetzten. Schwere Felsbrocken donnerten herab und färbten die Wege mit dem Blut der Erschlagenen. Wer vom Aufstieg erschöpft die Höhe erreichte, wurde mit aller Kraft zurückgeschlagen, sodass sich die Israeliten mit großen Verlusten zurückziehen mussten. Der Kampfplatz war von Toten übersät. Israels Heer war vollständig zerschlagen. Vernichtung und Tod waren die Folge ihres rebellischen Vorhabens.

Schließlich waren die Israeliten zur Aufgabe gezwungen. Als die Überlebenden zurückkamen und dem Herrn ihr Leid klagten, "wollte der Herr [ihre] Stimme nicht hören" (5. Mose 1,45). Dieser überraschende Sieg gab Israels Feinden, die das Herannahen des mächtigen Heeres zitternd erwartet hatten, das Vertrauen zurück, sich der Israeliten erwehren zu können. Nun hielten sie alle Berichte von den erstaunlichen Dingen, die Gott für sein Volk getan hatte, für falsch und meinten, es gebe für sie keinen Grund mehr, sich zu fürchten. Diese erste Niederlage der Israeliten gab den Kanaanitern Mut und Entschlossenheit zurück und machte die Eroberung sehr viel schwieriger. Es blieb Israel nichts anderes übrig, als vor den siegreichen Feinden in die Wüste zurückzuweichen - im Wissen, dass hier eine ganze Generation ihr Grab finden werde.