Wie Alles Begann

Kapitel 35

Der Aufruhr Korachs

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4. Mose 16 und 17.

Die Strafgerichte, mit denen die Israeliten heimgesucht worden waren, halfen eine Zeitlang, ihr Aufbegehren und ihre Widersetzlichkeit in Schranken zu halten. Aber der aufrührerische Geist war noch in den Herzen und führte schließlich zu den schlimmsten Folgen. Die früheren Rebellionen waren eher Volksaufstände, die plötzlich aus einer gereizten Menge hervorbrachen. Nun aber bildete sich eine von langer Hand geplante Verschwörung mit der festen Absicht, die von Gott selbst eingesetzten Führer zu stürzen.

Der Kopf dieser Bewegung war Korach, ein Levit aus der Familie Kehats und ein Cousin von Mose. Er war ein fähiger und einflussreicher Mann. Obwohl zum Dienst am Heiligtum bestimmt, war er mit seiner Stellung unzufrieden und strebte nach der Würde des Priesterstandes. Die Übertragung des Priesteramtes auf Aaron und seine Familie hatte Anlass zu Eifersucht und Unzufriedenheit gegeben, denn früher war das Priesteramt dem Erstgeborenen jeder Familie zugefallen. Eine Zeitlang hatte sich Korach der Amtsgewalt von Mose und Aaron nur im Geheimen widersetzt, aber keinen offenen Aufruhr gewagt. Schließlich aber fasste er den kühnen Plan, die zivilen und geistlichen Machthaber zu stürzen. Es fiel ihm nicht schwer, Anhänger zu finden. An die Zelte Korachs und der Kehatiter an der Südseite des Heiligtums grenzte das Lager des Stammes Ruben mit den Zelten Datans und Abirams, zwei seiner Fürsten. Beide schlossen sich bereitwillig Korachs ehrgeizigen Plänen an. Weil sie von Jakobs ältestem Sohn Ruben abstammten, beanspruchten sie die zivile Gewalt für sich. Die Ehre des Priesterstandes wollten sie sich mit Korach teilen.

Die Stimmung im Volk begünstigte Korachs Pläne. In ihrer bitteren Enttäuschung flammten wie früher Zweifel, Eifersucht und Hass erneut auf, und wie gehabt richteten sich ihre Beschwerden gegen ihren geduldigen Führer. Immer wieder verloren sie die Tatsache aus den Augen, dass der Bundesengel ihr unsichtbarer Führer war, dass in der verhüllenden Wolkensäule Christus vor ihnen herzog und dass Mose alle Anweisungen von ihm empfing.

Auf keinen Fall wollten sie sich mit dem schrecklichen Urteil abfinden, dass alle in der Wüste umkommen sollten. Deshalb nutzten sie bereitwillig jeden Vorwand, der sie glauben ließ, dass nicht Gott, sondern Mose sie anführe und dieses vernichtende Urteil gesprochen habe. Die größten Anstrengungen des sanftmütigsten Menschen auf Erden reichten nicht aus, den widerstrebenden Geist dieses Volkes zu zähmen. Die Israeliten nahmen sich die erteilte Lehre nicht zu Herzen, obwohl sie die Spuren des göttlichen Missfallens über ihren früheren Eigensinn in den gelichteten Reihen und den fehlenden Volksgenossen noch vor Augen hatten. Erneut erlagen sie der Versuchung.

Mose hatte es in seinem bescheidenen Hirtenleben viel glücklicher und ruhiger gehabt als in der gegenwärtigen Stellung als Anführer dieser Riesenherde Aufsässiger. Aber er wagte nicht zu wählen. Statt des Hirtenstabes war ihm das Zepter der Macht in die Hand gegeben worden, das er erst niederlegen konnte, wenn Gott ihn davon befreite.

Gott, der die Geheimnisse aller Menschen kennt, hatte auch die Absichten Korachs und seiner Gefährten durchschaut. Er ließ seinem Volk Warnungen und Unterweisungen zukommen, die es ihm ermöglicht hätten, der Hinterlist dieser Ränke schmiedenden Männer zu entgehen. Die Israeliten hatten kurz zuvor das Gottesgericht über Mirjam erlebt - eine Folge ihrer Eifersucht und ihrer Anklagen gegen Mose. Der Herr hatte erklärt, dass Mose größer sei als ein Prophet: "Von Mund zu Mund rede ich mit ihm ... Warum", fuhr er fort, "habt ihr euch denn nicht gefürchtet, gegen meinen Knecht Mose zu reden?" (4. Mose 12,8) Diese Zurechtweisung war nicht nur für Aaron und Mirjam bestimmt, sondern für ganz Israel.

Das Heimliche Vorgehen Korachs

Korach und seine Mitverschwörer hatten besondere Offenbarungen der Größe und Macht Gottes miterlebt. Sie gehörten zu denen, die mit Mose auf den Berg Sinai stiegen und Gottes Herrlichkeit schauten. Aber seitdem hatten sie sich ziemlich verändert. Anfänglich war es nur eine geringe Versuchung. Als man ihr aber nachgab, wurde sie immer stärker, bis Satan ihre Gedanken beherrschte. Da gingen sie an ihr verräterisches Werk. Unter dem Vorwand, großes Interesse am Wohlergehen des Volkes zu haben, verbreiteten sie zuerst ihr Missfallen hinter vorgehaltener Hand bei Gleichgesinnten und dann bei den führenden Männern Israels. Ihre Unterstellungen wurden so bereitwillig aufgenommen, dass sie sich noch weiter vorwagten, bis sie schließlich glaubten, vom Eifer für Gott angetrieben zu sein.

Es gelang ihnen, 250 Oberhäupter auf ihre Seite zu ziehen, lauter angesehene Männer im Volk. Mit dieser starken und einflussreichen Unterstützung meinten sie selbstsicher, eine einschneidende Veränderung in der Regierung durchsetzen und deutliche Verbesserungen in Bezug auf die Verwaltung, der Mose und Aaron vorstanden, herbeiführen zu können.

Aus Eifersucht war Neid geworden, und Neid trieb sie zur Rebellion. Sie hatten die Frage, ob ihrem Anführer Mose das Recht auf ein so großes Maß an Ansehen und Ehre zukomme, so lange zerredet, bis ihnen zuletzt seine Stellung als begehrenswert erschien. Jeder von ihnen könnte das Amt genauso gut ausfüllen wie er. Und sie führten sich gegenseitig mit der Annahme in die Irre, Mose und Aaron hätten sich ihre Stellung eigenmächtig angeeignet. Die Unzufriedenen behaupteten, die beiden Führer hätten sich selbst zu Herrschern über die Gemeinde des Herrn aufgespielt, indem sie sich das Priesteramt und die Regierung angemaßt hätten. Aber ihre Familie habe kein Recht, sich über andere in Israel zu erheben; sie seien nicht heiliger als das Volk. Deshalb sollten sie damit zufrieden sein, auf einer Ebene mit ihren Brüdern zu stehen, die Gott ebenso mit seiner besonderen Gegenwart und seinem Schutz ausgestattet habe.

Der nächste Schritt der Verschwörer bezog auch das Volk mit ein. Wer im Unrecht ist und eigentlich Tadel verdient, dem ist nichts angenehmer als Mitgefühl und Lob. Auf diese Weise verschafften sich Korach und seine Genossen Aufmerksamkeit und gewannen die Unterstützung der Israeliten. Die Anschuldigung, das Murren des Volkes habe Gottes Zorn heraufbeschworen, wurde als Irrtum zurückgewiesen. Das Volk habe sich nichts zuschulden kommen lassen, weil es nur sein Recht verlangt habe. Mose dagegen sei ein anmaßender Herrscher. Er habe dem Volk vorgeworfen, gesündigt zu haben, obwohl es ein heiliges Volk sei und sich der Herr in seiner Mitte aufgehalten habe.

Kritisch überprüfte Korach, was auf ihrer Wanderung durch die Wüste vorgefallen war, auf der sie oft in eine missliche Lage geraten und viele infolge ihres Aufbegehrens und Ungehorsams umgekommen waren. Seine Zuhörer meinten nun klar zu erkennen, dass ihre Schwierigkeiten vermeidbar gewesen wären, wenn Mose einen anderen Kurs eingeschlagen hätte. Sie kamen zum Ergebnis, dass all diese Katastrophen ihm anzulasten seien und ihr Ausschluss von Kanaan der schlechten Führung durch Mose und Aaron zuzuschreiben sei. Wäre Korach ihr Führer, würde er ihnen Mut zusprechen, indem er ihre guten Taten loben würde, statt ihre Sünden zu tadeln. Dann hätten die Israeliten eine sehr friedliche und erfolgreiche Wanderung. Anstatt kreuz und quer durch die Wüste zu ziehen, würden sie direkt auf das Gelobte Land zusteuern.

Bei dieser Verschwörung der Unzufriedenen herrschte unter den verschiedenen Gruppierungen des Volkes eine größere Eintracht und Übereinstimmung als je zuvor. Korachs Erfolg bei seinen Volksgenossen steigerte seine Zuversicht und bestärkte ihn in seiner Auffassung, dass die Anmaßung von Macht seitens Mose für Israels Freiheit verhängnisvoll sei, wenn man ihr nicht Einhalt gebiete. Korach behauptete außerdem, Gott habe ihm diese Sachlage offenbart und ihn dazu ermächtigt, einen Regierungswechsel zu veranlassen, bevor es zu spät sei. Viele wollten aber die Anklagen gegen Mose nicht gelten lassen. Sie erinnerten sich an seine geduldigen und selbstlosen Bemühungen zum Wohl des Volkes. Ihr Gewissen regte sich. Deshalb musste irgendein selbstsüchtiger Grund für Moses großes Interesse an Israel gefunden werden. Korach wiederholte den bereits früher erhobenen Vorwurf, Mose habe sie in die Wüste geführt, um sie dort umkommen zu lassen und sich ihren Besitz aneignen zu können.

Der Offene Aufruhr

Eine Zeitlang führten sie dieses Tun im Geheimen fort. Doch sobald die Bewegung stark genug geworden war, um einen offenen Bruch zu rechtfertigen, setzte sich Korach an die Spitze der Gruppe und klagte Mose und Aaron öffentlich an, dass sie sich eine Vollmacht angemaßt hätten, auf die Korach und seine Gefährten den gleichen Anspruch hätten. Ferner erhob er den Vorwurf, das Volk sei seiner Freiheit und Unabhängigkeit beraubt worden. "Ihr geht zu weit!", sagten die Verschwörer. "Denn die ganze Gemeinde, sie alle sind heilig, und der Herr ist unter ihnen. Warum erhebt ihr euch über die Gemeinde des Herrn?" (4. Mose 16,3)

Mose hatte nicht mit einer so hinterhältigen Verschwörung gerechnet. Als er sich ihrer schrecklichen Bedeutung bewusst wurde, fiel er auf sein Angesicht und flehte im Stillen zu Gott. Tieftraurig, aber innerlich ruhig und stark stand er auf. Gott hatte ihm seinen Beistand zugesichert. "Morgen wird der Herr zeigen, wer zu ihm gehört und wen er als heilig anerkennt", sagte er. "Er wird nur den in seine Nähe kommen lassen, den er auserwählt hat." (4. Mose 16,5 GNB) Die Entscheidung sollte auf den folgenden Tag verschoben werden, damit jeder Zeit zur Besinnung hatte. Wer nach dem Priesteramt strebte, sollte dann mit einer Weihrauchpfanne kommen und in der Gegenwart des Volkes vor dem Heiligtum Rauchopfer darbringen. Das Gesetz besagte ganz ausdrücklich, dass nur im Heiligtum dienen durfte, wer auch dazu bestimmt war. Sogar die Priester Nadab und Abihu waren getötet worden, weil sie es unter Missachtung der Weisung Gottes gewagt hatten, mit "fremdem Feuer" zu opfern (vgl. 4. Mose 3,4). Doch Mose forderte seine Ankläger auf, Gott die Entscheidung zu überlassen, wenn sie es wagen wollten, eine so gefährliche Sache zu befolgen.

Mose sprach Korach und seine Anhänger vom Stamm der Leviten gesondert an: "Ist es euch etwa zu wenig, dass der Gott Israels euch aus der ganzen Gemeinde der Israeliten auserwählt hat, ihm nahe zu sein, in seinem Heiligtum Dienst zu tun und dem Volk zu dienen? Nur du und deine levitischen Brüder dürfen in seine Nähe kommen, und jetzt fordert ihr außerdem noch das Priesteramt! In Wirklichkeit lehnst du dich mit deinen Anhängern gegen den Herrn auf! Wer ist überhaupt Aaron, dass ihr gegen ihn aufbegehrt?" (4. Mose 16,9-11 NLB)

Weitere Anschuldigungen Gegen Mose

Datan und Abiram hatten keinen so kühnen Standpunkt eingenommen wie Korach. Mose hoffte, dass sie in die Verschwörung hineingezogen worden waren, ohne so völlig verkommen zu sein, und bestellte sie zu sich, um sich ihre Beschwerden gegen ihn anzuhören. Aber sie wollten nicht kommen. Sie weigerten sich in unverschämter Weise, seine Autorität anzuerkennen. Ihre Antwort - in Hörweite der Versammlung ausgesprochen - lautete: "Ist's nicht genug, dass du uns aus dem Land geführt hast, darin Milch und Honig fließt, und uns tötest in der Wüste? Musst du auch noch über uns herrschen? Wie fein hast du uns gebracht in ein Land, darin Milch und Honig fließt, und hast uns Äcker und Weinberge zum Erbteil gegeben! Willst du den Leuten auch die Augen ausreißen? Wir kommen nicht!" (4. Mose 16,13.14)

Damit schilderten sie das Land, in dem sie als Sklaven gelebt hatten, mit genau denselben Worten, die Gott verwendet hatte, um das versprochene Erbe zu beschreiben. Mose wurde beschuldigt, er gebe nur vor, in seinem Tun von Gott geführt zu werden, um dadurch seine eigene Macht zu festigen. Sie brachten zum Ausdruck, sich ihm nicht länger unterordnen zu wollen und sich nicht mehr wie Blinde herumführen zu lassen, heute nach Kanaan, morgen in die Wüste, wie es eben am besten in seine ehrgeizigen Pläne passe. So wurde Mose, der zu ihnen wie ein gütiger Vater und geduldiger Hirte gewesen war, als die Verkörperung eines finsteren Tyrannen und Thronräubers dargestellt. Selbst das Scheitern ihres Einzugs in Kanaan, das die Strafe für ihre eigenen Sünden war, legte man ihm zur Last.

Die Sympathien des Volkes waren offensichtlich aufseiten der Unzufriedenen. Aber Mose unternahm keinen Versuch, sich zu rechtfertigen. Vor der ganzen Versammlung rief er in ernstem Gebet Gott als Zeugen an, dass seine Beweggründe und sein Verhalten rein und aufrichtig seien. Er flehte zu Gott, dass dieser sein Richter sein möge.

Das Eingreifen Gottes

Am folgenden Morgen fanden sich 250 Oberhäupter mit ihren Räucherpfannen und Korach an der Spitze ein. Man führte sie in den Vorhof des Heiligtums, während sich das Volk draußen versammelte und auf den Ausgang wartete. Es war aber nicht Mose, der es zusammengerufen hatte, um die Niederlage Korachs und seiner Anhänger mitzuerleben, sondern die Rebellen hatten in blinder Vermessenheit das Volk bestellt, weil es Zeuge ihres Sieges werden sollte. Ein großer Teil der Versammelten stand offen auf der Seite Korachs, der große Hoffnungen hatte, sich gegen Aaron durchzusetzen.

Als sie so vor Gott versammelt waren, "erschien ihnen die Herrlichkeit des Herrn, und der Herr sprach zu Mose und Aaron: ›Tretet von diesem Volk zurück, denn ich will es auf der Stelle vernichten‹ ... Aber Mose und Aaron warfen sich zu Boden. ›Gott, du bist der Herr alles Lebendigen, beteten sie, willst du wirklich das ganze Volk bestrafen, wenn doch nur ein einziger Mann schuldig geworden ist?‹" (4. Mose 16,19-22 NLB)

Korach hatte die Versammlung verlassen und sich zu Datan und Ab- iram begeben, als sich Mose in Begleitung der 70 Ältesten zu ihnen auf den Weg machte. Er wollte diese Männer, die sich geweigert hatten, zu ihm zu kommen, ein letztes Mal warnen. Die Volksmenge folgte ihnen. Bevor er seine Botschaft ausrichtete, befahl er ihr aufgrund einer Anweisung Gottes: "Weicht von den Zelten dieser gottlosen Menschen und rührt nichts an, was sie haben, damit ihr nicht auch umkommt durch all ihre Sünde." (4. Mose 16,26) Sie gehorchten der Warnung, denn auf allen lag die Befürchtung, dass ein Gottesgericht unmittelbar bevorstand. Die Urheber der Rebellion sahen sich plötzlich von denen im Stich gelassen, die sie verführt hatten, doch ihre Kühnheit war unerschüttert. Der göttlichen Warnung zum Trotz standen sie mit ihren Familienangehörigen am Eingang ihrer Zelte.

Im Namen des Gottes Israels erklärte Mose nun vor aller Ohren: "Daran sollt ihr merken, dass mich der Herr gesandt hat, alle diese Werke zu tun, und dass ich sie nicht tue aus meinem eigenen Herzen: Werden sie sterben, wie alle Menschen sterben, oder heimgesucht, wie alle Menschen heimgesucht werden, so hat mich der Herr nicht gesandt; wird aber der Herr etwas Neues schaffen, dass die Erde ihren Mund auftut und sie verschlingt mit allem, was sie haben, dass sie lebendig hinunter zu den Toten fahren, so werdet ihr erkennen, dass diese Leute den Herrn gelästert haben." (4. Mose 16,28-30) Die Augen aller Anwesenden waren auf Mose gerichtet, als sie voll Entsetzen und Spannung auf die Erfüllung seiner Worte warteten. Als er zu sprechen aufgehört hatte, teilte sich die Erde und die Verschwörer mit allen, die zu ihnen gehörten, stürzten lebendig in den Abgrund. "So verschwanden sie aus der versammelten Menschenmenge." (4. Mose 16,33 NLB) Da ergriffen die Leute, die Teilhaber an dieser Sünde waren und sich damit selbst verdammt hatten, die Flucht.

Aber das Gericht war noch nicht beendet. Feuer fuhr aus der Wolke und verzehrte die 250 Oberhäupter, die Rauchopfer dargebracht hatten. Weil diese Männer nicht die Urheber des Aufruhrs waren, wurden sie nicht zusammen mit den Hauptverschwörern getötet. Um ihnen noch Gelegenheit zur Reue zu geben, hatten sie deren Ende miterleben dürfen. Weil aber ihre Sympathien ganz den Aufrührern galten, teilten sie auch deren Schicksal.

Die Reuelosigkeit Und Bestrafung Des Volkes

Als Mose Israel aufforderte, vor dem kommenden Verderben zu fliehen, hätte das Gottesgericht noch aufgehalten werden können. Doch dazu hätten Korach und seine Gefolgsleute bereuen und um Vergebung bitten müssen. Aber ihre halsstarrige Beharrlichkeit besiegelte ihren Untergang. Die ganze Versammlung war an ihrer Schuld beteiligt, denn alle waren mehr oder weniger mit ihnen einer Meinung gewesen. Doch Gott unterschied in seiner großen Barmherzigkeit zwischen den Anführern des Aufruhrs und denen, die sie angeführt hatten. Den Leuten, die sich hatten täuschen lassen, räumte er noch eine Frist zur Umkehr ein. Sie hatten einen überwältigenden Beweis dafür bekommen, dass sie Unrecht hatten und Mose im Recht war. Diese außergewöhnliche Bekundung der Macht Gottes hatte alle Ungewissheit beseitigt.

Der Engel, der vor den Israeliten herzog - Jesus -, wollte sie vor dem Verderben bewahren. Noch bestand für sie die Möglichkeit der Vergebung. Das Gericht Gottes war dicht an ihnen vorbeigegangen und hatte sie zu Reue und Umkehr aufgefordert. Ein besonderes, nicht aufzuhaltendes Eingreifen vom Himmel hatte ihrer Rebellion ein Ende gesetzt. Wenn sie jetzt auf Gottes Eingreifen reagiert hätten, wäre ihre Rettung noch möglich gewesen. Doch weil sie nur aus Angst vor der Vernichtung flohen, wurde ihre rebellische Haltung nicht geheilt. Entsetzt, aber nicht reumütig, kehrten sie in jener Nacht in ihre Zelte zurück.

Korach und seine Anhänger hatten ihnen so lange geschmeichelt, bis sie selbst glaubten, sehr gute Menschen und von Mose falsch behandelt worden zu sein. Sollten sie nun zugeben, dass Korach und seine Anhänger Unrecht und Mose Recht hatte, wären sie gezwungen, den Urteilsspruch, in der Wüste sterben zu müssen, als Wort Gottes hinzunehmen. Das aber wollten sie nicht. Sie redeten sich ein, Mose habe sie hintergangen. Eigensinnig hatten sie die Hoffnung genährt, dass eine neue Ordnung aller Dinge anstehe, in der Lob an die Stelle von Tadel und Bequemlichkeit an die Stelle von Sorgen und Kämpfen treten würden. Die Männer, die umgekommen waren, hatten ihnen nach dem Mund geredet und vorgegeben, große Anteilnahme und viel Liebe für sie zu hegen. Daraus schloss das Volk, dass Korach und seine Anhänger gute Menschen gewesen sein mussten und Mose auf irgendeine Weise schuld an ihrem Untergang war.

Menschen können Gott kaum mehr beleidigen, als wenn sie seine Werkzeuge, durch die er sie retten will, verachten und zurückweisen. Die Israeliten hatten aber nicht nur das getan, sondern vorgeschlagen, Mose und Aaron zu töten! Sie sahen keine Notwendigkeit, für ihre schwere Sünde bei Gott um Vergebung zu bitten. Die Probezeit dieser Nacht nutzten sie nicht zur Reue und zum Bekenntnis, sondern dachten sich einen Weg aus, um die Beweise zu entkräften, die sie als die größten Sünder entlarvten. Noch immer hassten sie die Männer, die Gott berufen hatte, und versteiften sich auf den Standpunkt, sich deren Autorität widersetzen zu müssen. Satan war zur Stelle, um ihr Urteilsvermögen zu trüben und sie blindlings ins Verderben zu stürzen.

In Panik waren die Israeliten geflohen, als sie den Aufschrei hörten, mit dem die dem Untergang geweihten Aufrührer in den Abgrund stürzten. Sie riefen: "Nur fort! Sonst verschlingt uns die Erde auch!" (4. Mose 16,34 GNB) "Am anderen Morgen aber murrte die ganze Gemeinde der Israeliten gegen Mose und Aaron. Sie sprachen: Ihr habt des Herrn Volk getötet." (4. Mose 17,6) Sie waren drauf und dran, an ihre treuen, sich selbst aufopfernden Führer Hand anzulegen.

Gottes Herrlichkeit zeigte sich in der Wolke über dem heiligen Zelt. Eine Stimme aus dieser Wolke sprach zu Mose und Aaron: "Entfernt euch schnell aus dieser Gemeinde! Ich will sie auf einen Schlag vernichten!" (4. Mose 17,10 GNB)

Auf Mose lastete in dieser Angelegenheit keine Sündenschuld. Deshalb hatte er keine Angst und machte sich nicht davon, um das Volk dem Verderben zu überlassen. Er blieb und bewies ihnen in dieser furchtbaren Krise die Fürsorge eines treuen Hirten für die ihm anvertraute Herde. Er flehte zu Gott, doch in seinem Zorn das auserwählte Volk nicht vollständig auszurotten. Durch seine Fürsprache hielt Mose den Arm der Rache zurück, sodass das ungehorsame und rebellische Israel nicht ganz und gar unterging.

Aber der Bote, der Gottes Zorn vollstreckte, war schon ausgesandt. Eine Seuche verrichtete ihr todbringendes Werk. Auf Anweisung seines Bruders nahm Aaron eine Räucherpfanne, lief mitten unter die Versammlung "und erwirkte Sühnung für das Volk. Und er stand zwischen den Toten und den Lebenden." (4. Mose 17,12.13 Elb.) Mit Aarons Weihrauch stiegen auch Moses Gebete aus dem Heiligtum zu Gott empor. Da nahm die Plage ein Ende, aber erst als 14 700 Israeliten tot dalagen - ein Beweis, dass sich schuldig gemacht hatte, wer am Murren und am Aufruhr beteiligt war.

Der Grünende Stab Aarons

Die Israeliten erhielten noch einen weiteren Beweis dafür, dass Gott das Priesteramt der Familie von Aaron übertragen hatte. Auf Gottes Anweisung hin nahm jeder Stamm einen Stock und schrieb seinen Namen darauf. Auf den Stab des Stammes Levi schrieben sie Aarons Namen. Die Stöcke wurden im Heiligtum "vor der Lade mit dem Gesetz" niedergelegt (4. Mose 17,19). Das Blättertreiben eines Stabes sollte als Zeichen dafür gelten, dass der Herr jenen Stamm zum Priestertum erwählt hatte. "Am nächsten Morgen, als Mose in die Hütte des Gesetzes ging, fand er den Stab Aarons vom Hause Levi grünen und die Blüte aufgegangen und Mandeln tragen." (4. Mose 17,23) Man legte ihn als Beweis dem Volk vor und bewahrte ihn dann im Heiligtum auf, kommenden Generationen zum Zeugnis. Dieses Wunder entschied wirksam den Streit um das Priesteramt.

Nun stand völlig außer Frage, dass Mose und Aaron kraft göttlicher Machtbefugnis gesprochen hatten. Damit war das Volk gezwungen, die unangenehme Wahrheit zu akzeptieren, dass es in der Wüste sterben musste. "Siehe, wir verderben und kommen um", riefen sie (4. Mose 17,27). Nun gaben sie zu, dass sie gesündigt hatten, als sie gegen Mose und Aaron rebellierten, und dass Korach und seine Anhänger das gerechte Strafgericht Gottes erlitten hatten.

An Korachs Aufruhr zeigte sich - sozusagen auf einer kleineren Bühne - das Ergebnis des gleichen Geistes, der zu Satans Rebellion im Himmel geführt hatte. Stolz und Ehrgeiz hatten Luzifer dazu verleitet, sich über Gottes Herrschaft zu beschweren und zu versuchen, die Ordnung zu stürzen, die im Himmel galt. Seit seinem Fall verfolgte er das Ziel, die Menschen mit demselben Geist des Neides und der Unzufriedenheit und mit demselben ehrgeizigen Streben nach höherer Stellung und Ehre zu erfüllen. So beeinflusste er das Denken von Korach, Datan und Abiram, weckte in ihnen den Wunsch nach höheren Ehren und fachte Neid, Misstrauen und Rebellion an. Indem Satan sie veranlasste, die von Gott erwählten Männer zurückzuweisen, brachte er sie dazu, Gott selbst als ihren Führer abzulehnen. Durch ihr Aufbegehren gegen Mose und Aaron beleidigten sie ihn, aber sie waren so verblendet, dass sie sich selbst für gerecht hielten und diejenigen als Werkzeuge Satans ansahen, die ihnen gewissenhaft ihre Sünden vorgehalten hatten.

Lehren Aus Korachs Aufruhr

Bestehen die Übel, die zu Korachs Untergang führten, nicht immer noch? Stolz und Ehrgeiz sind weit verbreitet. Wer sie hegt, öffnet dem Neid und dem Streben nach einer Vormachtstellung die Tür. Dadurch wird der Mensch Gott entfremdet und - ohne es zu merken - auf Satans Seite gezogen. Wie Korach und seine Anhänger denken, planen und arbeiten heute selbst bekennende Christen so eifrig daran, sich selbst zu erhöhen, dass sie - um Wohlwollen und Unterstützung zu gewinnen - bereit sind, Gottes Wahrheit zu verdrehen, seine Diener in ein falsches Licht zu setzen und sie zu verleumden. Sie werfen ihnen sogar die gleichen niederträchtigen und selbstsüchtigen Beweggründe vor, von denen sie selbst getrieben werden. Indem sie dauernd ihre Unwahrheiten wiederholen, obwohl klare Gegenbeweise vorliegen, halten sie diese schließlich selbst für wahr. Während sie sich bemühen, das Vertrauen der Menschen in die Männer, die Gott berufen hat, zu erschüttern, glauben sie wirklich, ein gutes Werk zu tun, ja sogar wahrhaftig Gott zu dienen.

Die Israeliten wollten die Anweisungen und Einschränkungen Gottes nicht hinnehmen. Sie wurden bei Beschränkungen unruhig und wollten keinen Tadel annehmen. Das war das Geheimnis ihres Aufbegehrens gegen Mose. Hätte man sie tun lassen, was ihnen beliebte, wären weniger Beschwerden über ihren Anführer laut geworden. In der ganzen Geschichte der Gemeinde mussten sich Gottes Diener mit dem gleichen Geist auseinandersetzen.

Wenn Menschen der Sünde nachgeben, verschafft dieses Verhalten Satan Zugang zu ihrem Denken. Sie schreiten von einer Bosheit zur nächsten. Wenn man das geistliche Licht zurückweist, wird der Verstand verfinstert und das Herz verhärtet, sodass es leicht fällt, den nächsten sündigen Schritt zu tun und noch helleres Licht abzuweisen, bis schließlich die schlechten Gewohnheiten eingeprägt sind. Solchen Menschen erscheint Sünde nicht länger sündig zu sein. Wenn dann jemand Gottes Wort gewissenhaft verkündigt und dadurch ihre Sünden tadelt, zieht er sich oft ihre Feindschaft zu. Weil sie den Schmerz und das Opfer für eine Sinnesänderung nicht ertragen wollen, wenden sie sich gegen den Diener des Herrn und prangern seine Ermahnungen als unnötig und hart an. Wie Korach behaupten sie, dass der Fehler nicht bei ihnen liege; der den Tadel ausspricht, verursache den Ärger. Mit dieser Selbsttäuschung beruhigen die Neidischen und die Unzufriedenen ihr Gewissen und schließen sich zusammen, um unter Gottes Volk Zwietracht zu säen und die Bemühungen derer zu schwächen, die es aufbauen möchten.

Jeder Schritt vorwärts von denen, die Gott berufen hat, um sein Werk zu leiten, hat Verdacht erregt. Jede ihrer Handlungen ist von den Eifersüchtigen und Nörglern falsch dargestellt worden. So war es zur Zeit Luthers, der beiden Brüder Wesley und anderer Reformatoren. Und so ist es auch heute.

Korach hätte nicht diese falsche Richtung eingeschlagen, wenn er gewusst hätte, dass alle Anweisungen und Rügen, die an Israel gerichtet wurden, von Gott kamen. Aber er hätte es wissen können. Gott hatte ihnen eindeutige Beweise dafür gegeben, dass er selbst Israels Führer war. Doch Korach und seine Anhänger wiesen diese Erkenntnis ab, bis sie so verblendet waren, dass nicht einmal mehr die eindrucksvollsten Bekundungen der Macht Gottes genügten, um sie zu überzeugen. Diese führten sie alle auf menschliche oder satanische Kräfte zurück. Das Gleiche tat auch die Volksmenge, die am Tag nach der Vernichtung Korachs und seiner Anhängerschaft zu Mose und Aaron kam und sagte: "Ihr habt des Herrn Volk getötet." (4. Mose 17,6) Obwohl sie den unwiderlegbaren Beweis für Gottes Missfallen an ihrem Kurs hatten, indem die Männer, die sie in die Irre geführt hatten, vernichtet worden waren, wagten sie es, Gottes Gericht Satan zuzuschreiben. Sie behaupteten, Mose und Aaron hätten durch die Macht des Bösen den Tod guter und frommer Männer verursacht. Damit besiegelten sie ihr eigenes Schicksal.

Sie hatten die Sünde gegen den Heiligen Geist begangen. Durch diese Sünde verschließt sich das Herz eines Menschen ganz dem Einfluss der Gnade Gottes. "Wer etwas redet gegen den Menschensohn", sagte Christus, "dem wird es vergeben; aber wer etwas redet gegen den Heiligen Geist, dem wird's nicht vergeben." (Matthäus 12,32) Diese Worte sprach unser Erlöser, als die Juden seine Wunder, die er aus Gottes Macht vollbrachte, Satan zuschrieben. Durch den Heiligen Geist teilt sich Gott dem Menschen mit. Wer dieses Wirken absichtlich als satanisch abtut, hat die Verbindung zwischen sich und Gott zerstört.

Gott wirkt durch seinen Geist, um den Sünder zurechtzuweisen und von seiner Schuld zu überzeugen. Wer aber das Wirken des Geistes endgültig zurückweist, für den kann Gott nichts mehr tun. Gott hat das letzte Mittel seiner Gnade angewandt, aber der Übertreter hat sich selbst von ihm abgeschnitten. Der Sünde aber fehlt das Heilmittel, um sich selbst zu kurieren. Es steht keine Reservekraft zur Verfügung, die Gott benutzen könnte, um den Sünder zu überführen und zur Umkehr zu bringen. "Lass sie machen, was sie wollen!" (Hosea 4,17 Hfa), lautet der göttliche Befehl. Danach "gibt es kein anderes Opfer mehr für diese Sünden. Dann bleibt nur noch das furchtbare Warten auf das göttliche Gericht und das wütende Feuer, das seine Feinde verzehren wird." (Hebräer 10,26.27 NLB)