Wie Alles Begann

Kapitel 36

Die Jahre In Der Wüste

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5.Mose 8,2-5; 3. Mose 24,10-23; 4. Mose 15,30-36.

Nahezu 40 Jahre lang entziehen sich die Israeliten in der unbekannten Wüste unserem Blickfeld. Mose sagte im Rückblick: "Die Zeit aber, die wir von Kadesch-Barnea zogen, bis wir durch den Bach Sered kamen, betrug 38 Jahre, bis alle Kriegsleute aus dem Lager gestorben waren, wie der Herr ihnen geschworen hatte. So war die Hand des Herrn wider sie, um sie aus dem Lager zu vertilgen bis auf den letzten Mann." (5. Mose 2,14.15)

In all diesen Jahren wurde das Volk ständig daran erinnert, dass es unter Gottes Strafe stand. Mit der Rebellion bei Kadesch hatten die Israeliten Gott zurückgewiesen. Deshalb waren sie auch von ihm für diese Zeit zurückgewiesen worden. Weil sie seinem Bund untreu geworden waren, durften sie die Beschneidung - das Zeichen dieses Bundes - nicht empfangen. Ihr Verlangen, in das Land ihrer Knechtschaft zurückzukehren, hatte bewiesen, dass sie der Freiheit nicht würdig waren. Deshalb durfte das Passafest, das an ihre Befreiung erinnerte, nicht gefeiert werden.

Doch der Priesterdienst im Heiligtum war nicht eingestellt worden und bezeugte, dass Gott sein Volk nicht völlig verlassen hatte. Er sorgte auch weiterhin für ihre Bedürfnisse. "Der Herr, dein Gott, hat dich gesegnet in allen Werken deiner Hände", sagte Mose, als er ihnen die Geschichte des Auszugs und ihrer langen Wanderung vortrug. "Er hat dein Wandern durch diese große Wüste auf sein Herz genommen. 40 Jahre ist der Herr, dein Gott, bei dir gewesen. An nichts hast du Mangel gehabt." (5. Mose 2,7) Und der Lobgesang der Leviten, den Nehemia Jahrhunderte später aufzeichnete, schildert anschaulich Gottes Fürsorge für Israel selbst in diesen Jahren der Zurückweisung und Verbannung. "Du hast sie nicht verlassen, auch dann nicht, als sie sich ein gegossenes Kalb machten und sprachen: ›Das ist unser Gott, der uns aus Ägypten geführt hat!‹ Schreckliche Lästerungen haben sie begangen. Du aber hast sie in deiner großen Barmherzigkeit nicht in der Wüste verlassen. Die Wolkensäule wich nicht von ihnen, die sie am Tag auf dem Weg geleitete, noch die Feuersäule in der Nacht, die ihnen den Weg erleuchtete, auf dem sie gehen sollten. Du hast deinen guten Geist gesandt, um sie zu unterweisen, hast ihnen dein Brot vom Himmel nicht vorenthalten und ihnen weiter Wasser geschenkt, damit sie ihren Durst löschen konnten. 40 Jahre lang hast du sie in der Wüste versorgt, und nie hat es ihnen an etwas gemangelt. Ihre Kleider verschlissen nicht und ihre Füße schwollen nicht an." (Nehemia 9,1721 NLB)

Die vierzigjährige Wüstenwanderung war nicht nur als Strafe über die Aufrührer und Murrenden verhängt worden, sondern sollte der heranwachsenden Generation zur Erziehung dienen, als Vorbereitung auf den Einzug in das verheißene Land. Mose sagte ihnen danach: "Daran sollt ihr erkennen, dass der Herr, euer Gott, euch auf den rechten Weg bringen will wie ein Vater, der sein Kind erzieht ... um euch auf die Probe zu stellen und zu sehen, ob ihr seinen Weisungen folgen würdet oder nicht. Er ließ euch hungern, damit ihr lernt, dass ihr ohne ihn nicht leben könnt. Und er gab euch das Manna zu essen, von dem ihr bis dahin nichts gewusst hattet, so wenig wie eure Vorfahren; denn er wollte euch zeigen: Der Mensch lebt nicht nur von Brot, sondern er lebt zuerst und zuletzt von dem Wort, jedem einzelnen Wort, das aus dem Mund des Herrn kommt." (5. Mose 8,5.2.3 GNB) "Er fand sie hilflos in der Wüste, umlauert und umheult von wilden Tieren, da nahm er sie in seine Obhut, er schützte sie mit aller Sorgfalt, so wie ein Mann sein eigenes Auge schützt." (5. Mose 32,10 GNB) Gott dachte: "Mein Volk sind sie, meine Kinder, die mich nicht enttäuschen werden." "Darum ist er uns zu Hilfe gekommen. Er hat uns seinen Engel gesandt und unserer Not ein Ende gemacht; denn unsere Bedrängnis machte ihm selber Not. Er war voll Liebe und Erbarmen zu uns und hat uns immer wieder gerettet - wie ein Vater hat er für uns gesorgt in so vielen Generationen." (Jesaja 63,8.9 GNB)

Trotzdem handeln die einzigen Berichte über ihr Leben in der Wüste nur von Fällen der Rebellion gegen Gott. Der Aufstand Korachs hatte die Vernichtung von 14 700 Israeliten zur Folge. Und weitere vereinzelte Fälle zeigten die gleiche Verachtung der Autorität Gottes.

Ein Fall Von Gotteslästerung

Einmal ging es um den Sohn einer israelitischen Frau und eines Ägypters, um jemanden aus der gemischten Menge, die mit den Israeliten aus Ägypten ausgezogen war. Der Sohn verließ seinen Teil des Lagers, betrat den Bereich der Israeliten und beanspruchte das Recht, dort sein Zelt aufzuschlagen. Das Gesetz Gottes verbot ihm das, denn die Nachkommen eines Ägypters waren bis in die dritte Generation vom Volk Israel ausgeschlossen (vgl. 5. Mose 23,8.9). Darüber kam es zum Streit zwischen ihm und einem Israeliten. Die Angelegenheit kam vor einen Richter, und der entschied gegen ihn.

Wütend über diesen Entscheid verfluchte er den Richter und lästerte in höchster Erregung den Namen Gottes. Sofort brachte man ihn vor Mose. Gott hatte zwar befohlen: "Wer Vater oder Mutter flucht, der soll des Todes sterben" (2. Mose 21,17), aber für einen Fall wie diesen gab es keine entsprechende Bestimmung. Diese Übertretung war aber so schlimm, dass man es für notwendig hielt, Gott um eine besondere Anweisung zu bitten. Der Mann wurde in Gewahrsam genommen, bis man Gottes Willen erfahren hatte. Gott selbst sprach das Urteil. Auf seine Anweisung wurde der Gotteslästerer aus dem Lager geführt und zu Tode gesteinigt. Die Zeugen seines Vergehens legten ihm die Hände auf den Kopf und bestätigten auf diese Weise, dass die Anklage gegen ihn der Wahrheit entsprach. Nachdem diese Zeugen die ersten Steine auf ihn geworfen hatten, vollstreckte das Volk mit ihnen zusammen das Urteil. Daraufhin wurde ein Gesetz verkündet, nach dem bei ähnlichen Vergehen verfahren werden sollte: "Wer seinem Gott flucht, der soll seine Schuld tragen. Wer des Herrn Namen lästert, der soll des Todes sterben; die ganze Gemeinde soll ihn steinigen. Ob Fremdling oder Einheimischer, wer den Namen lästert, soll sterben." (3. Mose 24,15.16)

Manche zweifeln an Gottes Liebe und Gerechtigkeit, weil er Worte so schwer bestraft, die in einer Erregung ausgesprochen worden sind. Aber gerade Liebe und Gerechtigkeit erfordern die Klärung: Worte, die aus Bosheit gegen Gott geäußert werden, sind eine große Sünde. Die Vergeltung, die an diesem ersten Übeltäter vollstreckt wurde, sollte andere daran erinnern, Gottes Namen nur mit Ehrfurcht zu gebrauchen. Hätte man die Sünde dieses Mannes durchgehen lassen, hätte das die Moral anderer untergraben. Letztlich hätten viele deshalb ihr Leben lassen müssen.

Die Nichthebräer, die sich beim Auszug aus Ägypten den Israeliten angeschlossen hatten, führten diese ständig in Versuchung und Schwierigkeiten. Sie behaupteten, der Götzenverehrung abgesagt zu haben und den wahren Gott anzubeten. Aber ihre frühere Erziehung und Ausbildung hatten ihre Gewohnheiten und ihren Charakter geprägt. Sie waren deshalb mehr oder weniger vom Götzendienst verdorben und ließen es an Ehrfurcht vor Gott fehlen. Meistens waren sie es, die Streit entfachten, und sie waren die Ersten, die sich beklagten. Wie Sauerteig durchsetzten sie das Lager mit ihren götzendienerischen Praktiken und ihrem Murren gegen Gott.

Eine Missachtung Des Sabbatgebots

Bald, nachdem die Israeliten in die Wüste zurückgekehrt waren, kam es zu einem Fall von Sabbatübertretung. Die Umstände machten ihn zu einer Angelegenheit von besonderer Schuld. Gottes Ankündigung, Israel zu enterben, hatte eine rebellische Haltung aufflammen lassen. Einer aus dem Volk war wütend, weil ihm der Zutritt nach Kanaan verwehrt war. Er war entschlossen, seine Verachtung für Gottes Gesetz kundzutun. Er wagte es, das vierte Gebot zu übertreten, indem er am Sabbat außerhalb des Lagers Brennholz sammelte. Während der Wüstenwanderung war das Entfachen von Feuer am siebten Tag verboten (vgl. 2. Mose 35,3). Das Verbot sollte nicht im Land Kanaan gelten, wo es wegen der Härte des Klimas oft eine Notwendigkeit war, Feuer zu machen. Doch in der Wüste benötigte man kein Feuer, um sich zu wärmen. Der Mann übertrat willentlich und absichtlich das vierte Gebot. Es war keine Sünde aus Gedankenlosigkeit oder Unwissenheit, sondern aus Vermessenheit.

Er wurde bei seiner Tat ergriffen und zu Mose gebracht. Es war bereits verkündet worden, dass eine Sabbatübertretung mit dem Tod zu bestrafen sei (vgl. 2. Mose 35,2). Aber Gott hatte die Israeliten noch nicht wissen lassen, wie die Strafe vollstreckt werden sollte. Mose legte nun Gott den Fall vor, und der Herr antwortete: "Der Mann soll des Todes sterben; die ganze Gemeinde soll ihn steinigen draußen vor dem Lager." (4. Mose 15,35) Gotteslästerung und absichtliche Sabbatübertretung wurden mit derselben Strafe geahndet, denn beide drückten eine Missachtung der Autorität Gottes aus.

In unserer Zeit lehnen die meisten Christen den Schöpfungssabbat als eine jüdische Einrichtung ab. Sie behaupten, dass, wenn er wirklich zu feiern wäre, auch seine Übertretung mit dem Tod bestraft werden müsste. Aber wir sehen, dass auf Gotteslästerung dieselbe Strafe stand wie auf Sabbatübertretung. Darf man daraus schließen, dass auch das dritte Gebot (vgl. 2. Mose 20,7) abgeschafft wurde und nur für die Juden verbindlich ist? Außerdem lässt sich das Argument bezüglich der Todesstrafe neben dem vierten auch auf das dritte und fünfte Gebot, ja auf fast alle zehn Gebote anwenden (vgl. 2. Mose 21,12.15-17; 5. Mose 22,22). Wenn auch Gott die Übertretung seines Gesetzes heute nicht sofort bestraft, sagt sein Wort doch deutlich, dass "der Lohn der Sünde ... der Tod" ist (Römer 6,23a NLB). Im Endgericht wird sich herausstellen, dass mit dem Tod bestraft wird, wer Gottes heilige Gebote übertreten hat.

Während der 40 Jahre in der Wüste wurden die Israeliten jede Woche durch das Mannawunder an die heilige Verpflichtung erinnert, den Sabbat einzuhalten. Doch nicht einmal das machte sie gehorsam. Zwar wagten sie keine so offenkundigen und dreisten Übertretungen wie diese, welche die erwähnte schwere Strafe zur Folge hatte. Dennoch nahmen sie das vierte Gebot auf die leichte Schulter. Durch einen seiner Propheten ließ Gott später verkünden: "Sie entheiligten meine Sabbate sehr." (Hesekiel 20,13) Und dies wird unter den Gründen aufgeführt, weshalb die erste Generation freier Israeliten vom Land, das ihnen Gott versprochen hatte, ausgeschlossen wurde (vgl. Verse 13-24). Selbst ihre Kinder lernten nichts daraus. Auch während der vierzigjährigen Wanderung missachteten sie den Sabbat immer wieder. Gott verwehrte ihnen zwar nicht das Betreten Kanaans, kündigte ihnen jedoch an, dass sie unter die Heiden verstreut würden, nachdem sie sich im Gelobten Land niedergelassen hatten (vgl. Hesekiel 20,23; 3. Mose 26,33).

Das Ende Der Wanderschaft

Von Kadesch aus war Israel in die Wüste zurückgekehrt. Schließlich näherte sich die Zeit ihrer Wüstenwanderung dem Ende. "Im ersten Monat des Jahres kamen die Israeliten, die ganze Gemeinde, in die Wüste Zin. Längere Zeit blieben sie in der Oase Kadesch. Während dieser Zeit starb Mirjam und wurde dort bestattet." (4. Mose 20,1 GNB) Am Ufer des Roten Meeres hatte sie Jubelszenen erlebt, als Israel mit Gesang und Reigentanz Jahwes Sieg feierte. Nun beendete ein Grab in der Wüste ihre lebenslange Wanderschaft. Und wie ihr war es Millionen ihrer Landsleute ergangen, die einst mit hochgespannten Erwartungen Ägypten verlassen hatten. Ihre Sünden hatten den Segenskelch von ihren Lippen gestoßen. Würde die nächste Generation daraus die entsprechende Lehre ziehen?

"Zu dem allen sündigten sie noch mehr und glaubten nicht an seine Wunder ... Wenn er den Tod unter sie brachte, suchten sie Gott und fragten wieder nach ihm und dachten daran, dass Gott ihr Hort ist und Gott, der Höchste, ihr Erlöser." (Psalm 78,32.34.35) Doch sie wandten sich nicht mit aufrichtiger Absicht zu Gott. Wenn ihre Feinde sie bedrängten, suchten sie zwar Hilfe bei ihm, der allein sie retten konnte. Doch "ihr Herz hing nicht fest an ihm, und sie hielten nicht treu an seinem Bund. Er aber war barmherzig und vergab die Schuld und vertilgte sie nicht und wandte oft seinen Zorn ab ... Denn er dachte daran, dass sie Fleisch sind, ein Hauch, der dahinfährt und nicht wiederkommt." (Psalm 78,37-39)