Wie Alles Begann

Kapitel 39

Die Eroberung Von Baschan

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4. Mose 21,21-35; 5. Mose 2,8 bis 3,11.

Nachdem die Israeliten südlich um Edom herumgezogen waren, wandten sie sich wieder nach Norden auf das verheißene Land zu. Ihr Weg führte jetzt über eine weite Hochebene, über welche kühle, frische Winde von den Bergen her wehten. Es war eine willkommene Abwechslung nach dem öden Tal, das sie durchwandert hatten. Hoffnungsvoll und frohen Mutes schritten sie voran. Nachdem der Bach Sered überquert war, zogen sie östlich des Landes Moab weiter. Der Herr hatte ihnen befohlen: "Kämpft nicht gegen die Moabiter, greift sie nicht an; denn auch von ihrem Land werde ich euch nichts geben. Sie sind die Nachkommen Lots und ich habe ihnen das Gebiet von Ar als bleibenden Besitz zugesprochen." (5. Mose 2,9 GNB) Dieselbe Anweisung erhielten sie bezüglich der Ammoniter, die ebenfalls Nachkommen Lots waren (vgl. 5. Mose 2,19).

Der Kampf Mit Den Amoritern

Weiter ging es nach Norden, und bald erreichten sie das Land der Amo- riter. Ursprünglich besaß dieses starke, kriegerische Volk den südlichen Teil Kanaans. Als sie aber an Zahl zunahmen, überquerten sie den Jordan, zettelten mit den Moabitern Krieg an und eroberten einen Teil von deren Gebiet. Hier ließen sie sich nieder und beherrschten nun das ganze Land vom Fluss Arnon im Süden bis zum Jabbok im Norden. Durch dieses Gebiet führte der Weg zum Jordan, den die Israeliten einschlagen wollten. Darum sandte Mose eine freundliche Botschaft an Sihon, den Amoriter-König, in dessen Hauptstadt: "Erlaube uns, durch dein Land zu ziehen. Wir wollen nur die Straße benutzen und werden weder nach rechts noch nach links davon abgehen. Was wir an Brot und Wasser brauchen, werden wir bezahlen. Wir wollen nichts weiter als durchziehen." (5. Mose 2,27.28 GNB) Die Antwort war eine entschiedene Ablehnung. Die Amoriter boten ihr ganzes Heer auf, um den Vormarsch der Eindringlinge zu stoppen. Diese gewaltige Armee versetzte die Israeliten in Angst und Schrecken. Auf einen Zusammenstoß mit so gut bewaffneten und ausgebildeten Streitkräften waren sie nur schlecht vorbereitet. Was die Geschicklichkeit in der Kriegsführung betraf, waren ihnen ihre Feinde weit überlegen. Nach menschlichem Ermessen würde es mit Israel ein schnelles Ende nehmen.

Aber Mose hielt seinen Blick fest auf die Wolkensäule gerichtet und ermutigte die Israeliten mit dem Hinweis, dass das Zeichen der Gegenwart Gottes noch immer bei ihnen war. Gleichzeitig ordnete er an, alles Menschenmögliche zu unternehmen, um sich auf den Krieg vorzubereiten. Ihre Feinde waren kampfbegierig und hofften zuversichtlich, die unvorbereiteten Israeliten aus dem Land vertreiben zu können. Aber der Herr aller Lande hatte dem Führer Israels den Auftrag gegeben: "Brecht jetzt auf ... und überschreitet den Arnon-Fluss! Ich habe den Amoriter-König Sihon, der in Heschbon regiert, in eure Hand gegeben. Eröffnet den Kampf gegen ihn und nehmt sein Land in Besitz! Von heute an werde ich allen Völkern der Erde Furcht und Schrecken vor euch einjagen. Sie werden zittern vor euch und sich winden vor Angst, wenn sie hören, was man sich von euch erzählt." (5. Mose 2,24.25 GNB)

Diese Völker an Kanaans Grenzen wären verschont geblieben, wenn sie nicht Gottes Wort getrotzt und versucht hätten, sich dem Vormarsch Israels entgegenzustemmen. Der Herr hatte auch diesen heidnischen Völkern Langmut, große Freundlichkeit und Barmherzigkeit erwiesen. Als Abraham in einer Vision mitgeteilt wurde, dass sich seine Nachkommen, die Israeliten, 400 Jahre lang als Ausländer in einem unbekannten Land aufhalten sollten, gab ihm der Herr die Zusicherung: "Sie aber sollen erst nach vier Menschenaltern wieder hierher kommen; denn die Missetat der Amoriter ist noch nicht voll." (1. Mose 15,16) Obgleich sie Götzendiener waren, die wegen ihrer großen Bosheit das Leben zu Recht verwirkt hatten, verschonte Gott die Amoriter 400 Jahre lang, um ihnen unmissverständliche Beweise zu geben, dass er der allein wahre Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde ist. Sie kannten all seine Wunder, die er vollbracht hatte, als er das Volk Israel aus Ägypten führte. Sie hatten genügend Beweise erhalten. Sie hätten die Wahrheit kennen können, wenn sie bereit gewesen wären, sich von ihrer Götzenanbetung und Unmoral abzuwenden. Aber sie verwarfen die Erkenntnis und hielten an ihren Götzen fest.

Als der Herr sein Volk zum zweiten Mal an die Grenzen Kanaans führte, gewährte er diesen heidnischen Völkern weitere Beweise seiner Macht. Sie verstanden, dass Gott mit den Israeliten war, als diese den Sieg über König Arad und die Kanaaniter erlangten, und auch durch das Wunder, das die Sterbenden vom Gift der Schlangen heilte. Obwohl den Israeliten der Durchzug durch das Land Edom verweigert worden war, wodurch sie gezwungen waren, den langen und beschwerlichen Umweg über Elat am Roten Meer einzuschlagen, hatten sie auf all ihren Wanderungen und Lagerplätzen entlang der Grenzen zu Edom, Moab und Ammon keine Feindseligkeiten erkennen lassen und den Bewohnern und deren Besitztümern keinen Schaden zugefügt. Als sie nun an die Grenzen der Amoriter gekommen waren, hatten sie wieder nur die Erlaubnis erbeten, geradewegs durch das Land zu ziehen. Sie versprachen, denselben Verhaltensregeln zu folgen wie im Umgang mit den anderen Völkern. Als der Amoriterkönig diese höfliche Bitte abschlug und in trotziger Verachtung sein Heer zum Kampf sammelte, war das Maß ihrer Bosheit voll. Nun setzte Gott seine Macht ein, um sie zu vernichten.

Die Israeliten überquerten den Fluss Arnon und rückten gegen den Feind vor. Es kam zu einem Kampf, aus dem das Heer der Israeliten als Sieger hervorging. Diesen Vorteil nutzten sie und waren bald im Besitz des Amori- ter-Landes. Der Herr der Heerscharen Gottes hatte die Feinde seines Volkes bezwungen. Er hätte das Gleiche auch 38 Jahre früher für sie getan, wenn ihm Israel nur vertraut hätte.

Sieg Uber Den Riesenkönig Von Baschan

Voller Hoffnung und Mut zog nun Israels Heer Richtung Norden voran. Bald stieß es auf ein Land, an dem sein Mut und sein Gottvertrauen auf die Probe gestellt werden sollten. Vor ihm lag das mächtige und bevölkerungsreiche Königreich Baschan. Es gab da große, aus Steinen erbaute Städte, die bis heute die Bewunderung der Welt erregen. Es waren darunter "60 Städte ... befestigt, mit hohen Mauern und verriegelten Toren. Auch sehr viele unbefestigte Orte nahmen wir ein." (5. Mose 3,4.5 NLB) Die Häuser bestanden aus schwarzen Steinen von solch erstaunlicher Größe, dass sie damals für jede Art von Gewalt, die gegen sie eingesetzt werden konnte, uneinnehmbar schienen. Das Land war voller wilder Höhlen, hoch aufragender Felswände, steiler Abgründe und felsiger Festungen. Die Einwohner, Nachkommen eines riesenhaften Geschlechts, waren selbst außergewöhnlich groß und stark und so bekannt für ihre Gewalt und Grausamkeit, dass sie der Schrecken aller umliegenden Völker waren. Og, der König des Landes, übertraf selbst sein Volk von Riesen noch an Größe und Tapferkeit.

Aber die Wolkensäule zog unbeirrt vorwärts. Unter ihrer Führung rückten die Israeliten bis zur Stadt Edrei vor, wo sie der Riesenkönig mit seinen Streitkräften erwartete. Og hatte den Kampfplatz äußerst geschickt gewählt: Edrei lag am Rand einer Hochebene, die steil aus dem Flachland aufstieg und mit scharfkantigen vulkanischen Gesteinsbrocken übersät war. Die Stadt war nur auf schmalen, steilen Pfaden zu erreichen, die außerordentlich mühsam zu ersteigen waren. Im Fall einer Niederlage konnten seine Streitkräfte in dieser Steinwüste Schutz finden. Fremden Heeren war es schier unmöglich, ihnen zu folgen.

Siegesgewiss rückte der König mit seinem gewaltigen Heer auf das offene Land hinaus, während Schmährufe von der Hochebene zu hören waren, wo man die Speere von Tausenden kampfeslustiger Krieger sehen konnte. Die Israeliten erblickten die mächtige Gestalt des hünenhaften Anführers, der seine Streiter noch um einiges überragte. Sie nahmen die Heerscharen wahr, die ihn umgaben, und sahen die scheinbar uneinnehmbare Festung, hinter der sich unsichtbar weitere Tausende verschanzt hatten. Da zitterten viele vor Angst. Doch Mose blieb ruhig und fest, denn der Herr der Heerscharen hatte über den König von Baschan gesagt: "Hab keine Angst vor ihm, denn ich habe dir den Sieg über Og und sein Heer geschenkt und sein ganzes Land in deine Hand gegeben. Verfahre genauso mit ihm wie mit Sihon, dem König der Amoriter, der in Heschbon herrschte." (5. Mose 3,2 NLB)

Die ruhige Zuversicht ihres Führers stärkte auch das Vertrauen der Israeliten. Sie vertrauten der Allmacht Gottes, der sie nicht im Stich ließ. Dem Hauptmann der Heerscharen des Herrn konnten weder gewaltige Riesen noch befestigte Städte, weder eine bewaffnete Kriegsmacht noch Gebirgsfes- tungen standhalten. Der Herr zog dem Heer seines Volkes voran; der Herr besiegte den Feind; der Herr eroberte das Land für Israel. Der Riesenkönig und sein Heer wurden vernichtet, und die Israeliten nahmen sogleich das ganze Land in Besitz. So wurde dieses seltsame Volk ausgerottet, das sich der Sünde und einer verabscheuungswürdigen Götzenverehrung hingegeben hatte.

Den Fehler Der Väter Nicht Wiederholen

Bei der Eroberung von Gilead und Baschan erinnerten sich viele an die Ereignisse bei Kadesch fast vierzig Jahre zuvor, die Israel zur langen Wüstenwanderung verdammt hatten. Sie erkannten, dass der Bericht der Kundschafter über das verheißene Land in vieler Hinsicht zutreffend war: Die Städte waren sehr groß und von hohen Mauern umgeben; Riesen wohnten darin, denen gegenüber sich die Israeliten wie Zwerge fühlten (vgl. 4. Mose 13,28. 33). Aber sie erkannten nun auch den verhängnisvollen Irrtum ihrer Väter, die an Gottes Macht gezweifelt hatten. Dies allein hatte sie damals daran gehindert, das Gelobte Land sofort zu betreten.

Als sich die Israeliten das erste Mal anschickten, in Kanaan einzuziehen, wäre das Unternehmen weit weniger schwierig gewesen als jetzt. Gott hatte ihnen versprochen: Wenn sie ihm gehorchen, werde er ihnen vorangehen und für sie kämpfen. Zudem werde er Hornissen schicken, um die Bewohner des Landes zu vertreiben (vgl. 5. Mose 7,20 Elb.). Damals war die Angst der Völker vor den Israeliten noch nicht weit verbreitet. Daher waren erst wenige Vorkehrungen getroffen worden, um ihr Vorrücken aufzuhalten. Aber als der Herr sie nun aufforderte vorwärts zu gehen, mussten sie gegen wachsame, mächtige Feinde anrücken und mit großen, gut ausgebildeten Heeren kämpfen, die sich darauf eingestellt hatten, ihren Vormarsch aufzuhalten.

Im Kampf gegen Og und Sihon mussten die Israeliten die gleiche Prüfung bestehen, bei der ihre Väter so kläglich versagt hatten. Aber die Prüfung war nun viel schwieriger als damals, als Gott Israel erstmals befohlen hatte, voranzugehen. Die Schwierigkeiten auf ihrem Weg hatten wesentlich zugenommen, seitdem sie sich geweigert hatten, im Auftrag und Namen des Herrn voranzugehen. So stellt Gott sein Volk auch heute noch auf die Probe. Wenn es versagt, führt er es wieder in die gleiche Situation. Aber beim zweiten Mal fällt die Prüfung strenger und härter aus. Das wird sich wiederholen, bis sein Volk die Prüfung besteht, oder, wenn es immer noch rebellisch ist, bis Gott ihm die Erkenntnis entzieht und es der Finsternis überlässt.

Viele Israeliten erinnerten sich nun daran, wie man sie einst in die Flucht geschlagen hatte und Tausende im Kampf gefallen waren. Aber damals hatten sie gegen den ausdrücklichen Befehl Gottes gehandelt. Sie waren ohne Mose ausgerückt, der von Gott zum Anführer bestimmt worden war, ohne die Wolkensäule - das Zeichen der Gegenwart Gottes - und ohne die Bundeslade (vgl. 4. Mose 14,40-45). Diesmal aber war Mose bei ihnen, der sie durch seine Worte der Hoffnung und des Vertrauens stärkte. Der Sohn Gottes zog - in der Wolkensäule verhüllt - vor ihnen her, und die heilige Bundeslade begleitete das Heer.

Diese Erfahrung enthält für uns eine wichtige Lehre. Der mächtige Gott Israels ist auch unser Gott. Auf ihn können wir vertrauen. Wenn wir seinen Geboten gehorchen, wird er uns auf genauso beachtliche Weise helfen wie seinem alten Bundesvolk. Wer treu seine Pflicht erfüllen möchte, wird zeitweise von Zweifel und Unglauben angefochten. Manchmal wird der Weg von scheinbar unüberwindbaren Hindernissen versperrt, um die zu entmutigen, die der Entmutigung nachgeben würden. Aber gerade zu ihnen sagt Gott: Geht voran! Tut eure Pflicht, koste es, was es wolle! Die Schwierigkeiten, die so groß zu sein scheinen und euch einen Schrecken einjagen, werden verschwinden, wenn ihr gehorsam vorangeht und demütig Gott vertraut.