Wie Alles Begann

Kapitel 40

Bileams Wirken Gegen Israel

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4. Mose 22 bis 24.

Nach der Eroberung Baschans kehrten die Israeliten zum Jordan zurück.

Oberhalb der Jordanmündung am Toten Meer, gegenüber der Ebene von Jericho, schlugen sie ihr Lager auf und bereiteten ihren baldigen Einzug nach Kanaan vor. Sie standen unmittelbar vor der moabitischen Grenze und die Moabiter wurden von Angst erfüllt, weil sich die Angreifer in nächster Nähe befanden.

Die Moabiter waren bisher von den Israeliten in keiner Weise belästigt worden. Gleichwohl hatten sie böse Vorahnungen und beobachteten alles, was in den umliegenden Ländern vor sich ging. Die Amoriter, vor denen sie hatten zurückweichen müssen, waren bereits von den Israeliten besiegt worden. In deren Besitz befand sich nun das Gebiet, das die Amoriter vorher den Moabitern entrissen hatten. Die Heerscharen Baschans waren vor der geheimnisvollen Macht in der Wolkensäule zurückgewichen, sodass die Israeliten deren gewaltige Festungen einnahmen. Die Moabiter wagten daher nicht, sie anzugreifen. Angesichts der übernatürlichen Kräfte, die für Israel stritten, erschien ihnen der Ruf zu den Waffen sinnlos. Aber wie schon Pharao, versuchten auch sie, das Wirken Gottes zu behindern, indem sie Zaubermächte zu Hilfe nahmen. Sie wollten über Israel einen Fluch bringen.

Die Völker von Moab und Midian waren aufgrund ihrer gemeinsamen Herkunft und Religion eng miteinander verbunden. Balak, der König von Moab, schürte nun Angst unter dem verwandten Volk und sicherte sich dessen Mitwirkung bei seinen Plänen gegen Israel mit der Botschaft: "Nun wird dieser Haufe auffressen, was um uns herum ist, wie ein Rind das Gras auf dem Feld abfrisst." (4. Mose 22,4)

Ein Mann Mit Übernatürlichen Kräften

Von Bileam, der in Mesopotamien wohnte, wurde berichtet, er habe übernatürliche Kräfte. Sein Ruf war bis ins Moabiter-Land gedrungen. Deshalb wurde beschlossen, ihn um Hilfe zu bitten. Botschafter aus den "Ältesten der Moabiter" und den "Ältesten der Midianiter" wurden zu ihm gesandt, um sich seiner Wahrsagerei und Zauberei gegen Israel zu versichern (4. Mose 22,7).

Die Gesandten brachen sofort zu ihrer langen Reise über die Berge und durch die Wüsten nach Mesopotamien auf. Nachdem sie Bileam gefunden hatten, trugen sie ihm das Anliegen ihres Königs vor: "Es ist ein Volk aus Ägypten gezogen, das bedeckt das ganze Land und lagert mir gegenüber. So komm nun und verfluche mir das Volk, denn es ist mir zu mächtig; vielleicht kann ich's dann schlagen und aus dem Land vertreiben. Denn ich weiß: Wen du segnest, der ist gesegnet, und wen du verfluchst, der ist verflucht." (4. Mose 22,5.6)

Bileam war einst ein frommer Mann und ein Prophet Gottes gewesen. Aber er war von Gott abgefallen und hatte sich der Habgier hingegeben. Trotzdem bezeichnete er sich immer noch als einen Diener des Allerhöchsten. Ihm war nicht unbekannt, was Gott für Israel getan hatte. Als ihm die Botschaft ausgerichtet wurde, wusste er genau, dass er die Pflicht hatte, Ba- laks angebotene Belohnung auszuschlagen und die Boten wegzuschicken. Aber er wagte es, mit der Versuchung zu liebäugeln, und drängte die Boten, über Nacht zu bleiben; denn er könne ihnen keine bestimmte Antwort geben, bevor er sich nicht mit dem Herrn beraten habe. Bileam wusste, dass sein Fluch den Israeliten nicht schaden konnte, denn Gott war auf ihrer Seite, und solange sie ihm treu blieben, würde sie keine gegnerische Macht der Erde oder der Hölle überwinden. Aber in seiner Eitelkeit fühlte er sich von den Worten der Gesandten geschmeichelt: "Wen du segnest, der ist gesegnet, und wen du verfluchst, der ist verflucht." (4. Mose 22,6) Die Bestechung durch kostbare Gaben und die Aussicht auf Ehrungen weckten seine Begierden. Gierig nahm er die angebotenen Schätze an. Dann versuchte er, Balaks Wünsche zu erfüllen, während er gleichzeitig beteuerte, sich streng an den Willen Gottes zu halten.

In der Nacht kam der Engel Gottes zu Bileam und sagte zu ihm: "Geh nicht mit ihnen, verfluche das Volk auch nicht; denn es ist gesegnet." (4. Mose 22,12) Zögerlich entließ Bileam am anderen Morgen die Besucher, teilte ihnen aber nicht mit, was der Herr ihm gesagt hatte. Er war verärgert, dass die Aussichten auf Gewinn und Ehre so schnell zerronnen waren, und rief verdrossen aus: "Geht hin in euer Land; denn der Herr will's nicht gestatten, dass ich mit euch ziehe." (4. Mose 22,13)

Bileam "liebte den Lohn der Ungerechtigkeit" (2. Petrus 2,15). Die Sünde der Habsucht, die Gott als Götzendienst bezeichnet (vgl. Kolosser 3,5b), hatte ihn zum Gesinnungslumpen werden lassen, und durch diese eine Sünde gewann Satan die volle Herrschaft über ihn. Dies führte letztlich zu seinem Untergang.

Der Versucher bietet immer irdischen Gewinn und weltliche Ehre an, um Menschen vom Dienst für Gott abzubringen. Er redet ihnen ein, es liege an ihrer übertriebenen Gewissenhaftigkeit, wenn sie keinen Reichtum hätten. Auf diese Weise lassen sich viele dazu verleiten, vom Weg strikter Rechtschaffenheit abzuweichen. Nach dem ersten unrechten Schritt fällt der nächste schon leichter, und man wird immer kühner. Wer sich von Habsucht und Machtgier beherrschen lässt, wird nicht vor den schlimmsten Taten zurückschrecken. Viele bilden sich ein, sie bräuchten es um irgendeines weltlichen Vorteils willen zeitweise mit der strengen Rechtschaffenheit nicht so genau zu nehmen; sei das Ziel erreicht, könnten sie sich ja leicht wieder wie früher verhalten. So verstricken sie sich immer mehr in Satans Schlingen, und nur selten entkommen sie ihnen wieder.

Der Reiz Der Belohnung

Nach ihrer Rückkehr berichteten die Botschafter Balak, dass sich der Prophet geweigert habe, mit ihnen zu kommen. Aber sie verschwiegen ihm, dass Gott es ihm verboten hatte. Da der König annahm, Bileam zögere nur, um eine höhere Belohnung herauszuschlagen, schickte er noch mehr und vornehmere Fürsten zu ihm - mit dem Versprechen auf größere Ehrungen und der Vollmacht, auf alle Forderungen Bileams einzugehen. Balaks drängende Botschaft an den Propheten lautete: "Wehre dich doch nicht dagegen, zu mir zu ziehen; denn ich will dich hoch ehren, und was du mir sagst, das will ich tun; komm doch und verfluche mir dies Volk." (4. Mose 22,16.17)

Zum zweiten Mal wurde Bileam auf die Probe gestellt. Aber auf das Begehren der Gesandten hin täuschte er große Gewissenhaftigkeit und hohe Rechtschaffenheit vor und versicherte ihnen, dass kein noch so hoher Betrag an Gold und Silber ihn dazu verleiten könne, etwas gegen den Willen Gottes zu unternehmen. Trotzdem hatte er das starke Verlangen, die Bitte des Königs zu erfüllen. Obgleich ihm Gottes Wille bereits ganz eindeutig mitgeteilt worden war, drängte er die Boten, doch zu bleiben, damit er Gott weiter befragen könne - als ob der Unendliche ein Mensch wäre, der überredet werden muss.

In der Nacht erschien der Herr dem Bileam und sprach: "Sind die Männer gekommen, dich zu rufen, so mach dich auf und zieh mit ihnen; doch nur was ich dir sagen werde, sollst du tun." (4. Mose 22,20) So weit gewährte Gott Bileam Spielraum, seinen eigenen Willen zu verfolgen, weil er sich bereits dazu entschlossen hatte. Ihm lag nicht daran, den Willen Gottes zu tun; er ging lieber seinen eigenen Weg und versuchte dann, dazu Gottes Zustimmung zu erlangen.

Es gibt heute tausende Christen, die einen ähnlichen Kurs verfolgen. Sie hätten keine Probleme damit, ihre Pflicht zu verstehen, wenn sie mit ihren Neigungen übereinstimmte. Sie wird ihnen in der Bibel klar gezeigt oder die Umstände und die Vernunft machen sie ihnen deutlich. Weil diese Hinweise aber ihren Wünschen und Neigungen im Weg stehen, schieben sie sie häufig beiseite und maßen sich an, zu Gott zu gehen und ihn nach ihrer Pflicht zu fragen. Mit scheinbar großer Gewissenhaftigkeit beten sie lange und ernsthaft um Erkenntnis. Aber Gott lässt sich nicht spotten. Oft erlaubt er, dass solche Menschen ihren eigenen Wünschen folgen und die Konsequenzen erleiden. "Mein Volk gehorcht nicht meiner Stimme ... So hab ich sie dahingegeben in die Verstocktheit ihres Herzens, dass sie wandeln nach eigenem Rat." (Psalm 81,12.13) Wer eine Aufgabe klar erkannt hat, soll sich nicht anmaßen, Gott zu bitten, ihm deren Ausführung zu erlassen. Stattdessen sollte er mit einer demütigen und gehorsamen Gesinnung um Gottes Kraft und Weisheit bitten, um deren Anforderungen gerecht werden zu können.

Die Moabiter waren ein Volk, das sich erniedrigt hatte und der Götzenanbetung verfallen war. Doch gemessen am Licht, das sie empfangen hatten, war ihre Schuld in Gottes Augen nicht so groß wie jene Bileams. Da er sich weiterhin als Prophet Gottes ausgab, würde man annehmen, dass alles, was er sagte, mit Gottes Vollmacht gesprochen war. Deshalb durfte er nicht reden, was er wollte, sondern musste die Botschaft verkünden, die Gott ihm gab. "Nur was ich dir sagen werde, sollst du tun" (4. Mose 22,20b), lautete der göttliche Befehl.

Ein Esel Sieht Mehr Als Der Prophet

Bileam hatte die Erlaubnis erhalten, die Gesandten aus Moab zu begleiten, wenn sie ihn am folgenden Morgen rufen würden. Verärgert über sein Zögern und in Erwartung einer neuerlichen Absage traten diese aber ihren Heimweg an, ohne sich weiter mit ihm zu beraten. Damit war ihm jede Ausrede dafür genommen, der Bitte Balaks zu entsprechen. Doch Bileam war fest entschlossen, sich die Belohnung zu sichern. Er nahm die Eselin, auf der er gewöhnlich ritt, und machte sich auf den Weg. Weil er befürchtete, Gott könnte selbst jetzt noch seine Erlaubnis zurückziehen, drängte er sie ungeduldig eilig vorwärts, damit ihm nicht doch noch die begehrte Belohnung entging.

Aber "der Engel des Herrn trat in den Weg, um ihm zu widerstehen" (4. Mose 22,22). Das Tier sah den Boten Gottes, den der Mensch nicht wahrnahm. Es wich zur Seite und lief auf ein Feld. Grausam schlug Bileam auf das Tier ein und brachte es damit auf den Weg zurück. Doch der Engel erschien aufs Neue an einer engen Stelle zwischen zwei Felswänden. Die Eselin versuchte, der drohenden Gestalt auszuweichen, und presste den Fuß ihres Herrn gegen die Felswand. Bileam war blind für Gottes Eingreifen und erkannte nicht, dass Gott ihm den Weg versperrte. Er wurde wütend und schlug unbarmherzig auf die Eselin ein, um sie zum Weitergehen zu zwingen.

Noch einmal erschien der Engel in drohender Haltung. Dieses Mal trat er "an eine enge Stelle, wo kein Platz mehr war auszuweichen, weder zur Rechten noch zur Linken" (4. Mose 22,26). Das arme Tier zitterte vor Angst, hielt an und fiel unter seinem Reiter auf die Erde. Bileams Wut kannte keine Grenzen mehr. Er schlug mit seinem Stock noch grausamer als zuvor auf das Tier ein. Da öffnete Gott der Eselin das Maul und das "stumme Zugtier sprach ihn mit menschlicher Stimme an und gebot dem Wahnsinn des Propheten Einhalt" (2. Petrus 2,16 ZÜ). "Was hab ich dir getan", fragte es, "dass du mich nun dreimal geschlagen hast?" (4. Mose 22,28)

Wütend, weil er auf seiner Reise aufgehalten wurde, antwortete Bileam dem Tier, als hätte er ein vernunftbegabtes Wesen vor sich: "Du hast mich zum Narren gehalten! ... Hätte ich ein Schwert dabei, so würde ich dich jetzt töten!" (4. Mose 22,29 NLB) Hier war ein angeblicher Zauberer auf dem Weg, einen Fluch über ein ganzes Volk auszusprechen, um dessen Streitkräfte zu lähmen, und hatte selbst nicht einmal die Macht, das Tier umzubringen, auf dem er ritt!

Nun wurden Bileams Augen geöffnet. Er erblickte den Engel Gottes mit dem blanken Schwert in der Hand - bereit, ihn niederzustrecken. Entsetzt neigte sich Bileam "und fiel nieder auf sein Angesicht" (4. Mose 22,31). Der Engel sprach: "Warum hast du deine Eselin dreimal geschlagen? ... Ich bin gekommen, um dir den Weg zu versperren, weil du sonst vor meinen Augen ins Verderben rennst. Dreimal hat die Eselin mich gesehen und ist mir ausgewichen. Andernfalls hätte ich dich mit Sicherheit getötet und die Eselin am Leben gelassen." (4. Mose 22,32.33 NLB)

Bileam verdankte dem armen Tier, das er so grausam behandelt hatte, die Bewahrung seines Lebens. Der Mann, der ein Prophet des Herrn sein wollte und erklärt hatte: "Ich sehe, was der Mächtige mir zeigt . ich schaue, was mir Gott vor Augen stellt" (4. Mose 24,3.4 GNB), war durch Habsucht und Ehrgeiz so verblendet, dass er den Engel Gottes nicht wahrnehmen konnte, den sein Tier sah! "Den Ungläubigen ... [hat] der Gott dieser Welt [Satan] den Sinn verblendet" (2. Korinther 4,4 Elb.). So viele sind auf diese Weise blind geworden! Sie eilen auf verbotenen Wegen voran, übertreten Gottes Gesetz und bemerken nicht, dass Gott und seine Engel gegen sie sind. Wie Bileam

sind sie über diejenigen verärgert, die ihren Untergang verhindern möchten.

Die Unbarmherzige Behandlung Von Tieren

Durch die Behandlung seines Tieres hatte Bileam deutlich gemacht, was für ein Geist ihn beherrschte. "Der Gerechte erbarmt sich seines Viehs; aber das Herz der Gottlosen ist unbarmherzig." (Sprüche 12,10) Wenigen ist ihre Sünde zur Genüge bewusst, die sie mit der Misshandlung oder Vernachlässigung von Tieren begehen. Der Schöpfer des Menschen hat auch die niedrigeren Tiere geschaffen und "erbarmt sich aller seiner Werke" (Psalm 145,9). Sie wurden zwar erschaffen, um den Menschen zu dienen, aber diese haben nicht das Recht, ihnen durch harte Behandlung oder grausame Anforderungen Schmerzen zuzufügen.

Es ist eine Folge der Sünde des Menschen, "dass die ganze Schöpfung bis jetzt noch stöhnt und in Wehen liegt wie eine Frau bei der Geburt." (Römer 8,22 GNB) Die Sünde brachte nicht nur den Menschen, sondern auch den Tieren Leiden und Tod. Deshalb sollten die Menschen versuchen, das Ausmaß der Leiden, das sie durch die Übertretung des Gesetzes über Gottes Geschöpfe gebracht haben, zu lindern, statt es zu vermehren. Wer Tiere misshandelt, weil sie in seiner Gewalt sind, ist Feigling und Tyrann zugleich. Die Neigung, Mitmenschen oder Tieren Schmerzen zuzufügen, ist satanisch. Manche glauben nicht, dass ihre Grausamkeit jemals bekannt werden könnte, weil die armen, stummen Tiere nichts verraten können. Würden diesen Menschen aber die Augen aufgetan wie jene von Bileam, würden sie einen Engel Gottes sehen, der einmal im himmlischen Gericht gegen sie als Zeuge auftreten wird. Im Himmel wird Bericht geführt, und es kommt ein Tag, an dem das Urteil über alle gefällt wird, die Gottes Geschöpfe misshandelt haben.

Die Fortsetzung Der Reise

Als Bileam den Boten Gottes erblickte, rief er erschrocken: "Ich habe gesündigt; ich hab's ja nicht gewusst, dass du mir entgegenstandest auf dem Weg. Und nun, wenn dir's nicht gefällt, will ich wieder umkehren." (4. Mose 22,34) Der Herr ließ ihn seine Reise zwar fortsetzen, aber gab ihm zu verstehen, dass seine Worte von der Macht Gottes gelenkt würden. Gott wollte den Moabitern den Beweis liefern, dass die Israeliten unter dem Schutz des Himmels standen. Das gelang ihm sehr wirksam, als er den Moabitern zeigte, wie machtlos Bileam war, ohne Gottes Zustimmung einen Fluch über Israel auszusprechen.

Als der König von Moab erfuhr, dass Bileam auf dem Weg zu ihm war, zog er ihm mit großem Gefolge bis an die Grenze seines Reiches entgegen. Als er seine Verwunderung über Bileams Verspätung zum Ausdruck brachte, da ihm doch eine große Belohnung winkte, antwortete der Prophet: "Jetzt bin ich ja gekommen. Aber steht es denn in meiner Macht, einfach irgendetwas zu sagen? Ich kann nur das sagen, was Gott mir in den Mund legt." (4. Mose 22,38 NLB) Bileam bedauerte diese Einschränkung sehr. Er befürchtete, sein Vorhaben nicht ausführen zu können, weil Gottes lenkende Macht über ihm war.

Bileam Will Israel Verfluchen

Mit den höchsten Würdenträgern seines Reiches und großer Prachtentfaltung geleitete der König Bileam auf "die Baalshöhen" (4. Mose 22,41 GNB), von denen man die Scharen Israels überblicken konnte. Nun stand der Prophet hoch oben und schaute hinunter auf das Lager des von Gott auserwählten Volkes. Doch die Israeliten hatten keine Ahnung von dem, was in ihrer unmittelbaren Nähe vor sich ging. Wie wenig wussten sie von Gottes Fürsorge, die er Tag und Nacht über sein Volk ausbreitete! Wie schwer war es ihnen zu allen Zeiten gefallen, seine große Liebe und Gnade zu begreifen! Wenn sie Gottes wunderbare Kraft hätten erkennen können, mit der er sie ständig beschützte, würden dann nicht ihre Herzen mit Dankbarkeit für seine Liebe und mit Ehrfurcht erfüllt worden sein, angesichts seiner Majestät und Macht?

Bileam hatte eine gewisse Kenntnis vom Opferwesen der Israeliten und hoffte, sich den Segen Gottes sichern zu können, indem er sie mit kostbaren Opfergaben überbot. Dann werde es ihm gelingen, seine sündhaften Pläne in die Tat umzusetzen. Auf diese Weise gewannen die Vorstellungen der götzendienerischen Moabiter die Herrschaft über seine Gedanken. Seine Weisheit war zur Torheit geworden, sein geistliches Sehvermögen war getrübt. Diese Blindheit hatte er selbst verursacht, indem er sich der Macht Satans auslieferte.

Auf Bileams Anweisung wurden sieben Altäre errichtet. Auf jedem brachte er ein Opfer dar. Dann zog er sich auf eine der Höhen zurück, um Gott zu begegnen. Er versprach Balak, ihn wissen zu lassen, was Gott ihm offenbaren werde.

Mit den Edlen und Prinzen Moabs stand der König neben den Opferaltären, während sich um sie eine neugierige Menge versammelte, um die Rückkehr des Propheten abzuwarten. Schließlich kam er auch. Das Volk war gespannt auf seinen Spruch, der für immer die seltsame Macht, die bisher den verhassten Israeliten geholfen hatte, bannen und unwirksam machen sollte.

Bileams Segensspruche

Bileam sagte:

"Vom Osten her, vom Aramäer-Land und seinen Bergen, rief mich König Balak und er befahl: ›Du sollst das Jakobsvolk mit einem schweren Fluch belegen! Verwünschen sollst du dieses Israel!‹ Wie kann ich dieses Volk verwünschen, wenn Gott, der Herr, es nicht verwünschen will? Wie soll ich es verfluchen können, solange er nicht selbst den Fluch ausspricht? Hier von der Höhe aus kann ich sie sehen, von diesem Felsengipfel aus erkenne ich: Sie sind ein Volk von ganz besonderer Art, das sich mit anderen Völkern nicht vermischt. Kein Mensch kann diese Jakobsleute zählen, wie Staub bedecken sie die Erde, die Scharen Israels, die vielen Tausend. Sie sind ein Volk, das stets das Rechte tut. Ich möchte, dass ich einmal so wie sie in Gottes Frieden sterben könnte! (4. Mose 23,7-10 GNB)

Bileam brachte zum Ausdruck, dass er zwar mit der Absicht gekommen war, Israel zu verfluchen, doch die Worte, die er hervorbrachte, standen ganz im Widerspruch zu seinen inneren Empfindungen. Er war gezwungen, Segensworte zu sprechen, während seine Seele mit Flüchen erfüllt war.

Als Bileam das Lager der Israeliten überschaute, nahm er mit Erstaunen die Anzeichen ihres Wohlstands wahr. Man hatte sie ihm als einen wilden, ungeordneten Volkshaufen geschildert, der in Gestalt von Räuberbanden das Land überziehe und eine Plage und einen Schrecken für die umliegenden Völker darstelle. Doch der Anblick, der sich ihm bot, war das genaue Gegenteil. Er sah das riesige Ausmaß und die vollkommene Anordnung ihres Lagers. Überall waren peinliche Ordnung und Disziplin zu erkennen. Hier wurde ihm vor Augen geführt, welche Gunst Gott Israel entgegenbrachte und welch besonderer Charakter das auserwählte Volk auszeichnete. Es sollte nicht mit den anderen Völkern auf einer Stufe stehen, sondern sie alle überragen. "Sie sind ein Volk von ganz besonderer Art, das sich mit anderen Völkern nicht vermischt." (4. Mose 23,9b GNB) Als diese Worte gesprochen wurden, hatten die Israeliten noch keinen dauernden Wohnsitz, und Bileam war mit ihrem besonderen Charakter, ihren Sitten und Gewohnheiten nicht vertraut. Doch wie erstaunlich klar hat sich diese Weissagung in der späteren Geschichte Israels erfüllt! In den vielen Jahren ihrer Gefangenschaft, durch alle Jahrhunderte hindurch, in denen sie zerstreut unter den Völkern lebten, sind sie ein besonderes Volk geblieben. So ist auch heute Gottes Volk - das wahre Israel - unter allen Völkern zerstreut. Die Gläubigen sind auf Erden nur Wanderer, deren "Bürgerrecht ... im Himmel" ist (Philipper 3,20a).

Bileam wurde aber nicht nur die Geschichte der Israeliten als Nation gezeigt, sondern auch das Wachstum und Wohlergehen des wahren Israels bis ans Ende der Zeit. Er sah, wie das besondere Wohlwollen des Allerhöchsten mit denen ist, die ihn lieben und ehren. Er nahm wahr, wie sein Arm sie trägt, wenn sie ins dunkle "Tal des Todesschattens" (Psalm 23,4a Elb.) treten. Er schaute, wie sie aus ihren Gräbern hervorkommen, gekrönt mit Herrlichkeit, Ehre und Unsterblichkeit. Und ihm wurde gezeigt, wie sich die Erlösten der unvergänglichen Pracht der neuen Erde erfreuen. Bei diesem Anblick rief er aus: "Wer kann zählen den Staub Jakobs, auch nur den vierten Teil Israels?" (4. Mose 23,10) Als er die Kronen der Herrlichkeit auf ihren Stirnen sah, die große Freude, die aus allen Gesichtern leuchtete, und auf das ewige, endlose Leben voll lauteren Glücks blickte, betete er ernst: "Meine Seele möge sterben den Tod der Gerechten, und mein Ende werde wie ihr Ende!" (4. Mose 23,10)

Hätte Bileam die Einstellung gehabt, die Erkenntnis anzunehmen, die ihm Gott gegeben hatte, hätte er nun seine Worte wahr gemacht und sofort jede Verbindung mit den Moabitern abgebrochen. Er hätte nicht länger Gottes Gnade ausgenutzt, sondern wäre in tiefer Reue zu ihm zurückgekehrt. Aber Bileam liebte "den Lohn der Ungerechtigkeit" (2. Petrus 2,15) und war fest entschlossen, seiner habhaft zu werden.

Voller Zuversicht hatte Balak auf einen Fluch gewartet, der wie ein vernichtender Hauch auf die Israeliten hätte fallen sollen. Bei den Worten des Propheten rief er leidenschaftlich aus: "Was hast du mir angetan? Ich habe dich geholt, damit du meine Feinde verwünschst, und nun hast du sie statt- dessen gesegnet." (4. Mose 23,11 EÜ) Bileam versuchte, aus der Not eine Tugend zu machen, und erklärte, aus gewissenhafter Achtung vor Gottes Willen diese Worte gesprochen zu haben, die doch durch göttliche Macht seinen Lippen aufgenötigt worden waren. Er fragte: "Muss ich nicht darauf achten, das zu reden, was der Herr in meinen Mund legt?" (4. Mose 23,12 Elb.)

Balak wollte aber auch jetzt seine Absicht nicht aufgeben. Er war der Meinung, dass der großartige Anblick des riesigen hebräischen Lagers Bileam so tief beeindruckt hatte, dass er es nicht wagte, eine Weissagung gegen Israel auszusprechen. Also beschloss der König, den Propheten an einen Platz zu führen, von dem aus nur ein kleiner Teil Israels zu sehen war. Wenn er Bileam dazu bewegen könnte, die Israeliten abteilungsweise zu verfluchen, wäre bald auch das ganze Lager der Vernichtung geweiht. Auf der Spitze einer Erhebung namens Pisga unternahmen sie daher einen weiteren Versuch. Wieder wurden sieben Altäre errichtet und die gleichen Opfer dargebracht wie das erste Mal. König und Fürsten blieben neben den Altären stehen, während sich Bileam zurückzog, um Gott zu begegnen. Erneut wurde dem Propheten eine Botschaft aufgetragen, die er weder verändern noch zurückhalten konnte.

Als er wieder bei der gespannt wartenden Menge erschien, fragte man ihn: "Was hat der Herr gesagt?" (4. Mose 23,17) Und wie beim ersten Mal packten den König und seine Fürsten bei der Antwort schreckliche Angst:

"Gott ist nicht ein Mensch, dass er lüge, noch ein Menschenkind, dass ihn etwas gereue. Sollte er etwas sagen und nicht tun? Sollte er etwas reden und nicht halten? Siehe, zu segnen ist mir befohlen; er hat gesegnet, und ich kann's nicht wenden. Man sieht kein Unheil in Jakob und kein Verderben in Israel. Der Herr, sein Gott, ist bei ihm, und es jauchzt dem König zu." (4. Mose 23,19-21)

Von diesen Offenbarungen selbst eingeschüchtert, rief Bileam aus: "Zauber wirkt nicht in Jakob und kein Orakel in Israel." (4. Mose 23,23 ZÜ) Den Wünschen der Moabiter entsprechend, hatte der berühmte Magier versucht, seine Zaubermacht auszuüben. Aber gerade bei dieser Gelegenheit sollte man von Israel sagen: "Was hat Gott getan!" (4. Mose 23,23 ZÜ) Solange die Israeliten unter Gottes Schutz standen, konnte kein Volk und kein Staat etwas gegen sie ausrichten, auch wenn sie von Satans ganzer Macht unterstützt wurden. Alle Welt sollte über Gottes wunderbares Wirken zugunsten seines Volkes staunen: Darüber, dass ein Mann zwar entschlossen war, einen sündigen Weg einzuschlagen, aber derart von Gottes Macht gelenkt wurde, dass er statt Verwünschungen die reichsten und kostbarsten Segenswünsche in einer erhabenen und leidenschaftlichen Dichtung aussprechen musste. Die Gunst, die Gott damals Israel erwies, sollte zu allen Zeiten den gehorsamen, treuen Kindern Gottes die Gewissheit seiner beschützenden Fürsorge schenken. Wenn Satan böse Menschen dazu verleiten sollte, die Gläubigen zu verleumden, ihnen zuzusetzen und sie zu vernichten, würde ihnen diese Begebenheit wieder bewusst werden, um ihren Mut und Glauben an Gott zu stärken.

Entmutigt und erschüttert rief der Moabiter-König: "Du sollst es weder verfluchen noch segnen." (4. Mose 23,25) Doch noch immer hegte er im Herzen eine leise Hoffnung. Er entschloss sich zu einem neuen Versuch. Diesmal führte er Bileam auf den Berg Peor, wo ein Tempel stand, der den ausschweifenden Kulthandlungen der Verehrung ihres Gottes Baal geweiht war. Hier wurde die gleiche Anzahl von Altären errichtet, und es wurden ebenso viele Opfer dargebracht. Aber diesmal zog sich Bileam nicht zurück, um Gottes Willen zu erfragen. Er gab nicht vor zu zaubern, sondern stand einfach neben den Altären und schaute weit über die Zelte Israels. Erneut ruhte der Geist Gottes auf ihm. Über seine Lippen kam die göttliche Botschaft:

"Wie fein sind deine Zelte, Jakob, und deine Wohnungen, Israel! Wie die Täler, die sich ausbreiten, wie die Gärten an den Wassern, wie die Aloebäume, die der Herr pflanzt, wie die Zedern an den Wassern. Sein Eimer fließt von Wasser über, und seine Saat hat Wassers die Fülle. Sein König wird höher werden als Agag, und sein Reich wird sich erheben. Gott, der ihn aus Ägypten geführt hat, ist für ihn wie das Horn des Wildstiers. Er wird die Völker, seine Verfolger, auffressen und ihre Gebeine zermalmen und mit seinen Pfeilen zerschmettern. Er hat sich hingestreckt, sich niedergelegt wie ein Löwe und wie [eine Löwin] - wer will ihn aufstören? Gesegnet sei, wer dich segnet, und verflucht, wer dich verflucht!" (4. Mose 24,5-7.9)

Hier wird das Wohlergehen Israels mit den schönsten Bildern beschrieben, die in der Natur zu finden sind. Der Prophet vergleicht Gottes Volk mit fruchtbaren Tälern voll überreicher Ernte, mit blühenden Gärten, die von nie versiegenden Quellen bewässert werden, und mit dem wohlriechenden Aloebaum und der stattlichen Zeder. Das letzte Bild gehört zu den eindrucksvollsten und treffendsten, die man in der inspirierten Bibel finden kann. Die Zeder des Libanon wurde von allen Völkern des Ostens geschätzt. Die Baumgattung, zu der sie gehört, findet man auf der ganzen Erde. Sie gedeiht von der Arktis bis in die Tropen; sie verträgt die Hitze gut, trotzt aber auch der Kälte. Üppig wächst sie an den Ufern von Flüssen, ragt aber auch hoch empor auf dürrem Boden. Sie senkt ihre Wurzeln tief zwischen die Felsen der Berge und hält trotzig dem Unwetter stand. Ihre Nadeln sind noch frisch und grün, wenn alles andere durch den kalten Hauch des Winters vergangen ist. Die Zeder des Libanon übertrifft jeden anderen Baum an Stärke, Festigkeit und unverwüstlicher Lebenskraft. Sie ist ein Sinnbild für alle, deren Leben "verborgen mit Christus in Gott" ist (Kolosser 3,3). In den Psalmen steht: "Der Gerechte ... wird wachsen wie eine Zeder." (Psalm 92,13) Gottes Hand erhob diesen Baum zur Königin der Wälder. "Die Zypressen waren seinen Ästen nicht zu vergleichen, und die Platanen waren nichts gegen seine Zweige. Ja, er war so schön wie kein Baum im Garten Gottes." (Hesekiel 31,8) Wiederholt wird die Zeder sogar als Sinnbild für die Königswürde gebraucht. Dass die Heilige Schrift die Gerechten mit der Zeder vergleicht, macht deutlich, wie der Himmel die Menschen einschätzt, die ihr Leben nach dem Willen Gottes gestalten.

Bileam prophezeite, dass Israels König größer und mächtiger als Agag sein werde. Diesen Namen trugen die Könige der Amalekiter, die zu j ener Zeit eine sehr starke Nation waren. Solange Israel aber Gott treu bliebe, würde es alle seine Feinde unterwerfen. Israels König war der Sohn Gottes. Sein Thron sollte eines Tages auf der Erde aufgestellt werden. Seine Macht werde alle irdischen Reiche übertreffen.

Als Balak diese Worte des Propheten hörte, wurde er von Enttäuschung, Angst und Wut schier überwältigt. Er war darüber entrüstet, dass ihm Bileam zumindest eine kleine Hoffnung auf eine positive Antwort gemacht hatte, während doch alles gegen ihn entschieden war. Nun verachtete er das unentschlossene und betrügerische Verhalten des Propheten. Grimmig rief er: "Geh nun weg in dein Land! Ich dachte, ich wollte dich ehren, aber der Herr hat dir die Ehre verwehrt." (4. Mose 24,11) Bileam entgegnete, er habe den König ja vorher gewarnt, dass er nur sagen könne, was Gott ihm eingeben werde.

Bevor Bileam zu seinem Volk zurückkehrte, äußerte er eine der schönsten und erhabensten Weissagungen über den Erlöser der Welt und die endgültige Vernichtung der Feinde Gottes:

"Ich sehe ihn, aber nicht jetzt, ich schaue ihn, aber nicht nahe. Es tritt hervor ein Stern aus Jakob, und ein Zepter erhebt sich aus Israel und zerschlägt die Schläfen Moabs und zerschmettert alle Söhne Sets." (4. Mose 24,17 Elb.)

Er schloss mit der Voraussage der vollständigen Vernichtung Moabs und Edoms, der Amalekiter und der Keniter. Damit ließ er dem Moabiter-König nicht den geringsten Hoffnungsschimmer.

Der Rat Bileams Und Sein Ende

In seinen Hoffnungen auf Reichtum und Ehre enttäuscht, kehrte Bileam von seiner selbst gewählten Mission zurück. Er war beim König in Ungnade gefallen und wusste, dass er sich das Missfallen Gottes zugezogen hatte. Zu Hause angekommen, verließ ihn die steuernde Macht des Geistes Gottes, und Bileams Habsucht, die nur eine gewisse Zeit im Zaum gehalten worden war, gewann die Oberhand. Ihm war nun jedes Mittel recht, um sich die Belohnung zu sichern, die ihm Balak versprochen hatte. Bileam wusste, dass das Wohlergehen der Israeliten von ihrem Gehorsam gegenüber Gott abhing und es keinen Weg gab, um sie zu überwinden, außer sie zur Sünde zu verleiten. Deshalb entschloss er sich, Balaks Gunst zu erlangen, indem er den Moabitern zeigte, wie sie vorgehen müssten, um einen Fluch über Israel zu erwirken.

Bileam kehrte sofort nach Moab zurück und unterbreitete dem König seine Pläne. Die Moabiter waren selbst davon überzeugt, dass die Israeliten unter Gottes Schutz standen, solange sie ihm treu blieben. Bileams Vorschlag war, sie von Gott zu trennen, indem man sie zur Götzenverehrung verführte (vgl. 4. Mose 31,16). Wenn man sie veranlassen könnte, am ausschweifenden Kult Baals und der Astarte teilzunehmen, würde ihr allmächtiger Beschützer zu ihrem Feind. Dann würden sie bald eine Beute der ungestümen, kriegerischen Stämme, die um sie herum wohnten. Diesen Plan griff der König bereitwillig auf, und Bileam blieb dort, um bei dessen Ausführung zu helfen.

Bileam erlebte den Erfolg seines teuflischen Vorhabens. Er sah, wie Gottes Fluch die Israeliten heimsuchte und Tausende in seinen Strafgerichten umkamen. Aber Gottes Gerechtigkeit, die Israels Sünde bestrafte, ließ auch die Verführer nicht entkommen. Im Krieg, den Israel gegen die Midianiter führte, wurde Bileam getötet. Er hatte wohl geahnt, dass sein eigenes Ende nahe war, als er ausrief: "Meine Seele möge sterben den Tod der Gerechten, und mein Ende werde wie ihr Ende!" (4. Mose 23,10) Aber er hatte sich dagegen entschieden, wie ein Gerechter zu leben. So erfüllte sich sein Schicksal aufseiten der Feinde Gottes.

Der Fehler Von Bileam Und Judas

Bileams Schicksal gleicht dem von Judas, und ihr Charakter zeigt eine bemerkenswerte Übereinstimmung. Beide Männer versuchten, sowohl Gott als auch dem "Mammon" zu dienen (vgl. Matthäus 6,24c). Sie erlitten dabei schmählich Schiffbruch. Bileam erkannte den wahren Gott an und gab vor, ihm zu dienen; Judas glaubte an Jesus als den Messias und gesellte sich zu seinen Nachfolgern. Aber Bileam hoffte, die Verehrung Jahwes als Sprungbrett für Reichtum und weltliche Ehre nutzen zu können. Als das misslang, strauchelte er, fiel und wurde zerbrochen. Judas versprach sich aus seiner Verbindung mit Christus Reichtum und eine hohe Stellung im weltlichen Reich, das der Messias seiner Meinung nach aufrichten werde. Als sich seine Hoffnungen zerschlugen, fiel er von Jesus ab und stürzte ins Verderben. Bileam wie Judas hatten viele geistliche Erkenntnisse gewonnen und besondere Vorrechte genossen. Doch eine einzige gehegte Sünde besudelte ihren ganzen Charakter und verursachte ihren Untergang.

Es ist gefährlich, einen unchristlichen Wesenszug in sich zu dulden. Eine einzige gehegte Sünde verdirbt nach und nach den Charakter, indem sie alle edleren Kräfte dem bösen Verlangen unterwirft. Wenn man eine Schutzmaßnahme des Gewissens ausschaltet, einer schlechten Gewohnheit frönt oder den hohen Anspruch einer Pflicht vernachlässigt, werden die inneren Verteidigungsmechanismen niedergerissen und der Weg für Satan geöffnet, sodass er uns auf Abwege führt. Der einzig sichere Weg besteht darin, täglich aufrichtigen Herzens wie David zu beten: "Erhalte meinen Gang auf deinen Wegen, dass meine Tritte nicht gleiten." (Psalm 17,5)