Wie Alles Begann

Kapitel 46

Verkündigung Von Segen Und Fluch

[AUDIO]

Josua 8,1-8.30-35.

Als das Urteil an Achan vollstreckt war, erhielt Josua den Befehl, alle Krieger einzuberufen und noch einmal gegen Ai vorzurücken. Gottes Macht war nun mit ihnen, und bald waren sie im Besitz der Stadt.

Dann wurden die militärischen Operationen eine Zeitlang unterbrochen, damit ganz Israel an einem feierlichen religiösen Geschehen teilnehmen konnte. Das Volk sehnte sich danach, Kanaan zu besiedeln. Es besaß ja bislang weder Häuser noch Grundbesitz für die Familien. Um sie zu erlangen, mussten die Israeliten zuerst die Kanaaniter vertreiben. Aber diese wichtige Aufgabe sollte zurückgestellt werden, weil eine höhere Pflicht die besondere Aufmerksamkeit erforderte.

Ehe sie ihr Erbe in Besitz nehmen durften, mussten die Israeliten ihr Treuebündnis mit Gott erneuern. In seinen letzten Unterweisungen hatte ihnen Mose zweimal gesagt, dass sich die Stämme bei Sichern auf den Bergen Ebal und Garizim zur feierlichen Anerkennung des Gesetzes Gottes versammeln sollten (vgl. 5. Mose 11,29.30; 27,4.12.13). Diesen Anweisungen folgten sie nun. Das ganze Volk, nicht nur die Männer, sondern "auch die Frauen und Kinder und die Fremden, die bei ihnen lebten" (Josua 8,35b GNB), verließen das Lager bei Gilgal und marschierten durch das Gebiet ihrer Feinde ins Tal Sichem, das etwa in der Mitte des Landes lag. Obwohl sie von unbesiegten Feinden umgeben waren, konnten sie sich unter Gottes Schutz sicher fühlen, solange sie ihm treu blieben. Wie zur Zeit Jakobs kam auch jetzt "ein Gottesschrecken über die Städte, die um sie her lagen" (1. Mose 35,5). Die Israeliten blieben unbehelligt.

Die Versammlung Im Tal Sichem

Der Ort, an dem dieser feierliche Dienst stattfinden sollte, war schon durch seine Beziehung mit der Geschichte der Vorväter heilig. Hier hatte Abraham seinen ersten Altar im Land Kanaan errichtet. Abraham und Jakob hatten hier ihre Zelte aufgeschlagen. Jakob hatte das Feld gekauft, auf dem die Stämme später den Leichnam Josefs beerdigten. Hier war auch der Brunnen, den er ausheben ließ, und hier stand die Eiche, unter der er die Götzenbilder seiner Familie vergrub.

Der ausgewählte Ort war einer der schönsten in ganz Palästina und des großartigen, eindrucksvollen Geschehens, das hier stattfinden sollte, durchaus würdig. Zwischen den kahlen Hügeln erstreckte sich ein einladendes, liebliches Tal: grüne Felder mit wild wachsenden Blumen, bewässert von Bächen aus gesunden Quellen, dazwischen einzelne Olivenhaine. Zu beiden Seiten des Tales erhoben sich die Berge Ebal und Garizim - so nahe beieinander, dass ihre unteren Ausläufer natürliche Kanzeln bildeten, sodass jedes Wort, das auf der einen gesprochen wurde, auch auf der anderen gehört werden konnte. Die zurückweichenden Berghänge boten Raum für eine riesige Versammlung.

Nach den Anweisungen, die Mose gegeben hatte (vgl. 5. Mose 27,2-8), errichteten die Israeliten auf dem Berg Ebal ein Mahnmal aus großen Steinen. Es wurde mit einer Kalkschicht überzogen, auf die das Gesetz geschrieben wurde - nicht nur die Zehn Gebote, die am Sinai verkündet worden waren und auf den Steintafeln geschrieben standen, sondern auch die Gesetze, die Mose erhalten und in ein Buch geschrieben hatte. Neben diesem Mahnmal baute man einen Altar aus unbehauenen Steinen, auf dem man dem Herrn Opfer darbrachte. Dass der Altar auf dem Berg Ebal errichtet wurde, auf dem die Flüche verkündet werden sollten, war bedeutsam. Dies brachte zum Ausdruck, dass das Volk Israel wegen seiner Übertretungen des Gesetzes Gottes gerechterweise seinen Zorn auf sich geladen hatte und unmittelbar heimgesucht worden wäre, wenn nicht Christus, der durch den Opferaltar sinnbildlich dargestellt wurde, einst Sühne dafür leisten würde.

Sechs Stämme - Nachkommen Leas und Rahels - stellten sich auf dem Berg Garizim auf, während die Nachkommen ihrer Mägde zusammen mit Ruben und Sebulon ihren Platz auf dem Ebal erhielten (vgl. 5. Mose 27,12.13). Die Priester standen mit der Bundeslade im Tal zwischen ihnen. Ein Posaunensignal gebot Schweigen, bevor Josua, der neben der heiligen Lade stand, in die tiefe Stille hinein vor dieser riesigen Versammlung den Segen verkündete, der dem Gehorsam gegenüber Gottes Gesetz folgen würde. Alle Stämme auf dem Garizim antworteten mit einem Amen. Dann verlas er den Fluch, und die Stämme auf dem Ebal stimmten in gleicher Weise zu. Tausende und Abertausende Stimmen vereinigten sich in der feierlichen Antwort zu einer einzigen. Nun folgte die Verlesung des Gesetzes Gottes, zusammen mit den Geboten und Rechtsordnungen, die Mose ihnen übermittelt hatte.

Am Sinai hatten die Israeliten das Gesetz unmittelbar aus Gottes Mund erhalten. Seine heiligen Gebote - geschrieben mit seiner eigenen Hand - wurden noch in der Bundeslade aufbewahrt. Nun waren sie erneut niedergeschrieben worden - dort, wo alle sie lesen konnten. Jeder konnte die Bedingungen des Bundes sehen, unter denen sie Kanaan besitzen sollten. Alle sollten ihre Annahme der Bedingungen des Bundes zum Ausdruck bringen und den Segnungen bei der Befolgung sowie den Flüchen bei der Vernachlässigung der Gebote zustimmen. Das Gesetz wurde nicht nur auf das Mahnmal geschrieben, sondern auch von Josua selbst vor den Ohren ganz Israels verlesen. Erst einige Wochen waren vergangen, seitdem Mose seine Abschiedsreden dem Volk in Form eines Buches (später das 5. Mosebuch oder Deuteronomium genannt, das bedeutet "zweites Gesetz") übergeben hatte. Nun las Josua das Gesetz nochmals vor.

Nicht nur Israels Männer, sondern auch alle Frauen und Kinder hörten der Verkündigung zu, denn es war wichtig, dass auch sie ihre Pflichten kannten und taten. Gott hatte Israel bezüglich seiner Gebote durch Mose befohlen: "So nehmt nun diese Worte zu Herzen und in eure Seele und bindet sie zum Zeichen auf eure Hand und macht sie zum Merkzeichen zwischen euren Augen und lehrt sie eure Kinder ... auf dass ihr mit euren Kindern lange lebt in dem Land, das der Herr, wie er deinen Vätern geschworen hat, ihnen geben will, solange die Tage des Himmels über der Erde währen." (5. Mose 11,18.19.21)

Die Wiederholte Verkündigung Des Gesetzes

In jedem siebenten Jahr sollte den Israeliten das ganze Gesetz vorgelesen werden, wie Mose es angeordnet hatte: "Alle sieben Jahre, im Erlassjahr, sollt ihr dieses Gesetzbuch öffentlich verlesen. Tut es vor allen Israeliten, wenn sie am Laubhüttenfest zum Herrn, eurem Gott, an die Stätte kommen, die er auswählen wird. Ruft dann das ganze Volk zusammen, Männer, Frauen und Kinder und auch die Fremden, die bei euch leben. Sie sollen dieses ganze Gesetz hören, damit sie lernen, den Herrn, euren Gott, ernst zu nehmen und alle seine Weisungen in diesem Gesetzbuch genau zu befolgen. Auch eure Kinder, die dieses Gesetz noch nicht kennen, sollen es hören, damit sie lernen, den Herrn, euren Gott, ernst zu nehmen und ihm zu gehorchen. So soll es sein während der ganzen Zeit, die ihr in dem Land lebt, das ihr jetzt in Besitz nehmen werdet." (5. Mose 31,10-13 GNB)

Satan ist ständig bemüht, Gottes Wort zu verdrehen, den Verstand der Menschen zu verdüstern und ihr Verständnis zu trüben, um sie zur Sünde zu verleiten. Deshalb macht der Herr seine Forderungen so eindeutig und klar, dass niemand in die Irre zu gehen braucht. Gott ist ständig bemüht, Menschen unter seinen Schutz zu ziehen, damit Satan nicht seine grausame, betrügerische Macht über sie ausüben kann. Gott ließ sich herab, um mit seiner eigenen Stimme zu den Israeliten zu reden und mit eigener Hand sein lebendiges Wort niederzuschreiben. Und alle diese gesegneten Worte, die von Leben erfüllt sind und vor Wahrheit leuchten, sind den Menschen als ein vollkommener Führer anvertraut. Weil Satan so eifrig darauf aus ist, den Verstand in Beschlag zu nehmen und das Gemüt von den Verheißungen und Forderungen des Herrn abzulenken, bedarf es umso größeren Fleißes, diese dem Herzen und dem Verstand einzuprägen.

Unterweisung Der Kinder Und Jugendlichen

Religionslehrer sollten der Belehrung der Kinder über die Tatsachen und Lehren der biblischen Geschichte sowie den Warnungen und Forderungen des Herrn größere Aufmerksamkeit schenken. Sie sollten in einfacher, den Kindern verständlicher Sprache dargeboten werden. Es sollte ein Teil der Aufgabe der Pastoren und der Eltern sein, die Jugendlichen in der Heiligen Schrift zu unterweisen.

Eltern können und sollen das Interesse ihrer Kinder für das vielfältige Wissen wecken, das in der Bibel zu finden ist. Wenn sie aber ihre Söhne und Töchter für das Wort Gottes gewinnen wollen, müssen sie selbst daran interessiert sein. Sie müssen mit seinen Lehren vertraut sein und darüber sprechen, wie Gott es Israel geboten hat, "wenn du in deinem Hause sitzt oder unterwegs bist, wenn du dich niederlegst oder aufstehst" (5. Mose 6,7). Wer möchte, dass seine Kinder Gott lieben und ehren, muss ihnen von seiner Güte, Majestät und Macht erzählen, wie sie sich in seinem Wort und in den Werken der Schöpfung offenbaren.

Jedes Kapitel und jeder Vers der Bibel ist eine Mitteilung Gottes an die Menschen. Wir sollen seine Gebote "zum Zeichen auf [die] Hand binden" und sie sollen uns "ein Merkzeichen zwischen [den] Augen sein" (5. Mose 6,8). Würde die Bibel studiert und befolgt werden, würde sie Gottes Volk so führen, wie seinerzeit die Israeliten durch die Wolkensäule bei Tag und die Feuersäule bei Nacht geführt worden sind.