Wie Alles Begann

Kapitel 52

Die Jährlichen Pilgerfeste

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3. Mose 23 und 5. Mose 16,1-17.

Es gab drei jährliche Versammlungen für ganz Israel, um im Heiligtum anzubeten (vgl. 2. Mose 23,14-17). Längere Zeit war Silo der Ort dieser Zusammenkünfte, aber später wurde Jerusalem der religiöse Mittelpunkt. Dort versammelten sich dann die Stämme zu den feierlichen Festen.

Die Israeliten waren umgeben von wilden, kriegerischen Volksstämmen, die begierig darauf warteten, ihr Land einzunehmen. Dennoch sollten alle Männer, die körperlich dazu in der Lage waren, und alle Leute, die die Reise auf sich nehmen konnten, dreimal im Jahr ihr Zuhause verlassen und sich auf den Weg zum Versammlungsort nahe der Landesmitte begeben. Was sollte ihre Feinde daran hindern, die ungeschützten Häuser zu überfallen und sie mit Feuer und Schwert zu verwüsten? Wodurch könnte eine Invasion des Landes verhindert werden, durch die Israel in die Gefangenschaft eines fremden Feindes gekommen wäre? Gott hatte versprochen, der Beschützer seines Volkes zu sein. Während die Israeliten hinaufzogen, um anzubeten, hielt Gott ihre Feinde zurück. Sein Versprechen lautete: "Ich werde die Heiden vor dir ausstoßen und dein Gebiet weit machen, und niemand soll dein Land begehren, während du dreimal im Jahr hinaufgehst, um vor dem Herrn, deinem Gott, zu erscheinen." (2. Mose 34,24) "Der Engel des Herrn lagert sich um die her, die ihn fürchten, und hilft ihnen heraus." (Psalm 34,8)

Das erste der drei Feste, das Passa mit dem Fest der ungesäuerten Brote, fand im Abib30 statt, im ersten Monat des jüdischen Jahres (Ende März/An- fang April nach unserer Einteilung). Die Winterkälte war dann vorüber, der Spätregen hatte aufgehört, und die gesamte Natur erfreute sich der Frische und Schönheit des Frühlings. Auf den Bergen und in den Tälern grünte es, und überall leuchteten wild wachsende Blumen. Der werdende Vollmond tauchte die Abende in liebliches Licht. Diese Jahreszeit hat der geistliche Sänger eindrücklich beschrieben:

"Der Winter ist vergangen, der Regen ist vorbei und dahin. Die Blumen sind aufgegangen im Lande, der Lenz ist herbeigekommen, und die Turteltaube lässt sich hören in unserem Lande. Der Feigenbaum hat Knoten gewonnen, und die Reben duften mit ihren Blüten." (Hoheslied 2,11-13)

Die Pilgerreise Nach Jerusalem

Aus dem ganzen Land machten sich die Pilgergruppen auf den Weg nach Jerusalem. Schäfer kamen von ihren Herden, Rinderhirten von den Hügeln, Fischer vom See Genezareth, Bauern von ihren Feldern und später auch die Prophetensöhne aus ihren heiligen Schulen - alle lenkten ihre Schritte zu dem Ort, wo sich Gottes Gegenwart offenbarte. Sie reisten in kurzen Etappen, denn viele gingen zu Fuß. Die Züge bekamen ständig Zuwachs und wurden oft sehr groß, bis sie die Heilige Stadt erreichten.

Die liebliche Natur weckte in den Herzen der Israeliten Freude und Dankbarkeit gegenüber dem Geber alles Guten. Man sang die großartigen hebräischen Psalmen, die die Herrlichkeit und Majestät Jahwes preisen. Auf den Klang der Posaune hin erscholl, begleitet von Zimbelklängen, der Dankeschor, der von Hunderten Stimmen getragen wurde:

"Ich freute mich über die, die mir sagten: Lasset uns ziehen zum Hause des Herrn! Nun stehen unsere Füße in deinen Toren, Jerusalem ... wohin die Stämme hinaufziehen, die Stämme des Herrn ... zu preisen den Namen des Herrn . Wünschet Jerusalem Glück! Es möge wohl gehen denen, die dich lieben!" (Psalm 122,1.2.4.6)

Wenn die Israeliten die Berge ringsum sahen, auf denen die Heiden ihre Opferfeuer anzuzünden pflegten, sangen sie:

"Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe? Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat." (Psalm 121,1.2)

"Die auf den Herrn hoffen, werden nicht fallen, sondern ewig bleiben wie der Berg Zion. Wie um Jerusalem Berge sind, so ist der Herr um sein Volk her von nun an bis in Ewigkeit." (Psalm 125,1.2)

Wenn sie die Hügel überwunden hatten und die heilige Stadt vor ihnen lag, blickten sie voller Andacht und Ehrfurcht auf die große Schar von Anbetern, die mit ihnen unterwegs auf dem Weg zum Tempel waren. Sie sahen den Weihrauch des Opfers aufsteigen, und wenn sie die Posaunen der Leviten hörten, die den heiligen Gottesdienst ankündigten, wurden sie vom Geschehen ergriffen und sangen:

"Der Herr ist mächtig! Groß ist der Ruhm unseres Gottes in seiner Stadt und auf seinem heiligen Berg! Prächtig erhebt sich der Zion, eine Freude für die ganze Welt! Er ist der wahre Gottesberg; dort steht die Stadt des großen Königs." (Psalm 48,2.3 GNB)

"Es möge Friede sein in deinen Mauern und Glück in deinen Palästen!" (Psalm 122,7)

"Tut mir auf die Tore der Gerechtigkeit, dass ich durch sie einziehe und dem Herrn danke." (Psalm 118,19)

"Was ich dem Herrn versprochen habe, das löse ich ein in Gegenwart seines ganzen Volkes, in den Vorhöfen seines Tempels, mitten in dir, Jerusalem! Preist den Herrn - Halleluja!" (Psalm 116,18.19 GNB)

In Jerusalem wurden den Pilgern alle Häuser geöffnet. Die Räume wurden unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Aber das reichte natürlich bei Weitem nicht für die riesige Versammlung. Deshalb schlug man auf allen verfügbaren Plätzen in der Stadt und auf den Hügeln ringsum Zelte auf.

Die Drei Jährlichen Pilgerfeste

Am 14. Tag des Monats Abib wurde abends das Passa begangen. Seine feierlichen, eindrucksvollen Zeremonien erinnerten an die Befreiung aus der Sklaverei in Ägypten und wiesen auf das Opfer hin, das aus der Knechtschaft der Sünde erretten sollte. Als der Erlöser auf Golgatha sein Leben dahingab, verlor das Passafest diese Bedeutung. Jesus setzte das Abendmahl zum Gedächtnis an das Ereignis ein, auf welches das Passa schattenhaft hingewiesen hatte.

Auf das Passa folgte das siebentägige Fest der ungesäuerten Brote. Der erste und der siebente Tag waren Tage der heiligen Versammlung, an denen keine gewöhnliche Arbeit verrichtet werden durfte. Am zweiten Tag des Festes wurden Gott die Erstlingsfrüchte des Jahres dargebracht. In Palästina war die Gerste das früheste Getreide, und es reifte gerade zu Beginn des Festes. Eine Gerstengarbe schwangen die Priester vor dem Altar Gottes als Bekenntnis, dass alles Gott gehörte. Erst nach dieser Zeremonie durfte die Ernte eingebracht werden (vgl. 3. Mose 23,10.11.14).

Am 50. Tag nach der Darbringung der Erstlingsfrüchte war Pfingsten, auch Ernte- oder Wochenfest genannt. Als Ausdruck der Dankbarkeit für das als Speise zubereitete Korn wurden Gott zwei mit Sauerteig gebackene Laibe Brot dargebracht. Pfingsten nahm nur einen Tag in Anspruch, an dem ausschließlich Gottesdienst abgehalten wurde (vgl. 4. Mose 28,26).

Im siebenten Monat wurde das Laubhütten- oder Erntedankfest gefeiert. Mit diesem Fest dankte man Gott für seine großzügigen Gaben in den Obstgärten, Olivenhainen und Weinbergen. Es war die krönende Festversammlung des Jahres. Das Land hatte seinen Ertrag geliefert, die Ernte war in die Kornkammern eingebracht, Früchte, Öl und Wein waren eingelagert und die Erstlingsfrüchte waren als Opfer beiseitegelegt. Nun kam das Volk mit seinen Dankesgaben zu Gott, der es so reichlich gesegnet hatte.

Dieses Fest sollte vor allem eine Gelegenheit zur Freude sein. Es fand unmittelbar nach dem großen Versöhnungstag statt, an dem die Gläubigen die Gewissheit empfangen hatten, dass ihrer Sünden nicht mehr gedacht wurde (vgl. 3. Mose 23,27. 28). Versöhnt mit Gott kamen sie nun vor ihn, um ihm für seine Güte zu danken und seine Barmherzigkeit zu preisen. Die Erntearbeit war vorüber, die Anstrengungen des neuen Jahres hatten noch nicht begonnen. Man war sorgenfrei und konnte sich der unbeschwerten Fröhlichkeit dieser Stunden hingeben. Obwohl nur Vätern und Söhnen aufgetragen war, zu den Festen zu erscheinen, sollte doch - soweit das möglich war - die ganze Familie dabei sein, und bei ihrer Gastfreiheit waren auch Bedienstete, Leviten, Fremde und Arme willkommen.

Wie das Passa war auch das Laubhüttenfest eine Gedächtnisfeier. In Erinnerung an ihr Pilgerleben in der Wüste sollten sie jetzt die Häuser verlassen und in Hütten oder Lauben aus grünen Zweigen wohnen. Sie sollten "Früchte nehmen von schönen Bäumen, Palmwedel und Zweige von Laubbäumen und Bachweiden" (3. Mose 23,40).

Am ersten Tag fand eine heilige Versammlung statt, und den sieben Festtagen wurde ein achter hinzugefügt, der in gleicher Weise begangen wurde.

Die Bedeutung Des Laubhüttenfestes Damals Und Heute

Bei diesen jährlichen Zusammenkünften wurden Jung und Alt zum Dienst für Gott ermutigt. Zugleich stärkten sie die Gemeinschaft, die das Volk aus den verschiedenen Teilen des Landes untereinander und mit Gott verband. Es wäre auch für das gegenwärtige Volk Gottes manchmal gut, ein Laubhüttenfest als frohe Erinnerung an die empfangenen Segnungen Gottes zu veranstalten. Wie die Israeliten der Befreiung ihrer Väter durch Gottes Hilfe und ihrer wunderbaren Bewahrung auf den Wanderungen seit dem Auszug aus Ägypten gedachten, so sollten wir uns dankbar erinnern, wie der Herr uns aus der Welt und von der Finsternis in das wunderbare Licht seiner Gnade und Wahrheit geführt hat.

Für alle, die weit entfernt vom Heiligtum wohnten, muss der Besuch der jährlichen Feste insgesamt mehr als einen Monat Zeit in Anspruch genommen haben. Dieses Beispiel der Hingabe an Gott sollte betonen, wie bedeutsam gemeinsamer Gottesdienst ist und wie notwendig es erscheint, unsere eigensüchtigen und weltlichen Interessen den geistlichen und ewigen unterzuordnen. Es geht uns etwas verloren, wenn wir die Möglichkeiten zur gegenseitigen Stärkung und Ermutigung im Dienst für Gott nicht nutzen. Die Wahrheiten seines Wortes büßen allmählich an Lebendigkeit und Bedeutung in unserem Bewusstsein ein. Wir werden nicht mehr von seinem heiligenden Einfluss erfasst und aufgerüttelt. Unsere geistliche Einstellung schwindet. Wenn in unseren christlichen Beziehungen das Mitgefühl fehlt, geht uns viel verloren. Wer sich den anderen verschließt, erfüllt nicht die Aufgabe, die Gott ihm zugedacht hat. Wir alle sind Kinder eines einzigen Vaters und befinden uns in unserem Streben nach Glück in gegenseitiger Abhängigkeit. Gott und unsere Mitmenschen haben Anspruch auf uns. Die rechte Pflege von sozialen Beziehungen, auf die wir Menschen angelegt sind, führt zu Freundschaften mit unseren Geschwistern und verschafft uns Freude in unserem Bestreben, anderen ein Segen zu sein.

Das Laubhüttenfest war nicht nur ein Gedenkfest, sondern hatte auch sinnbildliche Bedeutung. Es erinnerte nicht nur an die Wüstenwanderung, sondern feierte das Einbringen der Früchte der Erde und verwies auf den großen Tag der Welternte, wenn der Herr der Ernte seine Schnitter aussenden wird, um das Unkraut in Bündeln für das Feuer zu sammeln und den Weizen in seine Scheunen einzubringen (vgl. Matthäus 13,30). Dann werden alle Gottlosen umkommen. Sie werden sein, "als wären sie nie gewesen" (Obadja 16). Und alle Stimmen im gesamten Universum werden sich zum freudigen Lob Gottes vereinen. Johannes berichtete in der Offenbarung: "Und jedes Geschöpf, das im Himmel und auf der Erde und unter der Erde und auf dem Meer ist, und alles, was in ihnen ist, hörte ich sagen: Dem, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm den Lobpreis und die Ehre und die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit!" (Offenbarung 5,13 Elb.)

Die Israeliten priesen Gott beim Laubhüttenfest, wenn sie an seine Barmherzigkeit bei ihrer Befreiung aus der Knechtschaft in Ägypten und an seine liebevolle Fürsorge während ihres Pilgerlebens in der Wüste erinnerten. Freude empfanden sie auch im Bewusstsein der Sündenvergebung und ihrer Annahme bei Gott durch den kurz vorher abgeschlossenen Dienst des Versöhnungstages. Aber erst wenn die Erlösten des Herrn im himmlischen Kanaan aufgenommen sind, für immer befreit von der Knechtschaft der Vergänglichkeit, unter der "die ganze Schöpfung zusammen seufzt und ... in Geburtswehen liegt bis jetzt" (Römer 8,22 Elb.), werden sie mit unaussprechlicher Freude in Herrlichkeit jauchzen. Dann ist das große Versöhnungswerk in Christus für die Menschen vollendet. Ihre Sünden sind für immer ausgelöscht.

"Die Steppe soll sich freuen, das dürre Land glücklich sein, die Wüste soll jubeln und blühen! Mit Blumen soll sie sich bedecken, jauchzen und vor Freude schreien! Herrlich wie der Libanon soll sie werden, prächtig wie der Berg Karmel und wie die Ebene Scharon. Dann sieht das Volk die Herrlichkeit des Herrn, die Pracht und Hoheit unseres Gottes . Dann können die Blinden wieder sehen und die Tauben wieder hören. Dann springt der Gelähmte wie ein Hirsch und der Stumme jubelt vor Freude. In der Wüste brechen Quellen auf und Bäche ergießen sich durch die Steppe ... Eine feste Straße wird dort sein, den ›heiligen Weg‹ wird man sie nennen. Wer unrein ist, darf sie nicht betreten, nur für das Volk des Herrn ist sie bestimmt. Selbst Unkundige finden den Weg, sie werden dort nicht irregehen. Auf dieser Straße gibt es keine Löwen, kein Raubtier ist auf ihr zu finden; nur die geretteten Menschen gehen dort. Sie, die der Herr befreit hat, kehren heim; voll Jubel kommen sie zum Zionsberg. Aus ihren Augen strahlt grenzenloses Glück. Freude und Wonne bleiben bei ihnen, Sorgen und Seufzen sind für immer vorbei." (Jesaja 35,1-2.5-6.8-10 GNB)