Wie Alles Begann

Kapitel 55

Samuels Geburt Und Kindheit

[AUDIO]

1. Samuel 1 und2,1-12.18-21.

Elkana, ein Levit vom Gebirge Ephraim, war ein wohlhabender und einflussreicher Mann, der den Herrn liebte und verehrte. Seine Frau Hanna besaß eine tiefe Frömmigkeit. Sie war eine sanftmütige und bescheidene Person. Ihr Charakter war geprägt von großer Ernsthaftigkeit und einem vornehmen Glauben.

Allerdings war der Segen, den sich jeder Israelit sehnlichst wünschte, diesem frommen Paar versagt. In seinem Heim hörte man keine fröhlichen Kinderstimmen. Der Wunsch, seinen Namen nicht aussterben zu lassen, hatte Elkana - wie viele andere - dazu bewogen, eine zweite Ehe einzugehen. Aber dieser Schritt, den er aus Mangel an Gottvertrauen unternommen hatte, brachte kein Glück. Nun gab es Söhne und Töchter im Haushalt, aber die Freude und Schönheit der von Gott gestifteten Einrichtung der Ehe war gestört und der häusliche Friede dahin. Peninna, die zweite Frau, war eifersüchtig und engherzig, zudem stolz und unverschämt. Für Hanna schien jede Hoffnung zerstört und das Leben nur noch eine beschwerliche Last zu sein. Doch demütig und ohne zu klagen nahm sie diese Prüfung an.

Elkana beachtete gewissenhaft Gottes Verordnungen. Der Gottesdienst in Silo wurde zwar noch immer aufrechterhalten, doch aufgrund von Unregelmäßigkeiten in der Amtsführung, wurden seine Dienste am Heiligtum nicht in Anspruch genommen, obwohl er als Levit daran hätte teilnehmen müssen. Doch er ging mit seiner Familie stets zu den vorgeschriebenen Versammlungen, um anzubeten und zu opfern.

Sogar mitten in den Festlichkeiten, die mit dem Gottesdienst verbunden waren, machte sich der böse Geist, der sein Familienleben belastete, bemerkbar. Nach dem Dankopfer versammelte sich die ganze Familie der gewohnten Ordnung entsprechend zu einem würdevollen, doch fröhlichen Fest. Bei diesen Gelegenheiten gab Elkana der Mutter seiner Kinder je ein Stück vom Opferfleisch für sie und ihre Söhne und Töchter. Hanna aber reichte er zum Zeichen seiner Wertschätzung einen doppelten Anteil, um deutlich zu machen, dass seine Liebe zu ihr genauso groß war, wie wenn sie einen Sohn gehabt hätte. Daraufhin forderte die zweite Frau, von Eifersucht getrieben, den Vorrang für sich, da sie doch von Gott gesegnet sei. Sie verhöhnte Hanna wegen ihrer Kinderlosigkeit und behauptete, diese sei ein Zeichen göttlichen Missfallens. Dies wiederholte sich Jahr für Jahr, bis Hanna es nicht mehr ertragen konnte. Unfähig, ihren Kummer zu verbergen, weinte sie hemmungslos und verließ die Feier. Vergeblich versuchte ihr Mann sie zu trösten. "Warum weinst du, und warum isst du nichts? Und warum ist dein Herz so traurig?", fragte er. "Bin ich dir nicht mehr wert als zehn Söhne?" (1. Samuel 1,8)

Hanna machte ihm keinen Vorwurf. Ihre Last, die sie mit niemandem auf der Welt teilen konnte, legte sie Gott vor. Ernstlich flehte sie ihn an, er möge die Schmach von ihr nehmen und ihr das kostbare Geschenk eines Sohnes gewähren, den sie für ihn pflegen und erziehen würde. Sie legte ein feierliches Gelübde ab, dieses Kind von Geburt an dem Herrn zu weihen, wenn ihre Bitte erhört würde. Hanna hatte sich dem Eingang der Stiftshütte genähert; "sie war von Herzen betrübt und betete ... und weinte sehr" (1. Samuel 1,10). Doch sie hielt im Stillen Zwiesprache mit Gott und sprach kein hörbares Wort.

In jener schlimmen Zeit sah man eine solche Ausdrucksform des Gebets nur noch selten. Unehrerbietiges Feiern und sogar Trunkenheit waren selbst bei den religiösen Festen nichts Ungewöhnliches. Als Eli, der Hohepriester, Hanna beobachtete, vermutete er darum, sie habe zu viel Wein getrunken. Er dachte, dass ein verdienter Tadel angebracht sei, und sagte streng: "Wie lange willst du dich wie eine Betrunkene benehmen? Mach, dass du deinen Rausch los wirst." (1. Samuel 1,14 Elb.)

Erschrocken und schmerzlich getroffen, antwortete Hanna sanft: "Nein, mein Herr! Ich bin nichts anderes als eine betrübte Frau. Wein und Rauschtrank habe ich nicht getrunken, sondern ich habe mein Herz vor dem Herrn ausgeschüttet. Halte deine Magd nicht für eine verkommene Frau! Denn aus meinem großen Kummer und Herzeleid habe ich so lange geredet." (1. Samuel 1,15.16 Elb.)

Der Hohepriester war tief bewegt, denn er war ein Mann Gottes. Statt zu tadeln, segnete er sie nun: "Geh hin mit Frieden; der Gott Israels wird dir die Bitte erfüllen, die du an ihn gerichtet hast." (1. Samuel 1,17)

Von Gott Erbeten -- Für Gott Geweiht

Hannas Gebet wurde erhört. Sie empfing die Gabe, um die sie so ernstlich gebetet hatte. Als sie das Kind betrachtete, nannte sie es Samuel - "von dem Herrn erbeten" (1. Samuel 1,20). Sobald der Kleine alt genug war, um von seiner Mutter getrennt zu werden, erfüllte sie auch ihr Gelübde. Sie liebte ihr Kind mit der ganzen Hingabe eines Mutterherzens. Wenn sie sah, wie seine Kräfte zunahmen und zuhörte, wie er kindlich plauderte, umgab sie ihn Tag für Tag mit noch herzlicherer Liebe. Er war ihr einziger Sohn, das besondere Geschenk des Himmels, aber sie hatte ihn als einen Gott geweihten Schatz empfangen und wollte dem Geber sein Eigentum nicht vorenthalten.

Wieder einmal pilgerte Hanna mit ihrem Mann nach Silo und übergab im Namen Gottes dem Hohenpriester ihr kostbares Geschenk mit den Worten: "›Hier ist das Kind, um das ich damals Gott angefleht habe; er hat mein Gebet erhört. Auch ich will nun mein Versprechen erfüllen: Das Kind soll für sein ganzes Leben dem Herrn gehören.‹ Und alle warfen sich zum Gebet vor dem Herrn nieder." (1. Samuel 1,27.28 GNB) Eli war vom Glauben und von der Frömmigkeit dieser israelitischen Frau tief beeindruckt. Er, der selbst ein allzu nachsichtiger Vater war, empfand Hochachtung für sie und fühlte sich beim Anblick des großen Opfers, das diese Mutter brachte, zugleich gedemü- tigt: Sie trennte sich von ihrem einzigen Kind und weihte es dem Dienst Gottes. Eli fühlte sich ob seiner eigenen selbstsüchtigen Liebe getadelt. In Demut und Ehrfurcht beugte er sich vor dem Herrn und betete ihn an.

Hannas Lobpreis

Ihr Mutterherz war von Freude und Lobpreis erfüllt. Sie wünschte nichts sehnlicher, als ihren Dank vor Gott auszusprechen. Da kam eine göttliche Eingebung über sie: "Und Hanna betete und sprach:

Mein Herz jubelt über den Herrn, er hat mich wieder aufgerichtet und mich gestärkt! Jetzt kann ich über meine Feinde lachen. Ich bin voller Freude, weil er mir geholfen hat. Der Herr allein ist heilig; es gibt keinen Gott außer ihm. Auf nichts ist so felsenfest Verlass wie auf ihn, unseren Gott. Tut nicht so groß! Spielt euch nicht so auf! Prahlt nicht so frech mit euren Plänen! Der Herr ist ein Gott, der euer Treiben kennt; er prüft alle eure Taten ... Der Herr tötet und macht lebendig, er verbannt in die Totenwelt und er ruft aus dem Tod ins Leben zurück. Er macht arm und er macht reich, er bringt die einen zu Fall und andere erhöht er.

Die Armen holt er aus der Not, die Hilflosen heraus aus ihrem Elend; er lässt sie aufsteigen in den Kreis der Angesehenen und gibt ihnen einen Ehrenplatz. Denn die Grundpfeiler der Erde gehören dem Herrn; auf ihnen hat er die Erde errichtet.

Der Herr leitet und schützt alle, die ihm vertrauen; aber seine Feinde enden in Finsternis, denn kein Mensch erreicht etwas aus eigener Kraft. Alle, die mit dem Herrn streiten, gehen zugrunde; er lässt im Himmel seinen Donner gegen sie grollen.

Der Herr hält Gericht über die ganze Erde. Er hat seinen König erwählt und gesalbt, darum gibt er ihm große Kraft." (1. Samuel 2,1-3.6-10 GNB)

Hannas prophetische Worte wiesen sowohl auf David hin, den späteren König von Israel, als auch auf den Messias, den Gesalbten des Herrn. Das Lied berichtet zunächst vom Auftrumpfen einer dreisten und streitbaren Frau und verweist dann auf die Vernichtung der Feinde Gottes und auf den endgültigen Triumph seines erlösten Volkes.

Zeichen Der Mutterliebe

Ruhig kehrte Hanna von Silo in ihr Zuhause nach Rama zurück und überließ den kleinen Samuel der Obhut des Hohenpriesters, damit er für den Dienst im Hause Gottes erzogen werde. Sobald er es begreifen konnte, hatte sie ihn gelehrt, Gott zu lieben und zu verehren und sich als Eigentum des Herrn zu betrachten. Durch die vertrauten Dinge, die ihn umgaben, hatte sie versucht, seine Gedanken auf den Schöpfer zu lenken.

Mit der Trennung hörte die liebevolle Fürsorge der Mutter für ihr Kind keineswegs auf. Jeden Tag war er eines ihrer Gebetsanliegen. Jedes Jahr nähte sie ihm eigenhändig ein neues Obergewand für seinen Dienst; und wenn sie mit ihrem Mann nach Silo hinaufging, um Gott anzubeten, gab sie es Samuel zum Zeichen ihrer Liebe. Jede Faser dieses kleinen Gewandes war mit einem Gebet verwoben, dass das Kind rein, edel und treu sein möge. Sie erbat für ihren Sohn keine weltliche Größe, flehte aber ernstlich darum, er möge jene Größe erreichen, auf die der Himmel Wert legt, damit er Gott ehren und seinen Mitmenschen zum Segen werden könne.

Wie sehr wurde Hanna belohnt! Und welche Ermutigung zur Treue liegt in ihrem Beispiel! Es gibt Gelegenheiten von unschätzbarem Wert, unendlich kostbare Möglichkeiten, die jeder Mutter anvertraut sind. Die bescheidenen Verpflichtungen, die Frauen zusehends als langweilige Aufgaben ansehen, sollten als großes und edles Werk betrachtet werden. Es ist das Vorrecht einer Mutter, der Welt durch ihren Einfluss zum Segen zu werden. Indem sie das tut, wird Freude in ihr eigenes Herz einkehren. Sie kann ihren Kindern Wege ebnen, die durch Sonnenschein und Schatten zu den herrlichen Höhen droben führen. Aber nur wenn sie im eigenen Leben die Lehren von Jesus zu verwirklichen sucht, kann eine Mutter hoffen, den Charakter ihrer Kinder nach dem göttlichen Vorbild zu formen. Die Welt ist voll von verderblichen Einflüssen. Mode und Stil üben einen starken Einfluss auf die Jugendlichen aus. Versagt die Mutter in ihrer Pflicht, sie zu unterweisen, zu lenken und zurückzuhalten, werden ihre Kinder natürlicherweise Schlechtes annehmen und sich vom Guten abwenden. Jede Mutter sollte sich oft an ihren Erlöser wenden und ihn bitten: "Wie sollen wir ... mit dem Jungen umgehen? Wie müssen wir uns verhalten?" (Richter 13,12b Hfa) Sie sollte auf die Belehrungen in seinem Wort achten. Dann wird ihr viel Weisheit geschenkt werden, wenn sie sie benötigt.

Dienst Im Heiligtum Von Kindheit An

"Samuel aber wuchs heran zu einem jungen Mann, an dem Gott und die Menschen Freude hatten." (1. Samuel 2,26 GNB) Obwohl Samuel schon als Kind an das Heiligtum kam, das der Anbetung Gottes geweiht war, blieb er doch nicht von bösen Einflüssen und sündhaften Beispielen verschont. Elis Söhne besaßen keine Ehrfurcht vor Gott und keine Achtung vor ihrem Vater. Samuel mied jedoch ihre Gesellschaft und folgte auch nicht ihrem schlechten Beispiel. Er bemühte sich ständig darum, das zu werden, was er nach Gottes Absicht werden sollte. Und das ist das Vorrecht jedes Jugendlichen. Gott freut es, wenn sich sogar kleine Kinder in seinen Dienst stellen.

Samuel war nun Elis Fürsorge anvertraut. Mit seinem liebenswürdigen Wesen gewann er bald die Zuneigung des alten Priesters, denn er war freundlich, wohlwollend, gehorsam und respektvoll. Eli wiederum, den der Eigensinn seiner eigenen Söhne schmerzte, fand Ruhe, Trost und Segen durch die Gegenwart seines Schützlings. Samuel war hilfsbereit und liebevoll. Kein Vater hätte sein Kind mehr lieben können als Eli diesen Jungen. Das herzliche Verhältnis zwischen dem höchsten Richter Israels und dem einfachen Kind war etwas Einzigartiges. Als die Altersbeschwerden auftraten und Eli durch das frevelhafte Treiben seiner Söhne voller Sorge und Reue war, wandte er sich zum Trost Samuel zu.

Die Leviten traten ihre besonderen Dienste üblicherweise nicht vor dem 25. Lebensjahr an, aber bei Samuel hatte man eine Ausnahme gemacht. Von Jahr zu Jahr vertraute man ihm weitere wichtige Pflichten an. Bereits als Kind erhielt er als Zeichen seiner Weihe zum Heiligtumsdienst einen leiner- nen Leibrock. Obwohl Samuel noch sehr jung war, als ihn seine Mutter zum heiligen Zelt brachte, übertrug man ihm schon damals Aufgaben im Dienst für Gott, die seinen Fähigkeiten angemessen waren. Sie waren zunächst recht bescheiden und nicht immer angenehm. Aber er führte sie so gut aus, wie er konnte, und vor allem willig. Seine geistliche Einstellung zeigte sich in den alltäglichen Pflichten, denn er betrachtete sich als Diener Gottes und seine Arbeit als Gottes Werk. Der Herr nahm seine Bemühungen an, weil sie der Liebe zu Gott und dem aufrichtigen Verlangen entsprangen, dessen Willen zu tun. Auf diese Weise wurde Samuel ein Mitarbeiter des Herrn über Himmel und Erde. Und Gott befähigte ihn, ein großes Werk für Israel zu verrichten.

Alltagspflichten Als Schule Gottes

Wenn man Kinder lehren würde, die sich wiederholenden Alltagspflichten als den von Gott vorgezeichneten Weg anzusehen, als eine Schule, in der sie lernen sollen, einen treuen und wirksamen Dienst zu verrichten, wie viel angenehmer und ehrenvoller kämen ihnen dann ihre Aufgaben vor! Der Gedanke, jede Pflicht für den Herrn zu verrichten, macht auch die bescheidenste Beschäftigung reizvoller und verbindet die Arbeiter auf der Erde mit den heiligen Wesen, die Gottes Willen im Himmel tun.

Der Erfolg in diesem Leben und der Gewinn des zukünftigen Lebens hängen davon ab, ob jemand auch in kleinen Dingen treu und gewissenhaft ist. Wir sehen Vollkommenheit nicht nur in den größten, sondern auch in den geringsten Werken Gottes. Die Hand, die die Himmelskörper in das Weltall setzte, ist dieselbe, die auch die zarten Lilien auf dem Feld mit Feinfühligkeit schuf. Und wie Gott in seinem Wirkungsbereich vollkommen ist, so sollen wir es in unserem sein (vgl. Matthäus 5,48). Ein ausgeglichener, starker und wertvoller Charakter wird durch einzelne Taten in der Erfüllung von Pflichten geformt. Treue sollte unser Leben im kleinsten wie im größten Bereich auszeichnen. Redlichkeit in kleinen Dingen, die Verrichtung kleiner Taten aus Treue und die kleinen Freundlichkeiten schaffen Freude im Leben. Wenn unser Werk auf Erden getan ist, wird sich zeigen, dass auch jede ganz unscheinbare, aber treu erfüllte Pflicht einen Einfluss zum Guten hatte - einen Einfluss, der niemals vergehen kann.

Die Jugendlichen in unserer Zeit können in Gottes Augen ebenso wertvoll werden wie Samuel. Wenn sie sich ihre christliche Haltung treu bewahren, können sie im Werk der geistlichen Reform großen Einfluss ausüben. Wir brauchen heute solche Menschen. Gott hat für jeden Einzelnen eine Aufgabe. Noch nie haben Menschen für Gott und die Gesellschaft größere Ergebnisse erzielt als heute, wenn sie den Auftrag, den Gott ihnen gegeben hat, treu erfüllen.