Wie Alles Begann

Kapitel 57

Die Philister Rauben Die Bundeslade

[AUDIO]

1. Samuel 3 bis 7.

Das Haus Elis sollte noch eine weitere Warnung erhalten. Gott konnte sich dem Hohenpriester und seinen Söhnen nicht mehr offenbaren. Wie eine dichte Wolke verhinderten deren Sünden die Gegenwart des Heiligen Geistes. Aber inmitten von allem Bösen blieb das Kind Samuel dem Himmel treu. Es wurde sein Auftrag, als Prophet des Allerhöchsten das Verdammungsurteil über das Haus Eli anzukündigen.

"Der junge Samuel half Eli beim Priesterdienst. In jener Zeit kam es nur noch selten vor, dass der Herr zu einem Menschen sprach und ihm etwas offenbarte. Eli war fast erblindet. Eines Nachts schlief er an seinem gewohnten Platz, und auch Samuel schlief im Heiligtum, ganz in der Nähe der Bundeslade. Die Lampe im Heiligtum brannte noch. Da rief der Herr: ›Sa- muel!‹ ›Ja‹, antwortete der Junge, lief schnell zu Eli und sagte: ›Hier bin ich, du hast mich gerufen!‹ ›Nein‹, sagte Eli, ›ich habe nicht gerufen. Geh wieder schlafen!‹ Samuel ging und legte sich wieder hin." (1. Samuel 3,1-5 GNB) Dreimal wurde Samuel gerufen, und dreimal verhielt er sich in der gleichen Weise. Dann war Eli überzeugt, dass der geheimnisvolle Ruf Gottes Stimme war. Der Herr hatte seinen erwählten Diener, den völlig ergrauten Mann, übergangen, um mit einem Kind Zwiesprache zu halten. Schon allein darin lag für Eli und sein Haus ein bitterer, aber verdienter Tadel.

In Elis Herzen kamen weder Neidgefühle noch Eifersucht auf. Er wies Samuel an, wenn er wieder gerufen würde, zu antworten: "Sprich, Herr, dein Diener hört!" Als das Kind die Stimme noch einmal vernahm, antwortete es: "Sprich, dein Diener hört!" (1. Samuel 3,9b.10b GNB) Beim Gedanken, dass der große Gott zu ihm sprach, war Samuel so ehrfurchtsvoll, dass er sich nicht an den genauen Wortlaut erinnern konnte, den Eli ihm aufgetragen hatte.

Ankündigung Von Unheil Über Elis Haus

"Da sagte der Herr zu Samuel: ›Ich werde in Israel etwas tun - die Ohren werden jedem wehtun, der davon hört. Es wird alles eintreffen, was ich Eli und seiner Familie angedroht habe. Er wusste, dass seine Söhne mich beleidigten, und doch hat er sie nicht daran gehindert. Deshalb habe ich über seine Familie ein unwiderrufliches Urteil verhängt. Ich habe ihm das schon lange angekündigt. Es gibt kein Opfer, durch das diese Schuld jemals gesühnt werden kann; das habe ich geschworene" (1. Samuel 3,11-14 GNB)

Ehe er diese Botschaft von Gott empfing, hatte Samuel "den Herrn noch nicht erkannt, und des Herrn Wort war ihm noch nicht offenbart worden" (1. Samuel 3,7 Elb.) - das bedeutet, dass er solche unmittelbaren Offenbarungen der Gegenwart Gottes, wie sie den Propheten zuteilwurden, noch nicht kannte. Es lag in Gottes Absicht, sich in dieser unvermuteten Weise zu offenbaren, damit Eli durch die überraschte Nachfrage des Jungen davon erfuhr.

Der Gedanke an die schreckliche Botschaft, die ihm anvertraut worden war, versetzte Samuel in Angst und Erstaunen. Am nächsten Morgen ging er wie gewohnt seinen Pflichten nach, aber mit einer schweren Last auf seinem jungen Herzen. Der Herr hatte ihm nicht befohlen, über die furchtbare Strafandrohung zu reden. Deshalb schwieg er und mied Eli, soweit wie möglich. Er fürchtete sich vor irgendwelchen Fragen, die ihn zwingen könnten, das göttliche Urteil dem kundzutun, den er liebte und verehrte. Eli war sich sicher, dass die Botschaft ihm und seiner Familie großes Unglück ankündigte. Er rief Samuel zu sich und ermahnte ihn, wahrheitsgetreu zu berichten, was der Herr ihm offenbart hatte. Der Junge gehorchte, und der alte Mann beugte sich demütig unter das entsetzliche Urteil: "Er ist der Herr! Er soll tun, was er für richtig hält." (1. Samuel 3,18b GNB)

Doch Eli zeigte nicht die Früchte echter Reue. Er bekannte zwar seine Schuld, aber er gab die Sünde nicht auf. Jahr um Jahr verzögerte der Herr sein angedrohtes Strafgericht. In dieser Zeit hätte viel getan werden können, um die Versäumnisse der Vergangenheit wieder gutzumachen, aber der betagte Hohepriester ergriff keine wirksamen Maßnahmen, um die Übel zu beheben, die das Heiligtum des Herrn verunreinigten und Tausende Israeliten ins Verderben führten. Gottes Langmut veranlasste Hofni und Pinhas, sich noch mehr zu verhärten und bei ihren Verfehlungen noch dreister vorzugehen. Die Warnungs- und Tadelsbotschaften an sein Haus machte Eli dem gesamten Volk bekannt. Damit hoffte er, dem schlimmen Einfluss seiner früheren Versäumnisse bis zu einem gewissen Grad entgegenzuwirken. Aber das Volk missachtete die Warnungen, so wie es schon die Priester getan hatten. Auch die Nachbarvölker, denen Israels offen begangene Sünden nicht verborgen blieben, wurden in ihrer Götzenanbetung und ihren Verbrechen noch kühner. Sie verspürten kein Schuldbewusstsein, wie es der Fall gewesen wäre, wenn die Israeliten ihre Rechtschaffenheit bewahrt hätten. Nun nahte der Tag der Vergeltung. Man hatte Gottes Autorität verworfen, seine Anbetung vernachlässigt und verachtet. Nun wurde es notwendig, dass Gott eingriff, damit die Ehre seines Namens gewahrt blieb.

Die Bundeslade Geht Verloren

"Die Israeliten zogen in den Kampf gegen die Philister. Ihr eigenes Lager war bei Eben-Eser, das Lager der Philister bei Afek." Dieser Kriegszug wurde von den Israeliten unternommen, ohne zuvor Gott um Rat zu fragen und ohne die Zustimmung des Hohenpriesters oder eines Propheten einzuholen. "Die Philister griffen an, und nach einem langen und zähen Kampf gelang es ihnen, die Israeliten zu schlagen. Von diesen wurden etwa 4000 Mann im Kampf getötet." Als die zerschlagene und entmutigte Streitmacht Israels ins Lager zurückkehrte, "fragten sich die Ältesten des Volkes: ›Warum hat der Herr das zugelassen? Warum konnten uns die Philister heute besiegen?‹ Sie berieten sich und beschlossen: ›Wir wollen nach Silo senden und die Bundeslade ins Lager holen! Dann wird der Herr mitten unter uns sein und uns gegen unsere Feinde helfen.‹" (1. Samuel 4,1-3 GNB) Die Nation war reif für Gottes Strafgericht, sah jedoch nicht ein, dass ihre eigenen Sünden die Ursache dieser fürchterlichen Niederlage waren. Der Herr hatte es weder befohlen noch erlaubt, dass die Bundeslade vom Heer mitgeführt wird. Aber die Israeliten waren davon überzeugt, dass sie nun siegen würden, und erhoben lautes Jubelgeschrei, als Elis Söhne die Lade ins Lager brachten.

Die Philister sahen die Bundeslade als den Gott Israels an. Alle mächtigen Taten Jahwes für sein Volk schrieb man ihrer Macht zu. Als sie das Freudengeschrei bei deren Näherkommen vernahmen, fragten sie daher: "›Was ist das für ein lauter Jubel im Lager der Hebräer?‹ ... Als sie erfuhren, dass die Lade des Herrn im Lager Israels angekommen sei, bekamen sie Angst. Jetzt sind wir verloren!‹, sagten sie. ›Ihr Gott ist zu ihnen ins Lager gekommen. Das hat es noch nie gegeben. Wer kann uns vor solch einem mächtigen Gott schützen? Das ist doch derselbe Gott, der die Ägypter in der Wüste vernichtet hat!‹ Aber ihre Anführer riefen ihnen zu: Jetzt gilt es! Seid mutig, Philister, und kämpft wie Männer! Sonst werden die Hebräer euch zur Fronarbeit zwingen, so wie ihr es bisher mit ihnen gemacht habt. Zeigt, dass ihr Männer seid, und kämpft!‹" (1. Samuel 4,6-9 GNB)

Die Philister unternahmen einen ungestümen Angriff, der die Niederlage Israels zur Folge hatte. Sie richteten ein großes Blutbad an. 30 000 Männer blieben tot auf dem Schlachtfeld liegen. Die Lade Gottes wurde erbeutet. Beide Söhne Elis waren gefallen, als sie diese im Kampf verteidigten. So wurde wiederum im Geschichtsbuch ein Zeugnis für spätere Generationen niedergeschrieben, dass die Sünden derer, die sich als Volk Gottes bekennen, nicht ungestraft bleiben. Je größer die Erkenntnis des Willens Gottes ist, desto größer ist auch die Schuld derer, die ihn missachten.

Israel hatte das schrecklichste Unglück getroffen, das ihm überhaupt zustoßen konnte. Die Bundeslade war geraubt worden und befand sich nun im Besitz der Feinde. Die Herrlichkeit Jahwes war tatsächlich von Israel gewichen, als dieses Sinnbild seiner dauerhaften Gegenwart und Macht aus ihrer Mitte weggeführt wurde. Mit der heiligen Bundeslade verbanden sich die wunderbarsten Offenbarungen göttlicher Wahrheit und Macht. Wann immer sie in Erscheinung getreten war, hatte Israel erstaunliche Siege errungen. Die Flügel der goldenen Cherubim überschatteten sie, und die unbeschreibliche Herrlichkeit der Schechina, des sichtbaren Symbols der Gegenwart des allerhöchsten Gottes, hatte im Allerheiligsten über ihr geruht. Aber dieses Mal hatte sie keinen Sieg gebracht; sie war kein Schutz gewesen. Nun herrschte bei allen Israeliten Trauer.

Ein Formeller Glaube Genügt Nicht

Sie hatten nicht begriffen, dass ihr Glaube nur ein vorgeblicher war und die Kraft verloren hatte, um bei Gott wirksam zu sein. Auch das Gesetz Gottes, das in der Bundeslade lag, war ein Sinnbild seiner Gegenwart. Doch sie hatten die Gebote mit Verachtung behandelt, deren Forderungen beiseitegeschoben und den Geist des Herrn betrübt. Solange das Volk den heiligen Vorschriften gehorchte, war der Herr mit ihm und führte es durch seine unendliche Macht. Aber sobald die Israeliten beim Anblick der Lade weder an Gott dachten noch seinen offenbarten Willen durch Gehorsam gegenüber seinem Gesetz ehrten, konnte sie ihnen nicht mehr nützen als eine gewöhnliche Truhe. Die Menschen betrachteten die Bundeslade wie die heidnischen Völker ihre Götzenbilder, so als ob sie Kraft und Erlösung in sich selbst besäße. Sie übertraten das darin verwahrte Gesetz. Gerade ihre Verehrung der Bundeslade führte zu Formalismus, Heuchelei und Götzendienst. Ihre Sünden hatten sie von Gott getrennt, und er konnte ihnen keinen Sieg verleihen, ehe sie nicht bereut und ihre Bosheit aufgegeben hatten.

Es genügte nicht, dass die Bundeslade und das Heiligtum mitten in Israel standen. Es reichte nicht aus, dass die Priester Opfer darbrachten und sich das Volk Kinder Gottes nannte. Der Herr hört nicht auf die Bitten derer, die Bosheit im Herzen hegen. Es steht geschrieben: "Wer Gottes Gesetz nicht mehr hören will, dessen Gebet will Gott nicht mehr hören." (Sprüche 28,9 GNB)

Elis Tod

Als das Heer in die Schlacht zog, war der alte, blinde Eli in Silo geblieben. Mit trüben Vorahnungen erwartete er den Ausgang des Kampfes, "denn sein Herz bangte um die Lade Gottes" (1. Samuel 4,13). Tag für Tag saß er vor dem Tor des Heiligtums und erwartete ängstlich die Ankunft eines Boten vom Schlachtfeld.

Schließlich kam ein Benjaminit aus dem Heerlager die Anhöhe heraufgelaufen, die zur Stadt führte. Er "hatte seine Kleider zerrissen und Erde auf sein Haupt gestreut" (1. Samuel 4,12). Achtlos eilte er an dem alten Mann vorbei in die Stadt und verkündete der wissbegierigen Menge immer wieder die Nachricht von Verlust und Niederlage.

Das laute Jammern und Klagen erreichte auch Eli vor dem Heiligtum. Man brachte den Boten zu ihm. Dieser erklärte: "Wir sind besiegt! Unser Heer ist geflohen. Deine beiden Söhne, Hofni und Pinhas, sind tot ...". Eli konnte das alles ertragen, so schrecklich es auch war, denn er hatte es erwartet. Aber als der Bote hinzufügte: "Die Lade Gottes ist verloren!", huschte ein Ausdruck unaussprechlicher Seelenqual über sein Gesicht. Der Gedanke, dass seine Sünde Gott so sehr entehrt hatte, dass er Israel seine Gegenwart entzog, war mehr, als er ertragen konnte. Die Kräfte verließen ihn, er fiel um, so "dass er sich dabei das Genick brach und starb" (1. Samuel 4,17.18 GNB).

Trotz der Gottlosigkeit ihres Ehemannes verehrte die Frau des Pinhas den Herrn. Der Tod ihres Schwiegervaters und ihres Mannes, vor allem aber die schreckliche Nachricht vom Verlust der Lade Gottes, verursachten auch ihren Tod. Sie war "schwanger und sollte bald gebären. Als sie davon hörte ... kauerte sie sich nieder und gebar; denn ihre Wehen überfielen sie." (1. Samuel 4,19) Sie spürte, dass die letzte Hoffnung Israels dahingeschwunden war, und gab dem Kind, das sie in dieser Schreckensstunde entband, den Namen "Ikabod", das heißt: "Fort ist die Herrlichkeit". Mit ihrem letzten Atemzug wiederholte sie kummervoll die Worte: "Die Herrlichkeit Gottes ist fort aus Israel! Die Lade Gottes ist verloren!" (1. Samuel 4,21a.22 GNB)

Aber der Herr hatte sein Volk nicht völlig verworfen. Er wollte auch den Jubel der Heiden nicht lange dulden. Die Philister waren sein Instrument gewesen, um Israel zu bestrafen, und nun benutzte er die Bundeslade, um die Philister heimzusuchen. In der Vergangenheit war die Gegenwart Gottes, welche die Bundeslade begleitete, Kraftquelle und Ruhm für sein gehorsames Volk gewesen. Diese unsichtbare Gegenwart blieb auch weiterhin bei ihr, was den Übertretern des heiligen Gesetzes Schrecken und Verderben brachte. Oft benutzt der Herr seine erbittertsten Feinde, um die Treulosigkeit derer zu ahnden, die sich als sein Volk bekennen. Die Gottlosen mochten eine Zeitlang triumphieren, wenn sie Israels Züchtigung miterlebten; aber der Tag wird kommen, an dem auch sie sich dem Richterspruch eines heiligen Gottes, der die Sünde hasst, stellen müssen. Wenn immer an Ungerechtigkeit festgehalten wird, folgen Gottes Gerichte prompt und unausweichlich.

Die Bundeslade Bringt Plagen Über Die Philister

Die Philister brachten die Bundeslade voller Siegesfreude nach Aschdod, einer ihrer fünf wichtigsten Städte, und stellten sie im Haus ihres Gottes Dagon auf. Sie bildeten sich ein, nun gehöre die Kraft, die bis dahin die Lade begleitet hatte, ihnen und mache sie zusammen mit Dagons Macht unbesiegbar. Doch als sie am nächsten Tag in den Tempel kamen, bot sich ihnen ein Anblick, der sie mit Entsetzen erfüllte. Dagon war zu Boden gefallen und lag mit dem Gesicht nach unten vor der Lade Jahwes. Ehrfurchtsvoll hoben die Priester das Götzenbild auf und stellten es wieder an seinen Platz. Aber am darauf folgenden Morgen fanden sie es seltsam verstümmelt wieder vor der Lade auf dem Boden liegen. Der obere Teil dieses Götzenbildes hatte Menschengestalt, der untere ähnelte einem Fisch. Nun war alles zerbrochen, was einer menschlichen Gestalt entsprach, nur der Fischleib war übrig geblieben. Da packte Priester und Volk das Grauen. Sie sahen in diesem rätselhaften Geschehen ein schlimmes Vorzeichen, das ihnen und ihren Göttern Vernichtung durch den Gott Israels ankündigte. Daher trugen sie die Bundeslade aus ihrem Tempel und stellten sie in ein eigenes Gebäude.

Nun wurden Aschdods Einwohner von einer qualvollen, tödlichen Krankheit befallen. Sie erinnerten sich an die Plagen, die Israels Gott über Ägypten verhängt hatte, und schrieben ihre Not der Anwesenheit der Lade zu. Man beschloss deshalb, sie nach Gat zu bringen. Aber die Plage folgte ihr auf dem Fuß, und die dortigen Einwohner schickten sie nach Ekron. Dort empfing die Bevölkerung sie mit Schrecken und schrie: "Jetzt haben sie die Lade des Gottes Israels zu uns gebracht! Sie wollen uns noch alle umbringen!" (1. Samuel 5,10 GNB) Wie die Einwohner von Gat und Aschdod wandten sie sich an ihre Götter um Schutz. Doch das Werk der Vernichtung ging weiter, "und die Menschen schrien zum Himmel um Hilfe" (1. Samuel 5,12 GNB). Da sie Angst hatten, die Lade weiter in ihren Häusern zu behalten, stellte man sie als Nächstes auf ein freies Feld. Darauf folgte eine Mäuseplage, die das Land befiel und den Bodenertrag vernichtete, sowohl den in den Vorratshäusern als auch den auf den Feldern. Nun drohte dem Volk völlige Vernichtung durch Krankheit oder Hungersnot.

Sieben Monate lang blieb die Bundeslade im Land der Philister. Während dieser ganzen Zeit unternahmen die Israeliten nichts, um sie wieder zurückzuholen. Aber die Philister waren nun genauso bestrebt, die Lade wieder loszuwerden, wie sie sie vorher in ihren Besitz bekommen wollten. Statt zu einer Kraftquelle war sie ihnen zur großen Last und zum schweren Fluch geworden. Doch sie wussten nicht, wie sie das anstellen sollten, denn wohin man die Lade auch brachte, folgten Gottes Strafgerichte. Das Volk rief nach den Fürsten, Priestern und Wahrsagern und fragte sie eifrig: "Was sollen wir mit der Lade des Herrn machen? Können wir sie einfach zurückschicken oder was müssen wir sonst noch tun?" (1. Samuel 6,2 GNB) Man riet ihnen, sie mit einer reichen Sühneopfergabe zurückzuschicken. "Dann werdet ihr wieder gesund werden, und ihr wisst dann auch, warum er euch bisher so hart bestraft hat." (1. Samuel 6,3 GNB)

Um eine Seuche abzuwehren oder zum Stillstand zu bringen, war es bei heidnischen Völkern im Altertum Brauch, ein Abbild aus Gold, Silber oder einem anderen Material von dem Gegenstand oder Körperteil zu machen, der eine Schädigung verursachte beziehungsweise der besonders befallen war. Dieses wurde dann auf eine Säule oder an einen anderen gut sichtbaren Platz gestellt. Damit glaubte man, über einen wirksamen Schutz vor dem dargestellten Übel zu verfügen. Ein ähnlicher Brauch besteht bei manchen heidnischen Völkern heute noch. Wenn zum Beispiel ein Kranker zur Heilung in den Tempel seines Götzen geht, nimmt er oft ein Abbild des Körperteils mit, an dem er erkrankt ist, und bringt es dann seinem Gott als Opfer dar.

Es entsprach also dem herrschenden Aberglauben, wenn die Philister-Fürsten dem Volk befahlen, bildliche Darstellungen von den Plagen anzufertigen, unter denen sie gelitten hatten: "Fünf goldene Beulen und fünf goldene Mäuse, je eine für jede Philister-Stadt", sagten sie, "denn alle fünf samt ihren Königen hat dieselbe Plage getroffen." (1. Samuel 6,4 GNB)

Unterwerfung, Aber Keine Hingabe An Jahwe

Diese klugen Männer anerkannten, dass die Lade von einer geheimnisvollen Macht begleitet wurde, gegen die sie mit ihrer Weisheit nichts ausrichten konnten. Sie rieten dem Volk aber auch nicht, sich von der Abgötterei abzuwenden und dem Herrn zu dienen. Sie hassten immer noch den Gott Israels, obwohl sie sich durch überwältigende Strafgerichte genötigt sahen, sich seiner Autorität zu fügen. So können Sünder durch Gottes Gerichte davon überzeugt werden, dass es vergeblich ist, gegen ihn zu streiten. Sie können sich genötigt sehen, sich seiner Macht zu unterwerfen, obwohl sie sich innerlich gegen seine Herrschaft auflehnen. Aber eine solche Unterwerfung kann einen Sünder nicht retten. Das Herz muss Gott übergeben werden - es muss durch die göttliche Gnade unterworfen werden -, bevor die Reue eines Menschen angenommen werden kann.

Wie langmütig ist doch Gott mit den Gottlosen! Die götzendienerischen Philister wie das abtrünnige Israel hatten die Segnungen seiner Vorsehung in gleicher Weise genossen. Zehntausende Gnadenbeweise säumten unbeachtet den Lebensweg der undankbaren, widerspenstigen Menschen. Jede Segnung erzählte ihnen von ihrem Geber, doch seine Liebe war ihnen gleichgültig. Gott war mit den Menschen sehr nachsichtig. Wenn sie aber hartnäckig in ihrer Unbußfertigkeit verharrten, zog er seine schützende Hand von ihnen zurück. Sie weigerten sich, auf Gottes Stimme in den Werken seiner Schöpfung zu hören, auch auf die Warnungen, Ratschläge und Tadel in seinem Wort. Somit wurde er gezwungen, durch Strafgerichte zu ihnen zu sprechen.

Die Rückkehr Der Bundeslade

Einige Philister waren entschlossen, sich der Rückführung der Bundeslade in ihr Herkunftsland zu widersetzen. Ein derartiges Eingeständnis der Macht des Gottes Israels wäre für den Stolz der Philister beschämend gewesen. Aber die Priester und Wahrsager warnten sie davor, so halsstarrig zu sein wie der Pharao und die Ägypter und dadurch noch größeres Elend heraufzubeschwören. Sie machten nun einen Vorschlag, der allseitige Zustimmung fand und sofort ausgeführt wurde. Die Lade wurde mit den goldenen Sühnopfergaben auf einen neuen Wagen geladen, womit jede Gefahr einer Verunreinigung ausgeschlossen wurde. Vor diesen Wagen spannte man zwei Kühe, auf deren Nacken noch nie ein Joch gekommen war. Ihre Kälber sperrte man ein und ließ die Kühe gehen, wohin sie wollten. Wenn die Lade über Bet-Schemesch, die nächst gelegene Stadt der Leviten, zu den Israeliten zurückkehrte, wollten die Philister darin den Beweis sehen, dass der Gott Israels das große Unheil über sie gebracht hatte. "Fährt sie in eine andere Richtung, dann wissen wir wenigstens, dass wir nicht vom Herrn bestraft worden sind", sagten sie, "sondern die Plage uns nur zufällig getroffen hat." (1. Samuel 6,9 GNB)

Als man die Kühe freiließ, wandten sie sich von ihren Kälbern ab und schlugen muhend den geraden Weg nach Bet-Schemesch ein. Ohne menschliche Lenkung behielten die Tiere die Richtung bei. Gottes Gegenwart geleitete die Bundeslade, und sie gelangte sicher zum vorgesehenen Ort. Es war gerade die Zeit der Weizenernte. Die Leute von Bet-Schemesch brachten im Tal die Ernte ein. "Als sie von der Arbeit aufblickten, sahen sie die Bundeslade herankommen. Ihre Freude darüber war groß. Der Wagen fuhr bis zum Feld von Joschua und blieb neben einem Felsblock stehen. An Ort und Stelle zerhackten die Leute von Bet-Schemesch den Wagen zu Brennholz und opferten die Kühe dem Herrn als Brandopfer." (1. Samuel 6,13.14 GNB) Die Fürsten der Philister, die der Lade "bis zum Gebiet von Bet-Schemesch" gefolgt waren (1. Samuel 6,12), kehrten nun nach Ekron zurück, nachdem sie sich davon überzeugt hatten, dass die Lade angenommen worden war. Die Plage hörte auf. Nun waren sie überzeugt, dass ihr Unheil ein Strafgericht des Gottes Israels gewesen war.

Die Israeliten Sind Dreister Als Die Philister

Schnell verbreiteten die Männer von Bet-Schemesch die Nachricht, dass die Bundeslade in ihrem Besitz sei. Aus der ganzen Umgebung strömten die Leute herbei, um ihrer Freude über die Rückkehr Ausdruck zu verleihen. Sie stellten die Lade auf den Stein, der zuvor als Altar gedient hatte, und brachten dem Herrn zusätzliche Opfer dar. Hätten diese Anbeter ihre Sünden bereut, hätte Gottes Segen sie begleitet. Aber sie gehorchten seinem Gesetz nicht gewissenhaft. Wohl freuten sie sich über die Rückkehr der Bundeslade als eines Vorboten von Gutem, aber sie besaßen kein richtiges Verständnis für ihre Heiligkeit. Statt einen geeigneten Ort für ihre Unterbringung vorzubereiten, ließen sie sie auf dem Erntefeld stehen. Als sie die heilige Truhe betrachteten und sich darüber unterhielten, auf welch wunderbare Weise sie zu ihnen zurückgekommen war, fingen sie an, Vermutungen darüber anzustellen, worin ihre wunderbare Macht liege. Schließlich packte sie die Neugier. Sie entfernten die Decken und wagten es, sie zu öffnen.

Ganz Israel war darüber belehrt worden, der Bundeslade mit heiliger Scheu und Ehrfurcht zu begegnen. Ergab sich die Notwendigkeit, sie an einen anderen Ort zu bringen, sollten auch die Leviten sie nicht betrachten. Nur einmal im Jahr durfte der Hohepriester die Lade Gottes ansehen. Nicht einmal die heidnischen Philister hatten gewagt, die Decken von der Lade abzunehmen. Himmlische Engel begleiteten die Lade unsichtbar bei allen Ortsveränderungen. Die unehrerbietige Dreistigkeit der Einwohner von Bet-Schemesch wurde schnell bestraft. Viele ereilte ein plötzlicher Tod.

Dennoch brachte dieses Strafgericht die Überlebenden nicht zur Reue über ihre Sünden. Sie sahen lediglich mit abergläubischer Angst auf die Lade. Den Einwohnern von Bet-Schemesch lag nun sehr daran, die Lade loszuwerden, aber sie wagten nicht, sie wegzubringen, sondern forderten die Bewohner von Kirjat-Jearim auf: "Holt sie zu euch!" (1. Samuel 6,21 GNB) Glücklich begrüßten die Männer der Stadt die heilige Truhe. Sie wussten, dass sie das Unterpfand göttlicher Gnade für alle gehorsamen und treuen Israeliten war. Mit feierlicher Freude brachten sie die Lade in ihre Stadt und stellten sie in das Haus des Leviten Abinadab. Dieser beauftragte seinen Sohn Eleasar, sie in seine Obhut zu nehmen. Dort blieb sie dann viele Jahre lang.

Samuel Wird Richter Über Israel

In all den Jahren, seitdem sich der Herr dem Sohn Hannas zum ersten Mal offenbart hatte, war Samuels Berufung zum Prophetenamt vom ganzen Volk anerkannt worden. Mit der gewissenhaften Weitergabe der göttlichen Warnung an das Haus Elis - so schwer und schmerzlich die Pflicht gewesen war - hatte er seine Zuverlässigkeit als Jahwes Diener bewiesen. "Der Herr stand ihm bei und ließ alle Worte in Erfüllung gehen, die er durch Samuel sprach. Ganz Israel von Dan bis Beerscheba erkannte, dass der Herr ihn zu seinem Propheten bestimmt hatte." (1. Samuel 3,19. 20 GNB)

Als Nation verharrten die Israeliten immer noch in Unglauben und Götzendienst, und als Strafe dafür blieben sie den Philistern weiterhin unterworfen. In dieser Zeit durchzog Samuel die Städte und Dörfer im ganzen Land und versuchte, das Volk zum Gott seiner Väter zu bekehren. Seine Bemühungen blieben nicht ohne Erfolg. Nachdem die Israeliten die Unterdrückung ihrer Feinde 20 Jahre lang ertragen hatten, "schrien sie zum Herrn". Samuel riet ihnen: "Wenn ihr wirklich zum Herrn zurückkehren wollt, dann schafft die Bilder der fremden Götter und Göttinnen fort! Setzt euer ganzes Vertrauen auf den Herrn und verehrt keinen Gott außer ihm." (1. Samuel 7,3 GNB) Hieran wird deutlich, dass praktische Frömmigkeit und eine Religion des Herzens schon in der Zeit Samuels gepredigt wurden, wie es später der Sohn Gottes tat, als er auf Erden weilte. Ohne seine Gnade waren auch für das alte Israel die äußerlichen religiösen Formen wertlos. Bei der Gemeinde von heute ist dies nicht anders.

Wir benötigen heute eine Erweckung zu einer wahren Religion des Herzens, wie Israel sie damals erlebte. Bei allen, die zu Gott zurückfinden möchten, muss als Erstes Reue zu erkennen sein. Das kann keiner für einen anderen tun. Jeder Einzelne von uns muss sich selbst vor Gott demütigen und seine Götzen beiseitelegen. Wenn wir alles getan haben, was wir können, wird der Herr seine Erlösung offenbaren.

In Zusammenarbeit mit den Stammesfürsten wurde eine große Versammlung in Mizpa anberaumt. Ein feierliches Fasten wurde abgehalten, und in tiefer Demut bekannten die Leute ihre Sünden. Als Beweis ihrer Entschlossenheit, die eben empfangenen Anweisungen zu befolgen, betrauten sie Samuel mit dem Amt des Richters.

Die Philister Greifen Erneut An

Die Philister aber deuteten diese Zusammenkunft als Kriegsrat und brachen mit einer großen Streitmacht auf, um die Israeliten auseinanderzutreiben, ehe ihre Pläne ausreifen konnten. Die Nachricht von ihrem Anrücken erregte unter den Israeliten große Angst. Sie flehten Samuel an: "Bitte den Herrn, unseren Gott, uns vor den Philistern zu retten!" (1. Samuel 7,8 NLB)

Während Samuel ein Lamm als Brandopfer darbrachte, zogen die Philister zum Kampf heran. Da offenbarte der mächtige Gott, der unter Feuer und Rauch auf dem Berg Sinai erschienen war, der das Rote Meer geteilt und für die Israeliten einen Weg durch den Jordan gebahnt hatte, abermals seine Macht. Ein schreckliches Unwetter brach über das anrückende Heer herein, und die Erde war mit den Leichnamen der starken Krieger übersät.

Die Israeliten hatten in schweigender Ehrfurcht verharrt und schwankten zwischen Hoffnung und Angst. Als sie Zeugen der Vernichtung ihrer Feinde wurden, wussten sie, dass Gott ihre Reue angenommen hatte. Obwohl sie nicht auf einen Kampf vorbereitet waren, ergriffen sie die Waffen der erschlagenen Philister und verfolgten die fliehenden Scharen bis Bet-Kar.

Dieser entscheidende Sieg wurde auf demselben Schlachtfeld errungen, auf dem 20 Jahre zuvor die Philister Israel geschlagen, die Priester getötet und die Bundeslade weggenommen hatten. Für Nationen wie für Einzelne ist der Weg des Gehorsams der Weg zu Sicherheit und Freude, während die Übertretung von Gottes Gesetz nur zu Unheil und Niederlagen führt. Die Philister waren jetzt so nachhaltig besiegt, dass sie alle Festungen zurückgaben, die sie von Israel erobert hatten, und sich viele Jahre lang sämtlicher Feindseligkeiten enthielten. Andere Völker folgten ihrem Beispiel. Solange Samuel allein über Israel herrschte, konnte es in Frieden leben.

Damit dieses Ereignis nie in Vergessenheit geriet, errichtete Samuel zwischen Mizpa und Schen ein Steinmal und nannte es Eben-Eser, "Stein der Hilfe". Er sagte zum Volk: "Bis hierher hat uns der Herr geholfen." (1. Samuel 7,12 GNB)