Wie Alles Begann

Kapitel 61

Saul Wird Als König Verworfen

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1. Samuel 15.

Saul hatte die Glaubensprüfung in der schwierigen Lage in Gilgal nicht bestanden und den Opferdienst für Gott entweiht, aber es war für ihn noch möglich, seine Charakterfehler zu korrigieren. Der Herr gab ihm noch eine weitere Gelegenheit, um bedingungsloses Vertrauen in sein Wort und Gehorsam gegenüber seinen Geboten zu lernen.

Als ihn Samuel in Gilgal tadelte, sah Saul in seinem Handeln kein großes Vergehen. Er meinte, er sei ungerecht behandelt worden, und versuchte, sein Tun zu rechtfertigen. Er brachte Entschuldigungen für sein Fehlverhalten vor. Von diesem Zeitpunkt an hatte er nur noch wenig Umgang mit dem Propheten. Samuel liebte ihn wie seinen eigenen Sohn. Saul - leidenschaftlich und kühn, wie er war - hatte den Propheten auch hoch geachtet, aber er ärgerte sich über Samuels Tadel und ging ihm fortan soweit wie möglich aus dem Weg.

Gottes Urteil Über Die Amalekiter

Der Herr aber sandte seinen Diener mit einer weiteren Botschaft zu Saul. Auch jetzt noch hätte Saul durch Gehorsam beweisen können, dass er Gott treu war und würdig, Israel vorzustehen. Samuel kam zu ihm und überbrachte ihm das Wort des Herrn. Damit der König den Ernst des Befehls begriff, erklärte Samuel ausdrücklich, dass er in göttlichem Auftrag spreche, im Namen derselben Autorität, die Saul auf den Thron berufen hatte: "So spricht der Herr, der Allmächtige: ›Ich habe nicht vergessen, was die Amalekiter Israel angetan haben: Sie haben Israel im Weg gestanden, als es aus Ägypten kam. Geh, besiege und vernichte sie - Männer, Frauen, Kinder, Säuglinge, Rinder, Schafe, Kamele und Esel, verschone nichts.‹" (1. Samuel 15,2.3 NLB) Die Amalekiter waren die Ersten gewesen, die Israel bei der Wüstenwanderung mit Waffen angegriffen hatten. Wegen dieser Schuld und auch wegen ihrer Auflehnung gegen Gott und wegen ihres entwürdigenden Götzendienstes hatte der Herr durch Mose ein Urteil über sie verhängt. Auf göttliche Anweisung hin war ihr grausames Verhalten gegenüber Israel niedergeschrieben worden, und Gott hatte befohlen: "Ihr [sollt] die Amalekiter vernichten, sodass sich niemand mehr an sie erinnert. Vergesst das niemals!" (5. Mose 25,19 NLB) 400 Jahre lang war der Vollzug dieses Urteils aufgeschoben worden, aber die Amalekiter hatten sich nicht von ihren Sünden abgekehrt. Der Herr wusste, dass dieses bösartige Volk - wenn es möglich wäre - sein eigenes Volk und dessen Gottesdienst von der Erde vertilgen würde. Nun war es an der Zeit, das so lange hinausgezögerte Urteil zu vollstrecken.

Gottes Langmut gegenüber den Bösen ermutigt Menschen oft in ihrer Übertretung, aber ihre Bestrafung ist nicht weniger sicher und schrecklich, nur weil sie lange hinausgezögert wird. "Ja, der Herr wird in den Kampf ziehen wie einst gegen die Philister am Berg Perazim, er wird wüten wie damals im Tal Gibeon. Alles, was er sich gegen euch vorgenommen hat, wird er tun - so seltsam und befremdend es auch ist." (Jesaja 28, 21 Hfa) Für unseren barmherzigen Gott ist Bestrafung wahrlich ein befremdliches Handeln. "So wahr ich lebe, spricht Gott, der Herr, ich freue mich nicht über den Tod eines gottlosen Menschen, sondern ich freue mich viel mehr, wenn er sein Verhalten ändert und am Leben bleibt." (Hesekiel 33,11 NLB) Der Herr ist "barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue ... und vergibt Missetat, Übertretung und Sünde, aber ungestraft lässt er niemand" (2. Mose 34,6.7). Obwohl Gott kein Gefallen an Rache hat, wird er doch die Übertreter seines Gesetzes richten. Er muss es tun, um die Bewohner der Erde vor der völligen Verdorbenheit und dem Untergang zu bewahren. Um einige zu retten, muss er die verstockten Sünder vertilgen. "Der Herr ist geduldig und von großer Kraft, vor dem niemand unschuldig ist." (Nahum 1,3) Durch schreckliches Handeln in Gerechtigkeit wird er die Autorität seines nicht beachteten Gesetzes rechtfertigen. Und gerade sein Zögern, die gerechte Bestrafung auszuführen, bezeugt das ungeheure Ausmaß der Sünden, die seine Strafgerichte herausfordern, und die Strenge der Vergeltung, die die Übertreter erwartet.

Doch während Gott Strafe verhängt, erinnert er sich auch an Barmherzigkeit. Die Amalekiter sollten vernichtet werden, aber die Keniter, die unter ihnen lebten, wurden verschont. Dieses Volk war zwar nicht ganz frei von Götzendienst, aber sie beteten auch Gott an und waren Israel gegenüber freundlich. Zu diesem Stamm gehörte Moses Schwager Hobab, der die Israeliten auf ihrer Wüstenwanderung begleitet und ihnen durch seine Kenntnis des Landes wertvolle Dienste geleistet hatte (vgl. 4. Mose 10,29-32). Seit der Niederlage der Philister bei Michmas hatte Saul gegen die Moabiter, Ammoniter und Edomiter Kriege geführt, auch gegen die Amalekiter und weiterhin gegen die Philister. Gegen wen er auch immer seine Waffen richtete, errang er neue Siege. Als er den Auftrag erhielt, gegen die Amalekiter auszuziehen, ließ er sofort den Krieg ausrufen. Zu seiner eigene Autorität kam noch die des Propheten hinzu und beim Ruf in den Kampf sammelten sich die Männer Israels unter sein Banner. Die Israeliten sollten den Feldzug nicht mit der Absicht auf Selbstverherrlichung antreten und weder Siegesruhm noch Kriegsbeute entgegennehmen. Ihre Teilnahme am Krieg sollte allein aus Gehorsam Gott gegenüber erfolgen und einzig dem Zweck dienen, sein Gericht an den Amalekitern zu vollstrecken. Nach Gottes Absicht sollten alle Völker den Untergang jenes Volkes mitverfolgen, das seiner Oberherrschaft getrotzt hatte. Sie sollten merken, dass die Amalekiter gerade von dem Volk vernichtet wurden, das sie so verachtet hatten.

Sauls Teilweiser Gehorsam

"Dann schlug Saul die Amalekiter vernichtend von Hawila bis nach Schur, das östlich von Ägypten liegt. Er nahm Agag, den König der Amale- kiter, gefangen und tötete alle anderen. Saul und seine Männer verschonten das Leben von Agag und behielten die besten Schafe und Rinder, die fetten Kälber und Lämmer ein - überhaupt alles, was ihnen wertvoll erschien. Sie töteten nur, was nutzlos oder von minderer Qualität war." (1. Samuel 15,7-9 NLB)

Dieser Sieg über die Amalekiter war der glänzendste, den Saul je errungen hatte, und führte dazu, seinen Stolz - die größte Gefahr für ihn - aufs Neue zu entfachen. Der Erlass Gottes, der seine Feinde zur völligen Vernichtung bestimmt hatte, wurde nur teilweise ausgeführt. In seinem Ehrgeiz wagte es Saul, die Sitten der umliegenden Völker nachzuahmen. Er verschonte Agag, den ungestümen und kriegerischen König der Amalekiter, um seinen Ruhm bei seiner triumphalen Heimkehr durch die Anwesenheit eines königlichen Gefangenen noch zu steigern. Das Volk behielt die besten Schafe, Rinder und Lasttiere für sich und entschuldigte sein Unrecht mit der Begründung, die Tiere seien als Opfer für den Herrn vorgesehen. Ihre Absicht aber war, diese Tiere nur als Ersatz zu verwenden, um das eigene Vieh zu behalten. Das war für Saul die letzte Bewährungsprobe gewesen. Seine anmaßende Missachtung des Willens Gottes zeigte seine Entschlossenheit, als unabhängiger Monarch zu herrschen, und bewies, dass er nicht als Statthalter des Herrn mit der Königsmacht betraut werden konnte.

Samuel Soll Saul Rügen

Während Saul und sein Heer im Siegestaumel heimkehrten, gab es im Haus des Propheten Samuel großen Kummer. Er hatte eine Botschaft vom Herrn empfangen, die das Verhalten des Königs brandmarkte: "Es reut mich, dass ich Saul zum König gemacht habe; denn er hat sich von mir abgewandt und meine Befehle nicht erfüllt." (1. Samuel 15,11) Samuel war über die Handlungsweise des rebellischen Königs so betrübt, dass er die ganze Nacht weinte und betete, Gott möge doch seinen schrecklichen Richterspruch zurücknehmen.

Gottes Reue gleicht nicht der menschlichen. "Auch lügt der nicht, der Israels Ruhm ist, und es gereut ihn nicht; denn er ist nicht ein Mensch, dass ihn etwas gereuen könnte", erklärte Samuel später (1. Samuel 15,29). Die Reue eines Menschen bedeutet eine Sinnesänderung, Gottes Reue schließt dagegen eine Änderung der Umstände und Beziehungen ein. Der Mensch kann seine Beziehung zu Gott verändern, indem er die Bedingungen erfüllt, unter denen er Gottes Gunst erlangt, oder er kann sich durch sein eigenes Handeln selbst davon ausschließen. Aber der Herr bleibt "derselbe gestern und heute und in Ewigkeit." (Hebräer 13,8 Elb.) Sauls Ungehorsam hatte sein Verhältnis zu Gott verändert, aber die Bedingungen für die Annahme bei Gott waren unverändert geblieben. Gottes Forderungen waren immer noch dieselben, weil es bei ihm "kein Zu- und Abnehmen des Lichtes und keine Verfinsterung" gibt (Jakobus 1,17 GNB).

Bekümmert machte sich der Prophet am nächsten Morgen auf, um dem irrenden König zu begegnen. Samuel hoffte noch immer, Saul könnte zum Nachdenken kommen, seine Schuld einsehen und durch Reue und Demut Gottes Gunst wieder erlangen. Aber wenn erst einmal der erste Schritt in die falsche Richtung getan ist, fällt der nächste leichter. Saul trat - durch seinen Ungehorsam beschädigt - Samuel mit einer Lüge auf den Lippen entgegen: "Sei vom Herrn gesegnet! Ich habe den Befehl des Herrn ausgeführt!" (1. Samuel 15,13 GNB)

Die Geräusche, die an das Ohr des Propheten drangen, widerlegten die Worte des ungehorsamen Königs. Auf die scharfe Frage "Und was ist das für ein Blöken von Schafen, das zu meinen Ohren kommt, und ein Brüllen von Rindern, das ich höre?" antwortete Saul: "Von den Amalekitern hat man sie gebracht; denn das Volk verschonte die besten Schafe und Rinder, um sie zu opfern dem Herrn, deinem Gott; an dem andern haben wir den Bann vollstreckt." (1. Samuel 15,14.15) Das Volk hatte lediglich Sauls Anordnungen befolgt. Doch um sich selbst herauszureden, legte er seinen Ungehorsam dem Volk zur Last.

Die Botschaft von Sauls Verwerfung verursachte Samuel unsäglichen Schmerz. Er musste sie vor dem ganzen Heer Israels verkünden, das gerade sehr stolz und voller Siegesfreude über den Erfolg war, den es der Tapferkeit und Feldherrenkunst seines Königs zuschrieb. Saul hatte nämlich den Sieg Israels in diesem Kampf nicht mit Gott in Verbindung gebracht. Als aber der Prophet den Beweis für Sauls Widerspenstigkeit vor Augen sah, war er empört, dass der, den Gott so reich begnadet hatte, dessen Befehl übertreten und Israel zur Sünde verführt hatte. Samuel ließ sich durch die Ausflüchte des Königs nicht beirren. Entrüstet und traurig zugleich erklärte er: "Halt ein, damit ich dir verkünde, was der Herr diese Nacht zu mir geredet hat! ... Wurdest du nicht, als du gering in deinen Augen warst, das Oberhaupt der Stämme Israels? Und der Herr salbte dich zum König über Israel."(1. Samuel 15,16.17 Elb.) Er wiederholte den Befehl des Herrn bezüglich Amalek und verlangte, den Grund für den Ungehorsam des Königs zu erfahren.

Saul blieb bei seiner Selbstrechtfertigung: "Ich habe ihm doch gehorcht", erwiderte Saul. "Ich habe getan, was er mir aufgetragen hatte: An den Amale- kitern habe ich den Bann vollstreckt und ihren König Agag hierher gebracht. Meine Leute aber ließen die besten von den erbeuteten Schafen und Rindern am Leben, um sie hier in Gilgal dem Herrn, deinem Gott, zu opfern." (1. Samuel 15,20. 21 GNB)

Mit strengen und ernsten Worten fegte der Prophet die verlogenen Ausreden beiseite und sprach das unwiderrufliche Urteil aus: "Was meinst du, was gefällt dem Herrn besser: Brandopfer und Mahlopfer oder Gehorsam gegenüber seinem Befehl? Lass dir gesagt sein: Wenn du dem Herrn gehorchst, ist das besser als ein Opfer; und wenn du ihm richtig zuhörst, ist das besser als das Fett von Widdern. Trotz gegen Gott ist ebenso schlimm wie Zauberei, Auflehnung gegen ihn so schlimm wie Götzendienst. Weil du gegen den Befehl des Herrn verstoßen hast, hat der Herr auch dich verstoßen: Du kannst nicht länger König über sein Volk sein." (1. Samuel 15,22.23 GNB)

Die Unehrliche Reue Sauls

Als der König dieses schreckliche Urteil hörte, rief er aus: "Ja, ich habe gesündigt. Ich habe deine Anweisungen und den Befehl des Herrn nicht befolgt, denn ich hatte Angst vor dem Volk und tat, was es verlangte." (1. Samuel 15,24 NLB) Erschreckt durch die Anprangerung des Propheten bekannte Saul zwar nun seine Sünde, die er zuvor hartnäckig geleugnet hatte; aber er schob weiterhin die Schuld auf das Volk und behauptete, aus Angst vor ihm gesündigt zu haben.

Nicht Betrübnis über seine Sünde, sondern Angst vor ihrer Strafe trieb den König Israels zu der Bitte an Samuel: "Bitte, vergib mir meine Sünde und tritt mit mir vor den Herrn, um ihn anzubeten." (1. Samuel 15,25 NLB) Wäre Sauls Reue echt gewesen, hätte er ein öffentliches Schuldbekenntnis abgelegt. Aber seine größte Sorge war, sein Ansehen zu bewahren und sich der Treue des Volkes zu versichern. Er wollte die Ehre der Anwesenheit Samuels dazu nutzen, den eigenen Einfluss beim Volk zu stärken.

"Ich werde nicht mit dir gehen", antwortete ihm der Prophet. "Weil du dich vom Wort des Herrn abgewandt hast, hat er sich nun auch von dir abgewandt; du wirst nicht länger König über Israel sein." Als sich Samuel zum Gehen wandte, ergriff ihn der König aus Angst und Verzweiflung. Er "packte ihn am Mantel, dabei riss ein Stück Stoff ab." Darauf erklärte ihm der Prophet: "So hat heute der Herr dir die Königsherrschaft über Israel entrissen, um sie einem anderen zu geben - einem, der besser ist als du." (1. Samuel 15,26-28 NLB)

Saul beunruhigte die Entfremdung von Samuel viel stärker als das Missfallen Gottes. Er wusste, dass das Volk mehr Vertrauen zum Propheten als zu ihm besaß. Sollte nun auf Gottes Befehl ein anderer zum König gesalbt werden, meinte Saul, wäre es unmöglich, die eigene Autorität aufrechtzuerhalten. Er befürchtete sogar einen sofortigen Aufstand, wenn Samuel ihn gänzlich verlassen würde. Deshalb flehte Saul den Propheten an, ihn vor den Ältesten und dem Volk zu ehren, indem er mit ihm gemeinsam öffentlich einen Gottesdienst feierte. Auf göttliche Weisung hin gab Samuel der Bitte des Königs nach, um keinen Anlass zu einem Aufstand zu geben. Aber er war nur als stummer Zeuge beim Gottesdienst anwesend.

Noch galt es, Gottes Urteil zu vollstrecken, so hart und schrecklich es war. Samuel musste Gottes Ehre öffentlich verteidigen und Sauls Handlungsweise rügen. Er befahl, den König der Amalekiter vor ihn zu bringen. Von allen, die durch das Schwert Israels fielen, hatte Agag am wenigsten Erbarmen gehabt und die größte Schuld auf sich geladen. Er hatte das Volk Gottes gehasst, war auf dessen vollständige Vernichtung aus gewesen und hatte den Götzendienst am meisten gefördert. Auf Befehl des Propheten kam er und bildete sich ein, die Todesgefahr sei vorüber. Aber Samuel sagte: "›Dein Schwert hat die Kinder vieler Mütter getötet, so wird jetzt auch deine Mutter kinderlos sein.‹ Und Samuel hieb Agag in Gilgal vor dem Herrn in Stücke." (1. Samuel 15,33 NLB) Daraufhin kehrte Samuel in sein Heim nach Rama zurück, und Saul nach Gibea. Prophet und König begegneten sich danach nur noch ein einziges Mal.

Sauls Verpasste Gelegenheiten

Als Saul auf den Thron berufen wurde, hatte er eine bescheidene Meinung von sich und seinen Fähigkeiten und war bereit, sich belehren zu lassen. Ihm fehlten Kenntnisse und Erfahrungen, und er wies ernste Charakterfehler auf. Aber der Herr verlieh ihm den Heiligen Geist als Führer und Helfer und ermöglichte es ihm, die für die Herrschaft über Israel notwendigen Eigenschaften zu entwickeln. Wäre Saul demütig geblieben und hätte sich von der göttlichen Weisheit leiten lassen, wäre er befähigt worden, den Pflichten seiner hohen Stellung ehrenhaft und erfolgreich nachzukommen. Unter dem Einfluss der göttlichen Gnade wäre jede gute Eigenschaft gestärkt worden, während die üblen Neigungen ihre Macht verloren hätten.

Dies ist das Werk, das Gott für alle zu tun beabsichtigt, die sich seinem Dienst weihen. Er hat viele zu Stellungen in seinem Werk berufen, weil sie demütig und lernbereit sind. In seiner Vorsehung stellt er sie dahin, wo sie von ihm lernen können. Er wird ihnen ihre charakterlichen Schwächen offenbaren und allen, die seine Hilfe suchen, die Stärke geben, um ihre Fehler zu berichtigen.

Aber Saul wurde durch seine Erhöhung anmaßend und entehrte Gott durch sein mangelndes Vertrauen und seinen Ungehorsam. Obwohl er bei seiner Berufung zum Thron bescheiden und ohne viel Selbstvertrauen war, machte ihn der Erfolg überheblich. Schon der erste Sieg entfachte in ihm jenen Stolz, der für ihn die größte Gefahr darstellte. Seine Tapferkeit und seine militärische Führungsgabe, die er bei der Befreiung von Jabesch in Gilead unter Beweis gestellt hatte, hatten die ganze Nation begeistert. Das Volk ehrte seinen König und vergaß darüber, dass er nur das Werkzeug war, durch das Gott gewirkt hatte. Zwar hatte Saul anfangs Gott die Ehre gegeben, doch später beanspruchte er den Ruhm für sich. Er verlor seine Abhängigkeit von Gott aus den Augen und entfernte sich auch innerlich immer mehr von ihm. Somit war der Weg für das anmaßende und frevelhafte Opfer in Gilgal bereitet. Dieselbe blinde Selbstsicherheit führte ihn dazu, Samuels Tadel zurückzuweisen. Da Saul Samuel als einen von Gott gesandten Propheten anerkannt hatte, hätte er den Verweis annehmen müssen, auch wenn er seine Verfehlung noch nicht einzusehen vermochte. Wäre er willens gewesen, seinen Irrtum zu erkennen und einzugestehen, wäre ihm diese bittere Erfahrung zu einem Schutz für die Zukunft geworden.

Hätte sich der Herr damals ganz von Saul zurückgezogen, würde er nicht abermals durch seinen Propheten zu ihm gesprochen und ihn mit einer bestimmten Aufgabe betraut haben, damit er die Fehler der Vergangenheit ausgleichen konnte. Wenn jemand, der bekennt, ein Kind Gottes zu sein, darin nachlässig wird, dessen Willen auszuführen, und dadurch andere beeinflusst, gegenüber den Anordnungen Gottes gleichgültig und unachtsam zu sein, ist es immer noch möglich, dass sich seine Verfehlungen in einen Sieg verwandeln, wenn er den Tadel mit aufrichtiger Reue annimmt und in Demut und im Glauben zu Gott zurückkehrt. Das Demütigende einer Niederlage erweist sich oft als Segen, weil es uns zeigt, dass wir nicht in der Lage sind, Gottes Willen ohne seine Hilfe auszuführen.

Als Saul den Tadel, der ihm durch Gottes Geist übermittelt wurde, von sich wies und in seiner starrköpfigen Selbstrechtfertigung verharrte, verwarf er das einzige Mittel, durch das Gott wirken konnte, um ihn vor sich selbst zu retten. Er hatte sich mutwillig von Gott getrennt. Nun konnte er keine Hilfe oder Führung von ihm erhalten, es sei denn, er kehrte durch ein Bekenntnis seiner Sünden zu Gott zurück.

In Gilgal hatte Saul den Anschein großer Gewissenhaftigkeit erweckt, als er vor dem Heer Israels stand und Gott ein Opfer darbrachte. Aber seine Frömmigkeit war nicht echt. Diese religiöse Handlung, die entgegen Gottes ausdrücklichem Befehl vorgenommen wurde, schwächte nur Sauls Hände und stellte ihn außerhalb der Hilfe, die Gott ihm gewähren wollte.

Bei seinem Feldzug gegen die Amalekiter meinte Saul, alles Wesentliche, das ihm der Herr befohlen hatte, getan zu haben. Aber Gott war mit teilweisem Gehorsam nicht zufrieden und nicht bereit, ein noch so vernünftiges Versäumnis zu übersehen. Gott hat niemandem die Freiheit gegeben, von seinen Forderungen abzuweichen. Er hatte den Israeliten verboten, dass "ein jeder [tut], was ihm recht dünkt" (5. Mose 12,8), sondern sie sollten "alle Weisungen" beachten, die er ihnen gegeben hatte (5. Mose 12,28a Hfa). Bei den Entscheidungen über all unser Handeln sollen wir nicht fragen, ob uns daraus Schaden erwächst, sondern ob sie dem Willen Gottes entsprechen. "Mancher Mensch hält seinen Weg für den richtigen, aber am Ende führt er ihn in den Tod." (Sprüche 14,12 GNB)

"Gehorsam ist besser als Opfer." (1. Samuel 15,22a) In Gottes Augen waren die Opfer an sich ohne Wert. Ihr Sinn lag darin, dass der Opfernde durch sie seine Reue über die Sünde und seinen Glauben an den Erlöser ausdrückte und für die Zukunft Gehorsam gegenüber dem Gesetz Gottes gelobte. Ohne Reue, Glauben und ein gehorsames Herz waren die Opfer wertlos. Als Saul gar vorschlug, in offener Übertretung des göttlichen Gebotes ein Opfer von jenen Tieren darzubringen, die Gott zur Vernichtung bestimmt hatte, zeigte er damit seine klare Verachtung der göttlichen Autorität. Ein solcher Gottesdienst wäre eine Beleidigung für Gott gewesen.

Doch wie viele handeln heute ähnlich, obwohl sie Sauls Sünde und ihre Folgen kennen! Während sie einem bestimmten Gebot Gottes nicht glauben und ihm nicht gehorchen, halten sie an äußerlichen Gottesdienstformen fest. Auf einen solchen Dienst gibt es keine Antwort des Geistes Gottes. Mögen sie noch so eifrig alle religiösen Zeremonien befolgen - der Herr kann sie nicht annehmen, wenn sie in willentlicher Übertretung eines seiner Gebote verharren.

Selbsttäuschung Durch Satans Einfluss

"Auflehnung ist so schlimm wie die Sünde der Zauberei und Eigensinn so schlimm wie Götzendienst." (1. Samuel 15,23a NLB) Die Rebellion begann mit Satan, und jede Auflehnung gegen Gott ist unmittelbar auf satanischen Einfluss zurückzuführen. Wer sich gegen Gottes Herrschaft auflehnt, tritt in einen Bund mit dem ersten Abtrünnigen, und dieser wird seine ganze Macht und List aufbieten, um die Sinne gefangen zu nehmen und den Verstand irrezuführen. Er wird alles in einem falschen Licht erscheinen lassen. Wie unsere Voreltern sehen manche, die seinem betörenden Bann erliegen, nur den großen Nutzen, den sie auf dem Weg der Übertretung erlangen.

Es kann keinen stärkeren Beweis für Satans verführerische Macht geben als den, dass viele, die sich von ihm leiten lassen, sich selbst mit der Ansicht täuschen, sie stünden im Dienst Gottes. Als Korach, Datan und Abiram gegen Moses Führungsanspruch rebellierten, meinten sie, nur gegen einen irdischen Leiter vorzugehen - einen Menschen wie sie selbst. Sie glaubten, Gott einen Dienst zu erweisen. Aber indem sie das von ihm erwählte Werkzeug verwarfen, lehnten sie Christus ab und beleidigten den Geist Gottes. Das Gleiche taten in der Zeit, als Jesus lebte, die jüdischen Schriftgelehrten und Ältesten. Sie gaben vor, für Gottes Ehre zu eifern, und kreuzigten seinen Sohn. Derselbe Geist wirkt auch heute in jenen, die entgegen dem ausdrücklichen Willen Gottes ihre eigenen Wege gehen.

Saul hatte genügend Beweise dafür erhalten, dass Samuel vom Geist Gottes inspiriert war. Sein Wagnis, den Befehl Gottes durch den Propheten zu missachten, erfolgte gegen alle Vernunft und gegen das gesunde Urteilsvermögen. Seine verhängnisvolle Vermessenheit kann man nur satanischer Verführungskraft zuschreiben. Saul hatte sich eifrig um die Beseitigung von Götzendienst und Zauberei bemüht. Doch in seinem Ungehorsam gegen das göttliche Gebot war er von demselben Geist der Auflehnung gegen Gott angetrieben und genauso von Satan inspiriert worden, wie jene, die Zauberei betreiben. Als Saul zurechtgewiesen wurde, verstockte er nun sein rebellisches Herz. Selbst durch eine öffentliche Verbindung mit Götzendienern hätte er Gottes Geist nicht schwerer beleidigen können.

Es ist gefährlich, die Mahnungen und Warnungen des Wortes oder des Geistes Gottes zu übergehen. Viele geben wie Saul der Versuchung nach, bis sie für das wahre Wesen der Sünde blind geworden sind. Sie bilden sich ein, eine gute Absicht zu verfolgen und kein Unrecht zu begehen, wenn sie von den Forderungen Gottes abweichen. Auf diese Weise widerstreben sie dem Geist der Gnade, bis sie seine Stimme nicht mehr wahrnehmen und ihren selbst erwählten Täuschungen überlassen bleiben.

Ein König Nach Dem Wunsch Des Volkes

Mit Saul hatte Gott den Israeliten einen König nach ihrem Herzen gegeben, wie Samuel sagte, als er in Gilgal Sauls Königtum bestätigte: "Da ist der König, den ihr erwählt und den ihr erbeten habt." (1. Samuel 12,13a Elb.) Gut aussehend, von edler Gestalt und fürstlichem Auftreten, stimmte seine Erscheinung ganz mit ihren Vorstellungen von königlicher Würde überein. Sauls persönliche Tapferkeit und die Befähigung zum Heerführer waren die Eigenschaften, die ihnen am besten geeignet erschienen, Respekt und Ansehen bei anderen Völkern zu erwerben. Es kümmerte sie wenig, ob ihr König jene höheren Eigenschaften aufwies, die ihn allein dazu befähigen konnten, gerecht und unparteiisch zu regieren. Sie verlangten nach keinem, der einen wahrhaft edlen Charakter besaß, der Gott liebte und Ehrfurcht vor ihm besaß. Sie hatten Gott nicht um Rat gefragt, was für Eigenschaften ein Herrscher haben sollte, damit ihr besonderer, heiliger Charakter als Gottes auserwähltes Volk erhalten blieb. Sie suchten nicht Gottes Weg, sondern ihren eigenen. Deshalb gab ihnen Gott einen König, wie sie sich ihn wünschten

. jemanden, dessen Wesenszüge ihren eigenen entsprachen. Ihr Herz hatten sie Gott nicht unterworfen, und ihr König war nicht durch die Gnade Gottes gebändigt worden. Unter der Herrschaft dieses Königs würden sie die nötigen Erfahrungen machen, um ihren Irrtum einzusehen und zur Treue Gott gegenüber zurückzukehren.

Doch der Herr ließ Saul - nachdem er ihm das Königtum übertragen hatte

. in seiner Verantwortung nicht allein. Er ließ den Heiligen Geist auf ihm ruhen, damit er seine eigene Schwachheit und die Notwendigkeit des göttlichen Beistands erkannte. Hätte sich Saul auf Gott verlassen, wäre Gott auch mit ihm gewesen. Solange er seinen Willen dem Willen Gottes unterstellt und sich der Erziehung durch Gottes Geist untergeordnet hätte, würde der Herr seine Bemühungen mit Erfolg gekrönt haben. Aber als Saul es vorzog, unabhängig von Gott zu handeln, konnte der Herr ihn nicht länger leiten. Er war gezwungen, ihn abzusetzen. Dann berief er "einen Mann nach seinem Herzen" auf den Thron (1. Samuel 13,14) - keinen, der charakterlich fehlerlos war, aber der nicht sich selbst, sondern Gott vertraute und sich von dessen Geist führen ließ - einen, der sich auch zurechtweisen und korrigieren lassen würde, wenn er eine Sünde begangen hatte.