Wie Alles Begann

Kapitel 70

Davids Herrschaft

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2. Samuel 5,6 bis 7,29 und 9,1 bis 10,19.

Sobald David den Thron Israels bestiegen hatte, begann er, Ausschau zu halten nach einem besser geeigneten Platz für die Hauptstadt seines Reiches. Er entschied sich für einen Ort gut 30 Kilometer nördlich von Hebron als künftigen Regierungssitz seines Reiches. Ehe das Heer Israels von Josua über den Jordan geführt worden war, hatte diese Stadt Salem geheißen. In seiner Nähe hatte Abraham Gott seine Treue bewiesen. 800 Jahre vor Davids Krönung hatte hier Melchisedek, der Priester des Allerhöchsten, gewirkt. Von schützenden Hügeln umgeben, lag die Stadt erhöht in der Mitte des Landes an der Grenze zwischen Benjamin und Juda. In ihrer unmittelbaren Nähe hatte sich Ephraim angesiedelt, und auch für die anderen Stämme war sie leicht erreichbar.

Um sich diesen Platz zu sichern, mussten die Israeliten einen Überrest der Kanaaniter vertreiben, der auf den Bergen Zion und Morija eine befestigte Stellung innehatte. Diese Festung hieß Jebus, und ihre Einwohner kannte man unter dem Namen Jebusiter. Jahrhundertelang hatte Jebus für uneinnehmbar gegolten. Doch nun wurde es von den Israeliten, die unter Joabs Kommando standen, belagert und erobert. Zur Belohnung für seine Tapferkeit wurde er zum Oberbefehlshaber der israelitischen Arme befördert. Jebus wurde nun die Landeshauptstadt, und an die Stelle des heidnischen Namens trat der Name Jerusalem.

Hiram, der König der reichen Stadt Tyrus am Mittelmeer, war an einem Bündnis mit dem König von Israel interessiert und half David deshalb bei der Errichtung eines Palastes in Jerusalem. Aus Tyrus kamen Gesandte, begleitet von Baumeistern, Arbeitern und langen Karawanen mit kostbaren Hölzern, Zedern und anderen wertvollen Baustoffen.

Die wachsende Stärke Israels durch die Vereinigung der Stämme unter David, die Einnahme der Festung Jebus und das Bündnis mit dem König von Tyrus erregten die Feindschaft der Philister. Erneut fielen diese mit einer starken Streitmacht ins Land ein und bezogen in der Ebene Refaim unweit von Jerusalem Stellung. David zog sich mit seinen Männern in die Feste Zion zurück und wartete auf göttliche Weisung. "Da fragte David den Herrn: ›Soll ich hinausgehen und mit den Philistern kämpfen? Wirst du sie in meine Hand geben?‹ Und der Herr antwortete: ›Ja, geh hinaus. Ich sorge dafür, dass du sie besiegen wirst.‹" (2. Samuel 5,19 NLB)

Sogleich rückte David gegen die Feinde aus, schlug und vernichtete sie und nahm ihnen die Götterbilder weg, die sie zur Sicherung ihres Sieges mitgebracht hatten. Erbittert über ihre demütigende Niederlage, sammelten die Philister eine noch größere Streitmacht, kehrten zu erneutem Kampf zurück und "schlugen ihr Lager wieder im Tal Refaim auf" (2. Samuel 5,22 NLB). Erneut wandte sich David an den Herrn, und der große "Ich bin" (2. Mose 3,14 Elb.) übernahm die Führung des israelitischen Heeres.

Er unterwies David mit den Worten: "Greif sie nicht von vorn an ... sondern umgehe sie und falle ihnen beim Baka-Wald in den Rücken. Sobald du in den Wipfeln der Baka-Bäume ein Geräusch hörst, das wie Schritte klingt, dann greif an! Das wird das Zeichen sein, dass der Herr vor dir hergezogen ist, um das Heer der Philister zu schlagen." (2. Samuel 5,23.24 NLB) Wäre David wie einst Saul eigene Wege gegangen, wäre ihm der Erfolg versagt geblieben. Aber er handelte so, wie der Herr es ihm befohlen hatte, "und besiegte das Heer der Philister von Gibeon bis nach Geser. Auf diese Weise breitete sich Davids Ruhm aus, und der Herr sorgte dafür, dass alle Völker sich vor ihm fürchteten." (1. Chronik 14,16.17 NLB)

Die Bundeslade Soll Nach Jerusalem Gebracht Werden

Nachdem Davids Thron nun gefestigt und von Angriffen äußerer Feinde frei geworden war, machte er sich an die Ausführung eines lang gehegten Planes: die Lade Gottes nach Jerusalem zu bringen. Seit vielen Jahren stand sie in Kirjat-Jearim, etwa 15 Kilometer entfernt, doch nun schien es angebracht, die Hauptstadt des Landes mit dem Zeichen der Gegenwart Gottes zu ehren.

David bot dazu 30.000 führende Männer Israels auf, denn er wollte, dass dieses Ereignis zu einem Anlass großer Freude und einer eindrücklichen Kundgebung wurde. Frohgemut folgte das Volk seinem Ruf. Der Hohepriester mit seinen Brüdern im heiligen Dienst, die Fürsten und die Stammesoberhäupter versammelten sich in Kirjat-Jearim. David war von heiligem Eifer ergriffen. Die Lade wurde aus Abinadabs Haus herausgetragen und auf einen neuen, von Ochsen gezogenen Wagen gestellt, den zwei Söhne Abinadabs begleiteten.

Israels Männer folgten mit Jubelrufen und Freudengesängen und eine große Menge stimmte in die von Instrumenten begleitete Melodie mit ein. "David und das ganze Volk Israel tanzten begeistert vor dem Herrn; sie sangen und spielten auf Zithern, Harfen, Tamburinen, Rasseln und Zimbeln." (2. Samuel 6,5 NLB). Schon lange hatte Israel keine solch triumphale Kundgebung mehr erlebt. Feierlich und fröhlich zugleich zog die lange Prozession über Hügel und Täler der heiligen Stadt entgegen.

Ein Schrecklicher Zwischenfall

Aber "bei dem Dreschplatz, der einem Mann namens Nachon gehörte, brachen die Rinder plötzlich aus, und der Wagen drohte umzustürzen. Schnell streckte Usa seine Hand aus und hielt die Bundeslade fest. Da wurde der Herr sehr zornig über ihn, weil er es gewagt hatte, die Bundeslade zu berühren, und er ließ Usa auf der Stelle tot zu Boden fallen." (2. Samuel 6,6.7 Hfa) Plötzliches Entsetzen überfiel die frohe Menge. David war bestürzt und sehr beunruhigt. Innerlich stellte er Gottes Gerechtigkeit in Frage: Er hatte doch die Lade als Sinnbild der göttlichen Gegenwart ehren wollen. Warum nur war dieses schreckliche Gericht über sie gekommen, das ihre Freude in Trauer und Klage verwandelte? David hatte das Empfinden, es sei gefährlich, die Lade in seiner Nähe zu haben. Er beschloss, sie dort zu lassen, wo sie gerade war. Im Haus des Gatiters Obed-Edom fand man einen Platz für sie.

Usas Schicksal war Gottes Urteil über die Verletzung eines ausdrücklichen Gebotes. Der Herr hatte durch Mose genaue Anweisungen für den Transport der Lade gegeben. Niemand außer den Priestern, den Nachkommen Aarons, durfte sie berühren oder auch nur anschauen, wenn sie unbedeckt war. Gott hatte gesagt: Dann "sollen die Kehatiter kommen, um sie zu tragen. Doch sie dürfen die heiligen Gegenstände selbst nicht berühren, sonst sterben sie." (4. Mose 4,15 NLB) Erst wenn die Priester die Lade bedeckt hatten, sollten die Kehatiter sie an den Stangen anheben, die in Ringen an den beiden Längsseiten der Bundeslade steckten und niemals entfernt wurden. Den Gersonitern und Meraritern, die für die Vorhänge, Bretter und Pfeiler des Heiligtums verantwortlich waren, hatte Mose Wagen und Rinder zur Beförderung der ihnen anvertrauten Gegenstände gegeben. "Den Kehatitern dagegen gab er keinen Wagen und keine Rinder, weil ihre Männer die heiligen Gegenstände des Zeltes Gottes auf ihren Schultern tragen sollten." (4. Mose 7,9 NLB) Die Art, wie man die Bundeslade von Kirjat-Jearim holte, war somit eine offenkundige und unentschuldbare Missachtung der Anweisungen des Herrn gewesen.

David hatte sich mit dem Volk versammelt, um ein heiliges Werk auszuführen, und alle waren mit frohem, willigem Herzen dabei gewesen. Doch der Herr konnte ihren Dienst nicht annehmen, weil er nicht seinen Anweisungen entsprechend durchgeführt wurde. Die Philister hatten in Unkenntnis des Gesetzes Gottes die Bundeslade auf einen Wagen gestellt, als sie diese nach Israel zurücksandten, und der Herr nahm ihr Bemühen an. Die Israeliten hingegen besaßen über all diese Dinge eine klare Anweisung Gottes. Durch die Vernachlässigung dieser Vorschriften war Gott entehrt worden.

Auf Usa lag eine größere Schuld - die der Vermessenheit. Die Übertretung des Gesetzes Gottes hatte sein Empfinden für dessen Heiligkeit abgestumpft. Belastet mit Sünden, die er nicht bekannt hatte, und in vollem Bewusstsein des göttlichen Verbots, wagte er es, das Symbol der Gegenwart Gottes zu berühren. Gott kann keinen teilweisen Gehorsam und keine laxe Behandlung seiner Gebote hinnehmen. Durch das Strafgericht über Usa wollte er dem ganzen Volk deutlich vor Augen führen, wie wichtig es ist, seine Forderungen genau zu beachten. So konnte der Tod dieses einen Mannes das Volk zur Reue führen und dadurch Tausende vor Strafgerichten bewahren.

Als David angesichts des plötzlichen Todes von Usa bewusst wurde, dass auch er sein Herz nicht ungeteilt Gott geweiht hatte, begann er sich vor der Bundeslade zu fürchten. Er hatte Angst, das Gericht könnte wegen seiner eigenen Sünden auch über ihn kommen. Obed-Edom dagegen empfing das heilige Symbol - einerseits mit Bangen, andererseits mit Freude - als eine Zusage der Gunst Gottes für die Gehorsamen. Ganz Israel richtete nun seine Aufmerksamkeit darauf, wie es dem Gatiter und seiner Familie ergehen würde. "Und der Herr segnete ihn und sein ganzes Haus." (2. Samuel 6,11)

Die göttliche Zurechtweisung verfehlte ihre Wirkung auf David nicht. Mehr als zuvor erkannte er die Heiligkeit des göttlichen Gesetzes und die Notwendigkeit eines unbedingten Gehorsams. Die Gunst, die Gott dem Haus Obed-Edoms erwies, ließ David wieder hoffen, dass die Bundeslade auch ihm und seinem Volk Segen bringen werde.

Ein Zweiter Versuch

Nach drei Monaten entschloss sich David, einen erneuten Versuch zu wagen, die Bundeslade nach Jerusalem zu überführen. Dieses Mal achtete er sorgfältig darauf, Gottes Anweisungen in allen Einzelheiten zu befolgen. Erneut bot er die leitenden Männer des Volkes auf. Eine unübersehbare Menschenmenge versammelte sich an Obed-Edoms Wohnort. Mit ehrfurchtsvoller Sorgfalt hoben die von Gott bestimmten Männer die Lade auf ihre Schultern. Die Volksmenge schloss sich an, und mit zitterndem Herzen setzte sich die riesige Schar in Bewegung. Nach sechs Schritten gebot ein Trompetensignal Halt. David befahl, "einen Stier und ein fettes Kalb" zu opfern (2. Samuel 6,13). Nun trat Freude an die Stelle von Bangen und Entsetzen. David hatte die königlichen Gewänder abgelegt und einen einfachen leinenen Schurz umgetan, wie ihn die Priester trugen. Mit dieser Handlung wollte er nicht zum Ausdruck bringen, dass er nun beabsichtigte, priesterliche Aufgaben zu übernehmen. Solch ein Schurz wurde manchmal auch von Personen getragen, die keine Priester waren. Bei diesem heiligen Dienst wollte er aber vor Gott seinen Untertanen gleichgestellt sein. An diesem Tag sollte Jahwe angebetet werden. Ihm allein gebührte die Ehre.

Erneut setzte sich der lange Zug in Bewegung. Der Klang der Harfen, Hörner, Trompeten und Zimbeln stieg zum Himmel empor und vermischte sich mit dem Gesang vieler Stimmen. "David tanzte mit aller Macht vor dem Herrn" (2. Samuel 6,14) und bewegte sich in seiner Freude im Takt der Musik.

Davids Tanz in ehrfürchtiger Freude vor Gott ist von leichtlebigen Menschen benutzt worden, um die heutigen modernen Tänze zu rechtfertigen. Doch für eine solche Argumentation bietet er keine Grundlage. Heutzutage steht das Tanzen in einem Zusammenhang mit Vergnügen und nächtlicher Feier. Gesundheit und Anstand werden der Freude geopfert. Die Besucher von Tanzveranstaltungen denken nicht an Gott und seine Verehrung. Bei ihren Zusammenkünften würde ein Gebet oder ein Loblied als fehl am Platz empfunden werden. Dieser Umstand sollte ausschlaggebend sein. Vergnügungen, die dazu angetan sind, die Liebe zu geistlichen Dingen zu schmälern und die Freude am Dienst für Gott zu verringern, sollten von Christen nicht aufgesucht werden. Die Musik und der Tanz in freudigem Gotteslob bei der Überführung der Bundeslade hatten nicht die geringste Ähnlichkeit mit den Ausschweifungen der heutigen Tänze. Erstere lenkten die Gedanken auf Gott und erhoben seinen heiligen Namen. Das andere ist ein Mittel Satans, um die Menschen Gott vergessen zu lassen und ihn zu entehren.

Der Einzug In Jerusalem

Der prächtige Festzug folgte der Bundeslade, dem geweihten Symbol ihres unsichtbaren Königs, und näherte sich der Hauptstadt. Dann wurden die Wächter auf der Mauer mit lautem Gesang aufgefordert, die Tore der heiligen Stadt zu öffnen.

"Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehre einziehe!"

Eine Gruppe von Sängern und Spielern fragte zurück:

"Wer ist der König der Ehre?"

Eine andere gab die Antwort:

"Es ist der Herr, stark und mächtig, der Herr, mächtig im Streit."

Daraufhin fielen Hunderte in den Siegeschor ein:

"Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehre einziehe!"

Wiederum ertönte die freudige Frage:

"Wer ist der König der Ehre?"

Und wie "eine Stimme großer Wasser" (Offenbarung 19,6) antwortete die begeisterte Menge:

"Es ist der Herr Zebaoth; er ist der König der Ehre." (Psalm 24,7-10)

Dann wurden die Tore weit geöffnet, die Prozession zog ein, und in andächtiger Ehrfurcht setzte man die Bundeslade in dem Zelt ab, das zu ihrer Aufnahme bereitstand. Vor der heiligen Anlage waren Opferaltäre aufgerichtet. Der Rauch von Dank- und Brandopfern und die Weihrauchwolken stiegen zugleich mit den Lob- und Bittgesängen Israels zum Himmel empor. Der Gottesdienst endete mit dem Segen, den der König selbst über sein Volk sprach. Danach ließ David mit königlicher Freigebigkeit Speisen und Getränke zur Stärkung an die Teilnehmer verteilen.

Vertreter aller Stämme hatten an diesem Gottesdienst, dem heiligsten Ereignis in der bisherigen Regierungszeit Davids, teilgenommen. Gottes Geist hatte auf David geruht. Als nun die letzten Strahlen der untergehenden Sonne das heilige Zelt in erhabenen Lichtglanz hüllten, richtete sich sein Herz in Dankbarkeit zu Gott empor, weil nun die Bundeslade, das gesegnete Zeichen der göttlichen Gegenwart, dem Thron Israels so nahe war.

Michals Verachtung

In Gedanken versunken kehrte David in seinen Palast zurück, "um seine Familie zu begrüßen" (2. Samuel 6,20 NLB). Aber dort war jemand, der das freudige Geschehen mit ganz anderen Augen betrachtet hatte als David. "Als die Bundeslade in die Davidstadt getragen wurde, stand Davids Frau Michal, die Tochter Sauls, am Fenster. Sie fand es unpassend, dass David als König vor dem Herrn her tanzte und hüpfte, und sie verachtete ihn in ihrem Herzen." (2. Samuel 6,16 GNB) Sie war so aufgebracht, dass sie es kaum erwarten konnte, bis David den Palast betrat. Sie ging ihm entgegen und erwiderte seinen freundlichen Gruß mit einer Flut von kränkenden Worten. Beißend scharf war die Ironie ihrer Rede: "Heute hat der König von Israel aber Ehre eingelegt! Vor den Frauen seiner Diener hat er sich schamlos entblößt, wie es nur das niedrigste Gesindel tut!" (2. Samuel 6,20 GNB)

David empfand, dass Michal damit den Dienst für Gott verachtet und entehrt hatte. Deshalb antwortete er ernst: "Zur Ehre des Herrn habe ich es getan! Er hat mich deinem Vater und allen seinen Nachkommen vorgezogen und mich zum Anführer seines Volkes Israel gemacht. Deshalb will ich auch künftig zu seiner Ehre tanzen und springen und mich noch tiefer erniedrigen als diesmal. Ich will mich selbst für gering halten; aber die Frauen, die mich nach deiner Meinung verachten müssen, die werden es verstehen und mir Ehre erweisen." (2. Samuel 6,21.22 GNB) Dem Tadel Davids fügte der Herr den seinen hinzu: "Michal aber, die Tochter Sauls, blieb ihr Leben lang kinderlos" (2. Samuel 6,23 GNB) - wegen ihres Stolzes und ihres Hochmuts.

Die Feierlichkeiten bei der Überführung der Bundeslade hatten bei den Israeliten einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Sie weckten ein stärkeres Interesse am Heiligtumsdienst und belebten den Eifer der Menschen für Jahwe aufs Neue. David versuchte mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, diesen Eindruck noch zu vertiefen. Gesänge wurden zu einem regelmäßigen Bestandteil gottesdienstlicher Anbetung. David verfasste Psalmen, nicht nur zum Gebrauch durch die Priester beim Heiligtumsdienst, sondern auch für das Volk, wenn es zu den jährlichen Festen zum nationalen Altar nach Jerusalem unterwegs war. Der auf diese Weise ausgeübte Einfluss war weitreichend und führte dazu, dass das Volk vom Götzendienst frei wurde. Viele der umliegenden Völker, die das Wohlergehen des Landes beobachteten, wurden veranlasst, wohlwollend über Israels Gott zu denken, der so große Dinge für sein Volk getan hatte.

Der Plan Zum Bau Eines Tempels

Das heilige Zelt, das Mose errichtet hatte, stand mit allem, was zum Heiligtumsdienst gehörte - mit Ausnahme der Bundeslade - noch immer in Gi- bea. David beabsichtigte, Jerusalem zum religiösen Mittelpunkt der Nation zu machen. Da er für sich einen Palast gebaut hatte, empfand er es als unangemessen, dass die Lade Gottes in einem Zelt stand. Deshalb beschloss er, für sie einen Tempel zu errichten, dessen Großartigkeit zum Ausdruck bringen sollte, wie sehr Israel die Ehre der ständigen Gegenwart seines Königs Jahwe zu würdigen wusste. Als er mit dem Propheten Nathan über seine Absicht sprach, erhielt er die ermutigende Antwort: "Mach dich nur ans Werk und führe aus, was du im Herzen bewegst! Der Herr wird dir beistehen." (2. Samuel 7,3 NLB)

Aber noch in derselben Nacht erhielt Nathan vom Herrn eine Botschaft für den König. David wurde das Vorrecht verwehrt, dem Herrn ein Haus zu bauen, doch ihm persönlich, seinen Nachkommen und dem Reich Israel wurde Gottes Gunst zugesichert: "So spricht der Herr, der Allmächtige: Ich habe dich zum Herrscher über mein Volk Israel gemacht, als du noch draußen auf dem Feld die Schafe gehütet hast. Ich bin mit dir gewesen, was immer du unternommen hast, und habe alle deine Feinde vernichtet. Und ich habe deinen Namen berühmt gemacht; er gehört zu den Namen der Großen auf Erden. Meinem Volk Israel werde ich eine Heimat geben, einen sicheren Ort, an dem ihm nichts geschieht. Es wird sein Land sein, in dem feindliche Völker es nicht mehr unterdrücken dürfen." (2. Samuel 7,8-10 NLB)

David hatte gewünscht, Gott ein Haus bauen zu dürfen, und nun erhielt er seinerseits die Verheißung: "Und nun kündigt der Herr dir an, dass er dir ein Haus bauen wird. Denn wenn du stirbst, werde ich einen deiner Nachkommen als deinen Nachfolger einsetzen ... Er wird dann für mich, für meinen Namen, ein Haus bauen. Und ich werde seiner Herrschaft für immer Bestand geben." (2. Samuel 7,11-13 NLB)

Als Begründung, warum David den Tempel nicht bauen sollte, wurde ihm gesagt: "Du hast in den großen Schlachten, in denen du gekämpft hast, viel Leben vernichtet. Weil du so viel Blut vor mir vergossen hast, sollst du es nicht sein, der ein Haus zu Ehren meines Namens baut. Doch du wirst einen Sohn haben, der wird in Ruhe und Frieden leben. Ich will dafür sorgen, dass er Ruhe vor allen seinen Feinden hat. Er soll Salomo35 heißen. Und während seiner Herrschaft will ich Israel Ruhe und Frieden schenken. Er ist es, der ein Haus zu Ehren meines Namens bauen wird." (1. Chronik 22,8-10 NLB)

Obwohl ihm sein Herzenswunsch verwehrt wurde, nahm David die Nachricht dankbar entgegen. "Wer bin ich, Gott, mein Herr", rief er aus, "und was ist meine Familie, dass du mich so weit gebracht hast? Und jetzt, Gott, mein Herr, gibst du mir und meinen Nachkommen zu allem anderen auch noch eine Zusage, die bis in die ferne Zukunft reicht." (2. Samuel 7,18.19 NLB) David erneuerte daraufhin seinen Bund mit Gott.

Er wusste, dass es für ihn eine Ehre gewesen wäre und seiner Herrschaft Ruhm eingebracht hätte, wenn er sein Vorhaben hätte ausführen können. Aber er war bereit, seinen Willen dem Willen Gottes unterzuordnen. Eine solche dankbare Bereitschaft zum Verzicht ist selbst unter Christen eine Seltenheit. Wie oft klammern sich Menschen, die ihr bestes Lebensalter bereits überschritten haben, an die Hoffnung, noch etwas Großartiges zu erreichen? Sie hängen mit ihrem ganzen Herzen daran, obwohl sie gar nicht mehr in der Lage sind, es umzusetzen. Gott kann durch gewisse Umstände genauso zu ihnen sprechen, wie er es bei David durch seinen Propheten tat, und ihnen klar machen, dass die Aufgabe, die sie sich so sehr wünschen, nicht für sie bestimmt ist. Ihr Auftrag besteht vielmehr darin, einem anderen den Weg dafür zu ebnen. Anstatt sich dankbar der göttlichen Leitung zu unterstellen, ziehen sich viele zurück, als ob man sie gering geachtet und abgewiesen hätte. Nachdem sie diese eine Sache, die sie so gerne ausführen wollten, nicht tun können, fühlen sie keine Bereitschaft mehr, überhaupt etwas zu tun. Viele halten krampfhaft an Verantwortungen fest, die zu tragen sie nicht in der Lage sind. Vergeblich versuchen sie eine Aufgabe zu erfüllen, der sie gar nicht gewachsen sind, versäumen dabei aber das, was sie durchaus tun könnten. Durch diesen Mangel an Zusammenarbeit wird ihretwegen ein größeres Werk behindert oder vereitelt.

David Erfüllt Sein Versprechen

In seinem Bund mit Jonatan hatte David versprochen, er werde dem Haus Sauls Wohlwollen erweisen, sobald er Ruhe vor seinen Feinden habe. David erinnerte sich in seinem Wohlstand an diesen Bund und ließ nachforschen: "Ist noch irgendjemand aus Sauls Familie am Leben? Ich will ihnen Gutes tun, wie ich es Jonatan versprochen habe." (2. Samuel 9,1 NLB) Man berichtete ihm von Mefi-Boschet, einem Sohn Jonatans, der von Kind auf gelähmt war. Nach Sauls Niederlage durch die Philister bei Jesreel hatte die Amme das Kind auf der Flucht fallen lassen, woraufhin es lebenslang an den Füßen lahmte.

David ließ den jungen Mann an seinen Hof rufen und empfing ihn sehr freundlich. Er gab ihm den privaten Besitz seines Großvaters Saul zum Unterhalt seiner Familie zurück. Ihn selbst aber lud er als ständigen Gast des Königs ein. Dieser saß nun täglich an der königlichen Tafel. Durch Berichte, die Davids Feinde in Umlauf gebracht hatten, hegte Mefi-Boschet ihm gegenüber großes Misstrauen und er betrachtete in als einen Thronräuber. Aber als der Monarch ihn so höflich und großzügig aufnahm und ihn weiterhin so freundlich behandelte, gewann der das Herz des jungen Mannes. Schon bald hing Mefi-Boschet sehr an David und empfand, dass er - wie schon sein Vater Jonathan - dieselben Interessen verfolgte, wie der von Gott erwählte König.

Erneut Kriege Gegen Die Nachbarn

Nachdem Davids Herrschaft gefestigt war, erfreute sich die Nation Israel einer langen Friedenszeit. Als die Nachbarvölker die Einheit und Stärke des Königreichs wahrnahmen, hielten sie es schon bald für vernünftig, von offenen Feindseligkeiten abzusehen. Und David, der mit der Organisation und dem Aufbau seines Reiches beschäftigt war, verzichtete auf Angriffskriege. Schließlich aber zog er gegen die alten Feinde Israels, die Philister und die Moabiter, in den Krieg, überwand beide und machte sie tributpflichtig.

Danach bildete sich gegen Davids Königreich eine riesige Koalition der umliegenden Völker, was die größten Kriege und Siege seiner Regierungszeit und seinen umfangreichsten Machtzuwachs zur Folge hatte. Dieses feindliche Bündnis, das aus Eifersucht auf Davids zunehmende Macht entstand, war von ihm in keiner Weise herausgefordert worden. Folgende Umstände führten dazu.

Die Nachricht vom Tod des Ammoniter-Königs Nahasch gelangte nach Jerusalem. Dieser Monarch hatte David Gutes erwiesen, als dieser vor Sauls Zorn auf der Flucht war. Um seine Dankbarkeit für die ihm damals in der Not erwiesene Hilfe auszudrücken, schickte David Gesandte mit einem Beileidsschreiben zu Hanun, dem Sohn und Nachfolger des Königs, und ließ ihm sagen: "Ich will Hanun, dem Sohn des Nahasch, Freundschaft erweisen, wie sein Vater mir Freundschaft erwiesen hat." (2. Samuel 10,2)

Aber seine höfliche Geste wurde missdeutet. Die Ammoniter hassten den wahren Gott und waren erbitterte Feinde Israels. Das scheinbare Wohlwollen, das Nahasch David erwiesen hatte, war damals der Feindschaft gegen Saul, den König Israels, entsprungen. Die Ratgeber Hanuns legten nun Davids Botschaft ganz falsch aus. Es "sagten die führenden Männer des Landes zu Hanun, ihrem Herrn: ›Glaubst du wirklich, David schickt diese Männer, um deinen Vater zu ehren und dir sein Beileid zu übermitteln? Nein, David hat sie zu dir geschickt, damit sie die Stadt auskundschaften, sodass er kommen und sie erobern kann.‹" (2. Samuel 10,3 NLB) Ein halbes Jahrhundert zuvor hatten nämlich die Ratgeber des ammonitischen Königs Nahasch diesen dazu bewegt, den Einwohnern der israelitischen Stadt Jabesch in Gilead, die unter dem Druck der ammonitischen Belagerung um einen Friedensvertrag baten, eine ganz grausame Bedingung zu stellen. Nahasch hatte das Recht gefordert, allen das rechte Auge auszustechen (vgl. 1. Samuel 11,1.2). Die Ammoniter erinnerten sich noch gut daran, wie Saul als König Israels ihren grausamen Plan zunichte machte und die Stadt befreite, deren Einwohner sie hatten demütigen und verstümmeln wollen. Dieser Hass auf Israel trieb sie noch immer an. Sie konnten sich nicht vorstellen, dass Davids Botschaft einer edlen Gesinnung entsprang. Wenn Satan den Verstand der Menschen beherrscht, erweckt er Neid und Argwohn, wodurch auch die allerbesten Absichten missdeutet werden. Hanun hörte auf seine Berater, betrachtete Davids Gesandte als Spione und überhäufte sie mit Spott und Hohn.

Die Ammoniter erhielten die Möglichkeit, die üblen Absichten ihres Herzens ungehindert zum Ausdruck zu bringen, damit David ihren wirklichen Charakter erkennen konnte. Es war nicht Gottes Wille, dass Israel ein Bündnis mit diesem heimtückischen heidnischen Volk einging.

So wie heute war auch im Altertum ein Gesandter unantastbar. Nach allgemein gültigem Völkerrecht war er vor persönlicher Verletzung oder Kränkung geschützt. Da er als Vertreter seines Herrschers galt, rief jede ihm zugefügte Demütigung unverzüglich nach Vergeltung. Die Ammoniter waren sich bewusst, dass die Beleidigung Israels nicht ungerächt bleiben würde. Sie rüsteten deshalb zum Krieg. "Die Ammoniter erkannten, dass sie David ernsthaft verärgert hatten. Deshalb schickten Hanun und die Ammoniter 1.000 Talente [Zentner] Silber nach Mesopotamien, zu den Aramäern nach Maacha und nach Zoba, um Streitwagen und Reiter anzuwerben. Sie erwarben 32.000 Streitwagen und sicherten sich die Unterstützung des Königs von Maacha und seines Heeres. ... Auch die Ammoniter kamen aus ihren Städten und sammelten sich zum Kampf." (1. Chronik 19,6.7 NLB)

Es war in der Tat ein furchterregendes Bündnis. Die Völker der Länder zwischen Euphrat und Mittelmeer hatten sich mit den Ammonitern zusammengetan. Der Norden und der Osten Kanaans waren von bewaffneten Feinden eingekreist, die gemeinsam das Königreich Israel vernichten wollten.

Die Israeliten warteten den Angriff auf ihr Land nicht ab. Ihre Streitkräfte überquerten unter Joabs Führung den Jordan und rückten gegen die Hauptstadt der Ammoniter vor. Ehe aber der Heerführer Israels seine Leute ins Gefecht führte, ermutigte er sie zum Kampf. An seinen Bruder Abischai gewandt, der eine andere Abteilung anführte, sagte er: "Sei mutig! Lass uns tapfer für unser Volk und die Städte unseres Gottes kämpfen. Der Wille des Herrn geschehe." (1. Chronik 19,13 NLB) Schon bei der ersten Schlacht besiegten sie die vereinigten Streitkräfte der Feinde. Trotzdem sahen diese den Krieg nicht als beendet an und setzten ihn im darauffolgenden Jahr fort. Diesmal bedrohte der König von Syrien Israel mit einem riesigen Heer. David erkannte, wie viel vom Ausgang dieses Kampfes abhing, und übernahm selbst den Oberbefehl. Durch Gottes Hilfe fügte er dem Gegner eine solch vernichtende Niederlage zu, dass die Syrer zwischen Libanon und Euphrat fortan nicht nur auf Krieg verzichteten, sondern auch Israel tributpflichtig wurden. Gegen die Ammoniter kämpfte David mit aller Kraft weiter, bis auch deren Festungen fielen und das ganze Land unter Israels Herrschaft geriet.

Die Gefahren, durch die dem Reich Israel die völlige Vernichtung gedroht hatte, erwiesen sich letztendlich durch Gottes Vorsehung als Mittel zum Aufstieg zu noch nie dagewesener Größe. In Erinnerung an diese außergewöhnliche Befreiung sang David:

"Der Herr lebt! Gelobt sei mein Fels! Der Gott meines Heils sei hoch erhoben, der Gott, der mir Vergeltung schafft und zwingt die Völker unter mich, der mich errettet von meinen Feinden. Du erhöhst mich über die, die sich gegen mich erheben; du hilfst mir von den Frevlern. Darum will ich dir danken, Herr, unter den Heiden und deinem Namen lobsingen, der seinem König großes Heil gibt und Gnade erweist seinem Gesalbten, David, und seinem Hause ewiglich." (Psalm 18,47-51)

In allen seinen Gesängen prägte David dem Volk ein, dass Jahwe Israels Stärke und Retter ist:

"Einem König hilft nicht seine große Macht; ein Held kann sich nicht retten durch seine große Kraft. Rosse helfen auch nicht; da wäre man betrogen; und ihre große Stärke errettet nicht." (Psalm 33,16.17)

"Du bist es, mein König und mein Gott, der du Jakob Hilfe verheißest. Durch dich wollen wir unsere Feinde zu Boden stoßen, in deinem Namen niedertreten, die sich gegen uns erheben. Denn ich verlasse mich nicht auf meinen Bogen, und mein Schwert kann mir nicht helfen; sondern du hilfst uns von unseren Feinden und machst zuschanden, die uns hassen." (Psalm 44,5-8)

"Jene verlassen sich auf Wagen und Rosse; wir aber denken an den Namen des Herrn, unseres Gottes." (Psalm 20,8)

Das Königreich Israel hatte nun in vollem Umfang die Erfüllung der Verheißung empfangen, die Gott Abraham gegeben und später Mose gegenüber wiederholt hatte: "Deinen Nachkommen will ich dies Land geben, von dem Strom Ägyptens an bis an den großen Strom Euphrat." (1. Mose 15,18) Israel war zu einer mächtigen Nation herangewachsen, von den Nachbarvölkern geachtet und gefürchtet. In seinem eigenen Reich war Davids Macht sehr groß geworden. Wie nur wenige Herrscher vor oder nach ihm erfreute er sich der Zuneigung und Treue seines Volkes. Er hatte Gott geehrt, nun ehrte Gott ihn.

Aber mitten im Wohlstand lauerte Gefahr. Zur Zeit seines größten Triumphes nach außen hin geriet David in die schlimmste Gefahr und erlebte seine bitterste Niederlage.