Aus der Schatzkammer der Zeugnisse -- Band 1

Kapitel 23

Falsche Auffassungen von Heiligung

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Gott prüft und erprobt seine Kinder. Jetzt muß sich ihr Charakter entwickeln. Engel wägen das sittliche Verhalten der Menschenkinder und führen über deren Tun und Lassen genauen Bericht. Auch unter Gottes Volk gibt es verderbte Herzen; Gott aber wird sie prüfen und erproben. Jener Gott, der eines jeden Herz durchschaut, wird ans Licht bringen, was verborgen ist. Die Steine des Anstoßes befinden sich meistens dort, wo man sie am wenigsten vermutet. Sie hindern den Fortgang der Wahrheit und sollten weggeräumt werden, damit dem Allmächtigen ein reines und heiliges Volk bei der Verkündigung seiner Rechte und Gebote diene.

Der Herzog unserer Seligkeit führt seine Kinder schrittweise voran. Er läutert sie und bereitet sie auf die Verwandlung vor. Diejenigen aber, die bestrebt sind, sich von der Gemeinde abzuwenden, wird Christus zurücklassen. Dies um so mehr, weil sie glauben, an ihrer eigenen Gerechtigkeit genug zu haben. Sie wollen sich nicht leiten lassen. "Wenn nun das Licht, das in dir ist, Finsternis ist, wie groß wird dann die Finsternis sein!" Matthäus 6,23. Es gibt keine größere Täuschung, das menschliche Herz zu verführen, als die Menschen dahin zu bringen, daß sie sich auf sich selbst verlassen und annehmen, sie stünden recht und lebten in der Erkenntnis Gottes, wenn sie sich von seinem Volk abwenden dabei ist die von ihnen gehütete Erkenntnis -- Finsternis ...

Br. J. erhielt von seinem Prediger eine falsche Auffassung von der Heiligung vermittelt, die nicht der dritten Engelsbotschaft entspricht und überall dort, wo sie angenommen wird, die Liebe zur Botschaft zerstört. Ich konnte sehen, daß sich dieser Prediger, auf einem gefährlichen Boden bewegte. Er handelte nicht nach der Botschaft des dritten Engels. Früher erfreute er sich des Segens Gottes; jetzt aber hat sich Gott von ihm abgewandt, weil jener das Licht der Wahrheit, das auf seinen Pfad schien, weder geachtet noch gehütet hat. Er lehrte die Auffassung der Methodisten über die Heiligung, stellte diese in den Vordergrund und schrieb ihr außerordentliche Wichtigkeit zu. Den heiligen Wahrheiten jedoch, die für diese Zeit bestimmt sind, maß er wenig Bedeutung bei. Er folgte seiner eigenen Erleuchtung, die immer düsterer wurde und sich mehr und mehr von der Wahrheit entfernte. Schließlich übte das Wort Gottes nur noch sehr geringen Einfluß auf ihn aus. Satan gewann die Herrschaft über seinen Verstand, so daß jener Prediger bei der Verkündigung der Wahrheit im Norden des Staates Wisconsin/USA großen Schaden anrichtete.

Das Ergebnis falsch verstandener Heiligung

Es war dieser Begriff der Heiligung, der auch Schw. G. von jenem Prediger vermittelt worden war, und nach dem zu leben sie sich bemühte und der sie schließlich zu jenem schlimmen Fanatismus führte. Jener Prediger hat mit dieser Auffassung von der Heiligung viele Seelen verwirrt und irregeführt. Alle, die sie annehmen, verlieren in großem Umfang ihre Anteilnahme und Liebe für die Botschaft des dritten Engels. Diese Auffassung von der Heiligung ist zwar sehr nett, denn sie übertüncht die Finsternis, den Irrtum und Hochmut armer Seelen und gibt ihnen das Auftreten eines guten Christen, der geheiligt erscheint, während sein Herz verderbt ist. Es ist eine Lehre, die den Menschen in Frieden und Sicherheit wiegt, die das Übel nicht ans Licht bringt und das Falsche nicht tadelt und zurechtweist. Sie tröstet die Kinder Gottes in ihrem Unglück, daß sie es gering achten sollen und sagen "Friede, Friede!", und ist doch kein Friede. Männer und Frauen verderbten Herzens legen das Gewand der Heiligkeit an und werden dann von der Herde als Vorbilder angesehen. In Wirklichkeit sind sie Mitarbeiter Satans, die er benötigt, um aufrichtige Seelen anzulocken und sie durch Täuschungen auf einen Abweg zu führen, damit sie die Kraft und den Einfluß der ernsten Wahrheit, die von dem dritten Engel verkündigt wird, nicht spüren sollen.

Man betrachtete jenen Prediger als Vorbild, während er dem Werk Gottes nur Schaden zufügte. Sein Wandel war nicht untadelig und stimmte weder mit dem heiligen Gesetz Gottes überein noch mit dem fleckenlosen Leben Christi. Seine verderbte Natur war nicht bezwungen. Dennoch betonte er die Heiligung, wodurch er viele Menschen täuschte. Mir wurde sein früheres Wirken vor Augen geführt. Er vernachlässigte seine Bemühungen, Seelen zur Wahrheit zu bringen und sie in der Botschaft des dritten Engels zu gründen. Er stellte die Lehre der Heiligung als eine Angelegenheit von höchster Wichtigkeit hin, während er den Kanal, durch den die Segnungen Gottes kommen, in seiner Bedeutung herabsetzte. "Heilige sie in deiner Wahrheit; dein Wort ist die Wahrheit." Johannes 17,17. Die gegenwärtige Wahrheit, dieser Strom des Segens, wird nicht geachtet, sondern mit Füßen getreten. Die Menschen mögen schreien Heiligkeit! Heiligung! Weihe! Hingabe! und doch nicht mehr aus Erfahrung wissen, wovon sie reden, als der Sünder mit seinen verderbten Neigungen. Bald wird Gott dieses übertünchte Gewand scheinbarer Heiligung wegreißen, mit dem sich einige fleischlich Gesinnte umgeben haben, um die Häßlichkeit des Herzens zu verbergen.

Über die Taten der Menschenkinder wird gewissenhaft Bericht geführt. Nichts kann vor den Augen des Allmächtigen verborgen werden. Manche schlagen einen Weg ein, der dem Gesetz Gottes direkt zuwiderläuft. Sie geben dabei vor, sich Gott geweiht zu haben, um ihren sündhaften Lebenswandel zu verschleiern. Dieses Bekenntnis zur Heiligkeit läßt sich jedoch in ihrem täglichen Leben nicht feststellen. Es genügt bei weitem nicht, die Sinne zu erheben und allen bösen Schein zu meiden. 1.Thessalonicher 5,22. Wir sind der Welt, den Engeln und den Menschen zum Schauspiel geworden. Als Folge der lasterhaften Lebenshaltung der fleischlich Gesinnten wird unser Glaube verlästert. Sie bejahen den Teil der Wahrheit, der ihnen Einfluß verleiht, während sie mit den Menschen keine Gemeinschaft haben, die der ganzen Wahrheit glauben und mit ihr verbunden sind. Worin bestand der Einfluß jenes Predigers? Was waren die Früchte seines Wirkens? Wie viele wurden zur Erkenntnis gebracht und in der gegenwärtigen Wahrheit gegründet? ...

Mir wurde im Geist die Angelegenheit des Herrn L. dargestellt. Er hat viel über Heiligung zu sagen; doch er täuscht sich über sich selbst, und andere wieder täuschen sich in ihm. Seine Heiligung reicht gerade für die Dauer der Versammlung und kann einer Prüfung nicht standhalten. Die Heiligung durch die Bibel läutert das Leben; das Herz jenes Mannes aber ist nicht gereinigt. Im Herzen wohnt Unrecht, das dann im Leben zum Ausdruck kommt. Die Feinde unseres Glaubens haben damit Gelegenheit, die Sabbathalter zu schmähen; denn sie beurteilen den Baum nach seinen Früchten.

"Sondern meiden auch heimliche Schande und gehen nicht mit Schalkheit um, fälschen auch nicht Gottes Wort; sondern mit Offenbarung der Wahrheit beweisen wir uns wohl an aller Menschen Gewissen vor Gott." 2.Korinther 4,2.

Viele handeln entgegen dieser Schriftstelle. Sie gehen mit Schalkheit um und fälschen Gottes Wort. Ihr Leben ist keine Beglaubigung der Wahrheit. Zur Heiligung haben sie besondere Andachtsübungen; Gottes Wort aber werfen sie hinter sich. Sie beten um Heiligung, singen von Heiligung und rufen Heiligung. Menschen mit verderbtem Herzen setzen die Miene der Unschuld auf und geben vor, geheiligt zu sein. Doch das ist noch kein Beweis dafür, daß es tatsächlich der Fall ist. Ihr Tun und Lassen wird ausweisen, wes Geistes Kind sie sind. Ihr Gewissen ist verhärtet, aber der Tag göttlicher Heimsuchung kommt, wo jedes Menschen Werk, welcher Art es auch gewesen sein mag, offenbar werden wird. Dann wird jeder den Lohn seiner Werke empfangen.

Auf Herrn L. weisend, sagte der Engel: "Was verkündigst du meine Rechte und nimmst meinen Bund in deinen Mund, so du doch Zucht hassest und wirfst meine Worte hinter dich? Wenn du einen Dieb siehst, so läufst du mit ihm und hast Gemeinschaft mit den Ehebrechern. Deinen Mund lässest du Böses reden, und deine Zunge treibt Falschheit." Psalm 50,16-19. Gott wird diese trennenden Einflüsse zerstreuen und abschütteln und sein Volk befreien, wenn die Bekenner der vollen Wahrheit sich aufmachen werden, um mit dem Herrn zusammen zu wirken.

Die Ungehorsamen werden nicht geheiligt

Jene, die einen Teil der Wahrheit hinter sich werfen, sind nicht geheiligt im Sinne der Heiligen Schrift. Im Worte Gottes gibt es genügend Licht, so daß niemand zu irren braucht. Seine Wahrheit ist so erhaben, daß die größten Geister sie bewundern, und wiederum so einfach, daß das bescheidenste, schwächste Gotteskind sie zu begreifen vermag und von ihr unterwiesen werden kann. Wer die Herrlichkeit der Wahrheit nicht sieht und die dritte Engelsbotschaft für unwichtig hält, wird einst keine Entschuldigung haben; denn die Wahrheit ist schlicht und klar.

"Ist nun unser Evangelium verdeckt, so ist's in denen, die verloren werden, verdeckt; bei welchen der Gott dieser Welt der Ungläubigen Sinn verblendet hat, daß sie nicht sehen das helle Licht des Evangeliums von der Klarheit Christi, welcher ist das Ebenbild Gottes." 2.Korinther 4,3.4.

"Heilige sie in deiner Wahrheit; dein Wort ist die Wahrheit ... Ich heilige mich selbst für sie, auf daß auch sie geheiligt seien in der Wahrheit." Johannes 17,17.19.

"Und machet keusch eure Seelen im Gehorsam der Wahrheit durch den Geist zu ungefärbter Bruderliebe und habt euch untereinander inbrünstig lieb aus reinem Herzen." 1.Petrus 1,22.

"Dieweil wir nun solche Verheißungen haben, meine Liebsten, so lasset uns von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes uns reinigen und fortfahren mit der Heiligung in der Furcht Gottes." 2.Korinther 7,1.

"Also, meine Liebsten, wie ihr allezeit seid gehorsam gewesen, nicht allein in meiner Gegenwart, sondern auch nun viel mehr in meiner Abwesenheit, schaffet, daß ihr selig werdet, mit Furcht und Zittern. Denn Gott ist's, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen. Tut alles ohne Murren und ohne Zweifel, auf daß ihr seid ohne Tadel und lauter und Gottes Kinder, unsträflich mitten unter dem unschlachtigen und verkehrten Geschlecht, unter welchem ihr scheinet als Lichter in der Welt." Philipper 2,12-15.

"Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe." Johannes 15,3.

"Ihr Männer, liebet eure Weiber, gleichwie Christus auch geliebt hat die Gemeinde und hat sich selbst für sie gegeben, auf daß er sie heiligte, und hat sie gereinigt durch das Wasserbad im Wort, auf daß er sie sich selbst darstellte als eine Gemeinde, die herrlich sei, die nicht habe einen Flecken oder Runzel oder des etwas, sondern daß sie heilig sei und unsträflich." Epheser 5,25-27.

Dies ist die biblische Heiligung, die keine Zurschaustellung oder Äußerlichkeit duldet. Es ist eine Heiligung, die wir durch die Segensströme des Wortes Gottes empfangen; des Wortes Gottes, das im Herzen aufgenommen und im Leben tatsächlich angewandt wird.

Jesus war, als Mensch betrachtet, vollkommen; dennoch wuchs er ständig in der Gnade Gottes. "Und Jesus nahm zu an Weisheit, Alter und Gnade bei Gott und den Menschen." Lukas 2,52. Selbst der vollendetste Christ kann fortgesetzt in der Erkenntnis und Liebe Gottes wachsen.

"Darum meine Lieben, dieweil ihr darauf warten sollt, so tut Fleiß, daß ihr vor ihm unbefleckt und unsträflich im Frieden erfunden werdet ... Wachset aber in der Gnade und Erkenntnis unsers Herrn und Heilandes Jesu Christi. Dem sei Ehre nun und zu ewigen Zeiten! Amen." 2.Petrus 3,14.18.

Beständiges Wachstum

Heiligung ist nicht Sache eines Augenblickes, einer Stunde oder eines Tages, sondern Heiligung ist beständiges Wachstum in der Gnade. Wir wissen an keinem Tage, wie heftig unser Kampf morgen oder übermorgen sein wird. Satan lebt und wirkt. Um ihm widerstehen zu können, müssen wir Gott jeden Tag ernstlich um Hilfe und Kraft bitten. Denn solange Satan herrscht, werden wir damit zu tun haben, uns selbst zu bezwingen und Gewohnheitssünden zu überwinden. Nie wird es für uns einen Ruhepunkt geben, an dem wir sagen können, daß wir das Ziel endgültig erreicht haben.

"Nicht, daß ich's schon ergriffen habe oder schon vollkommen sei; ich jage ihm aber nach, ob ich's auch ergreifen möchte, nachdem ich von Christo Jesu ergriffen bin." Philipper 3,12.

Christliches Leben heißt stetiges Vorwärtsschreiten. Durch Jesus Christus wird sein Volk gereinigt und geläutert werden. Aber erst wenn sich sein Wesen gänzlich in ihnen widerspiegelt, sind sie vollkommen und heilig und sind dann bereit für die Verwandlung. Von einem Christen wird Großes erwartet. Wir sind aufgefordert, uns von der Befleckung des Fleisches und des Geistes zu reinigen und unsere Heiligung in der Furcht Gottes zu vollenden. Hier erkennen wir, worin das Große besteht, das von einem Christen erwartet wird. Es nimmt einen festen Platz im Leben des Christen ein. Jede Rebe am Weinstock muß Leben und Kraft aus diesem Weinstock ziehen, um Frucht zu bringen.

Es wird große Anstrengungen kosten, das ewige Leben zu erlangen. Nur durch langes und anhaltendes Bemühen, durch strenge Selbstzucht und unnachsichtigen Kampf werden wir zu Überwindern. Wenn wir aber beharrlich und entschlossen im Namen des Siegers darum ringen, gleichwie er in der Wüste darum rang, die Versuchungen zu überwinden, dann wird uns der ewige Lohn zuteil werden. Unsere Anstrengungen, unsere Selbstverleugnung und Ausdauer müssen dem unermeßlichen Wert des Zieles entsprechen, das wir erstreben. Testimonies for the Church III, 324.325 (1873).