Aus der Schatzkammer der Zeugnisse -- Band 1

Kapitel 37

Ein verletztes Gewissen

[AUDIO]

Lieber Br. N.!

Aus einem gewissen Verantwortungsgefühl heraus sehe ich mich veranlaßt, an dich einige Zeilen zu richten. Im Geist wurden mir bestimmte Dinge gezeigt, die dich betreffen und die ich nicht für mich zu behalten wage. Ich sah, daß Satan aus der Tatsache, daß deine Frau die Wahrheit nicht angenommen hat, erhebliche Vorteile zog. Du wurdest in die Gesellschaft einer sittlich bedenkenlosen Frau getrieben, die selbst am Rande des Verderbens steht. Sie nahm an deinen unglücklichen Eheverhältnissen starken Anteil. Wie die Schlange in Eden bezauberte sie dich durch ihre Gebärden. Sie erweckte in deinem Herzen den Eindruck, daß du ein betrogener Mann seiest; daß deine Frau deine Gefühle nicht achte und deine Liebe nicht erwidere; daß du in deiner ehelichen Verbindung eine falsche Wahl getroffen hättest, bis du dir schließlich selbst einbildetest, daß die Ehe mit der Frau, die du zur Lebensgefährtin erwählt hattest, unerträglichen Fesseln gleiche. Du gingst zu diesem scheinheiligen "Engel", um Mitgefühl zu finden. Du hast ihr das anvertraut, was zu wissen nur deiner Frau zukommt, der du versprochen hast, sie zu lieben, zu ehren und zu schützen, solange ihr lebt. Du hast versäumt, ständig zu wachen und zu beten, damit du nicht der Versuchung erliegst. Deine Seele wurde durch diesen Frevel entstellt. Du hast deinem Lebenswandel einen furchtbaren Schandfleck aufgeprägt. Dennoch kann dich tiefe Reue und Demütigung vor Gott zu ihm zurückführen. Das Blut Christi vermag von allen diesen Sünden zu reinigen.

Du bist gefallen, sehr tief gefallen! Satan lockte dich in sein Netz und überließ es dann dir selbst, dich, so gut du vermagst, loszureißen. Du wurdest gequält, verwirrt und schrecklich versucht. Dich plagt dein schuldbeladenes Gewissen. Du zweifelst an dir selbst und bildest dir ein, daß jeder andere an dir gleichfalls zweifeln müßte. Du bist mißtrauisch gegen dich selbst und glaubst, daß man auch dir gegenüber argwöhnisch sei. Du hast kein Selbstvertrauen und stellst dir vor, daß deine Brüder auch kein Vertrauen zu dir haben. Satan hält dir oft die Vergangenheit vor Augen und sagt dir, daß der Versuch, die Wahrheit auszuleben, für dich zwecklos sei. Der Weg sei zu schmal für dich. Du bist überwunden. Jetzt ist Satan durch deinen sündigen Wandel im Vorteil und will dich glauben machen, du habest die Erlösung verpaßt.

Du hast dich auf dem Kampffeld Satans in einen folgenschweren Streit eingelassen. Du hast die Schranke, die um jede Familie gezogen ist und die sie heiligt, niedergerissen. Jetzt quält dich Satan nahezu ununterbrochen. Ja, du kommst gar nicht mehr zur Ruhe. Du hast deinen Frieden verloren und versuchst nun, deine Brüder für deine widerstreitenden Gefühle, für deine Zweifel und Besorgnisse verantwortlich zu machen. Du meinst, daß sie nicht recht handeln, wenn sie dir keine Aufmerksamkeit schenken. Das liegt jedoch an dir selbst. Du willst deinen eigenen Weg gehen und beugst dein Herz nicht vor Gott, um dich gebrochen und zerknirscht, völlig zerschlagen und sündenbefleckt auf seine Gnade zu werfen. Wenn du hartnäckig bleibst, werden deine Bemühungen, dir selbst zu helfen, dein sicheres Verderben zur Folge haben.

Gib dein Mißtrauen und deine Tadelsucht auf! Lenke deine Aufmerksamkeit auf dich selbst, und rette deine eigene Seele durch demutsvolle Reue, indem du dich allein auf das Blut Christi verläßt! Leiste eine gründliche Arbeit für die Ewigkeit! Wenn du dich von der Wahrheit abwendest, bist du verloren und auch deine Familie ist zugrunde gerichtet. Nachdem alle Schutzmauern, die die Unantastbarkeit und die Segnungen eurer Familienbande heilig wahrten, niedergerissen wurden, ist es schwierig, sie wieder zu errichten. Aber in der Kraft Gottes und nur allein in seiner Kraft kannst du es erreichen. Wahrheit, heilige Wahrheit, sei dein Anker; er vermag dich davor zu bewahren, daß du in der verhängnisvollen Strömung dem Verbrechen und Verderben entgegengetrieben wirst.

Ein einmal verletztes Gewissen ist stark geschwächt. Es braucht die Kraft, die aus steter Wachsamkeit und unaufhörlichem Gebet erwächst. Du stehst auf unsicherem Boden und bist auf all die Kraft angewiesen, die die Wahrheit dir bieten kann, um dich zu festigen und vor dem völligen Zusammenbruch zu retten. Die Entscheidung zwischen ewigem Leben und ewigem Tod liegt in deiner Hand! Was wirst du wählen? Hättest du aus Notwendigkeit nach bestimmten Grundsätzen und nicht so impulsiv gehandelt und ließest du dich nicht so schnell entmutigen, sondern sähest den Schwierigkeiten gerüstet entgegen, wärst du nicht unterlegen, wie es geschehen ist. Du hast aus plötzlichem Antrieb gehandelt. Du warst nicht bereit, wie unser vollkommenes Vorbild, den Widerspruch der Sünder gegen dich selbst zu erdulden. Wir werden ermuntert, uns seiner zu erinnern, damit unser Gemüt nicht müde und zaghaft werde. Schon als Kind warst du schwach und hattest keine Kraft zur Ausdauer. Du hast nicht das Bedürfnis empfunden, im Glauben gegründet, gestärkt, gefestigt und überzeugt zu sein.

Glück oder Elend

Du hast geglaubt, daß es deine Pflicht sei, andere die Wahrheit zu lehren, statt dich selbst belehren zu lassen. Du mußt nun bereit sein, wieder Schüler zu werden und die Wahrheit anzunehmen, und aufhören mit deiner Kritiksucht, deinem Mißtrauen und deinem Klagen. Sanftmütig sollst du das Wort annehmen, das dir eingeprägt wird; denn es vermag deine Seele zu retten. Es hängt von dir ab, ob du Glück oder Elend erfahren wirst. Du hast dich einmal der Versuchung ergeben und kannst nun deiner eigenen Kraft nicht mehr vertrauen. Satan besitzt große Gewalt über dein Herz, und du wirst ohne Halt dastehen, wenn du dich von dem Einhalt gebietenden Einfluß der Wahrheit losreißt. Dieser Einfluß war dir ein Schutz, der dich vor Schuld und Missetat bewahrte. Deine einzige Hoffnung besteht darin, dich durch ein wohlgeordnetes Leben und durch Gott wohlgefällige Gespräche gründlich zu bekehren und das Vergangene wiedergutzumachen.

Du hast in plötzlicher Erregung gehandelt; dies entsprach deinem Wesen. Deine einzige Hoffnung liegt jetzt darin, die begangene Verletzung der göttlichen Gebote zu bereuen und deine Seele durch Gehorsam zu reinigen. Pflege die Lauterkeit der Gesinnung und des Lebens. Die Gnade Gottes wird dich stärken, um deine Leidenschaften zu bezähmen und deine Begierden zu zügeln. Wenn du aufrichtig wachst und betest, wird dir der Heilige Geist helfen, das Werk zu vollenden und unserem unfehlbaren Vorbild ähnlich zu werden.

Solltest du aber den heiligenden, bewahrenden Einfluß der Wahrheit abschütteln wollen, wird dich Satan ohne Einschränkung seinem Willen unterwerfen. Du wirst in Gefahr kommen, deinen Launen und Leidenschaften Raum zu geben, und üblen Gewohnheiten, sinnlichen Lüsten und verabscheuungswürdigen Wünschen nachgehen. Statt auf deinem Angesicht auch in Prüfungen und Trübsalen wie der treue Henoch eine heitere Gelassenheit zu zeigen, indem es voller Hoffnung leuchtet und jenen Frieden trägt, der höher ist als alle Vernunft, prägen sich auf deinen Zügen wollüstige Gedanken und Begierden aus. Du wirst an Stelle des Göttlichen den Stempel des Teuflischen an dir tragen.

"Durch welche uns die teuren und allergrößten Verheißungen geschenkt sind, nämlich, daß ihr dadurch teilhaftig werdet der göttlichen Natur, so ihr fliehet die vergängliche Lust der Welt." 2.Petrus 1,4. Es ist eine Gnade Gottes, wenn du durch demütiges Bekennen und aufrichtige Reue den Herrn beim Wort nehmen und zu ihm zurückkehren kannst. Das teure Blut Christi kann dich von aller Untugend reinigen, all deine Sündenlast von dir nehmen und dich in ihm zur Vollkommenheit führen. Die Gnadengaben des Herrn sind für dich noch erreichbar, wenn du sie annehmen willst. Um deiner gekränkten Frau und deiner Kinder willen, die ja deines Blutes sind: Höre auf zu sündigen und befleißige dich, Gutes zu tun! Was du säst, wirst du auch ernten. Wenn du nach fleischlichen Dingen strebst, wirst du Verderben ernten; wenn du dich aber um geistliche Werte mühst, wirst du das ewige Leben ererben.

Du mußt deine Empfindlichkeit und deine Krittelei überwinden. Du bist argwöhnisch, weil dir andere nicht die Aufmerksamkeit widmen, die du erwartest. Du darfst nicht an Erfahrungen hängen, die sich auf Gefühle stützen und einen etwas fanatischen Anstrich haben. Grundsätzliche und einsichtsvolle Entscheidungen sollten dein Handeln bestimmen. Forsche in der Schrift, und sei jedem Menschen gegenüber zur Verantwortung bereit, der Grund fordert der Hoffnung, die in dir ist, und das mit Sanftmut und Gottesfurcht. Laß deine Selbstüberheblichkeit absterben! "Reiniget die Hände, ihr Sünder, und machet eure Herzen keusch, ihr Wankelmütigen. Seid elend und traget Leid und weinet; euer Lachen verkehre sich in Weinen und eure Freude in Traurigkeit." Jakobus 4,8.9. Wenn du von Versuchungen und üblen Gedanken gequält wirst, gibt es nur einen, den du um Hilfe und Beistand anrufen kannst. Flüchte dich zu ihm in deiner Schwachheit. In seiner Nähe zerbrechen Satans Pfeile. Sie können dir nicht schaden. Die im Aufblick zu Gott getragenen Prüfungen und Anfechtungen werden dich reinigen und demütig machen; aber gefährden und zugrunde richten werden sie dich nicht.