Aus der Schatzkammer der Zeugnisse -- Band 1

Kapitel 91

Kritik an den leitenden Brüdern

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Die Gemeinde braucht selbstlose christliche Mitarbeiter. Wenn alle jene von ... fernblieben, die in der Regel unfähig sind, einer Versuchung zu widerstehen, und zu schwach, um sich allein zu behaupten, gäbe es dort eine viel reinere geistliche Atmosphäre. Wer von den Fehlern und Unzulänglichkeiten anderer lebt und die giftigen Krankheitsstoffe der Versäumnisse und des Zukurzkommens seiner Nachbarn auf sich zieht und sich zum Kehrichtfeger der Gemeinde macht, ist für die Gemeinschaft, zu der er gehört, ohne Nutzen. Er bildet eine Belastung für die Gemeinschaft, der er beschwerlich fällt.

Die Gemeinde braucht keine Beschwernisse und keine Kritiker, sondern ernsthafte Mitarbeiter und Baumeister in Zion. Im Herzen des Werkes werden wirklich Sendboten Jesu benötigt, Menschen, die die Festung halten und hart wie Stahl sind, wenn es darum geht, die Ehre der Männer zu schützen, die Gott an die Spitze seines Werkes gestellt hat und die ihr Äußerstes tun, um das Werk in allen seinen Abteilungen zu stützen, selbst unter Darangabe ihrer eigenen Interessen und, wenn nötig, ihres Lebens. Ich sah aber, daß es nur wenige gibt, deren Herzen mit der Wahrheit verwachsen sind und die Gottes eingehende Prüfung vertragen können. Es gibt viele, die wohl die Wahrheit ergriffen haben, jedoch hat die Wahrheit nicht sie ergriffen, um ihre Herzen umzuwandeln und sie von aller Selbstsucht zu reinigen. Da sind sowohl die Personen, die nach ... kommen, um dem Werk zu helfen, als auch viele der alten Gemeindeglieder, die Gott gegenüber für die Behinderung, die sie dem Werk durch ihre Eigenliebe und ihr ungeheiligtes Leben gewesen sind, eine schreckliche Rechnung zu begleichen haben.

Der Glaube besitzt keine rettende Kraft, wenn die charakterliche Entfaltung der Gläubigen mit ihrem Bekenntnis nicht übereinstimmt. Gott hat in seiner Güte seinem Volk in ... große Erkenntnis zuteil werden lassen, aber Satan will sein Werk ausführen, und er wendet seine Macht am stärksten in den leitenden Stellen des Werkes an. Er bemächtigte sich selbsüchtiger, ungeheiligter Männer und Frauen und bestellt sie zu Aufpassern über die treuen Knechte Gottes, um ihre Worte, Werke und Motive anzuzweifeln, Fehler zu finden und über ihre Verweise und Warnungen zu murren. Durch diese Menschen ruft Satan Argwohn und Mißtrauen hervor, sucht die Tatkraft der Gläubigen zu schwächen, den Ungeheiligten zu gefallen und die Anstrengungen der Diener Gottes zunichte zu machen.

Die Folgen der Kritik

Satan gewinnt über die Eltern durch ihre unerzogenen Kinder großen Einfluß. Die Vernachlässigung elterlicher Pflichten ist für viele sabbatgläubige Eltern bezeichnend. Klatsch und Verleumdungen sind Satans besondere Mittel, um Zank und Zwietracht zu säen, Freunde zu trennen und den Glauben vieler Menschen in die Wahrhaftigkeit unserer Lehren zu untergraben. Brüder und Schwestern sind zu leicht bereit, von Fehlern und Irrtümern zu sprechen, die sie bei anderen vermuten, vor allem bei denen, die die Mahn- und Warnbotschaften unerschrocken weitergegeben haben, die ihnen Gott aufgetragen hat.

Die Kinder dieser Nörgler lauschen mit offenen Ohren und nehmen das Gift der Unzufriedenheit in sich auf. Auf diese Weise verschließen Eltern blindlings die Wege, auf denen das Herz der Kinder zu erreichen wäre. Wie viele Familien würzen ihre täglichen Mahlzeiten mit Zweifeln und Beschuldigungen! Sie zerlegen den Charakter ihrer Freunde und servieren das Ergebnis als leckeren Nachtisch. Ein köstlicher Happen Klatsch wird um die Tafel gereicht und nicht nur von Erwachsenen, sondern auch von Kindern besprochen. Durch diese Methoden entwürdigen wir Gott. Jesus sagte: "Was ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan." Matthäus 25,40. Wer den Dienern Christi Übles nachredet, beschimpft und schmäht deshalb auch Jesus Christus selbst.

Die Namen der von Gott erwählten Diener werden von gewissen Personen geringschätzig behandelt und in manchen Fällen völlig verachtet; dabei wäre es ihre Pflicht, diese Namen hochzuhalten. Die Kinder haben die verächtlichen Bemerkungen ihrer Eltern gegenüber den ernsten Rügen und Warnungen der Diener Gottes hören müssen. Sie haben die ironischen Scherze und herabsetzenden Reden verstanden, die von Zeit zu Zeit ihr Ohr trafen. Dies hatte zur Folge, daß im Gemüt der Kinder die heiligen und ewigen Dinge mit den Alltäglichkeiten dieser Welt auf eine Stufe gestellt wurden. Was für ein Werk verrichten diese Eltern, die aus ihren Kindern bereits in ihrer Kindheit Ungläubige machen! Auf diese Weise werden die Kinder angehalten, unehrerbietig zu sein und sich gegen den Himmel aufzulehnen, wenn er die Sünde tadelt.

Wo es solche Übel gibt, kann nur geistlicher Verfall herrschen. Gerade diese vom Feind irregeleiteten Väter und Mütter wundern sich, warum ihre Kinder dazu neigen, die biblische Wahrheit anzuzweifeln und ihr nicht zu glauben. Sie sind überrascht, daß es so schwierig ist, ihnen durch sittliche und religiöse Einflüsse beizukommen. Wenn diese Eltern geistliches Erkenntnisvermögen besäßen, würden sie sehr bald entdecken, daß dieser beklagenswerte Zustand die Folge ihres eigenen häuslichen Einflusses ist, das Ergebnis ihres Neides und ihres Mißtrauens. Dadurch werden im Familienkreis angeblich echter Christen viele Ungläubige großgezogen.

Es gibt viele, die mit besonderem Genuß dabei verweilen, die wirklichen oder auch scheinbaren Fehler der Männer zu erörtern, die die schwere Verantwortung für die einzelnen Abteilungen des Werkes Gottes tragen. Sie übersehen nicht nur das Gute, das erreicht worden ist, sondern auch den Nutzen, der durch mühsame Arbeit und unerschrockene Hingabe an die Sache Gottes erzielt werden konnte. Sie heften ihre Aufmerksamkeit auf irgendeinen vermeintlichen Fehler oder ein besonderes Ereignis und bilden sich ein, nachdem sie geschehen und die Folgen eingetreten sind, daß man auf bessere Weise mit günstigeren Ergebnissen hätte handeln können. Die Wahrheit sieht allerdings so aus: Wäre ihnen diese Aufgabe übertragen worden, hätten sie sich unter den gegebenen Schwierigkeiten entweder geweigert, irgendwelche Schritte zu unternehmen, oder sie hätten diese Angelegenheit unüberlegter gehandhabt als die Männer, die sie regelten, indem sie dem Licht göttlicher Vorsehung folgten.

Aber diese aufrührerischen Schwätzer klammern sich mehr an die unerfreulichen Seiten des Werkes, als selbst die Flechte an die unebene Oberfläche des Felsens. Diese Personen sind geistlich verkümmert, weil sie sich immerwährend mit den Schwächen und Fehlern anderer Menschen befassen. Sie sind geistig unfähig, gute und großmütige Taten, uneigennützige Bemühungen, wahren Heldenmut und echte Selbstaufopferung zu beurteilen. Sie werden in ihrem Leben und in ihren Hoffnungen nicht edler und reiner; ihre Gedanken und Pläne werden nicht kühner und großzügiger. Sie pflegen nicht jene Barmherzigkeit, die das Leben des Christen kennzeichnen sollte. Ihre Entartung nimmt täglich zu. Ihre Vorurteile und Auffassungen werden immer engstirniger. Kleinlichkeit wird ihr Lebenselement. Die Atmosphäre, die sie um sich verbreiten, ist pures Gift für Glück und Frieden.

Christen sollten ihre Worte sorgfältig wählen. Natürlich sollten sie niemals ungünstige Gerüchte von einem ihrer Freunde zum anderen tragen, vor allem dann nicht, wenn sie wissen, daß zwischen ihren Freunden keine völlige Harmonie herrscht. Es ist gefühllos, Anspielungen und Andeutungen zu machen, als wüßte man eine ganze Menge über diesen Freund und kennte persönliche Zusammenhänge, die jedoch anderen verborgen sind. Solche Andeutungen ziehen weitere Kreise und wirken weitaus ungünstiger, als wenn man die Tatsachen sachlich und freimütig berichtet. Welch einen Schaden hat die Gemeinde Christi durch diese Dinge erlitten! Der mit dem Wort Gottes unvereinbare, sorglose Wandel ihrer Gläubigen hat die Gemeinde so haltlos werden lassen wie Wasser. Vertrauliche Mitteilungen sind von Gliedern der gleichen Gemeinde preisgegeben worden, und doch hatten die Schuldigen nicht die Absicht, Unheil anzurichten. Bei der Auswahl der Gesprächsthemen hat fehlende Klugheit viel Schaden gestiftet.

Die Unterhaltung sollte sich auf göttliche, geistliche Dinge erstrecken. Es ist aber nicht immer so gewesen. Wenn die gesellschaftliche Verbindung mit christlichen Freunden hauptsächlich der Ausbildung des Verstandes und der Veredlung des Herzens gewidmet ist, gibt es später kein Bedauern. Mit froher Genugtuung können sie dann auf diese Zusammenkünfte zurückschauen. Würden aber die Stunden leichtsinnig und mit leerem Geschwätz verbracht und die kostbare Zeit dazu verwendet, Leben und Charakter anderer Menschen zu zergliedern, wird sich der freundschaftliche Umgang als Quelle des Bösen erweisen und euer Einfluß wird "ein Geruch des Todes zum Tode" sein. Testimonies for the Church II, 186.187 (1885).

Wir dürfen unsere Nöte und Unannehmlichkeiten nicht in unsere Herzen eindringen und uns verdrießlich und unwillig machen lassen. Es gilt, Zank, böse Gedanken und üble Reden zu verbannen, damit wir Gott nicht erzürnen. Mein Bruder, wenn du dein Herz Verleumdungen und bösem Argwohn öffnest, kann der Heilige Geist nicht in dir wohnen. Trachte nach der Fülle, die in Christus ist! Arbeite nach seiner Weise! Laß durch jeden Gedanken, jedes Wort und jede Tat Christus offenbar werden! Du brauchst jene tägliche Liebestaufe, die in den Tagen der Apostel alle zu einem Herzen und einer Seele zusammenschloß. Diese Liebe wird Leib, Seele und Geist gesunden lassen. Umgib deine Seele mit einer Atmosphäre, die das geistliche Leben stärkt. Pflege Glauben, Hoffnung, Tatkraft und Liebe. Laß den Frieden Gottes in deinem Herzen regieren! Testimonies for the Church VIII, 191 (1904).

Der Herr lebt und regiert. Bald wird er sich in seiner Herrlichkeit erheben, um die Erde gewaltig aufzurütteln. Eine besondere Botschaft muß jetzt verkündet werden, eine Botschaft, die die geistliche Finsternis durchdringen wird und Menschen überzeugt und bekehrt. "Eile, rette deine Seele"; dieser Aufruf muß an alle ergehen, die in sündigen Gewohnheiten leben. Wir müssen nun in allem ganzen Ernst machen und dürfen keinen Augenblick mit tadelnden Bemerkungen und Anklagen vergeuden. Wer dies in der Vergangenheit getan hat, soll auf seine Knie sinken und beten und sich hüten, die Worte und Pläne Gottes durch seine eigenen ersetzen zu wollen. Testimonies for the Church VIII, 36 (1904).