Aus der Schatzkammer der Zeugnisse -- Band 2

Kapitel 2

Neid und Kritik

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Neid ist nicht bloß eine üble Laune, sondern eine Krankheit, die alle Fähigkeiten in Unordnung bringt. Sie fing bei Satan an. Er wollte der erste im Himmel sein, und da er nicht alle Macht und Herrlichkeit, die er erstrebte, erlangen konnte, erhob er sich gegen die Herrschaft Gottes. Er beneidete unsere Ureltern, verleitete sie zur Sünde und richtete auf diese Weise sie und die gesamte Menschheit zugrunde.

Der neidische Mensch verschließt seine Augen vor den guten Eigenschaften und edlen Taten anderer. Er ist stets bereit, das Vortreffliche herabzusetzen und zu verdrehen. Menschen gestehen oft andere Fehler und geben sie auf, aber von einem Neider ist diesbezüglich wenig zu erhoffen. Neid auf einen Menschen ist gleichbedeutend mit dem Eingeständnis seiner Überlegenheit, aber der Stolz wird solch ein Zugeständnis nicht erlauben. Versucht man, den Neidischen seiner Sünde zu überführen, wird er nur noch erbitterter auf den Gegenstand seiner Leidenschaft, allzuoft ist er unheilbar.

Der neidische Mensch verspritzt Gift, wo auch immer er ist; er entfremdet Freunde und erregt Haß und Auflehnung gegen Gott und Menschen. Er möchte als der Beste und Größte gelten, aber dieses Ziel, sich auszuzeichnen, sucht er nicht durch heldenhafte Anstrengungen der Selbstverleugnung zu erreichen, sondern dadurch, daß er auf seinem Niveau bleibt, die Verdienste der Taten andrer aber schmälert ...

Von der Zunge, die Freude am Unheil hat, der geschwätzigen Zunge, die fragt: "Wißt ihr schon das Neuste? ich will es euch erzählen", sagt der Apostel Jakobus, daß sie von der Hölle entzündet ist. Sie setzt alles in Brand. Was kümmert sich der Schwätzer darum, daß er den Unschuldigen verunglimpft? Er wird mit seiner bösen Arbeit nicht aufhören, obwohl er Hoffnung und Mut bei denen vernichtet, die unter ihrer Last fast zusammenbrechen. Er trägt nur Sorge, seinem Hang zu Klatschgeschichten zu frönen. Selbst bekenntliche Christen verschließen ihre Augen vor allem Reinen, Ehrbaren, Edlen und Liebenswerten und häufen alles mögliche Zweifelhafte und Unangenehme auf, um es der Welt kundzutun.

Denkt gut von allen Menschen

Wenn wir einen Vorwurf gegen unseren Bruder anhören, greifen wir diesen Vorwurf auf. Auf die Frage "Herr, wer wird wohnen in deiner Hütte? Wer wird bleiben auf deinem heiligen Berge?" antwortet der Psalmist: "Wer ohne Tadel einhergeht und recht tut und redet die Wahrheit von Herzen; wer mit seiner Zunge nicht verleumdet und seinem Nächsten kein Arges tut und seinen Nächsten nicht schmäht." Psalm 15,1-3.

Was für eine Flut von Geschwätz würde verhütet werden, wenn jeder daran dächte, daß solche, die ihm die Fehler anderer erzählen, bei einer günstigen Gelegenheit ebenso bereitwillig seine Fehler ausplaudern. Wir sollten uns bemühen, so lange von allen Menschen, besonders aber unsern Glaubensgeschwistern, Gutes zu denken, bis wir genötigt sind, unsere Meinung über sie zu ändern. Wir sollten nachteiligen Gerüchten nicht so schnell Glauben schenken. Sie sind oft die Folge von Neid oder Mißverständnis oder können aus Übertreibung oder unvollständiger Kenntnis der Tatsachen hervorgehen. Wenn man der Eifersucht und dem Argwohn einmal Raum gegeben hat, wird sich ihr Same ausbreiten wie Disteln. Sollte ein Bruder irregehen, dann hast du Gelegenheit, deine wahre Anteilnahme für ihn zu beweisen. Geh in freundlicher Weise zu ihm, bete mit ihm und für ihn und denke an den unendlichen Preis, den Christus für seine Erlösung entrichtet hat. Auf diese Weise kannst du eine Seele vom Tode erretten und eine Menge von Sünden zudecken.

Ein flüchtiger Blick, ein Wort und selbst der Tonfall können von Unaufrichtigkeit geradezu durchtränkt sein, sie können ein Herz wie ein Pfeil mit Widerhaken treffen und ihm eine unheilbare Wunde zufügen. Auf diese Weise kann jemand in ein zweifelhaftes oder schlechtes Licht geraten, durch den Gott etwas Gutes wirken wollte, und sein guter Einfluß ist im Keime erstickt und seine Nützlichkeit vernichtet. Unter einigen Tierarten kommt es vor, daß, wenn eins verwundet wird und stürzt, es sogleich von den andern überfallen und in Stücke gerissen wird. Demselben grausamen Sinn frönen Männer und Frauen, obwohl sie den Namen Christen tragen. Sie offenbaren einen pharisäischen Eifer, andere zu steinigen, die weniger schuldig sind als sie selbst. Es gibt einige, die auf Fehler und Mängel anderer hinweisen, um die Aufmerksamkeit von ihren eigenen abzulenken oder um wegen ihres großen Eifers für Gott und die Gemeinde Ansehen zu gewinnen.