Aus der Schatzkammer der Zeugnisse -- Band 2

Kapitel 6

Ist's recht, daß ein Mensch Gott täuscht?

[AUDIO]

Der Herr hat die Ausbreitung des Lichtes und der Wahrheit auf Erden von den freiwilligen Anstrengungen und Opfern derjenigen abhängig gemacht, die himmlischer Gaben teilhaftig geworden sind. Verhältnismäßig wenige sind berufen, als Prediger oder Missionare hinauszugehen, aber viele sollen bei der Ausbreitung der Wahrheit mit ihren Mitteln helfen.

Die Geschichte Ananias' und Saphiras ist uns berichtet, damit wir die Sünde der Täuschung in bezug auf unsere Opfer und Gaben erfassen. Sie hatten freiwillig versprochen, einen Teil ihres Vermögens zur Förderung des Werkes Christi zu geben. Aber als ihnen die Mittel zur Verfügung standen, lehnten sie es ab, die eingegangene Verpflichtung einzulösen. Trotzdem wollten sie den Anschein erwecken, als hätten sie alles gegeben. Ihre Bestrafung wurde aufgezeichnet, damit sie Christen aller Zeiten als eine ständige Warnung diene. Die gleiche Sünde ist auch in der Gegenwart erschreckend weit verbreitet. Jedoch hören wir von keiner so außerordentlichen Strafe. Der Herr zeigt den Menschen einmal, mit welchem Abscheu er solche Beleidigung seiner Würde und seiner geheiligten Forderungen betrachtet. Dann aber überläßt er es ihnen, die allgemeinen Grundsätze göttlicher Verwaltung zu befolgen.

Die Einkünfte des Evangeliumswerkes bestehen aus freiwilligen Gaben und dem Zehnten. Von den Mitteln, die Gott den Menschen anvertraut hat, beansprucht er einen bestimmten Teil -- den Zehnten. Aber er stellt es allen frei, über den Zehnten hinaus zu geben oder das zu unterlassen. Sie sollen so geben, wie ihr Herz es ihnen eingibt. Wenn aber das Herz, vom Geiste Gottes bewegt, gelobt hat, einen bestimmten Betrag zu geben, so hat der, der das Gelübde ablegt, kein Recht mehr an diesem geheiligten Teil. Er hat sein Gelöbnis vor Menschen abgelegt, die dadurch zu Zeugen dieser Handlung wurden. Gleichzeitig hat er eine Verpflichtung heiligster Art übernommen, als Mitarbeiter Gottes sein Reich auf Erden zu bauen. Versprechen dieser Art, die man Menschen gemacht hat, würde man als bindend ansehen. Sind sie Gott gegenüber nicht in noch höherem Maße heilig und verpflichtend? Sind Versprechen, die im Innersten des Gewissens abgelegt wurden, weniger bindend als geschriebene Abmachungen mit Menschen?

Erleuchtet das göttliche Licht das menschliche Herz mit außergewöhnlicher Klarheit und Kraft, so lockert die gewohnte Selbstsucht ihren Griff, und die Bereitschaft, dem Werke Gottes zu helfen, wird wach. Niemand darf erwarten, daß er solche Gelübde ohne Widerstand von seiten Satans einlösen kann. Satan hat keine Freude am Aufbau des Reiches Christi auf Erden. Er flüstert dem Menschen ein, daß das Gelöbnis zu hoch gewesen sei, daß es ihn unfähig mache, Besitz zu erwerben oder die Wünsche seiner Angehörigen zu erfüllen. Die Macht Satans über der Menschen Gedanken ist erstaunlich. Er bemüht sich eifrigst, die Herzen in die Fesseln der Selbstsucht zu schlagen.

Um sein Werk zu fördern, hat Gott den Menschen Besitz anvertraut. Er schenkt ihnen Sonnenschein und Regen, er läßt die Pflanzen wachsen, er verleiht Gesundheit und die Fähigkeit, Geld zu verdienen. All unsere Segnungen entstammen seiner milden Hand. Er möchte, daß Männer und Frauen ihre Dankbarkeit bezeugen, indem sie ihm einen Teil in Zehnten und Gaben wiedergeben -- in Dankopfern, Sühnopfern und freiwilligen Gaben.

Die Herzen der Menschen verhärten durch Selbstsucht, und wie Ananias und Saphira geraten sie in die Versuchung, einen Teil des Geldes zurückzubehalten. Sie behaupten aber gleichzeitig, der Zehntenordnung zu entsprechen. Darf ein Mensch Gott berauben? Wenn die Mittel genau nach Gottes Plan in die Schatzkammer flössen -- ein Zehntel alles Einkommens --, dann wären reichlich Mittel zur Förderung seines Werkes vorhanden.

Nun ja, sagt jemand, aber die Aufforderungen, für das Werk zu geben, nehmen kein Ende. Ich bin des Gebens müde. Bist du es wirklich? Dann laß mich fragen: Bist du es auch müde, aus Gottes wohltätiger Hand zu empfangen? So lange wie er dich segnet, wirst du in seiner Schuld stehen, ihm den Anteil wiederzugeben, den er fordert. Er segnet dich aber auch, damit du andern wohltun kannst. Wenn du des Empfangens müde bist, dann darfst du sagen: Ich bin der vielen Aufforderungen zu geben müde. Von allem, was wir empfangen, behält Gott sich einen Teil vor. Wenn ihm dieser zurückerstattet ist, dann ist das uns Verbleibende gesegnet. Aber wenn wir es zurückbehalten, dann verfällt das Ganze früher oder später dem Fluch. Gottes Anspruch kommt zuerst, alles andere ist zweitrangig.

Gedenket der Armen!

In jeder Gemeinde sollte eine Armenkasse eingerichtet werden. Dann laßt jedes Gemeindeglied einmal in der Woche oder im Monat, wie es am besten paßt, Gott ein Dankopfer darbringen. Dieses Opfer wird unsere Dankbarkeit für Gesundheit, Nahrung und Kleidung zum Ausdruck bringen. Wie Gott uns mit diesen Gütern gesegnet hat, werden wir für die Armen, Kranken und Notleidenden zurücklegen. Ich möchte die Aufmerksamkeit unserer Brüder besonders auf diesen Gegenstand lenken. Gedenket der Armen! Verzichtet etwas auf euer Wohlleben, selbst auf eure Behaglichkeit und helft denen, die nur die dürftigste Nahrung und Kleidung erwerben können. Helft ihr ihnen, so tut ihr etwas für Jesus in der Person seiner Heiligen, denn er betrachtet sich als eins mit der leidenden Menschheit. Wartet nicht, bis eure eingebildeten Bedürfnisse alle befriedigt sind. Verlaßt euch nicht auf eure Gefühle und gebt etwa nur, wenn euch danach zumute ist, und haltet zurück, wenn ihr abgeneigt seid. Gebt regelmäßig fünfzig Pfennig, eine oder zwei Mark die Woche, was ihr gerade am Tage des Herrn auf dem himmlischen Bericht sehen möchtet.

Wir werden euch für eure guten Wünsche danken, aber den Armen ist mit guten Wünschen allein nicht geholfen. Sie brauchen greifbare Beweise eurer Freundlichkeit in Form von Nahrung und Kleidung. Gott will nicht, daß auch nur einer seiner Nachfolger um Brot betteln muß. Er hat euch im Überfluß gegeben, damit ihr den Teil ihrer Bedürfnisse beschaffen könnt, den sie trotz Fleiß und Sparsamkeit nicht erwerben konnten. Wartet nicht, bis sie eure Aufmerksamkeit auf ihre Bedürfnisse lenken. Handelt wie Hiob. Was ihm nicht bekannt war, dem forschte er nach. Unternehmt einen Erkundungsgang und bringt in Erfahrung, was gebraucht wird und wie es beschafft werden kann.

Raub am Eigentum des Herrn

Es ist mir gezeigt worden, daß viele unserer Gemeindeglieder den Herrn am Zehnten und an den Gaben berauben und daß sein Werk dadurch sehr gehemmt wird. Gottes Fluch wird auf denen ruhen, die von seinen Wohltaten leben und dennoch ihr Herz verschließen und nichts oder fast nichts tun, um sein Werk zu fördern. Geschwister, wie kann der gütige Vater euch weiter als seine Haushalter brauchen und mit Mitteln ausrüsten, die ihr für ihn verwenden sollt, wenn ihr euch alles aneignet und es selbstsüchtig als das Eure beansprucht?

Viele legen die Mittel, die Gott in ihre Hand gegeben hat, in neuem Landbesitz an, anstatt sie ihm zurückzugeben. Diese üble Gesinnung macht sich auch unter unsern Geschwistern breit. Sie besaßen früher alles, was ihnen Freude machte, aber die Liebe zum Geld oder der Wunsch, ebenso geachtet zu sein wie die Nachbarn, verleiteten sie dazu, ihr Vermögen in der Welt zu vergraben und Gott seine gerechten Ansprüche vorzuenthalten. Können wir überrascht sein, wenn sie kein Glück haben, wenn Gott ihre Ernte nicht segnet und sie enttäuscht sind?

Wenn unsre Geschwister nur daran dächten, daß Gott zwanzig Morgen Land segnen und ebenso fruchtbar machen kann wie hundert Morgen, dann würden sie sich nicht mit großem Landbesitz belasten, sondern ließen ihre Mittel in Gottes Schatzkammer fließen. "Hütet euch aber", sagte Christus, "daß eure Herzen nicht beschwert werden mit Fressen und Saufen und mit Sorgen der Nahrung." Lukas 21,34. Satan hat Freude daran, wenn ihr eure Landgüter vergrößert und eure Mittel in weltliche Unternehmen steckt, denn dadurch hindert ihr nicht nur das Werk in seinem Fortschritt, sondern durch Sorge und Überarbeitung mindert ihr auch eure Aussicht auf das ewige Leben.

Wir sollten jetzt den ausdrücklichen Befehl unseres Heilands beachten: "Verkaufet, was ihr habt, und gebet Almosen. Machet euch Beutel, die nicht veralten, einen Schatz, der nimmer abnimmt, im Himmel." Lukas 12,33. Es ist für unsere Geschwister an der Zeit, ihren Besitz zu verringern, statt ihn zu vermehren. Wir sind dabei, in ein besseres Land, nämlich in ein himmlisches, umzuziehen. So laßt uns nicht mehr allen Nachdruck auf die Erde legen, sondern unsere Erwerbungen möglichst einschränken.

Die Zeit kommt, daß wir nichts mehr verkaufen können. Bald wird die Verfügung erlassen werden, daß niemand kaufen oder verkaufen kann, ohne das Malzeichen des Tieres zu haben.

Wiederholt hat mir der Herr gezeigt, daß es gegen die Heilige Schrift verstößt, irgendwelche Vorsorge für unsere zeitlichen Bedürfnisse in der Prüfungszeit zu treffen. Ich sah, daß den Heiligen die Lebensmittel, die sie aufgespeichert oder vergraben hatten, in der Trübsalszeit, wenn Schwert, Hunger und Pestilenz im Lande herrschen, mit Gewalt genommen wurden. Fremde ernteten ihre Felder ab. Das ist die Zeit, in der wir ganz auf Gott vertrauen müssen, und er wird uns erhalten. Ich sah, daß uns Brot und Wasser zu jener Zeit gewiß sind und daß wir keinen Mangel oder Hunger leiden werden, denn Gott ist in der Lage, uns einen Tisch in der Wüste zu decken. Er würde, wenn nötig, Raben zu unserer Ernährung senden, wie bei Elia, oder, wie bei den Israeliten, Manna vom Himmel regnen lassen.

In der Prüfungszeit werden Häuser und Ländereien den Heiligen von keinem Nutzen sein, weil sie vor dem wütenden Pöbel fliehen müssen. Ihr Besitztum kann dann nicht mehr zur Förderung der gegenwärtigen Wahrheit verwendet werden. Es wurde mir gezeigt, daß es der Wille Gottes ist, daß sich die Heiligen vor der Prüfungszeit von jeder Behinderung lösen und beim Opfer einen Bund mit Gott machen sollten. Legen sie ihr Eigentum auf den Altar des Herrn und bitten sie ihn ernst um die Erkenntnis, wann sie sich dieser Dinge entledigen sollen, wird er sie darin unterweisen. Dann wird sie in der Prüfungszeit nichts beschweren, sondern sie werden frei sein. Early Writings 56-57 (1851).