Aus der Schatzkammer der Zeugnisse -- Band 2

Kapitel 60

Wesen und Wirken der Lehrer

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Die auf unsern Schulen geleistete Arbeit soll nicht der entsprechen, die auf den höheren Lehranstalten und Seminaren der Welt verrichtet wird. Innerhalb des Erziehungswerkes soll die wissenschaftliche Ausbildung keine untergeordnete Stellung einnehmen; aber es muß jenes Wissen als erstrangig angesehen werden, das die Menschen befähigt, am großen Tag der Bewährung vor Gott einen sicheren Stand zu haben. Unsre Schulen müssen eher den Prophetenschulen ähneln. Sie sollten Erziehungsstätten sein, auf denen die Schüler der Zucht Christi unterstellt werden und von dem großen Lehrer lernen. Sie sollten Familienschulen sein, auf denen jeder Schüler besondere Hilfe von seinen Lehrern empfängt, wie die Familienglieder sie daheim erhalten. Zartsinn, Mitgefühl, Einigkeit und Liebe sind dort zu pflegen. Selbstlose, fromme und treue Lehrer, die die Liebe Gottes treibt, sollen liebevoll für die Gesundheit und das Glück ihrer Schüler sorgen. Es sollte ihr Ziel sein, die Schüler auf jedem wesentlichen Wissensgebiet zu fördern.

Für unsre Schulen sollte man weise Lehrer auswählen, die sich Gott verantwortlich fühlen, um den Gemütern die Notwendigkeit einzuprägen, Christus als persönlichen Heiland zu erkennen. Von der obersten bis zur niedrigsten Klasse gelte ihre besondere Sorgfalt der Rettung der Schüler, und durch persönliche Bemühungen haben sie danach zu trachten, deren Füße auf den rechten Weg zu lenken. Voller Mitleid mögen sie auf die schauen, die in der Kindheit schlecht erzogen wurden, und versuchen, Fehler zu beseitigen, die den Charakter außerordentlich entstellen, falls sie beibehalten werden. Niemand kann diese Arbeit verrichten, der nicht zuvor in der Schule Christi gelernt hat, wie man unterrichten soll.

Wer auf unsern Schulen lehrt, sollte enge Gemeinschaft mit Gott haben sowie ein gründliches Verständnis seines Wortes, göttliche Weisheit und göttliches Wissen für die Jugenderziehung zur Nützlichkeit in diesem Leben und für die Ewigkeit besitzen. Es sollten Männer und Frauen sein, die die Wahrheit nicht nur kennen, sondern sie auch ausleben. Das "es steht geschrieben" komme in ihren Worten und in ihrem Leben zum Ausdruck. Durch ihr Tun sollten sie Einfachheit und richtige Gewohnheiten in allem lehren. Niemand sollte als Erzieher in unseren Schulen tätig sein, der keine Erfahrung im Gehorsam dem Worte Gottes gegenüber hat.

Schulleiter und Lehrer müssen die Geistestaufe erlebt haben. Das ernste Gebet reuiger Seelen wird zum Throne Gottes gelangen, und Gott wird diese Gebete zu seiner Zeit beantworten, wenn wir uns im Glauben an ihn klammern. Laßt das Ich mit Christus verschmelzen, wie es bei Christus mit Gott verschmolzen ist, dann wird sich eine solche Entfaltung seiner Macht zeigen, die die Herzen erweicht und sich unterwirft. Christus lehrte völlig verschieden von den allgemein üblichen Lehrweisen; wir sollten seine Lehrweise nachahmen.

Lehren bedeutet mehr, als viele annehmen. Es erfordert große Geschicklichkeit, die Wahrheit verständlich zu machen. Aus diesem Grunde sollte jeder Lehrer danach streben, ein vermehrtes Wissen geistlicher Wahrheit zu besitzen; er kann diese Kenntnis aber nicht gewinnen, solange er nicht Gottes Wort gründlich liest. Möchte er seine Kräfte und Fähigkeiten verbessern, muß er täglich fleißig studieren; er muß das Wort in sich aufnehmen und es sich aneignen und nach den Richtlinien Christi arbeiten. Wer sich vom Brote des Lebens nährt, vermag alles und wird vom Geiste Gottes belebt. Dies ist die Speise, die bis ins ewige Leben hinein bleibt.

Lehrer, die von dem großen Lehrer lernen wollen, nehmen die Hilfe Gottes in Anspruch, wie es Daniel und seine Kameraden taten. Sie müssen nach oben streben, statt in der Niederung zu verharren. Zu jeder wahren Erziehung muß sich christliche Erfahrung gesellen. "Und auch ihr, als die lebendigen Steine, bauet euch zum geistlichen Hause und zum heiligen Priestertum, zu opfern geistliche Opfer, die Gott angenehm sind durch Jesum Christum." 1.Petrus 2,5. Lehrer und Schüler sollten diese Mahnung beherzigen und danach trachten, zu denen zu gehören, die durch die reichliche Gnade zu jener Erfahrung gelangen, die jedes Kind Gottes aufweisen muß, ehe es in die höhere Klasse eintreten kann. Bei jeder Unterweisung sollten die Lehrer Licht vom Throne Gottes mitteilen; ist die Erziehung doch sein Werk, dessen Wirkung in der Ewigkeit wahrgenommen wird.

Lehrer sollten Schüler zum Denken anleiten, dazu, die Wahrheit selbst klar zu erfassen. Für den Lehrer ist es nicht genug, nur zu erklären, für den Schüler reicht es nicht aus, nur zu glauben; das eigene Forschen muß angeregt und der Schüler muß dahin gebracht werden, die Wahrheit mit seinen eigenen Worten wiederzugeben, er soll dadurch den Beweis erbringen, daß er ihre Kraft begreift und anwendet. Durch unverdrossene Mühe sollten so die lebenswichtigen Wahrheiten dem Gemüt eingeprägt werden. Man mag zwar auf diese Weise nur langsam vorwärtskommen, doch ist es von größerem Wert, als wenn man über so wichtige Gegenstände ohne die notwendigen Erwägungen hinweggeht. Gott erwartet, daß seine Anstalten jene der Welt übertreffen; denn sie sollen ihn hier vertreten. Männer, die mit Gott verbunden sind, zeigen der Welt, daß ein übermenschliches Wesen das Steuer führt.

Unsre Lehrer müssen ständig lernen. Die Erneuerer müssen selbst reformiert sein, und zwar nicht nur ihre Arbeitsweise, sondern auch ihre Herzen. Sie müssen durch die Gnade Gottes umgewandelt sein. Als Nikodemus, ein großer Lehrer in Israel, zu Jesus kam, legte der Meister ihm die Bedingungen des geistlichen Lebens vor und lehrte ihn so die Anfangsgründe der Bekehrung. Nikodemus fragte: "Wie mag solches zugehen?" "Bist du ein Meister in Israel", antwortete Christus, "und weißt das nicht?" Diese Frage könnte vielen gestellt werden, die jetzt als Lehrer eingestellt sind, aber die für diese Arbeit wesentliche Vorbereitung vernachlässigt haben. Nähme man Christi Worte mit dem Herzen auf, so gäbe es ein viel höheres Verständnis dafür und ein viel tieferes geistliches Wissen darüber, wie ein Jünger, ein aufrichtiger Nachfolger Christi und ein Erzieher sein muß, den er anerkennen kann.

Mängel der Lehrer

Viele unsrer Lehrer haben vieles zu vergessen und manches zu lernen. Wenn sie das nicht tun, wenn sie nicht gründlich mit dem Worte Gottes vertraut werden wollen, wenn ihr Verstand nicht völlig damit beschäftigt ist, die herrlichen Wahrheiten aus dem Leben des großen Lehrers zu erforschen, werden sie gerade die Irrtümer unterstützen, die der Herr ausmerzen möchte. Pläne und Meinungen, die nicht gehegt werden dürfen, prägen sich dann den Gedanken ein; und bei aller Ehrlichkeit gelangen sie zu falschen und gefährlichen Schlüssen. So wird eine Saat gesät, die nicht gut ist. Viele Bräuche und Praktiken, die man für nebensächlich hält, können wir auf unsren Schulen nicht einführen. Es mag für die Lehrer schwer sein, lange gehegte Gedanken und Lehrweisen aufzugeben; aber wenn sie bei jedem Schritt ehrlich und demütig fragen: "Ist das der Weg des Herrn?" und in seine Führung willigen, wird er sie auf sicheren Pfaden leiten, und ihre Ansichten werden sich durch Erfahrung ändern.

Die Lehrer an unseren Schulen müssen die Schrift durchforschen, bis sie sie ganz persönlich verstehen; sie müssen ihre Herzen den kostbaren Lichtstrahlen öffnen, die Gott schenkt, und in dem empfangenen Licht wandeln. Sie sind dann von Gott gelehrt und arbeiten anders, indem sie in ihrem Unterricht weniger die Theorien und Gefühle der Menschen vortragen, die niemals Verbindung mit Gott gehabt haben. Sie ehren dann die irdische Weisheit weniger und verspüren einen großen Seelenhunger nach der Weisheit, die von Gott kommt.

Auf die Frage, die Christus an die Zwölf richtete: "Wollt ihr auch weggehen?", antwortete Petrus ihm: "Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens; und wir haben geglaubt und erkannt, daß du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes." Johannes 6,67-69. Tragen die Lehrer diese Worte in ihren Schuldienst hinein, dann wird der Heilige Geist gegenwärtig sein, um auf Herzen und Sinne zu wirken.