Aus der Schatzkammer der Zeugnisse -- Band 2

Kapitel 74

Die ärztliche Mission und die dritte Engelsbotschaft

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Immer wieder wurde ich dahingehend unterwiesen, daß die ärztliche Mission dieselbe Beziehung zur dritten Engelsbotschaft haben soll wie der Arm und die Hand zum Körper. Unter der Leitung des göttlichen Hauptes sollen sie vereint wirken, um den Weg für das Kommen Christi vorzubereiten. Der rechte Arm der Botschaft soll beständig wirken und arbeiten, und Gott wird ihn stärken. Aber der Arm soll nicht den Körper ausmachen. Ebenso soll der Körper nicht zum Arm sagen: "Ich brauche dich nicht." Der Leib braucht den Arm, um tüchtig arbeiten zu können. Beide haben ihre bestimmte Aufgabe, und jedes wird großen Verlust erleiden, wenn sie allein ihr Werk verrichten.

Die Verkündigung der dritten Engelsbotschaft ist von einigen nicht so gesehen worden, wie sie nach Gottes Willen gesehen werden sollte. Sie ist als Arbeit minderen Wertes behandelt worden, während sie unter den menschlichen Helfern bei der Seelenrettung einen wichtigen Platz einnehmen sollte. Das menschliche Denken muß zur Heiligen Schrift als dem wirksamsten Hilfsmittel bei der Seelenrettung geführt werden; und das Predigtamt ist die große Erziehungsmacht, dieses Ergebnis zu zeitigen. Wer das Predigtamt herabsetzt und versucht, die ärztliche Mission unabhängig zu führen, versucht den Arm vom Leib zu trennen. Was wäre das Ergebnis, wenn er Erfolg hätte? Wir sähen umherflatternde Hände und Arme, die ohne Leitung durch das Haupt Mittel verteilen. Die Arbeit wäre unzweckmäßig und unausgeglichen. Nach Gottes Plan sollen Hand und Arm nicht die Aufgabe des ganzen Leibes übernehmen, wodurch das Predigtamt verkleinert und gänzlich unbeachtet gelassen würde. Dies brächte Gemüter ins Wanken und in Verwirrung, und viele Teile des Weinberges des Herrn blieben unbearbeitet.

In jeder Gemeinde

Die ärztliche Mission sollte Teil der Arbeit jeder Gemeinde in unserm Lande sein. Von der Gemeinde getrennt, wäre sie bald ein seltsames Gemisch ungeordneter Teile. Sie würde Mittel verbrauchen, ohne etwas hervorzubringen. Statt Gott hilfreich zur Hand zu gehen, um seine Botschaft zu fördern, würde sie Leben und Kraft der Gemeinde untergraben und die Botschaft schwächen. Betreibt man sie unabhängig, verbraucht sie nicht nur Fähigkeiten und Mittel, die anderswo benötigt werden, sondern sie bringt auch bei der Fürsorge für Hilfsbedürftige unabhängig vom Predigtamt die Menschen dahin, daß sie über die Bibelwahrheit spotten.

Das Predigtamt des Evangeliums ist nötig, um der ärztlichen Mission Beständigkeit und Dauer zu verleihen; das Predigtamt benötigt die ärztliche Mission, um die praktische Seite des Evangeliums darzulegen. Der eine Teil des Werkes ist nicht vollständig, wenn der andre fehlt.

Die Botschaft vom baldigen Kommen des Heilandes muß der ganzen Welt übermittelt werden, und eine feierliche Würde sollte sie in jedem Zweige auszeichnen. Ein großer Weinberg soll bearbeitet werden, und der weise Landmann wird ihn so bearbeiten, daß jeder Teil Frucht bringt. Wenn wir in der ärztlichen Mission die lebendigen Grundsätze der Wahrheit rein und unbefleckt von allem, das ihren Glanz trüben könnte, erhalten, wird der Herr dem Werke vorstehen. Wenn jene, die schwere Lasten tragen, treu und beständig zu den Grundsätzen der Wahrheit stehen, wird der Herr sie stützen und ihnen beistehen.

Die Verbindung, die zwischen der ärztlichen Mission und dem Predigtamt bestehen sollte, wird in Jesaja 58 klar dargelegt. Es steckt Weisheit und Segen für die darin, die an der Arbeit teilnehmen, wie sie dort beschrieben ist. Dieses Kapitel ist klar, und es steht genug darin, um jemanden, der den Willen Gottes tun will, zu erleuchten. Es zeigt uns ausreichende Möglichkeiten, der leidenden Menschheit zu dienen und gleichzeitig ein Werkzeug in Gottes Hand zu sein, um das Licht der Wahrheit einer untergehenden Welt zu bringen. Wird das Werk der dritten Engelsbotschaft in rechter Weise weitergetragen, dann erhält das Predigtamt keinen untergeordneten Platz, und auch die Armen und Kranken werden nicht vernachlässigt. Gott hat diese beiden Seiten des Werkes in seinem Wort als innig vereint dargestellt, und niemand sollte sie scheiden.

Es mag Gefahr bestehen, und sie ist auch tatsächlich vorhanden, daß man die Grundsätze der Wahrheit aus dem Auge verliert, wenn man sich der Armen annimmt; aber wir sollen stets dessen eingedenk bleiben, daß die geistlichen Bedürfnisse der Seele den Vorrang haben. Bei unserem Bemühen, die irdischen Nöte zu lindern, stehen wir in Gefahr, die letzte Evangeliumsbotschaft ihrer führenden und wichtigsten Seiten zu berauben. An einigen Orten hat die ärztliche Mission bei ihrer Verbreitung Fähigkeiten und Mittel aufgesaugt, die andern Zweigen des Werkes zukamen, und die Anstrengungen auf den mehr geistlichen Gebieten wurden vernachlässigt.

Wegen der ständig wachsenden Dringlichkeit, den irdischen Bedürfnissen aller Kreise zu dienen, besteht die Gefahr, daß diese Arbeit die Botschaft verdunkelt, die Gott uns übertragen hat, damit wir sie in jeder Stadt verkünden, nämlich die Predigt der Wiederkunft Christi, die Notwendigkeit des Gehorsams gegen die Gebote Gottes und das Zeugnis Jesu. Diese Botschaft ist das Leitmotiv unsrer Arbeit. Sie soll mit lauter Stimme verkündet werden und die ganze Welt erreichen. In den Missionsgebieten der Heimat wie in denen des Auslandes soll die Verkündigung der Gesundheitsgrundsätze damit verbunden werden, sie soll aber nicht unabhängig davon erfolgen oder gar ihren Platz einnehmen; auch sollte diese Arbeit nicht so viel Aufmerksamkeit auf sich lenken, daß sie andre Zweige des Werkes verkleinert. Der Herr hat uns unterwiesen, alle Teile des Werkes zu beachten, damit es sich zweckentsprechend ebenmäßig und ausgeglichen entwickeln kann.

Die gegenwärtige Wahrheit umfaßt die ganze Heilsbotschaft. Wird sie den Menschen richtig vorgetragen, so bewirkt sie die Veränderungen, die die Macht der Gnade Gottes auf das Herz zeigen. Sie wird ganze Arbeit leisten und einen vollkommenen Menschen entwickeln. Darum duldet es nicht, daß eine Grenze zwischen der echten ärztlichen Mission und dem Predigtamt der Heilsbotschaft gezogen wird. Laßt sie beide ineinander übergehen, wenn sie die Einladung ergehen lassen: "Kommt; denn alles ist nun bereitet." Sie sollen so untrennbar miteinander verbunden sein wie der Arm mit dem Leib.

Ärztliche Missionare

Der Herr braucht alle möglichen geschickten Arbeiter. "Er hat etliche zu Aposteln gesetzt, etliche aber zu Propheten, etliche zu Evangelisten, etliche zu Hirten und Lehrern, daß die Heiligen zugerichtet werden zum Werk des Dienstes, dadurch der Leib Christi erbaut werde, bis daß wir alle hinankommen zu einerlei Glauben und Erkenntnis des Sohnes Gottes und ein vollkommener Mann werden, der da sei im Maße des vollkommenen Alters Christi." Epheser 4,11-13.

Jedes Kind Gottes sollte ein geheiligtes Urteilsvermögen aufweisen, um das Werk als Ganzes und die Beziehung jedes Teiles zu jedem andern Teil zu übersehen, damit es an nichts fehle. Das Feld ist groß, und es gibt ein großes Reformwerk zu tun, nicht auf einem oder zwei Teilgebieten, sondern überall. Die ärztliche Mission ist ein Teil dieser Reform, aber sie sollte nie die Evangeliumsdiener von ihrem eigentlichen Arbeitsfeld verdrängen. Die Erziehung von Schülern für die ärztliche Mission ist nicht vollständig, wenn sie nicht dazu erzogen werden, in Verbindung mit dem Predigtamt und der Gemeinde zu wirken, und der Nutzen derer, die sich auf das Predigtamt vorbereiten, würde sehr gesteigert werden, wenn sie über den großen und wichtigen Gegenstand der Gesundheit unterrichtet würden. Der Einfluß des Heiligen Geistes ist nötig, damit sich das Werk im richtigen Gleichgewicht befindet und auf jedem Gebiet gediegene Fortschritte macht.

"Schließt euch zusammen!"

Des Herrn Werk ist eine Einheit, und sein Volk sollte ebenfalls einig sein. Er hat nicht angeordnet, daß ein Teil der Botschaft unabhängig vorangetragen werden oder alles andere aufsaugen sollte. Bei seinem Wirken vereinigte Christus die ärztliche Mission mit dem Predigtamt. Er sandte die zwölf Apostel und später die 70 aus, um den Menschen die Heilsbotschaft zu predigen und er gab ihnen Macht, die Kranken zu heilen und die Teufel in seinem Namen auszutreiben. Ebenso sollten die Boten des Herrn heutzutage sein Werk betreiben. Heute vernehmen wir die Botschaft: "Gleichwie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Und da er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmet hin den heiligen Geist!" Johannes 20,21.22.

Satan wird alles mögliche tun, um die voneinander zu trennen, die Gott eins zu machen trachtet. Wir dürfen uns von seinen listigen Anschlägen nicht irreführen lassen. Wird die ärztliche Mission als Teil der Heilsbotschaft betrieben, dann werden die Weltmenschen das Gute sehen, das getan wird; sie werden von ihrer Echtheit überzeugt sein und sie unterstützen.

Wir nähern uns dem Ende der Weltgeschichte. Gott ruft daher alle auf, die Fahne hochzuheben, die die Inschrift trägt: "Hier ist Geduld der Heiligen; hier sind, die da halten die Gebote Gottes und den Glauben an Jesum." Er ruft sein Volk auf, in völliger Harmonie zu arbeiten. Er ruft alle, die im ärztlichen Teil unsres Werkes arbeiten, auf, sich mit den Predigern zu vereinigen; er ruft das Predigtamt dazu auf, sich mit den ärztlichen Missionaren in der Arbeit zu vereinen; und er ruft die Gemeinde dazu auf, die ihr erteilte Aufgabe zu übernehmen, indem sie die Fahne der wahren Reform auf eigenem Gebiet hochhält und es den ausgebildeten und erfahrenen Arbeitern überläßt, neue Felder in Angriff zu nehmen. Nichts sollte gesagt werden, was jemanden entmutigt, denn das ist Christus schmerzlich, dem Widersacher aber angenehm. Jeder benötigt die Geistestaufe; alle sollten sich tadelnder und herabsetzender Bemerkungen enthalten und sich um Christus scharen, damit sie die große Verantwortung erfassen können, die seine Mitarbeiter tragen müssen. "Schließt euch zusammen; schließt euch zusammen", das sind die Worte unsres göttlichen Lehrers. Einigkeit ist Stärke; Uneinigkeit dagegen bedeutet Schwäche und Niederlage.

Bei unsrer Arbeit für Arme und Unglückliche müssen wir uns hüten, Verantwortungen zu übernehmen, die wir nicht tragen können. Ehe wir Plänen und Methoden zustimmen, die große Ausgaben an Mitteln erforderlich machen, sollen wir überlegen, ob sie auch das göttliche Siegel tragen. Gott billigt nicht die Förderung eines Zweiges des Werkes ohne Rücksicht auf andre. Er will, daß die ärztliche Mission der Verkündigung der rettenden gegenwärtigen Wahrheit und der dreifachen Engelsbotschaft den Weg bereiten soll. Kommen wir diesem Plan nach, so wird die Botschaft weder verdunkelt noch ihr Fortschritt behindert werden.

Gott braucht nicht zahlreiche Anstalten, große Gebäude und großen Aufwand, sondern das einträchtige Handeln eines besonderen Volkes, das er sich auserwählt hat und das in seinen Augen kostbar ist. Jeder Mensch soll an seinem Posten und an seinem Platz stehen und in Einklang mit dem Geiste Gottes denken, reden und handeln. Erst dann wird das Werk ein vollständiges, ebenmäßiges Ganzes sein.

Die ärztliche Mission soll für das Wirken der Gemeinde wie der rechte Arm für den Körper sein. Der dritte Engel geht voran und verkündet die Gebote Gottes und den Glauben Jesu. Die ärztliche Mission ist die Heilsbotschaft der Tat. Alle Zweige des Werkes sollen sich einträchtig zusammenschließen, um die Einladung ergehen zu lassen: "Kommt, denn es ist alles bereit!" Testimonies for the Church VIII, 77 (1904).