Aus der Schatzkammer der Zeugnisse -- Band 3

Kapitel 5

Unsre Stellung zur Obrigkeit

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Einige unsrer Brüder haben mancherlei gesagt und geschrieben, was ihnen als Widerstand gegen die Regierung und das Gesetz ausgelegt wurde. Wir sollten uns nicht solchen Mißverständnissen aussetzen. Es ist nicht weise, die Maßnahmen der Regierungsbeamten fortgesetzt zu kritisieren. Personen oder Dienststellen anzugreifen, ist nicht unsre Aufgabe. Wir sollten sehr vorsichtig sein, damit man uns nicht so versteht, als ob wir gegen die staatlichen Behörden wären. Unser Evangeliumsfeldzug ist zwar herausfordernd, unsre Waffe aber sollte ein schlichtes "so spricht der Herr" sein. Uns ist die Aufgabe übertragen worden, ein Volk vorzubereiten, das am Tag des Herrn bestehen kann. Wir dürfen uns nicht so verhalten, daß Außenstehende ermutigt werden, uns anzugreifen oder gegen uns Stellung zu nehmen.

Unsre Arbeitsweise darf nicht den Anschein erwecken, als ob wir Verräterei guthießen. Aus unsern Schriften und Äußerungen sollten wir jeden Ausdruck ausmerzen, der, für sich betrachtet, so mißverstanden werden kann, als richte er sich gegen Gesetz und öffentliche Ordnung. Alles muß sorgfältig erwogen werden, sonst bringen wir uns in den Verruf der Untreue gegen Gesetz und Vaterland. Wir dürfen den Staat nicht herausfordern. Es wird eine Zeit kommen, da wir wegen der Verteidigung der Bibelwahrheit als Verräter behandelt werden; diese Zeit wollen wir nicht durch unvorsichtiges Verhalten, das Voreingenommenheit und Widerspruch erregt, vorzeitig heraufbeschwören.

Die Zeit wird kommen, da unsre Gegner anklagende Bemerkungen, die Brüder unüberlegt gesprochen oder niedergeschrieben haben, benutzen, um uns zu verurteilen. Man wird dann nicht nur über die Urheber dieser Äußerungen den Stab brechen, sondern sie der ganzen Adventgemeinde zur Last legen. Die Ankläger werden anführen, daß einer unsrer verantwortlichen Männer an dem und dem Tag dies und das gegen die Handhabung der Gesetze durch die Regierung gesagt habe. Viele werden darüber erstaunen, was nicht alles genau beachtet und behalten wurde und nun unsern Gegnern Beweismaterial liefert. Manche werden überrascht sein, wenn sie ihren Worten eine Meinung untergeschoben sehen, die ihnen niemals vorgeschwebt hat. Mögen unsre Brüder deshalb Sorge tragen, daß sie ihre Worte immer und unter allen Umständen gründlich überlegen! Mögen sich alle davor hüten, durch leichtsinnige Äußerungen eine Zeit der Not heraufzubeschwören, bevor noch der eigentliche Entscheidungskampf zur Erprobung aller begonnen hat!

Je weniger unmittelbare Anklagen wir gegen Behörden und die Obrigkeit erheben, ein desto größeres Werk können wir in Amerika und in andern Ländern durchführen. Andre Nationen werden dem Beispiel der Vereinigten Staaten folgen. Obwohl diese den Anfang machen, wird unser Volk doch in allen Teilen der Welt von der gleichen Krise betroffen werden.

Es ist unsre Aufgabe, das Gesetz Gottes herrlich und groß zu machen. Die Wahrheit des heiligen Gotteswortes muß verkündigt werden. Wir sollen die Schrift als Richtschnur des Lebens hochhalten. In aller Bescheidenheit und im Geiste der Gnade und Liebe Gottes sollen wir die Menschen darauf hinweisen, daß Gott der Herr Schöpfer Himmels und der Erde und der siebente Tag der Sabbat des Herrn ist.

Im Namen des Herrn haben wir voranzugehen, sein Banner zu entrollen und sein Wort zu verteidigen. Befiehlt die Obrigkeit dies zu unterlassen, verbietet sie uns, die Gebote Gottes und den Glauben an Jesus zu verkündigen, dann ist es Zeit, wie die Apostel auszurufen: "Richtet ihr selbst, ob es vor Gott recht sei, daß wir euch mehr gehorchen denn Gott. Wir können's ja nicht lassen, daß wir nicht reden sollten, was wir gesehen und gehört haben." Apostelgeschichte 4,19.20.

Die Wahrheit soll in der Kraft des Heiligen Geistes verkündigt werden; nur er kann unsre Worte wirkungsvoll machen. Nur durch die Kraft des Heiligen Geistes wird der Sieg errungen und behauptet. Die Menschen müssen als Werkzeuge des Heiligen Geistes wirken. Die Kraft Gottes bewahrt die Prediger durch den Glauben zur Seligkeit. Sie brauchen göttliche Weisheit, um nichts zu äußern, was Menschen veranlassen könnte, uns die Wege zu versperren. Durch tiefes Einprägen geistlicher Wahrheiten sollen wir ein Volk zubereiten, das imstande ist, seinen Glauben in Sanftmut und Ehrfurcht vor den höchsten Obrigkeiten der Welt zu vertreten.

Zur Förderung praktischen Christentums muß die Wahrheit einfach, aber im Geiste Christi verkündigt werden. Die Bekundung solchen Geistes hat den besten Einfluß auf unser Herz und auch Überzeugungskraft für andre. Gebt dem Herrn Gelegenheit, auf seine Weise zu wirken. Bildet euch nicht ein, von euch aus für die Zukunft planen zu können, anerkennt den Herrn zu jeder Zeit und in allen Lagen als Steuermann. Er wird die geeigneten Mittel anwenden und sein Volk erhalten, mehren und vollenden.

Mit heiligem Eifer

Die Diener des Herrn sollten von heiligem Eifer beseelt sein, der sich ganz Gottes Herrschaft unterstellt. Sturmzeiten werden schnell genug über uns kommen, deshalb sollten wir keine eigenen Wege gehen, die dies nur beschleunigen. Es wird Trübsal über uns kommen, die alle zu Gott treiben wird, die nur ihm angehören wollen. Ehe wir im Ofen der Trübsal geprüft und geläutert worden sind, kennen wir uns selbst noch nicht recht. Deshalb steht es uns auch nicht zu, über den Nächsten zu urteilen und solche zu richten, die das Licht der dreifachen Engelsbotschaft noch nicht empfangen haben.

Wollen wir Menschen davon überzeugen, daß die Wahrheit, zu der wir uns bekennen, uns heiligt und umwandelt, dann dürfen wir sie nicht ständig mit heftigen Anklagen bedrängen. So nötigen wir sie nur zu der Annahme, unsre Lehre könne nicht christlich sein, weil wir durch sie nicht freundlich, höflich und taktvoll werden. Das Christentum besteht nicht im groben Beschuldigen und Verurteilen.

Viele in unserm Volk schweben in der Gefahr, andre beherrschen oder gar unterdrücken zu wollen. Vor allem sind die Verantwortungsträger stets versucht, nur die Macht ihres ungeheiligten Willens anzuerkennen. Einige haben diese Macht rücksichtslos ausgeübt und den Werkzeugen Gottes große Beschwernis bereitet. Liebe zur Macht ist einer der größten Flüche unsrer Welt; sie zeigt sich überall in der Gesellschaft und in den Kirchen. Die Menschen sind von dem Drang beherrscht, sich Macht und Beliebtheit zu verschaffen. Dieser Geist hat sich zu unserm Kummer und zu unsrer Schande sogar in den Reihen der Sabbathalter gezeigt. Geistliche Frucht aber wird nur denen zuteil, die in der Schule Christi Sanftmut und Demut lernen.

Wir sollten daran denken, daß die Welt uns danach beurteilt, wie wir ihr erscheinen. Wer sich bemüht, Christus nachzufolgen, sei darauf bedacht, keine damit unvereinbarlichen Charaktereigenschaften zur Schau zu tragen. Laßt uns beachten, daß der Heilige Geist vom Himmel auf uns ausgegossen ist, ehe wir in die Öffentlichkeit treten. Ist dies der Fall, dann werden wir eine entscheidende Botschaft verkündigen, deren Grundzüge bei weitem nicht so verurteilender Art sind, wie einige sie gebracht haben. Alle Gläubigen werden dann mit viel mehr Ernst um die Errettung unsrer Gegner bemüht sein. Wir wollen die Aufgabe, Obrigkeiten und Regierungen zu richten, ganz in Gottes Händen lassen. Laßt uns in Sanftmut und Liebe als treue Wächter die Grundsätze der Wahrheit in Christus verteidigen!

Sanftmut ist eine kostbare Gnadengabe; wer sie besitzt, nimmt schweigend Leiden und Prüfungen auf sich und erträgt sie. Der Sanftmütige ist geduldig und strebt danach, in allen Lebenslagen zufrieden zu sein. Er ist stets dankbar und fröhlich; in seinem Innern erklingen Lieder, die zu Gott empordringen. Ein Sanftmütiger erträgt Enttäuschungen und Unrecht und sinnt nicht auf Vergeltung. Sanftmütige sind weder einsilbig noch mürrisch. Ein verdrießliches Wesen ist das Gegenteil eines sanftmütigen; es kränkt und verwundet die Mitmenschen und mag sich selbst nicht leiden. Testimonies for the Church III, 335 (1873).

Ich erkannte, daß es in jedem Falle unsre Pflicht ist, den Landesgesetzen zu gehorchen, es sei denn, daß sie im Gegensatz zu dem höheren Gesetz stehen, das Gott mit hörbarer Stimme vom Sinai verkündete und später mit eigenem Finger auf steinerne Tafeln schrieb. "Ich will geben mein Gesetz in ihren Sinn, und in ihr Herz will ich es schreiben, und will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein." Wem Gottes Gesetz ins Herz geschrieben ist, der wird Gott mehr gehorchen als den Menschen; er wird eher allen Menschen ungehorsam werden, als nur im geringsten von den Geboten Gottes abzuweichen. Das Volk Gottes, durch den Geist der Wahrheit unterwiesen und von dem Bewußtsein geleitet, nach dem ganzen Wort Gottes zu leben, wird das ins Herz geschriebene Gesetz Gottes als einzige Richtschnur anerkennen, der es willig zu folgen vermag. Die Weisheit und Macht des göttlichen Gesetzes ist das Höchste. Testimonies for the Church I, 361 (1863).